OGH vom 19.05.1954, 3Ob831/53
Norm
Kopf
SZ 27/138
Spruch
Die einzelnen Miteigentümer eines Hauses bilden gegenüber Ansprüchen auf Erteilung der Zustimmung zur Verbücherung eines Bestandvertrages und auf Schaffung der für die Verbücherung notwendigen Voraussetzungen eine einheitliche Streitpartei im Sinne des § 14
Auf ideelle Liegenschaftsanteile können Bestandrechte nicht einverleibt werden.
Entscheidung vom , 3 Ob 831/53.
I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Die Klägerin hat mit der beklagten Partei einen Mietvertrag über verschiedene Räume im Haus der beklagten Partei am abgeschlossen. In Pkt. 9 dieses Mietvertrages war vereinbart, daß die Mieterin das Recht habe, den Vertrag grundbücherlich einverleiben zu lassen. Da sich die Beklagte weigerte, den Mietvertrag in einer zur Verbücherung geeigneten Form zu unterfertigen, brachte die Mieterin eine Klage ein, mit dem Begehren auf Ausstellung einer in legalisierter Form zu fertigenden Urkunde, worin die Vermieterin die ausdrückliche Bewilligung zur Verbücherung des Bestandvertrages auf ihren drei Viertel Liegenschaftsanteilen zu erteilen habe.
Die beklagte Partei begrundet ihren Antrag auf Klagsabweisung bloß damit, daß die Übergabe der verbücherungsfähigen Urkunde Zug um Zug gegen Bezahlung eines Betrages von 7000 S vereinbart worden sei. Dieser Betrag sei von der Mieterin noch nicht entrichtet worden.
Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes über die Unzulässigkeit der Einverleibung von Bestandrechten auf ideelle Liegenschaftsanteile entspricht der neueren Judikatur des Obersten Gerichtshof (vgl. Heller - Radl, MietSlg. 1123). Diese Judikatur beruht auf der Erwägung, daß der Bestandvertrag den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache, also die Benützung entweder der ganzen unverbrauchbaren Sache oder eines physischen Teiles zum Gegenstand hat. Da die Ausübung eines Gebrauchsrechtes an einen ideellen Liegenschaftsanteil unmöglich ist, kann sich das Bestandrecht niemals auf bloße ideelle Teile einer Liegenschaft erstrecken.
Der Oberste Gerichtshof findet keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzugehen.
Kann aber das Bestandrecht nur auf den ganzen Grundbuchskörper und nicht auf einen ideellen Anteil eingetragen werden, so folgt daraus notwendig, daß einzelne Miteigentümer sowohl was die Erteilung der Zustimmung zur Verbücherung eines Bestandvertrages als auch die Schaffung der für die Verbücherung notwendigen Voraussetzungen betrifft, eine einheitliche Streitpartei gemäß § 14 ZPO. bilden. Denn die Verpflichtung der Miteigentümer zur Verbücherung eines Bestandvertrages beruht, wenn überhaupt der Bestandvertrag eine solche Verpflichtung vorsieht, auf einem einheitlichen Rechtsgrund.
Es ist davon auszugehen, daß zur Zeit der Erhebung des Klagebegehrens die belangte Partei nicht mehr Alleineigentümerin des Bestandobjektes war. Ob sie im Zeitpunkt des Abschlusses des ursprünglichen Mietvertrages für sich allein die Verpflichtung zur Verbücherung des Bestandvertrages übernehmen konnte, weil sie damals Alleineigentümerin war, ist nicht festgestellt, kann aber auch dahingestellt bleiben.
Hat aber die beklagte Partei im Zeitpunkt der Klageerhebung das Alleineigentum der Liegenschaft nicht mehr gehabt, dann konnte sie allein nicht auf Schaffung der Voraussetzungen zur Verbücherung des Bestandvertrages geklagt werden, sondern es mußte diese Klage gegen die Gesamtheit der Miteigentümer gerichtet werden. Die Verpflichtung zur Zuhaltung des Bestandvertrages und der in diesem Vertrag übernommenen Verbindlichkeit zur Schaffung der für die Verbücherung notwendigen Voraussetzungen trifft die Gesamtheit der Miteigentümer. Selbst wenn der nicht geklagte Miteigentümer, dem das restliche Viertel des Bestandsobjektes gehört, mit der Verbücherung einverstanden wäre, müßte er geklagt werden, da die ablehnende Haltung der Dreiviertel-Miteigentümerin sich auch auf den anderen Miteigentümer erstrecken würde (vgl. SZ. X/333).