OGH vom 29.08.2019, 3Ob91/19g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Priv.-Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache des Antragstellers mj A*****, Israel, vertreten durch die Mutter J*****, als gesetzliche Vertreterin, diese vertreten durch Mag. Alexander Wolf, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegener J*****, vertreten durch Mag. Diether Pfannhauser, Rechtsanwalt in Wien, wegen 20.266,21 EUR sA, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 47 R 237/18b-41, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 68 E 2149/17i-35, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsteller ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 2.219,22 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin enthalten 369,87 EUR an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Antragsteller begehrt, das Unterhaltsurteil vom in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom [betreffend den festgesetzten monatlichen Unterhaltsbeitrag von – berichtigt – 2.250 NIS] jeweils des Gerichts für Familienangelegenheiten des Bezirks Tel Aviv, Israel, Aktenzahl 13913-06-14, für Österreich für vollstreckbar zu erklären und ihm aufgrund dessen wider den Verpflichteten zur Hereinbringung eines vollstreckbaren Unterhaltsrückstands von Juni 2014 bis einschließlich Mai 2017 von 81.000 NIS und des laufenden Unterhalts von 2.250 NIS seit die Forderungsexekution nach § 294a und zur Hereinbringung des Rückstands die Fahrnisexekution zu bewilligen.
Das Erstgericht erklärte (im zweiten Rechtsgang) das genannte Urteil für Österreich für vollstreckbar und bewilligte aufgrund dessen die Exekution antragsgemäß.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss in die Abweisung aller Anträge ab. Den Revisionsrekurs ließ es (vorerst) nicht zu. Es ging dabei von folgendem (unbeanstandet) aus:
Das Familiengericht Tel Aviv-Yaffa fasste am , Aktenzahl 13913-06-14, in der Rechtssache des hier Betreibenden gegen den hier Verpflichteten nachstehenden :
„1. Die Rechtsvertreterin der Antragstellerin erhält hiermit die Erlaubnis, die Klageschrift im Ausland zuzustellen, dies unter folgenden Bedingungen:
1.1. Die Zustellung der Klageschrift und der Vorladung erfolgen mit eingeschriebener Post, einschließlich Zustellnachweis. Ab dem Datum des Zustellnachweises gilt eine Frist von 60 Tagen für die Einreichung einer Klageerwiderung.
1.2. Wenn der Beklagte nicht Hebräisch lesen kann, ist die Klageschrift von einem beeideten Übersetzer in die Sprache zu übersetzen, die er lesen kann. Das gilt auch für die Vorladung.
1.3. Die Rechtsvertreterin der Antragstellerin reicht eine ordnungsgemäß erstellte Erklärung mit dem Nachweis der Ausführung meines oben angeführten Beschlusses ein.
2. Ich lege die Vorverhandlung auf den , 10:30 Uhr fest.“
Am gab die Mutter des Antragstellers in Sachen erfolgter Zustellung von Rechtsschriften an den Antragsgegner eine ab. Darin bestätigt sie ua, dass
die „Unterhaltsklageschrift“ und die „Gerichtsvorladung, in der dem Beklagten erklärt wurde, dass er innerhalb einer Frist von 60 Tagen eine Verteidigungschrift einzureichen hat“, übersetzt worden sei,
sie am die Firma „Fedex-FED“ mit der Zustellung an seine Privatadresse beauftragt habe,
die „Rechtsschriften“ durch die Fedex an die Adresse des Antragsgegners gesandt und ihr von der Fedex mitgeteilt worden sei, dass der Antragsgegner die Dokumente erhalten und dies am Mittag des „“ (im Original ) mit Unterschrift bestätigt hätte,
die Empfangsbestätigung des Antragsgegners rechtmäßig unterzeichnet sei und sie „seine Unterschrift gestützt auf alle Dokumente, die er seit 1998 unterschrieben hat“, erkenne.
Im der FedEx vom scheinen als Absender die Mutter des Antragstellers, als Zustellempfänger der Antragsgegner unter der aktuellen Adresse, als Sendungsdatum der „“, als Zustellungsdatum der „, 11:31“ und eine nur teilweise sichtbare, unleserliche Unterschrift auf.
Im des Gerichts für Familienangelegenheiten des Bezirks Tel Aviv , Aktenzahl 13913-06-14, ist als Kläger der Antragsteller und seine Mutter als natürlicher Vormund sowie der Antragsgegner als Beklagter genannt. Die erkennende Richterin hielt darin fest, das Urteil in der von ihr verhandelnden Sache betreffe eine Entscheidung in einer Unterhaltsklage, die ein Minderjähriger durch seine Mutter gegen seinen Vater mit Wohnsitz in Österreich, eingereicht habe. Weiters führte sie ua Folgendes aus:
„3. Die gegenständliche Klage wurde dem Beklagten auf meinen Beschluss hin durch den Kläger im Ausland zugestellt, und am Verhandlungstag, dem , kam ich zu dem Schluss, dass die Zustellung durch Fedex rechtmäßig erfolgt ist. Die Rechtsvertreterin des Minderjährigen legte mir Zustellungsbestätigungen vor, die vom Beklagten unterzeichnet sind, und die Mutter des Minderjährigen identifizierte die Unterschriften des Beklagten.
4. Trotz rechtmäßig erfolgter Zustellung hat sich der Beklagte nicht verteidigt. (…)
22. Das Gerichtssekretariat wird gebeten, mein Urteil der Rechtsvertreterin der Klägerin zuzustellen, welche es dem Beklagten in einer ihm verständlichen Sprache übersetzt, mit eingeschriebener Post zuzustellen hat.“
Das vom Erstgericht um Rechtsauskunft ersuchte führte in seinen beiden Stellungnahmen vom und vom zusammengefasst aus: Die Verordnung Nr 500 der Zivilprozessordnung regle die Zustellung außerhalb der örtlichen Zuständigkeit. Das Gericht dürfe die Zustellung eines gerichtlichen Schriftstücks außerhalb des Staatsgebiets unter anderem dann bewilligen, wenn es sich bei der vorzuladenden Person um eine Person außerhalb des Staatsgebiets handle. Es entspreche der israelischen Rechtspraxis, dass Zustellungen, die mit FedEx ausgeführt worden seien, als rechtmäßig gelten. Im Hinblick auf die Feststellung des Gerichts im Urteil, dass die Zustellung durch FedEx rechtmäßig erfolgt sei, sei die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke an den Beklagten als rechtmäßig im Sinne des israelischen Gesetzes zu betrachten (ON 22). Die Zustellung sei im vorliegenden Fall gemäß der Verordnung 498 (A) (3) erfolgt, die dem Gericht ein weitgehendes Ermessen in der Entscheidung überlasse, auf welchem Weg die ordnungsgemäße Zustellung erfolgen solle. Darüber habe das Familiengericht am entschieden. Nach der ordnungsgemäßen Zustellung durch die Firma FedEx und dem Eingang der eidesstattlichen Erklärung habe das Gericht die oben angeführte Feststellung im Urteil getroffen. Davon ausgehend müsse die ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an den Beklagten so betrachtet werden, als ob sie nach den Gesetzen des Staats Israel erfolgt sei. In den Verordnungen des Zivilrechts fänden sich weder eine Bezugnahme zur Art und Weise, wie die Identität des Empfängers bewiesen werden könne noch dazu, ob der zu liefernde Bote Kenntnis über den Inhalt des verfahrenseinleitenden Schriftstücks besitze. Im Allgemeinen lege das israelische Gesetz keinen Weg zur Verifizierung einer Unterschrift auf dem Zustellnachweis fest. Die gängige Praxis der Gerichte basiere darauf, dass es für eine Verifizierung ausreiche, wenn eine Person, die die Unterschrift des Empfängers kenne, dem Gericht eine diesbezügliche eidesstattliche Erklärung abgebe.
In erwog das Rekursgericht, § 416 (vormals § 86) EO ordne den Vorrang anderslautender Regelungen nach Völkerrecht oder in Rechtsakten der Europäischen Union vor den Bestimmungen der § 79 ff EO zur Vollstreckbarerklärung und Anerkennung von Akten und Urkunden, die im Ausland errichtet wurden (nunmehr § 403 ff ZPO), an. Hier gelte im Verhältnis zwischen Israel und Österreich der Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen auf dem Gebiet des Zivil und Handelsrechts vom , BGBl 1968/349, in Kraft seit (kurz: VollstrV 1968). Die nach dessen Art 4 lit c bei Versäumnisentscheidungen nach dem Recht des Ursprungsstaats zu prüfende Ordnungsmäßigkeit der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes habe der Richter des Zweitstaats, somit das österreichische Gericht, selbstständig und von Amts wegen vorzunehmen. Zum maßgeblichen Recht des Erststaats gehörten die für ihn geltenden multilateralen Verträge, bilateralen Abkommen und danach dessen (autonomes) innerstaatliches Zustellrecht. Das von beiden Staaten ratifizierte Haager Übereinkommen betreffend das Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen vom , BGBl 1957/91 (in Hinkunft: HPÜ 1954) sehe Zustellungen auf Begehren des Konsuls des ersuchenden Staats gegenüber der vom ersuchten Staat zu bezeichnende Behörde und die Zustellung durch die zuständige Behörde des ersuchten Staats vor. Diese Bestimmungen schlössen gemäß Art 6 HPÜ 1954 ua nicht aus, dass Schriftstücke den im Ausland befindlichen Beteiligten unmittelbar durch die Post zugesendet werden (Z 1). Nach Art 1 Abs 1 des Vertrags zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel zur Vereinfachung des rechtlichen Verkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom betreffend das Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen vom , BGBl 1982/225, in Kraft seit (kurz: StaatsV 1982) seien Schriftstücke für die Republik Österreich im Weg des Bundesministerium für Justiz zu übersenden. Die hier an den Antragsgegner vorgenommene Zustellung durch die gesetzliche Vertreterin des Antragstellers entspreche mangels Befassung des (damals noch) Bundesministeriums für Justiz den genannten Bestimmungen nicht. Ein Ausnahmefall des Art 6 HPÜ 1954 liege nicht vor. Abgesehen davon, dass Art 6 Z 1 HPÜ 1954 von einer Zustellung durch die Post spreche, sei darin von einer unmittelbaren Zustellung, somit einer vom (israelischen) Gericht direkt veranlassten Zustellung die Rede.
Aber auch bei bloßer Anwendung des israelischen Zustellrechts wäre eine ordnungsgemäße Zustellung zu verneinen, weil keine ordnungsgemäße Zustellung iSd VollstrV 1968 erfolgt sei. Überdies liege der Versagungsgrund des Art 5 Z 6 des VollstrV 1968 vor.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich zu, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den im Revisionsrekurs geltend gemachten erheblichen Rechtsfragen vorliege, ob 1. im Anwendungsbereich des VollstrV 1968 die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung vom Richter des Zweitstaats selbstständig und von Amts wegen zu prüfen sei, 2. ob die Zustellung die Voraussetzungen des Art 2 HPÜ 1954 erfüllen müsse und 3. ob bei Anwendbarkeit des HPÜ 1954 ein Ausnahmefall nach dessen Art 6 vorliege, insbesondere ob eine unmittelbare Zustellung durch das Gericht auch dann vorliege, wenn diese der Gegenpartei übertragen wird.
Der Revisionsrekurs des Antragstellers strebt die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses an und macht im Wesentlichen geltend:
Die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes im Anwendungsgebiet des VollstrV 1968 sei nicht selbstständig und von Amts wegen vom Richter des Zweitstaats zu prüfen, weil dafür nach Art 4 lit c VollstrV 1968 das Recht des Ursprungsstaats maßgeblich sei.
Es sei auch nicht zu überprüfen, ob die Zustellung ordnungsgemäß iSd HPÜ 1954 gewesen sei. Schließlich sei Art 4 lit c VollstrV 1968 klar zu entnehmen, dass bei der Prüfung ausschließlich das innerstaatliche Recht des Ursprungsstaats ausschlaggebend sein solle.
Wenn das HPÜ 1954 anzuwenden sei, liege ein Ausnahmefall nach dessen Art 6 Z 1 vor (unmittelbare Zustellung durch die Post). Diese verlange nämlich nicht, dass die Zustellung direkt vom ausländischen Gericht vorgenommen werden müsse, sondern es sei ausreichend, dass diese – wie hier – über Anordnung des Gerichts erfolgt bzw von diesem veranlasst worden sei.
Die Revisionsrekursbeantwortung des Antragsgegners qualifiziert das gegnerische Rechtsmittel als unzulässig und unberechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Die in den § 403 ff EO (idF der EONovelle 2016) geregelte Vollstreckbarerklärung und Anerkennung von Akten und Urkunden, die im Ausland errichtet wurden, ist durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, die aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 416 Abs 1 EO Vorrang genießen, überlagert (RISJustiz RS0121017). Der dort angeordnete Vorrang anderslautender Bestimmungen im Völkerrecht (in Staatsverträgen) oder in Rechtsakten der Europäischen Union vor den Bestimmungen der § 403 ff EO gilt auch für das Verfahrensrecht (3 Ob 93/03b = SZ 2003/174 = RS0118556; RS0119480; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner§ 416 EO Rz 2). Subsidiär kann zur Lückenfüllung auf die Bestimmungen der § 406 ff EO zurückgegriffen werden (Slonina in Angst/Oberhammer EO³ § 86 Rz 1).
2. Der VollstrV 1968 stellt eine solche vorrangige bilaterale Vereinbarung dar. In dessen Art 12 Abs 1 ist vorgesehen, dass sich das Verfahren zum Zweck der Anerkennung oder der Vollstreckung der Entscheidung nach dem Recht des ersuchten Staats richtet, sofern dieser Vertrag nichts anderes bestimmt. Der Antragsteller, der gar nicht in Abrede stellt, dass es sich bei dem für vollstreckbar zu erklärenden Urteil um eine Versäumnisentscheidung handelt, gesteht selbst zu, dass sich verfahrensrechtliche Regelungen zur Prüfung der Ordnungsgemäßheit der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes im VollstrV 1968 nicht finden.
Daher kommt auf das vorliegende Verfahren zur Vollstreckbarerklärung die EO zur Anwendung (§ 410 Abs 2 EO).
3. Der Oberste Gerichtshof hat schon (auch außerhalb des Anwendungsbereichs von Rechtsakten der Europäischen Union) ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung von Amts wegen zu prüfen sind (3 Ob 69/11k; RS0114024). Andernfalls wäre es nämlich sinnlos, von demjenigen, der eine Entscheidung im Zweitstaat für vollstreckbar erklärt haben will, – wie hier gemäß Art 11 lit b VollstrV 1968 – die Vorlage auch der Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift der Unterlagen zu verlangen, aus der sich ergibt, dass der das Verfahren einleitende Schriftsatz der säumigen Partei ordnungsgemäß zugestellt worden ist (vgl 3 Ob 78/00t; 3 Ob 104/03w).
Bei dieser selbstständigen, amtswegigen Prüfung ist der Richter des Zweitstaats nicht an Tatsachenfeststellungen und die Rechtsansicht des Richters des Erststaats gebunden (Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner§ 407 EO Rz 25; Garber in Angst/Oberhammer EO³ § 80 Rz 24). Weder die im Urteil enthaltenen Tatsachenannahmen der israelischen Richterin zur Zustellung der verfahrenseinleitenden Schriftstücke noch ihre daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen zur Zustellung sind daher für den österreichischen Richter bindend. Dasselbe gilt für die Stellungnahmen des Justizministeriums des Staats Israel.
4. Schon das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass zum maßgeblichen Recht des Erststaats die für ihn geltenden multilateralen Verträge, bilateralen Abkommen und danach dessen (autonomes) innerstaatliches Zustellrecht gehören (Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner§ 407 EO Rz 18; vgl Lancray/Perters Rz 14 und 29). Das erststaatliche Zustellrecht bestimmt den (die) Zustelladressaten und das (die) mögliche(n) Zustellverfahren einschließlich der – nicht etwa durch Staatsverträge ausgeschlossenen – Zulässigkeit von Ersatzzustellungen bzw fiktiven Zustellungen, zu denen auch die Zustellung durch Aufgabe zur Post gehört (Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner§ 407 EO Rz 19).
5. Somit ist bei der nach Art 4 lit c VollstrV 1968 geforderten Prüfung (ordnungsgemäße Zustellung des das Verfahren einleitenden Schriftsatzes im Fall einer Versäumnisentscheidung) primär auf das unstrittig in beiden Staaten wirksame HPÜ 1954 ebenso Bedacht zu nehmen wie auf den daran anknüpfenden und dieses Übereinkommen ergänzenden StaatsV 1982, der dem Wunsch entspringt, in den Beziehungen zwischen den beiden Staaten die Anwendung des HPÜ 1954 zu erleichtern (Präambel).
5.1. Art 1 Abs 1 HPÜ 1954 sieht vor, dass die Zustellung von Schriftstücken in Zivil- oder Handelssachen, die für eine im Ausland befindliche Person bestimmt sind, innerhalb der Vertragsstaaten auf Begehren des Konsuls des ersuchenden Staats erfolgt; das Begehren ist an die vom ersuchten Staat zu bezeichnende Behörde zu richten.
Dazu legt Art 1 Abs 1 des StaatsV 1982 fest, dass solche Schriftstücke für die Republik Österreich im Weg des Bundesministeriums für Justiz und für den Staat Israel im Weg des Director of Courts, Jerusalem, übersandt werden.
Nach Art 1 Abs 4 HPÜ 1954 ist die Zustellung durch die zuständige Behörde des ersuchten Staats vorzunehmen. Das HPÜ 1954 sieht aber auch vor, dass die Vertragsstaaten Abweichendes vereinbaren können.
So ist es nach Art 2 Abs 1 HPÜ 1954 möglich, auf diesem Weg den unmittelbaren Verkehr zwischen den beiderseitigen Behörden zuzulassen.
Auch Art 6 HPÜ 1954 eröffnet die Möglichkeit für abweichende Zustellarten und lautet soweit hier relevant:
„Die Bestimmungen der vorhergehenden Artikel schließen nicht aus:
1. dass Schriftstücke den im Auslande befindlichen Beteiligten unmittelbar durch die Post zugesendet werden;
2. [...]
3. dass jeder Staat Schriftstücke, die für eine im Auslande befindliche Person bestimmt sind, unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter zustellen lässt.
Die in jedem dieser Fälle vorgesehenen Zustellungsarten sind jedoch nur insoweit statthaft, als Vereinbarungen zwischen den beteiligten Staaten sie zulassen oder wenn, in Ermangelung von Vereinbarungen, der Staat, auf dessen Gebiet die Zustellung vorgenommen werden soll, nicht widerspricht. [...]“
Eine solche Vereinbarung zwischen den beteiligten Staaten iSd Art 6 Abs 2 HPÜ 1954 ist in Art 5 StaatsV 1982 zu finden, wonach jeder der Vertragsstaaten berechtigt ist, in Zivil und Handelssachen Personen, die sich auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaats aufhalten, ohne Anwendung von Zwang durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter vernehmen oder ihnen durch sie gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke unmittelbar zustellen zu lassen. Damit wurde (nur) die Zustellvariante nach Art 6 Abs 1 Z 3 HPÜ 1954 als zulässig vereinbart.
5.2. Zusammenfassend ergibt sich, dass die hier beteiligten Staaten zwar eine das HPÜ 1954 modifizierende Vereinbarung im StaatsV 1982 schlossen, damit aber die Zulässigkeit einer Zustellung an im Ausland befindliche Beteiligte „unmittelbar durch die Post“ gerade nicht festlegten.
5.3. Abgesehen davon ist dem Rekursgericht dahin zu folgen, dass die hier zu beurteilende Zustellung verfahrenseinleitender Schriftstücke einer Zustellung „unmittelbar durch die Post“ iSd Art 6 Abs 1 Z 1 HPÜ 1954 ohnehin nicht gleichkommt.
Zwar erteilte das israelische Titelgericht der Vertreterin des Antragstellers die Erlaubnis, die Klageschrift samt Vorladung im Ausland mit eingeschriebener Post gegen Nachweis zuzustellen. Dieses Procedere entspricht aber weder begrifflich einer „unmittelbaren“ Betrauung der Post mit der Zustellung durch das Ursprungsgericht noch bietet es eine behördliche und nachvollziehbare Dokumentation, welche Schriftstücke versendet wurden, wie sie regelmäßig bei der unmittelbaren Versendung durch eine Behörde/ein Gericht zu erwarten ist.
Die Versendung von verfahrenseinleitenden gerichtlichen Schriftstücken durch den Prozessgegner fällt daher auch dann nicht unter den Tatbestand des Art 6 Abs 1 Z 1 HPÜ 1954, wenn die Partei mit der Erlaubnis des Gerichts ausgestattet war und sie ihr Vorgehen mit strafrechtlich bewehrter Eidesstättiger Erklärung bestätigen muss.
Ob unter dem im HPÜ 1954 verwendeten Begriff „Post“ (heute) auch ein privates Zustellunternehmen verstanden werden könnte, ist daher nicht weiter zu prüfen.
6. Da die im Art 4 lit c VollstrV 1968 normierte Voraussetzung für eine Vollstreckbarerklärung hier nicht erfüllt ist, hat das Rekursgericht die Vollstreckbarerklärung und Exekutionbewilligung zutreffend verweigert.
Die Frage, ob darüber hinaus auch ein Versagungsgrund nach Art 5 VollstrV 1968 verwirklicht ist, stellt sich nicht.
7. Der Revisionsrekurs des Antragstellers muss somit erfolglos bleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO,§ 41, 50 ZPO.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00091.19G.0829.000 |
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