OGH vom 21.04.1998, 4Ob90/98h

OGH vom 21.04.1998, 4Ob90/98h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Christian R*****, vertreten durch Philipp & Partner, Rechtsanwälte und Strafverteidiger OEG in Mattersburg, wider die Antragsgegnerin Gabriele R*****, vertreten durch Dr. Andreas Wippel, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Rekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom , GZ 17 R 66/97w-39, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom , GZ 4 F 27/95b-35, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rekursbeantwortung bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die am geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirkgerichtes Neunkirchen vom , 4 C 90/94i, aus dem überwiegenden Verschulden der Antragsgegnerin geschieden. Die Streitteile bewohnten gemeinsam mit der Mutter und Großmutter der Antragsgegnerin ein Wohnhaus auf der Liegenschaft EZ ***** KG N*****, aus dem der Antragsteller am ausgezogen ist.

Mit Übergabsvertrag vom übertrug Helene W*****, die Großmutter der Antragsgegnerin, den ihr gehörenden Hälfteanteil der Liegenschaft EZ ***** KG N*****, den Streitteilen, und zwar dem Antragsteller zu drei Viertel, der damit einen Anteil von 3/8 an der gesamten Liegenschaft erwarb, und der Antragsgegnerin zu 1/4, die seitdem unter Berücksichtigung ihres bereits zuvor bestehenden Anteiles von 1/4 nunmehr insgesamt 3/8 an der gesamten Liegenschaft besitzt (der verbleibende 1/4 Anteil an der Liegenschaft steht im Eigentum der Mutter der Antragsgegnerin), gegen Einräumung des unentgeltlichen Wohnrechtes an einem im Erdgeschoß gelegenen Zimmer unter Mitbenützung der Nebenräume (Küche, Bad, WC, Keller und Garten) sowie der ordentlichen und liebevollen Pflege und Betreuung bei Krankheit und Gebrechlichkeit. In Punkt 9. dieses Vertrages erklären die Vertragsparteien, daß Grundlage dieses Übergabsvertrages der Fortbestand der Ehe zwischen den Übernehmern ist, und daß die Übergeberseite berechtigt ist, diesen Vertrag hinsichtlich des ihrem Schwiegerkind übertragenen Anteiles im Fall der rechtskräftigen Scheidung für aufgehoben zu erklären, sofern nicht ihr Kind (gemeint: Enkelkind) an der Ehescheidung allein oder überwiegend schuldig ist.

Mit Schriftsatz vom begehrte der Antragsteller die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens unter Zugrundelegung folgenden Aufteilungsvorschlages: Der Antragsgegnerin werde der 3/8-Liegenschaftsanteil des Antragstellers übertragen, sie habe einen gemeinsamen Altbausanierungskredit allein zurückzuzahlen, ihr verblieben zwei Prämiensparbücher bei der Sparkasse Neunkirchen und eine auf sie lautende Lebensversicherung bei der Anglo-Elementar, sie habe dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung von S 1,000.000.- zu leisten; dem Antragsteller verbleibe eine auf ihn lautende Ab- und Erlebensversicherung bei der Anglo-Elementar sowie ein Bausparvertrag, er habe einen Gehaltsvorschuß allein zurückzuzahlen.

Die Antragsgegnerin erklärte, nicht bereit zu sein, den Liegenschaftsanteil des Antragstellers zu übernehmen, es fehlten ihr dazu die finanziellen Möglichkeiten; damit sei auch eine Ausgleichszahlung gegenstandslos. Sie beantragt demgegenüber, ihr die Ehewohnung zur weiteren Alleinbenützung zuzuweisen, sei es im Wege einer Benützungsregelung unter Miteigentümern, sei es im Aufteilungsverfahren zur Obdachsicherung. Es bleibe dem Antragsteller unbenommen, seine Liegenschaftsanteile der mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebenden ehelichen mj. Tochter Anita, geb. 1986, zu übertragen. An der gemeinsamen Haftung für den Altbausanierungskredit solle sich nichts ändern, der Gehaltsvorschuß sei von ihm zurückzuzahlen, die Ansparsumme der einen Lebensversicherung sowie der Bausparvertrag seien gleichteilig aufzuteilen, die andere Lebensversicherung sowie ein Prämiensparbuch seien aus Mitteln der Großmutter der Antragsgegnerin gespeist worden und damit dem Aufteilungsverfahren entzogen. Hinsichtlich der Aufteilung des gesamten Hausrates schlossen die Streitteile in der Verhandlung am einen Teilvergleich (ON 34).

Das Erstgericht übertrug die 3/8 Liegenschaftsanteile des Antragstellers auf die Antragsgegnerin und verpflichtete diese zu einer Ausgleichszahlung von S 580.000.- in zwei gleichen Jahresraten, berechtigte den Antragsteller allein aus einem Lebensversicherungsvertrag, dem Bausparvertrag und einem Sparbuch, die Antragsgegnerin allein aus dem zweiten Lebensversicherungsvertrag und zwei Prämiensparbüchern und verpflichtete beide Streitteile je zur Hälfte zur Rückzahlung des gemeinsam aufgenommenen Darlehens. Grundlage der Berechnung der Ausgleichszahlung bildete ein Gutachten über "Zustand und Wert der Ehewohnung unter Einbeziehung des zwischen (Übergabsvertrag) und (Auszug des Antragstellers) erfolgten Wertzuwachses", wonach der Verkehrswert von 6/8 Anteilen der Baulichkeiten der Liegenschaft mit S 1,089.126.- und die Wertsteigerung dieser Anteile mit S 507.383.- bewertet wurden.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit mehr als S 50.000.- und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil die Frage der Einbeziehung von anläßlich der Eheschließung den Streitteilen von dritter Seite geschenkten Liegenschaftsanteilen in die Aufteilungsmasse bei der hier vorliegenden Konstellation eine erhebliche Rechtsfrage sei, zu der höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Es hielt die Sache vor allem deshalb noch nicht für spruchreif, weil es nicht auf den Wertzuwachs der Baulichkeiten allein, sondern den gesamten Wert (nur) der 3/8 Liegenschaftsanteile des Antragstellers (Verkehrswert unter angemessener Berücksichtigung des Ertragswertes) ankomme, die in die Aufteilung einzubeziehen seien; hingegen hätten die von der Antragsgegnerin in die Ehe eingebrachten 2/8 Liegenschaftsanteile gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG außer Ansatz zu bleiben, die auch nicht unter die Bestimmung des § 82 Abs 2 EheG fielen, da der Antragsteller die Zuweisung der Ehewohnung nicht begehrt habe und deren Benützung für ihn auch keine Existenzfrage bilde. Der in § 90 Abs 1 EheG ausgedrückte Bewahrungsgrundsatz für unbewegliches Vermögen habe hinter den leitenden Grundgedanken im Aufteilungsverfahren zurückzutreten, daß vermögensrechtliche Bindungen der früheren Ehegatten nach Möglichkeit vollkommen aufzuheben seien, um zukünftige Auseinandersetzungen zu vermeiden; im Falle des Miteigentums an Liegenschaften sei daher in der Regel der Miteigentumsanteil des einen Ehegatten auf den anderen zu übertragen. Die Ausgleichszahlung dürfe dabei auch jenen Betrag übersteigen, den der Zahlungspflichtige bequem leisten könne; letzterem sei vielmehr die äußerste Anspannung seiner Kräfte unter Einschränkung seiner Lebensbedürfnisse zumutbar, sofern er die Übernahme von Vermögenswerten anstrebe (was hier erkennbar für die Antragsgegnerin der Fall sei).

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Antragsgegnerin ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes - nicht zulässig.

Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Auffassung der Vorinstanzen, die Miteigentumsanteile des Antragstellers an der Liegenschaft seien als diesem zurechenbarer Beitrag in die Aufteilung einzubeziehen, stamme doch dieses Vermögen von der Großmutter der Antragsgegnerin, deren ausschließliches Motiv im Übergabsvertrag es gewesen sei, ihrer Enkeltochter bei der Beschaffung einer Ehewohnung zu helfen.

Der Antragsteller hat das Miteigentum an der Liegenschaft durch einen Übergabsvertrag erhalten. Ob es sich hiebei in Anbetracht der Ausgedingsleistungen um einen entgeltlichen Vertrag oder zumindest um eine gemischte Schenkung handelte (vgl hiezu Schubert in Rummel ABGB2 § 938 Rz 9), muß hier nicht abschließend geklärt werden. Es ist nämlich ständige Rechtsprechung, daß dann, wenn - wie hier - die ganze Liegenschaft als Ehewohnung gedient hat und ein Ehegatte (hier:

die Antragsgegnerin, vgl. ihr unbestritten gebliebenes Vorbringen in ON 7) auf die Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensverhältnisse angewiesen ist, die Liegenschaft in die Aufteilung auch dann einzubeziehen ist, wenn ein Fall des § 82 Abs 1 Z 1 EheG vorliegt, die Liegenschaft (bzw. hier: Anteile daran) somit von einem Ehegatten in die Ehe eingebracht, ererbt oder ihm von einem Dritten geschenkt wurde (7 Ob 794/82; 8 Ob 519/93; ÖA 1996, 91 ua). Es wurde bereits ausgesprochen, daß sich an dieser Betrachtungsweise auch in den Fällen nichts ändert, daß der Ehegatte, der ursprünglich Alleineigentümer der Liegenschaft war, ohne eine entsprechende ihn treffende Verpflichtung den Hälfteanteil dem anderen Ehegatten schenkt (ÖA 1996, 91), oder die Schenkung an den anderen Ehegatten zwar durch die Eltern des einen Gatten, jedoch auf dessen ausdrücklichen Wunsch, erfolgte (8 Ob 87/97w). In beiden Fällen befindet sich somit die Ehewohnung in der Aufteilungsmasse; der Umstand, daß die Liegenschaft von dem einen Ehegatten stammt, ist im Rahmen der Billigkeitserwägungen bei der Aufteilung entsprechend zu berücksichtigen (EF 51.741). Gleiche Überlegungen gelten im Falle geschenkweiser Teilfinanzierung durch einen Dritten. Auch in diesem Fall unterliegt die Sache der Aufteilung, wobei nunmehr nach neuerer Rechtsprechung mangels Vorliegens ausdrücklicher Widmung nicht davon ausgegangen werden kann, die Leistungen Verwandter eines Teiles seien bei Scheitern der Ehe auch als Beitrag des anderen Teiles zu werten (1 Ob 631/88; 1 Ob 2104/96k; 8 Ob 87/97w ua).

Das Rekursgericht hat in zutreffender Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt erkannt, daß die im Übergabsvertrag dem Antragsteller zugesprochenen 3/8 Liegenschaftsanteile in die Aufteilungsmasse fallen und im Aufteilungsverfahren als Beitrag des Antragstellers in Ansatz zu bringen sind, sollte doch nach dem Willen der Parteien des Übergabsvertrages die Vermögensverschiebung zugunsten des Antragstellers im Falle einer Scheidung ihrer Enkeltochter dann endgültigen Bestand haben und durch die Übergeberin nicht mehr widerruflich sein, wenn ihr Enkelkind an der Scheidung allein oder überwiegend schuld ist. Eine Verkennung der Rechtslage durch das Rekursgericht oder ein unvertretbares Auslegungsergebnis ist in dieser Vertragsauslegung nicht erkennbar, weshalb eine erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt (MR 1989, 210; ÖA 1986, 50; 8 Ob 558/93).

Zuzustimmen ist dem Rekursgericht auch in seinen weiteren Aufträgen an das Erstgericht, daß im fortgesetzten Verfahren der Wert des gesamten Miteigentumsanteils des Antragstellers und nicht nur der diesem Anteil entsprechende Wert der auf der Liegenschaft befindlichen Baulichkeiten zu ermitteln sein wird; auf die Werterhöhung der Liegenschaft im Zusammenhang mit dem Ausbau des darauf befindlichen Wohnhauses kommt es isoliert betrachtet hingegen nicht an, fließt diese doch ohnehin in die Berechnung des Wertes der Liegenschaftsanteile zum Bewertungsstichtag (Schluß der Beweisaufnahme erster Instanz, vgl. Pichler in Rummel, ABGB**2 § 84 EheG Rz 9 mwN) ein. Zutreffend sind letztlich auch die Ausführungen des Rekursgerichtes, das einer Zuweisung der Miteigentumsanteile des Antragstellers an die Klägerin den Vorzug gegenüber einer anderen rechtlichen Gestaltung der zukünftigen alleinigen Nutzung der ehemaligen Ehewohnung durch die Antragsgegnerin gegeben hat, soll doch der Fortbestand von Miteigentum möglichst vermieden werden (3 Ob 508/85; 3 Ob 2224/96x ua), sowie dessen Rechtsmeinung zur Anspannungspflicht des mit einer Ausgleichszahlung Belasteten.

Da die Rekurswerberin sonst erhebliche Rechtsfragen nicht aufzeigt, war ihr unzulässiger Rekurs zurückzuweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 234 AußStrG (der Antragsteller hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen).