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OGH vom 28.06.1989, 3Ob91/89

OGH vom 28.06.1989, 3Ob91/89

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R*** Ö***, vertreten durch die Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht Innsbruck, Innsbruck, Schmerlingstraße 1, und anderer betreibender Gläubiger, wider die verpflichteten Parteien 1./ M***A*** mbH,

Greifenburg, Gries 1, 2./ Firma T*** S*** Holzverarbeitung, Wörgl, Brixentalerstraße 72, 3./ Josef H***, Kaufmann, und 4./ Ruth H***, Geschäftsfrau, beide Greifenburg, Gries 1, alle vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in Lienz, wegen 8.534 S sA und anderer Forderungen, infolge (Revisions-)Rekurses der verpflichteten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom , GZ 3 R 266/88-46, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau vom , GZ 7 E 4937/87-27, teilweise abgeändert und der Rekurs der erstverpflichteten Partei gegen diesen Beschluß teilweise zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1./ Der (Revisions-)Rekurs der zweit- bis viertverpflichteten Parteien wird zurückgewiesen.

2./ Der Rekurs der erstverpflichteten Partei wird zurückgewiesen, soweit er die Exekutionen 7 E 2204/87, 4236/87, 4423/87, 4811/87, 5014/87, 5595/87, 6552/87, 276/88, 1392/88, 1516/88, 1530-1532/88, 1534-1537/88, 1573/88, 1581/88, 1585/88 und 1586/88 betrifft.

3./ Dem Rekurs der erstverpflichteten Partei wird Folge gegeben, soweit er sich gegen die Zurückweisung ihres Rekurses gegen die Entscheidung des Erstgerichtes in den Exekutionssachen 7 E 1202/88 und 1327/88 richtet.

Der angefochtene Beschluß wird insoweit aufgehoben. Dem Rekursgericht wird in diesem Umfang die neue Entscheidung über den Rekurs der erstverpflichteten Partei aufgetragen.

Im übrigen wird dem (Revisions-)Rekurs nicht Folge gegeben. Die erstverpflichtete Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung:

In zahlreichen Exekutionsverfahren, die gegen insgesamt vier verpflichtete Parteien - zum Teil nur gegen einzelne, zum Teil gegen mehrere von ihnen gemeinsam - geführt werden, wurde eine größere Anzahl von beweglichen körperlichen Sachen gepfändet. Eine dieser verpflichteten Parteien (im folgenden als erstverpflichtete Partei bezeichnet) stellte den Antrag, verschiedene, durch das Aktenzeichen bezeichnete Exekutionen gemäß § 39 Abs. 1 Z 1 (gemeint wohl: Z 2) iVm § 252 EO einzustellen, und brachte dazu vor, daß die gepfändeten Gegenstände Zubehör einer in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft seien.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Einstellung "des Exekutionsverfahrens" ab, wobei es im Kopf seiner Entscheidung nicht nur die Aktenzeichen und die Namen der betreibenden Parteien jener Exekutionen, die im Antrag der erstverpflichteten Partei angegeben worden waren, sondern auch anderer Exekutionen und überdies die Namen sämtlicher diese Exekutionen betreibenden Parteien und der vier verpflichteten Parteien anführte. In der Sache war es der Meinung, daß die erstverpflichtete Partei die Liegenschaft erst nach Pfändung der Gegenstände erworben habe, weshalb "die Zubehöreigenschaft .... nicht gegeben" sei.

Das Rekursgericht wies den nur von der erstverpflichteten Partei erhobenen Rekurs zurück, soweit er bestimmte, im einzelnen bezeichnete Exekutionen betraf. Im übrigen gab es ihm nicht Folge und bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß der Antrag, die Exekutionen einzustellen, zurückgewiesen werde. Es sprach aus, daß gegen die Zurückweisung des Rekurses der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig sei. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß die erstverpflichtete Partei die Einstellung der hievon betroffenen Exekutionen nicht beantragt habe und der Einstellungsantrag wegen des Neuerungsverbotes im Rekurs nicht nachgeholt werden könne. Zur "Maßgabebestätigung" wurde ausgeführt, daß die davon betroffenen Exekutionen nicht gegen die erstverpflichtete Partei, sondern gegen die anderen verpflichteten Parteien geführt würden. Der erstverpflichteten Partei fehle daher die Legitimation zum Einstellungsantrag, weshalb dieser zurückzuweisen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß von der erstverpflichteten Partei (nicht seiner aller Exekutionen) erhobene (Revisions-)Rekurs ist teilweise unzulässig und teilweise berechtigt, jener der übrigen verpflichteten Parteien ist zur Gänze unzulässig.

Der Beschluß des Erstgerichtes wurde nur von der erstverpflichteten Partei und nicht auch von den anderen verpflichteten Parteien angefochten. Diese sind daher durch die Entscheidung des Rekursgerichtes nicht beschwert und es fehlt ihnen deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, das Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist (EvBl. 1984/84 ua). In den Exekutionssachen, die der erste, den Rekurs der erstverpflichteten Partei zurückweisende Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes betrifft, hat die erstverpflichtete Partei die Einstellung zwar nicht beantragt, das Erstgericht hat sie jedoch abgelehnt. Dies ergibt sich aus dem Kopf seiner Entscheidung, in dem diese Exekutionen angeführt wurden. Daß das Erstgericht eine solche Entscheidung treffen wollte, geht außerdem daraus hervor, daß es die betreibenden Parteien dieser Exekutionsverfahren zu der über den Einstellungsantrag anberaumten Tagsatzung lud.

Hat das Erstgericht aber die Einstellung dieser Exekutionen mit Beschluß abgelehnt, so ist die erstverpflichtete Partei hiedurch beschwert, auch wenn sie die Einstellung nicht beantragt hatte, diese aber beantragen könnte. Die das Rechtsschutzbedürfnis begründende Beschwer ist nämlich auch bei der Möglichkeit eines verfahrensrechtlichen Nachteils gegeben (vgl. SZ 57/23; EvBl. 1984/84 ua). Ein solcher Nachteil droht der erstverpflichteten Partei aber, wenn der Beschluß des Erstgerichtes rechtskräftig wird, weil diese Rechtskraft es hindern würde, daß sie die Einstellung auf Grund jenes Sachverhalts beantragt, über den das Erstgericht entschieden hat. Anders läge der Fall nur, wenn das Erstgericht von dem ihm im § 39 Abs. 2 EO eingeräumten Ermessen, über die Einstellung von Amts wegen zu entscheiden, nicht Gebrauch gemacht und nur über die vom Antrag der erstverpflichteten Partei betroffenen Exekutionen entschieden hätte; in diesem Fall wäre ein Rekurs, mit dem die erstverpflichtete Partei die Einstellung der Exekution erreichen will, unzulässig (3 Ob 30/88). Nur für diesen Fall trifft die Ansicht des Rekursgerichtes zu, daß der im Rekursantrag enthaltene Einstellungsantrag den in erster Instanz unterlassenen Antrag nicht zu ersetzen vermöchte.

Das Gesagte gilt allerdings bloß für die Exekutionsverfahren, die gegen die erstverpflichtete Partei geführt werden. Nur in diesen Verfahren ist sie berechtigt, die Einstellung zu beantragen; dies wird im folgenden noch näher darzulegen sein. In jenen Exekutionsverfahren, in denen sie nicht verpflichtete Partei ist und in denen ihr daher die Antragslegitimation fehlt, kann sie hingegen durch die Ablehnung der Einstellung nicht beschwert sein, weil sie kein Recht auf Einstellung hat. Insoweit hat das Rekursgericht daher ihren Rekurs mit Recht zurückgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof ist an den Ausspruch des Rekursgerichtes über die Unzulässigkeit des Rekurses nicht gebunden (§ 78 EO iVm § 526 Abs. 2 ZPO); er hält den Rekurs der erstverpflichteten Partei entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs. 2 und § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO für zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes von der angeführten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht. Ausgenommen von der Zulässigkeit sind aber gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO jene Exekutionen, in denen die betriebene Forderung 15.000 S nicht übersteigt, sowie die eingestellte Exekution 7 E 1392/88. Insoweit war der Rekurs daher zurückzuweisen. Soweit der Rekurs danach zulässig ist und er Exekutionen betrifft, die gegen die erstverpflichtete Partei geführt werden, war ihm hingegen Folge zu geben; insoweit wird das Rekursgericht über den Rekurs der erstverpflichteten Partei in der Sache zu entscheiden haben. Soweit der Rekurs andere Exekutionen betrifft, war ihm hingegen nicht Folge zu geben, weil das Rekursgericht in diesem Punkt den von der erstverpflichteten Partei gegen die Entscheidung des Erstgerichtes erhobenen Rekurs mit Recht zurückgewiesen hat.

Im zweiten Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes wurde der Beschluß des Erstgerichtes mit einer "Maßgabe" bestätigt. Trotz dieses Wortlautes liegt eine abändernde Entscheidung vor. Eine bestätigende Entscheidung ist nämlich nur gegeben, wenn die beiden Vorinstanzen in der Sache übereinstimmend entschieden haben, und daher nicht, wenn das Rekursgericht den vom Erstgericht inhaltlich erledigten Antrag für unzulässig hält und ihn deshalb auf Grund eines Rekurses zurückweist, ohne auf seine Berechtigung einzugehen (SZ 34/19; 1 Ob 723/82; 7 Ob 26/87 ua). Dies ergibt sich aus der Überlegung, daß die Rechtskraftwirkung beider Entscheidungen verschieden ist (vgl. SZ 12/311; JBl. 1971, 94; SZ 49/87). Das Rekursgericht hätte daher gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs. 3 und § 500 Abs. 3 ZPO für alle Exekutionen, in denen die betriebene Forderung zwar 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt, aussprechen müssen, ob der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Hier muß dem Rekursgericht aber nicht aufgetragen werden, diesen Ausspruch nachzuholen, weil der Rekurs jedenfalls gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig ist. Das Rekursgericht wich nämlich von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs SZ 8/260 ab. Ausgenommen von der Zulässigkeit sind allerdings gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO wieder jene Exekutionen, in denen die betriebene Forderung 15.000 S nicht übersteigt.

In der angeführten Entscheidung wurde die Ansicht vertreten, daß derjenige, der behauptet, die im Zug einer Fahrnisexekution gepfändeten Gegenstände seien Zubehör einer in seinem Eigentum stehenden Liegenschaft, sowohl die Klage nach § 37 EO einbringen als auch die Einstellung der Exekution beantragen könne. Diese Ansicht, der auch Heller-Berger-Stix (II 1682) folgen, vermag der erkennende Senat nicht aufrecht zu erhalten:

Die Exekutionsordnung kennt neben dem Begriff der Parteien noch jenen der am Exekutionsverfahren (§ 55 Abs. 1,§§ 56, 57 Abs. 2, § 66 und § 73) oder an einer Exekutionshandlung beteiligten Personen (§§ 32, 60 Abs. 2). Wem in einem Exekutionsverfahren die Stellung eines Beteiligten zukommt, ergibt sich in erster Linie aus dem Gesetz (vgl. etwa die §§ 123, 162, 209 und 278 EO; ferner ist etwa aus § 68 EO die Beteiligtenstellung der Personen abzuleiten, die sich durch einen Vorgang des Exekutionsvollzugs beschwert erachten). Behaupten Dritte, also Personen, die weder Parteien noch Beteiligte sind, ein Recht, welches die Vornahme der Exekution unzulässig machen würde, so steht ihnen gemäß § 37 EO der mit Klage zu erhebende Widerspruch zu. Zu diesen Rechten zählt das Eigentum an den im Zuge einer Fahrnisexekution gepfändeten Gegenständen. Der Eigentümer muß es also mit Klage nach § 37 EO geltend machen. Es ist kein Grund ersichtlich, den Eigentümer anders zu behandeln, wenn die gepfändeten Gegenstände Zubehör einer Liegenschaft sind. Der Oberste Gerichtshof vertritt seit dem Plenarbeschluß SZ 20/98 in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß - abgesehen vom Fall des § 297 a ABGB - Voraussetzung der Zubehörseigenschaft einer Sache die Identität des Eigentums an der Haupt- und Nebensache ist (aus jüngerer Zeit etwa MietSlg. 33.011; 1 Ob 37/82; 5 Ob 367/87). Der abweichenden, auf Frotz (Kreditsicherungsrecht 56 ff) zurückgehenden und - zumindest teilweise - von Bydlinski (in Klang2 IV/2, 315), Aicher (in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 1047) und Koziol-Welser (Grundriß8 II 12) geteilten Meinung ist er nicht gefolgt. Hier muß dazu nicht Stellung genommen werden, weil auch Frotz (aaO 61) für den Bereich des § 252 EO die Meinung vertritt, der Liegenschaftsexekution unterlägen nur jene Zubehörstücke, die im Eigentum des Liegenschaftseigentümers stehen. Der Liegenschaftseigentümer, der nicht Eigentümer der als Zubehör gewidmeten Sachen ist, kann daher aus § 252 EO auf keinen Fall Rechte ableiten. Dies gilt aber auch für den Liegenschaftseigentümer, der zugleich Eigentümer der Zubehörstücke ist. Wohl ist gemäß § 39 Abs. 1 Z 2 EO iVm § 252 EO die Fahrnisexekution einzustellen, wenn die gepfändeten Sachen Zubehör einer Liegenschaft sind, wobei dieser Einstellungsgrund gemäß § 39 Abs. 2 EO auch von Amts wegen wahrzunehmen ist. Dies hat aber keinen Einfluß darauf, wem das Recht zusteht, die Einstellung der Exekution zu beantragen. Verfügt das Exekutionsgericht die Einstellung nicht, so muß ein Dritter den im Gesetz vorgesehenen Rechtsbehelf ergreifen, also die Klage nach § 37 EO einbringen. Das Recht, die Einstellung der Exekution zu beantragen, haben andere als die Parteien nur, wenn es sich aus den gesetzlichen Bestimmungen ableiten läßt (vgl. etwa § 295 Abs. 2 iVm § 39 Abs. 2 EO). Den Argumenten, die in der Entscheidung SZ 8/260 für die Zulässigkeit des Einstellungsantrages ins Treffen geführt werden, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Es mag zutreffen, daß § 252 EO auch der Wahrung öffentlicher Interessen dient. Dem wäre aber schon dadurch Rechnung getragen, daß die Exekution gegebenenfalls von Amts wegen einzustellen ist. Das öffentliche Interesse würde es nicht erfordern, einem Dritten das Recht einzuräumen, die Einstellung der Exekution zu beantragen. Seine privaten Interessen sind aber durch die Klage nach § 37 EO hinreichend gewahrt. Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen im Zwangsversteigerungs- und Fahrnisexekutionsverfahren würde nur dann ganz beseitigt werden, wenn der Rechtsweg überhaupt unzulässig wäre. Diese Ansicht wird aber auch in der angeführten Entscheidung nicht vertreten und sie wäre überdies mit dem Wortlaut des § 37 EO nicht in Einklang zu bringen. Bei dem weiteren Argument, daß bei der Notwendigkeit der Einbringung einer Klage mit einer Aufschiebung der Exekution zu rechnen sei, wurde übersehen, daß dasselbe auch, wie sich aus § 42 Abs. 1 Z 3 EO deutlich ergibt, für den Einstellungsantrag gilt. Die vom erkennenden Senat vertretene Auffassung entspricht im übrigen der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Zwangsversteigerungsverfahren (EvBl. 1972/169; MietSlg. 35.854; 3 Ob 101/84; 3 Ob 37/86) nach der dort Ausscheidungsanträge eines Dritten, der behauptet, daß als Liegenschaftszubehör geltende Sachen ihm gehören, unzulässig sind; dem Dritten steht nur der Rechtsbehelf der Exszindierungsklage zu.

Das Rekursgericht hat somit den Antrag der erstverpflichteten Partei auf Einstellung jener Exekutionen, die nicht gegen sie geführt werden, mit Recht wegen Fehlens der Antragslegitimation zurückgewiesen.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittels der erstverpflichteten Partei beruht auf § 78 EO iVm § 40 und § 50 ZPO, weil die betreibenden Parteien entweder am Verfahren über die Einstellung nicht beteiligt waren und daher ein Zwischenstreit nicht entstanden oder weil das Rechtsmittel erfolglos geblieben ist.