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OGH 08.04.1997, 5Ob77/97b

OGH 08.04.1997, 5Ob77/97b

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mj Patricia K*****, geboren am , Schülerin, ***** vertreten durch ihren Vater Helmut K*****, dieser vertreten durch Dr.Christian Függer, Rechtsanwalt in St.Pölten, gegen die beklagte Partei Leopold L*****, vertreten durch Dr.Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen restl. S 75.000,-- sA und Feststellung (Streitwert S 20.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Berufungsgericht vom , GZ 29 R 298/96g-21, womit das Urteil des Bezirksgerichtes St.Pölten vom , GZ 3 C 223/95x-15, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird abgeändert und das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 12.706,40 (darin enthalten S 6.620,-- Barauslagen und S 1.014,20 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am fanden auf dem Fußballplatz in ***** U***** Feuerwehrwettkämpfe statt. Bei dieser Veranstaltung schenkte der Beklagte, dem für die Dauer der Wettkämpfe die gewerberechtliche Standortverlegung hinsichtlich seines Gasthauses in U***** auf das Sportplatzgelände genehmigt worden war, unter Benützung eines aus Holz gefertigten Imbißstandes, den er sich bei der Freiwilligen Feuerwehr U***** ausgeliehen hatte, auf eigene Rechnung Getränke aus. Als nun die Klägerin auf einem der Heurigentische saß, die im Nahebereich dieses Imbißstandes aufgestellt waren, wurde infolge eines heftigen Windstoßes eine (ca 3 m lange und 1,5 m breite) Holzplatte aus dem Dach des Imbißstandes abgelöst und auf die Klägerin geschleudert, wodurch sie schwere Verletzungen erlitt.

Mit der am beim Bezirksgericht St.Pölten eingebrachten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten S 80.000,-- Schmerzengeld; darüber hinaus soll seine Haftung für künftige Schäden aus dem streitgegenständlichen Ereignis festgestellt werden. Gestützt wurde dieses Begehren auf die Bestimmung des § 1319 ABGB. Der Beklagte sei im Sinn der genannten Gesetzesstelle als Besitzer des Imbißstandes anzusehen, weil er ihn unter Mithilfe anderer Personen selbst aufgestellt habe, in ihm auf Grund einer genehmigten Standortverlegung seines Gewerbes auf eigene Rechnung Getränke ausschenkte und über die Hütte verfügungsberechtigt gewesen sei.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte dessen Abweisung und wendete im wesentlichen ein, er sei nicht Besitzer der Holzhütte im Sinne des § 1319 ABGB gewesen. Als Besitzer (Halter) des Imbißstandes sei vielmehr - auch im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls - die FF U***** anzusehen. Selbst wenn man jedoch die Haftung des Beklagten im Sinne des § 1319 ABGB annehmen sollte, sei der Klagsanspruch unberechtigt, weil er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe. Die Bestandteile der Hütte hätten beim Zusammenbau keine für den Beklagten erkennbaren Schäden und Mängel aufgewiesen, die Aufstellung sei unter Mitwirkung eines fachkundigen Mitgliedes der FF U***** erfolgt, und schließlich habe sogar der Feuerwehrkommandant eine "Endkontrolle und Abnahme" der aufgestellten Hütte durchgeführt.

Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren unter gleichzeitiger Abweisung des Mehrbegehrens mit S 75.000,-- sA und dem Feststellungsbegehren zur Gänze statt. Es ist dabei von folgenden zusätzlichen Feststellungen ausgegangen (auf die Wiedergabe der Verletzungen und möglichen Dauerschäden der Klägerin wird verzichtet, weil insoweit weder in zweiter noch in dritter Instanz Anfechtungsgründe vorgebracht wurden).

Die Bestandteile der streitgegenständlichen Hütte waren im Unfallszeitpunkt zwischen 5 und 13 Jahre alt. Die Hütte stand im Eigentum der FF U***** und war schon öfters für Ausschankzwecke verwendet worden. Sie wurde dem Beklagten geliehen, weil er der FF U***** bei diversen Veranstaltungen schon öfter mit Gläsern, Spülern etc ausgeholfen hatte.

Den Aufbau der Hütte besorgte der Beklagte gemeinsam mit Josef G***** (einige Tag vor dem , wobei offenbar noch ein Verwandter des Beklagten mitgeholfen hat). Nach dem Zusammenbau wurde der Zustand der Hütte vom Kommandanten der FF U***** überprüft. Am Tag des Unfalls hatte der Beklagte zwischen 10 Uhr und 12.30 Uhr einen Dachplattenriegel geöffnet, diesen aber vor dem Unfall wieder geschlossen.

Im Unfallszeitpunkt herrschte starker Wind. Der für die temporäre Befestigung der Dachplatte an der Stahlrahmenkonstruktion verwendete Fensterreiber war für die aufkommende Windkraft bei weitem nicht ausreichend dimensioniert. Die Befestigungsvorrichtung für die Dachplatte (der Reiber) war also bei weitem nicht geeignet, die (am Unfalltag) auftretende Windkraft aufzunehmen. Bei einer starken Windböe brach der Reiber in der Krümmung zur Befestigungsplatte, sodaß die Dachplatte vom Windsog aufgehoben und über das Vordach zu Boden geschleudert wurde. Die rechte äußerste Dachplatte fiel dabei auf die Klägerin.

In der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhalts vertrat das Erstgericht zur strittigen Haftungsfrage den Standpunkt, daß der Beklagte als "Besitzer" im Sinne des § 1319 ABGB anzusehen sei. Er habe nämlich selbst diese Hütte mit Hilfe weiterer Personen errichtet und wäre somit in der Lage gewesen, auf die in der Mangelhaftigkeit der Sache liegende Gefährlichkeit bei derart starkem Wind - nötigenfalls durch Unterlassen des Aufbaues der Hütte - Einfluß zu nehmen. Der Beklagte als Halter der Imbißhütte habe nicht alle jene Vorkehrungen getroffen, die nach den gegebenen Umständen nach der Verkehrsauffassung vernünftigerweise von ihm hätten erwartet werden können. Das Aufbauen einer Holzhütte berge die Gefahr in sich, daß sich bei starkem Wind mangelhaft befestigte Teile losreißen und Personen verletzen. Der Beklagte habe keine Umstände vorgebracht, die darauf schließen ließen, er habe alle objektiv zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet. Die Haftung des Besitzers eines Werkes setze zwar die Erkennbarkeit der Gefahr voraus, doch sei hiebei ein rein objektiver Maßstab anzulegen.

Das vom Beklagten ausschließlich wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Haftungsfrage angerufene Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus:

Dem Beklagten sei darin beizupflichten, daß er nicht als "Besitzer" des Imbißstandes im Sinne des § 1319 ABGB angesehen werden könne. Dieser Begriff des Besitzers decke sich nicht mit demjenigen des § 309 ABGB. Nach den Materialien zur dritten TN sollte nicht jeder Inhaber oder vorübergehende Besitzer ein solcher im Sinne des § 1319 ABGB sein, andererseits spiele es aber auch keine Rolle, ob ein Werk aufgrund eines dinglichen oder obligatorischen Rechts besessen wird. Da sich die strenge Haftung nach § 1319 ABGB sinnvollerweise nur damit rechtfertigen lasse, daß derjenige, der auch die Vorteile aus der Sache zieht bzw ziehen und über ihren Gebrauch disponieren kann, im Zweifel die Nachteile tragen soll, sei der als Besitzer zu betrachten, der die Sache auf eigene Rechnung führt, der die Verfügungsgewalt über sie hat, in moderner Terminologie der Halter (Reischauer in Rummel2 Rz 12 zu § 1319). Dies bedeute, daß Besitzer eines Gebäudes jener sei, der für die Instandhaltung des Gebäudes auf eigene Rechnung zu sorgen hat. Es sei demnach nicht jeder Sachbesitzer ein Besitzer im Sinne des § 1319 ABGB, weil einem anderen der Gebrauch und die Instandhaltungspflicht übertragen worden sein kann; andererseits müsse der Ersatzpflichtige nicht Sachbesitzer sein, weil eben auch anderen Personen die entsprechenden Befugnisse zustehen und die entscheidenden Pflichten obliegen können (Koziol, Haftpflichtrecht II2 398).

Im vorliegenden Fall sei nun hervorzuheben, daß die FF U***** dem Beklagten die in ihrem Eigentum stehende Hütte kurzfristig aus Anlaß der Feuerwehrwettkämpfe als Gegenleistung dafür überließ, daß er der FF U***** schon öfters mit Gläser, Spülern etc ausgeholfen hatte. Den Aufbau der Hütte habe der Beklagte gemeinsam mit dem Zeugen G*****, einem Mitglied (Kommandantstellvertreter) der FF U***** bewerkstelligt. Nach dem Zusammenbau der Hütte habe dann noch der Feuerwehrkommandant deren Zustand überprüft. Auf diese Sachlage könnten die von der Rechtsprechung zur Vermietung eines Kraftfahrzeuges entwickelten Kriterien der Halterbestimmung sinngemäß angewendet werden. Demnach bleibe der Vermieter regelmäßig Halter. Wer während der Mietzeit Halter ist, müsse nach den Umständen des Falles beurteilt werden; der Mieter oder sonstige Benützer eines Kraftfahrzeuges sei nur dann Halter, wenn er während der Dauer der Mieter/des Gebrauches über die Verwendung des Fahrzeuges nach Ort und Zeit zu bestimmten hat, also bestimmen kann, wann und wohin gefahren wird. In solchen Fällen sei bei jedem der Beteiligten zu prüfen, ob bei Würdigung seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Betrieb des Fahrzeuges die Merkmale, die für die Haltereigenschaft wesentlich sind, bei ihm in so großer Zahl und so stark gegeben sind, daß seine Belastung mit der Haftung für Betriebsunfälle dem Wesen der gesetzlichen Haftpflicht des Halters entspricht (MGA EKHG5 E 35 zu § 5). Die Gefährdungshaftung solle eben jenen treffen, dem die Möglichkeit der Gefahrenabwendung offensteht. Zu den Maßnahmen der Gefahrenabwendung gehöre auch die ordnungsgemäße Überprüfung und Instandhaltung des Fahrzeuges. Diese Aufgabe bleibe aber bei kurzfristiger Überlassung in aller Regel beim Vermieter, der den Einfluß auf die Gefahrenabwendung hat und überdies den Nutzen aus der Vermietung zieht (Koziol aaO 531 f).

Wende man diesen Grundsätze auf den Halterbegriff des § 1319 ABGB an, so lägen die aufgezeigten Zurechnungskriterien auf Seiten des Beklagten in zu geringem Maße vor. Die Überlassung des Imbißstandes sei nur kurzfristig für einen konkret vorgegebenen Zweck und Standort und unter Einbindung in eine Feuerwehrveranstaltung erfolgt. Weiters sei ein Feuerwehrmann der FF U***** am Aufbau beteiligt gewesen, und es sei schließlich zu einer Endkontrolle bzw Abnahme des aufgebauten Imbißstandes durch den Feuerwehrkommandanten gekommen. Unter diesen Umständen habe der Beklagte keine einem Halter bzw Besitzer zukommende Dispositionsmöglichkeit über das Bauwerk gehabt, was dessen Haftung nach § 1319 ABGB ausschließe. Andere Haftungsgrundlagen seien nicht geltend gemacht worden.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß zur wesentlichen Rechtsfrage der Besitzereigenschaft nach § 1319 ABGB bei Verleihung "mobiler Bauwerke" keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege.

In der jetzt vorliegenden Revision beharrt die Klägerin auf ihrem Rechtsstandpunkt, daß der Beklagte als Besitzer bzw "Halter" des Imbißstandes iSd § 1319 ABGB zu qualifizieren sei. Die Aufstellung der Hütte sei, wie sich bei vollständiger und richtiger Auswertung der Beweisergebnisse gezeigt hätte, nicht eine Aktion der FF U***** gewesen, sondern - unter Mithilfe von Privatpersonen - ausschließlich im Interesse des Beklagten erfolgt. In dieser Hütte habe der Beklagte auf Grund einer genehmigten Standortverlegung während der Feuerwehrwettkämpfe, die das Wochenende über gedauert hätten, sein Gastgewerbe ausgeübt. Die Hütte selbst sei sogar einige Tage vorher aufgestellt worden, sodaß von einer kurzfristigen Überlassung des Bauwerks keine Rede sein könne. Der Beklagte habe auch Nutzen aus dem ihm überlassenen Imbißstand gezogen, weil er dort auf eigene Rechnung und mit Gewinnabsicht Speisen und Getränke verkauft habe. Über den Aufbau der Hütte, ihre Situierung und das Auf- bzw Zusperren habe der Beklagte allein disponiert. Damit seien ganz wesentliche Kriterien der Besitzer- bzw Haltereigenschaft erfüllt. Mit dem kurzfristigen Mieter eines Kraftfahrzeuges lasse sich der Beklagte schon deshalb nicht vergleichen, weil er den Imbißstand auf Grund einer genehmigten Standortverlegung gewerblich genutzt habe. Er sei auch nicht im Rahmen einer Veranstaltung der FF U***** tätig geworden, weil diese lediglich das Übungsgelände für Wettkämpfe sämtlicher Feuerwehren aus dem Bezirk St.Pölten-Land zur Verfügung gestellt habe.

Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil im Sinn einer Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern, oder aber es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Vom Beklagten liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsbeantwortung mit dem Antrag vor, die Revision mangels Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben. Auch in dieser Rechtsmittelschrift wurde nur die Frage angeschnitten, ob der Beklagte als Besitzer des Imbißstandes iSd § 1319 ABGB angesehen werden kann.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie erweist sich im Sinn des Abänderungsbegehrens der Klägerin auch als berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die von Judikatur und Lehre herausgearbeiteten Begriffsmerkmale des in § 1319 ABGB genannten "Besitzers" eines Gebäudes oder eines anderen auf einem Grundstück aufgeführten Werkes (wozu zweifellos auch ein vorübergehend aufgestellter Imbißstand gehört: vgl die Judikaturbeispiele bei Reischauer in Rummel2, Rz 4 zu § 1319 ABGB; E 6 ff zu § 1319 ABGB, MGA34) wurden vom Berufungsgericht zutreffend dargestellt. Demnach ist der als Besitzer zu betrachten, der die Sache auf eigene Rechnung in Gebrauch hat, aus ihr Vorteile zieht und über sie soweit disponieren kann, daß ihm Maßnahmen zur Vorbeugung gegen die von der Sache ausgehenden Gefahren möglich und zumutbar sind (vgl Reischauer aaO, Rz 12 zu § 1319 ABGB). Nach moderner Terminologie ist darunter der "Halter" zu verstehen, wie ihn § 1320 ABGB erstmals erwähnte, der wiederum Vorbild zur Lösung vergleichbarer Haftungsprobleme geworden ist (vgl SZ 61/132; 4 Ob 2163/96h). Dabei ist man sich einig, daß es nicht auf das rechtliche, sondern auf das tatsächliche und wirtschaftliche Verhältnis ankommt, in dem der Besitzer bzw Halter zur Sache steht. Maßgeblich ist eine Sachbeziehung (im Fall des § 1319 ABGB eine Beziehung zum Bauwerk), die den Besitzer in die Lage versetzt und nach der Verkehrsanschauung auch dazu verpflichtet, Gefahren rechtzeitig vorzubeugen (vgl RIS-Justiz RS0010100; RZ 1980/24; SZ 61/132; EvBl 1994/8; Gschnitzer ua, Österreichisches Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz,

2. Aufl, 521). In diesem Sinn wurde bereits in den Gesetzesmaterialien zur 3. TN die Möglichkeit der Gefahrenabwehr als wesentliches Begriffsmerkmal des "Besitzers" genannt (vgl Reischauer aaO, Rz 12 zu § 1319 ABGB), was sich mit den jüngsten Judikaturaussagen zu den entscheidenden Kriterien der Halterhaftung nach § 1319 ABGB deckt (vgl EvBl 1994/8).

Diesem entscheidenden Umstand einer möglichen und auch zumutbaren Gefahrenabwehr hat das Berufungsgericht zu wenig Beachtung geschenkt. Seiner Rechtsansicht, der Beklagte sei mit dem kurzzeitigen Mieter eines Kraftfahrzeuges zu vergleichen, den die Judikatur auch nicht als Halter betrachte und mit dessen strenger Haftung belaste, ist schon deshalb nicht zu folgen, weil der Beklagte den Imbißstand selbst (wenn auch mit fremder Hilfe, aber selbstverständlich) aufbzw zusammengebaut hat und damit viel weitergehende Möglichkeiten zur Gefahrenabwehr hatte als ein Kfz-Mieter. Es lag in seiner Disposition, für das Anbringen und Schließen von Befestigungselementen zu sorgen, er konnte sich während des Zusammenbaus ein Bild über die Konstruktion und Statik des Bauwerks machen und befand sich damit in einer dem Bauführer vergleichbaren Lage, der während der Herstellung seines Werks als Besitzer iSd § 1319 ABGB behandelt wird (vgl SZ 40/136; 4 Ob 2163/96h ua). Auch nach "Vollendung" des Bauwerks übte er Verfügungsgewalt über die Sache aus, wie sein Öffnen und Schließen der Dachplattenverriegelung am Tag des Unfalls beweist. Bei all dem nutzte er den Imbißstand zu seinem Vorteil und auf eigene Rechnung, indem er Speisen und Getränke verkaufte, ja sogar vorübergehend seinen Gastgewerbebetrieb dorthin verlagerte. Die eingangs wiedergegebenen Kriterien eines Halters, von denen - wie erwähnt - der Möglichkeit der Gefahrenbeherrschung besonderes Gewicht zukommt, treffen daher auf ihn zu. Er wäre als Errichter und - wenn auch nur kurzzeitiger - Betreiber des Bauwerks in besonderer Weise in der Lage gewesen, dessen mangelhafte Beschaffenheit zu erkennen und geeignete Abhilfe zu schaffen, weshalb es auch gerechtfertigt erscheint, ihn mit der Halterhaftung zu belasten (vgl SZ 59/121).

Um diese Haftung in Anspruch zu nehmen, hatte die Klägerin (was ihr auch gelungen ist) nur den Besitz des Beklagten am Bauwerk und dessen Mangelhaftigkeit als Schadensursache zu beweisen (Reischauer aaO, Rz 16 zu § 1319 ABGB); zur Befreiung von dieser Haftung hätte der Beklagte nachweisen müssen, daß er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt aufgewendet hat (Reischauer aaO, Rz 17 zu § 1319 ABGB). Dieser Nachweis wurde nach dem festgestellten Sachverhalt nicht erbracht. Daß die Ablösung der Dachplatte vom Imbißstand durch starken Wind verursacht wurde, schließt die Haftung des Beklagten nicht aus (vgl RZ 1988, 186/44).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Baumann, Dr.Prückner und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mj Patricia K***** vertreten durch ihren Vater Helmut K*****, dieser vertreten durch Dr.Christian Függer, Rechtsanwalt in St.Pölten, gegen die beklagte Partei Leopold L*****, vertreten durch Dr.Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen restl. S 75.000,-- sA und Feststellung (Streitwert S 20.000,--) infolge des Antrags der klagenden Partei auf Berichtigung des in dieser Sache ergangenen Urteils des Obersten Gerichtshofes vom folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Das zu 5 Ob 77/97b ergangene Urteil des Obersten Gerichtshofes vom wird dahingehend berichtigt, daß der Spruch unter Einfügung eines zusätzlichen Absatzes und einiger Verdeutlichungen insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes unter Einschluß der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 10.141,44 (darin enthalten S 1.690,24 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 12.706,40 (darin enthalten S 6.620,-- Barauslagen und S 1.014,20 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 224,64 (darin enthalten S 37,44 USt) bestimmten Kosten des Berichtigungsantrages zu ersetzen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

In der angeführten Entscheidung unterblieb - wie die klagende Partei in ihrem Berichtigungsantrag zu Recht geltend macht - versehentlich der Ausspruch über die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens. Er war daher gemäß § 419 ZPO nachzutragen. An den Entscheidungsgründen ändert sich nichts.

Die Entscheidung über die Kosten des Berichtigungsantrages stützt sich auf § 41 ZPO iVm TP 1 I g des RAT. Höhere Kosten sind durch diesen Tarif nicht gedeckt.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1997:0050OB00077.97B.0408.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAD-69562