OGH vom 22.10.2014, 3Ob91/14z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden, den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Ausfolgungssache (§ 150 AußStrG) bezüglich des im Inland gelegenen beweglichen Vermögens des am verstorbenen A*****, zuletzt wohnhaft *****, USA, über den Revisionsrekurs des Antragstellers B*****, USA, vertreten durch Mag. Harald Stefan, Öffentlicher Notar in Wien, dieser vertreten durch Dr. Johannes Öhlböck, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 590/13t 28, womit über Rekurs des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 9 A 116/13h 24, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich der unbekämpft gebliebenen Bestimmung der Gebühren des Gerichtskommissärs insgesamt zu lauten haben:
„Dem Antragsteller wird das im Inland gelegene bewegliche Vermögen des Erblassers, bestehend aus einem Guthaben mit einem Stand von 5.169,42 EUR zum Todestag, auf dem auf den Erblasser lautenden Konto bei der U***** AG, Kontonummer *****, ausgefolgt und der Erbenmachthaber Mag. Harald Stefan, Öffentlicher Notar, ermächtigt, über das Guthaben frei zu verfügen.
Die Gebühren des Gerichtskommissärs Dr. M*****, werden mit 33,12 EUR (darin enthalten 12 EUR Barauslagen, 5,52 EUR USt) bestimmt und dem Erbenmachthaber Mag. Harald Stefan deren Bezahlung binnen 14 Tagen aufgetragen.“
Text
Begründung:
Am starb der am zuletzt in NY, USA lebende, amerikanische Staatsbürger (ON 16) A*****. Die österreichische Staatsbürgerschaft besaß A***** zum Todeszeitpunkt nicht mehr (vgl ON 18).
Der Antragsteller und Ausfolgungswerber ist sein ebenfalls in den USA lebender Sohn.
Er beantragte, vertreten durch den Antragstellervertreter, die Ausfolgung eines Guthabens des Verstorbenen, erliegend auf einem auf den Verstorbenen lautenden Konto bei einer näher bezeichneten österreichischen Bank, das zum Todeszeitpunkt einen Guthabensstand von 5.169,42 EUR aufwies. Ferner beantragte er, seinen Erbenmachthaber zu ermächtigen, über das Guthaben frei zu verfügen und diesem die Zahlung der Gebühren des Gerichtskommissärs aufzutragen.
Dazu legte er in Entsprechung eines vom Erstgericht erteilten Verbesserungsauftrags eine Nachlassverwaltungsbescheinigung des zuständigen Nachlassgerichts des Staats New York vom , im Original versehen mit dem Siegel des amerikanischen Nachlassgerichts (vgl S 2 in ON 21), in beglaubigter Übersetzung vor, die bescheinigt, dass der Antragsteller ernannter Nachlassverwalter ist.
Die Bescheinigung hält ua wörtlich wie folgt fest:
„Der Nachlassverwalter ist ohne weiteren Gerichtsbeschluss darauf beschränkt, nicht mehr als $ 10.000 an persönlichem Vermögen des Verstorbenen zu akquirieren und zu verwalten.
Diese Nachlassverwaltungsbescheinigung gewährt aufgrund eines vom Gericht beschlossenen Dekrets, autorisiert und bemächtigt den oder die oben genannten Nachlassverwalter gemäß des Dekrets und der Gesetze des Staates New York alle erforderlichen Handlungen zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Verfügung des Nachlasses/der Treuhandschaft auszuführen, vorbehaltlich der eventuellen oben angeführten Beschränkungen.“
Anlässlich einer Vorsprache des Vertreters des Antragstellers bei der Vertretungsrichterin des Erstrichters (ON 21) erklärte der Antragstellervertreter, dass der Verstorbene in Amerika über keinerlei Vermögen verfügt habe. Die Nachlassverwaltungsbescheinigung sei erst nach dem Tod des A***** und nur im Hinblick auf das hier eingeleitete Ausfolgungsverfahren am ausgestellt worden. Im Übrigen habe es keinerlei sonstiges Nachlassverfahren in den USA gegeben. Er ersuchte daher, dass das Erstgericht von seinem zuvor (ON 19) erteilten Auftrag (Vorlage einer eidesstättigen Erklärung des Antragstellers über den Umfang ihm aus dem Nachlass bereits zugekommener Vermögenswerte) Abstand nehmen möge.
Das Erstgericht wies den Antrag des Antragstellers mit der Begründung ab, dass nicht nachgewiesen worden sei, dass bei Ausfolgung des in Österreich befindlichen Vermögens an den Ausfolgungsberechtigten die Betragsgrenze von 10.000 $ nicht überschritten werden würde.
Das Rekursgericht gab dem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs nicht Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung für zulässig, dass zur Auslegung des § 150 AußStrG höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Es billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Aus der vorgelegten Nachlassverwaltungsbescheinigung sei nicht abzuleiten, in welcher Höhe Vermögen des Erblassers verwaltet werde oder vom Antragsteller in Empfang genommen worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Antragsteller dagegen erhobene Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
§ 150 AußStrG regelt, dass das Gericht auf Antrag einer Person, die aufgrund einer Erklärung der Heimatbehörde des Verstorbenen oder der Behörde des Staats, in dem der Verstorbene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zur Übernahme des beweglichen Vermögens berechtigt ist, dieses Vermögen mit Beschluss auszufolgen hat, wenn über das im Inland gelegene bewegliche Vermögen nicht abzuhandeln ist (§ 106 JN).
§ 106 Abs 1 JN bestimmt, dass mangels im Inland gelegenem unbeweglichen Vermögens über das im Inland gelegene bewegliche Vermögen die inländische Gerichtsbarkeit nur gegeben ist, wenn der Verstorbene zuletzt österreichischer Staatsbürger war oder der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte oder die Durchsetzung aus dem Erbrecht, Pflichtteilsrecht oder einer letzwilligen Verfügung abgeleiteter Rechte im Ausland unmöglich wäre.
Keiner dieser Fälle liegt hier vor.
Aus der beglaubigt übersetzten und vom Antragsteller vorgelegten Nachlassverwaltungsbescheinigung ergibt sich, dass der Antragsteller zum Nachlassverwalter bestellt wurde und berechtigt ist, nicht mehr als 10.000 $ an persönlichem Vermögen des Verstorbenen zu akquirieren und zu verwalten.
Der Guthabensbetrag auf dem Konto des Verstorbenen im Inland übersteigt die Grenze von 10.000 $ nicht. Ob wovon der Revisionsrekurs ausgeht diese Beschränkung dahin auszulegen ist, dass die einzelnen zu akquirierenden/zu verwaltenden Vermögenswerte jeweils 10.000 $ nicht übersteigen oder ob wie die Vorinstanzen meinen die Beschränkung als Gesamtbeschränkung aufzufassen ist, also die dem Nachlassverwalter erteilte Ermächtigung endet, wenn er bereits Vermögenswerte von 10.000 $ akquiriert und/oder verwaltet, bedarf keiner Beantwortung:
Über Verbesserungsauftrag des Erstgerichts erschien der Antragstellervertreter beim Erstgericht und teilte mit, dass in den USA kein Nachlassverfahren stattgefunden habe und die Nachlassverwaltungsbescheinigung überhaupt nur im Hinblick auf das hier eingeleitete Ausfolgungsverfahren ausgestellt worden sei.
Allein im Hinblick auf die Datierung der Nachlassverwaltungsbescheinigung mit in Verbindung mit dem Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 150 AußStrG (Antrag eingelangt am beim Erstgericht) und den Angaben des Antragstellervertreters ist nämlich ausreichend bescheinigt, dass der Antragsteller andere Vermögenswerte als das in Österreich erliegende Bankguthaben weder akquirierte noch verwaltete.
Damit sind alle Voraussetzungen für eine Ausfolgung gemäß § 150 AußStrG erfüllt.
Dem berechtigten Revisionsrekurs ist daher im Sinne einer Stattgebung des Ausfolgungsantrags Folge zu geben.
Die der Höhe nach nicht bekämpfte Bestimmung der Gebühren des Gerichtskommissärs durch das Erstgericht bleibt davon unberührt. Seinem eigenen Antrag in erster Instanz folgend ist die Zahlung der Gerichtsgebühr aufzutragen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00091.14Z.1022.000