OGH vom 27.08.2013, 4Ob91/13f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. P***** S 2. M***** P*****, beide vertreten durch Dr. Rüdiger Hanifle, Rechtsanwalt in Zell am See, gegen die beklagte Partei A***** E*****, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 10.107,65 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 53 R 2/13w 27, womit das Urteil des Bezirksgerichts Saalfelden vom , GZ 2 C 225/12a 20, und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Sache in das Außerstreitverfahren überwiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts wird aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung:
Die Streitteile sind Mit und Wohnungseigentümer einer gemeinsamen Liegenschaft.
Die Kläger begehrten vom Beklagten einerseits anteilige Bewirtschaftungskosten für die Liegenschaft und andererseits den Ersatz von Überzahlungen der Kläger über ihren Wohnungseigentumsanteil hinaus. Der Beklagte habe sich durch die Überzahlungen und nicht geleistete Zahlungen auf das Hausverwaltungskonto bereichert.
Der Beklagte erhob neben materiellen Einwendungen gegen das Klagebegehren sowie Geltendmachung von Gegenforderungen auch die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs, weil der Streit im Außerstreitverfahren zu entscheiden sei.
Das Erstgericht wies mit in das Urteil aufgenommenem Beschluss die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs ab und erkannte im Übrigen die Klageforderung in voller Höhe als zu Recht bestehend, eine erhobene Gegenforderung des Beklagten mit einem bestimmten Betrag ebenfalls als zu Recht bestehend und verurteilte den Beklagten zur Leistung des Differenzbetrags. Da der vorliegende Streit in § 52 WEG 2002 nicht geregelt sei, sei der streitige Rechtsweg zulässig.
Das Berufungsgericht gab der vom Beklagten erhobenen Berufung wegen Nichtigkeit Folge, hob das angefochtene Urteil und das der Urteilsfällung vorangegangene Verfahren wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs als nichtig auf und verwies den von den Klägern erhobenen Anspruch in das außerstreitige Verfahren und dieses an das Erstgericht zurück. Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern, die unmittelbar mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache zusammenhingen, seien im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen. § 40a JN sei auch dann anzuwenden, wenn sich die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs erst im Rechtsmittelverfahren herausstelle. Ein hier als Klage falsch bezeichneter Rechtsschutzantrag solle nicht zurückgewiesen, sondern einfach im richtigen Verfahren behandelt werden.
Entsprechend dem Auftrag des Obersten Gerichtshofs vom , 4 Ob 91/13f, ergänzte das Berufungsgericht seine Entscheidung dadurch, dass es aussprach, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Fall fehle. Die Kläger hätten ihren Anspruch auch auf Bereicherung gestützt.
Der Revisionsrekurs , mit dem die Kläger die Aufhebung des berufungsgerichtlichen Aufhebungs und Nichtigerklärungs sowie Überweisungsbeschlusses anstreben, ist zulässig und berechtigt.
Die Kläger verweisen zutreffend darauf, dass sie ihren Geldanspruch im erstinstanzlichen Verfahren als Rückzahlung der von ihnen geleisteten Überzahlungen, die sich aus der Rechnungslegung des Beklagten und der Verteilung des Aufwands (der Mieteigentümer) ergeben, beschrieben und behauptet haben, dass sich der Beklagte durch diese Überzahlungen und die von ihm nicht geleisteten Zahlungen auf das Hausverwaltungskonto bereichert habe.
Rechtliche Beurteilung
Ob über einen konkreten Rechtschutzantrag im streitigen oder außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist, ist nach dem Wortlaut des Entscheidungsbegehrens, aber auch den zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen zu beurteilen; alleine das Klagevorbringen ist maßgeblich (RIS Justiz RS0013639, RS0005896).
Der mit in Kraft getretene § 838a ABGB sieht vor, dass Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden sind.
Die Gesetzesmaterialien (ErlRV 471 BlgNR 22. GP 33) führen dazu aus, dass in Miteigentumsangelegenheiten die Frage, ob ein Anspruch im streitigen oder außerstreitigen Verfahren durchzusetzen sei, relativ unklar und wenig einsichtig differenziert werde. Es empfehle sich daher, die Unwegbarkeiten durch eine eindeutige, Zuständigkeits und Rechtswegstreitigkeit nicht provozierende Regel möglichst auszuräumen. Der neue § 838a ABGB gelte nur für Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern, nicht aber mit Dritten. Auseinandersetzungen zwischen den Miteigentümern über die Bestellung, den Wechsel und die Enthebung eines Verwalters können künftig allein im Außerstreitverfahren entschieden werden, gleiches gelte etwa für Ansprüche eines Miteigentümers gegen die anderen Teilhaber aus von diesen beschlossenen Handlungen des Verwalters. Über den Anspruch auf Durchsetzung von Mehrheitsentscheidungen oder den Anspruch auf Rechnungslegung gegen einen nicht der Gemeinschaft angehörenden dritten Verwalter sei dagegen weiterhin im Prozess zu entscheiden. In das Außerstreitverfahren dagegen fielen auch die mit der Verwaltung und Benützung unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten der Teilhaber. Dies betreffe jedenfalls die dem Richter nach den §§ 833 bis 838 ABGB zukommenden Aufgaben, aber auch Streitigkeiten aus einer Benützungsregelung, den Anspruch auf Rechnungslegung und die Verteilung des Erlöses zwischen den Miteigentümern bzw die Verteilung des Nutzens und des Aufwands unter ihnen. Dabei mache es keinen Unterschied, ob der Auseinandersetzung der Teilhaber eine Vereinbarung zugrunde liege oder nicht. Die Verweisung in das Außerstreitverfahren erstrecke sich aber auch auf die mit der Verwaltung und Benützung unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten. Ansprüche, die nicht nur auf das Miteigentumsverhältnis, sondern darüber hinaus auch noch auf weitere Rechtsgrundlagen gestützt würden (etwa Besitzstörungsansprüche, Schadenersatzansprüche, Bereicherungsansprüche oder ein auf das Nachbarrecht gestützter Unterlassungsanspruch zwischen Miteigentümern) seien weiterhin im streitigen Verfahren geltend zu machen.
Der aus der Abrechnung des verwaltenden Miteigentümers resultierende Ersatzanspruch betreffend anteiligen Aufwand der mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Liegenschaft unmittelbar zusammenhängenden Lasten gegenüber einem anderen Miteigentümer ist im Verfahren außer Streitsachen zu erledigen (4 Ob 56/09b ua; RIS Justiz RS0124971); ebenso Streitigkeiten aus der Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache durch einen Miteigentümer (RIS Justiz RS0122986).
Im vorliegenden Fall stützen sich die Kläger aber ausdrücklich auf Bereicherungsrecht; der Beklagte hätte von den Klägern für Aufwendungen auf die gemeinschaftliche Sache geleistete Beträge einbehalten bzw über die tatsächlichen Aufwendungen hinausgehende Zahlungen verlangt und erhalten. Das zur Begründung des gegen den Beklagten erhobenen Anspruchs erstattete Vorbringen geht also über bloß aus dem Miteigentumsverhältnis abzuleitende Ansprüche hinaus, weshalb kein gemäß § 838a ABGB im außerstreitigen Verfahren zu erledigender Anspruch vorliegt (vgl Sailer in KBB 3 § 838a ABGB Rz 3; Egglmeier Schmolke in Schwimann , Taschenkommentar, § 838a ABGB Rz 3).
Da über den von den Klägern gegen den Beklagten erhobenen Anspruch somit im streitigen Verfahren zu entscheiden ist, war der das Ersturteil aufhebende und das erstinstanzliche Verfahren für nichtig erklärende Beschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und ihm die Sachentscheidung über die vom Beklagten erhobene Berufung aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.