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OGH 13.09.2012, 6Ob87/12f

OGH 13.09.2012, 6Ob87/12f

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der (vormaligen) Pflegschaftssache des nunmehr volljährigen Mo***** E*****, geboren am , und der minderjährigen Ma***** E*****, geboren am , über den Rekurs der Mutter D***** K*****, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 12 Nc 22/11v-8, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird hinsichtlich Mo***** E***** zurückgewiesen.

Hinsichtlich Ma***** E***** wird der Akt dem Oberlandesgericht Wien zurückgestellt.

Text

Begründung:

Mo***** und Ma***** E***** sind die ehelichen Kinder des R***** R***** und der D***** K*****, deren Ehe bereits 1997 geschieden wurde. Aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichts Neunkirchen vom steht (stand) die Obsorge beiden Eltern zu.

Mit dem angefochtenen Beschluss genehmigte das Oberlandesgericht Wien die am gemäß § 111 JN erfolgte Übertragung der Zuständigkeit vom Bezirksgericht Neunkirchen an das Bezirksgericht Schwechat; beide Kinder lebten nunmehr beim Vater in H*****.

Dagegen wendet sich die Mutter mit persönlichem Schreiben vom , in welchem sie darauf hinweist, dass Mo***** tatsächlich nicht beim Vater, sondern bei den mütterlichen Großeltern in Hi***** und Ma***** nicht mehr beim Vater, sondern wieder bei ihr in N***** lebten. Sie verstehe den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien nicht.

Dieses legte das Schreiben der Mutter dem Obersten Gerichtshof als Rekurs vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist hinsichtlich Mo***** E***** unzulässig; hinsichtlich Ma***** E***** kann noch nicht entschieden werden.

1. Da die Bezirksgerichte Neunkirchen und Schwechat nicht im selben Landesgerichtssprengel liegen, hat das Oberlandesgericht Wien gemäß § 111 Abs 2 JN als Erstgericht entschieden. Damit bedurfte die Mutter für ihren Rekurs an den Obersten Gerichtshof keiner anwaltlichen Vertretung; es liegt kein Revisionsrekursverfahren iSd § 6 Abs 1 AußStrG vor.

2. Mo***** E***** hat am sein 18. Lebensjahr vollendet und ist damit volljährig geworden. Da somit das Pflegschaftsverfahren beendet ist, kann es zu keiner Übertragung der Zuständigkeit nach § 111 JN mehr kommen; der Mutter fehlt es an jeglicher Beschwer, was zur Zurückweisung ihres Rekurses führen muss.

3. Hinsichtlich Ma***** E***** ist zu berücksichtigen, dass das Rechtsmittelverfahren betreffend Zuständigkeitsübertragungen nach § 111 JN zweiseitig ausgestaltet ist (Mayr in Rechberger, ZPO³ [2006] § 111 JN Rz 6; Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen³ [2006] Rz 263; vgl auch 1 Ob 19/06k). Der Rekurs der Mutter ist daher gemäß § 48 AußStrG sowohl dem Vater, der ebenfalls obsorgeberechtigt ist, als auch Ma***** E***** zuzustellen; letztere ist bereits mündig und hat deshalb nach § 104 AußStrG eigene Verfahrensfähigkeit.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen M***** E*****, geboren am , über den Rekurs der Mutter D***** K*****, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 12 Nc 22/11v-8, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Oberlandesgericht Wien eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Text

Begründung:

Zum bisherigen Verfahrensgang kann auf die Entscheidung dieses Senats vom , 6 Ob 87/12f, verwiesen werden. Weder der Vater noch die Minderjährige haben sich trotz zwischenzeitiger Zustellung der Rekursschrift am Rekursverfahren beteiligt.

Nach der Aktenlage hat die Mutter wenige Tage vor der nunmehr angefochtenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien dem Bezirksgericht Neunkirchen mitgeteilt, dass sich die Minderjährige seit Jänner 2012 wieder in ihrer „Obhut“ befinde (AS 83). Darüber hinaus legte die Mutter eine Meldebestätigung vom vor, aus welcher sich eine Meldung der Minderjährigen an der Adresse der Mutter ab diesem Tag ergibt (AS 85).

Das Oberlandesgericht Wien stellte den Rekurs der Mutter der Minderjährigen sowohl unter der Adresse der Mutter als auch unter der Adresse des Vaters zu. Beide Elternteile übernahmen die Schriftstücke für die Minderjährige, und zwar die Mutter als „Mutter“ und der Vater als „Mitbewohner“.

Rechtliche Beurteilung

Angesichts des Umstands, dass die Minderjährige bereits mehrfach ihre Aufenthaltsorte geändert hat, dass die Mitteilung der Mutter, die Minderjährige sei nunmehr wieder in ihrer „Obhut“, über neun Monate alt ist und dass sich der Vater gegenüber dem Zustellorgan nunmehr (wieder) als Mitbewohner der Minderjährigen an seiner Adresse ausgibt, erscheint die Aktenlage derzeit nicht so eindeutig, dass gesagt werden könnte, es wäre im Sinn des § 111 JN tatsächlich zweckmäßig, die Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Schwechat zu übertragen. Allerdings lässt sich auch nicht ausschließen, dass die Minderjährige tatsächlich zwischenzeitig wieder zum Vater gewechselt ist und bei diesem lebt.

Vor einer endgültigen Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN wird daher das Oberlandesgericht Wien die Entscheidungsgrundlage insoweit zu verbreitern haben, als es Feststellungen zu den tatsächlichen Lebensverhältnissen der Minderjährigen trifft.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Familienrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2012:0060OB00087.12F.0913.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAD-69555