OGH vom 29.05.2017, 6Ob88/17k

OGH vom 29.05.2017, 6Ob88/17k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. G***** R*****, vertreten durch die Sachwalterin Mag. A***** F*****, Deutschland, diese vertreten durch Puttinger Vogl Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, gegen die beklagten Parteien 1. P***** KG, *****, 2. Mag. J***** P*****, beide vertreten durch Mag. Bertram Fischer, Rechtsanwalt in Mondsee, und deren Nebenintervenienten KR W***** P*****, vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.414 Mio EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 36/17b-22, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das von § 17 Abs 1 ZPO für die Zulässigkeit einer Nebenintervention geforderte rechtliche Interesse auf Seiten des Beitretenden liegt vor, wenn sich die Entscheidung unmittelbar oder mittelbar auf dessen privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verhältnisse günstig oder ungünstig auswirkt. Dabei ist kein strenger Maßstab anzulegen, sondern es genügt, dass der Rechtsstreit die Rechtssphäre des Beitretenden berührt; das „Berühren der Rechtssphäre“ ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn sich durch das Obsiegen der Hauptpartei die Rechtslage des Beitretenden verbessert oder durch deren Unterliegen verschlechtert (vgl die zahlreichen Nachweise aus der Rechtsprechung bei Schneider in Fasching/Konecny³ II/1 [2014] § 17 ZPO Rz 1). Insbesondere im Fall drohender Regressnahme in einem Folgeprozess wird nach ständiger Rechtsprechung ein solches rechtliches Interesse bejaht (vgl RIS-Justiz RS0106173), dies vor allem dann, wenn dem Beitretenden – wie hier – die Geltendmachung solcher Ansprüche bereits in Aussicht gestellt wurde (5 Ob 67/10d). Ob der Beitretende das erforderliche rechtliche Interesse an einem Beitritt hat, kann grundsätzlich nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beantwortet werden und bildet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO (6 Ob 140/12z).

Der Kläger, der bereits seit 2006 geschäftsunfähig sein soll, wirft dem Zweitbeklagten als seinem (ehemaligen) Steuerberater und Vorstand „seiner“ Privatstiftung, der auch als Steuerberater jener (inzwischen insolventen) Gesellschaft mit beschränkter Haftung tätig gewesen sei, an welcher vorweg der Kläger mit 95 % beteiligt war, unter anderem vor, „daran mitgewirkt“ zu haben, dass dem Kläger durch den Nebenintervenienten, einem Minderheitsgesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft, und dessen Sohn, dem Prokuristen der Gesellschaft, Geldbeträge in Höhe des Klagsbetrags aus dem Privatvermögen entzogen und diese über ein Verrechnungskonto in die Gesellschaft geflossen seien. Bei der Gesellschaft hätten „massive Liquiditätslücken [bestanden], welche mit dem Geld des Klägers unter aktiver und passiver Mitwirkung und/oder Duldung des Zweitbeklagten buchstäblich gestopft wurden“; der Zweitbeklagte sei „nicht nur in die buchhalterische Verschleierung der Malversationen involviert gewesen, die (so wird behauptet) vom [Nebenintervenienten] als unmittelbar handelnde Person vorgenommen worden sein dürften“.

Weshalb, wie der Kläger im Revisionsrekursverfahren meint, bei Richtigkeit dieser Behauptungen „keinerlei Rechtsgrundlage ersichtlich [sein sollte], aufgrund welcher die Beklagten ein rechtliches Interesse hätten, gegen den Nebenintervenienten vorzugehen“, ist für den Obersten Gerichtshof nicht nachvollziehbar. Der Kläger wirft dem Zweitbeklagten und dem Nebenintervenienten unter anderem eine gemeinschaftlich begangene vorsätzliche Schädigung seiner Vermögensinteressen vor. Sollte es im vorliegenden Verfahren aus diesem Grund zu einer Verurteilung des Zweitbeklagten kommen, würde sich die Rechtslage des Nebenintervenienten insofern verschlechtern, als dieser dann gemäß § 1302 Satz 2 ABGB Rückgriffsansprüchen ausgesetzt wäre.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00088.17K.0529.000
Schlagworte:
Gruppe: Handelsrecht,Gesellschaftsrecht,Wertpapierrecht

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