OGH vom 10.07.2012, 4Ob90/12g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichische Zahnärztekammer, Wien 1, Kohlmarkt 11/6, vertreten durch Dr. Friedrich Schulz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. J***** W*****, vertreten durch Mag. Gerhard Franz Köstner, Rechtsanwalt in Altenmarkt im Pongau, wegen Unterlassung (Streitwert 32.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 2.500 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 20/12x 27, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die dem beklagten Zahnarzt als unlauterer Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch (§ 1 Abs 1 Z 1 UWG) vorgeworfenen Verstöße gegen die Werberichtlinie für Zahnärzte (WRL ÖZÄK) betreffen folgende Umstände:
a) Verbot herabsetzender Äußerungen über Standeskollegen sowie vergleichende Werbung („einzige Ordination in S*****“, die bestimmte Leistung anbietet) als Verstoß gegen Art 3 lit a WRL ÖZÄK;
b) Werbung für medizinische Produkte eines namentlich genannten Herstellers als Verstoß gegen Art 3 lit d WRL ÖZÄK;
c) Werbung in Printmedien auf größerer als Viertelseite als Verstoß gegen Art 5 lit c WRL ÖZÄK;
d) Werbungen durch mehr als eine Anzeige pro Kalendervierteljahr als Verstoß gegen Art 5 lit d WRL ÖZÄK.
2.1. Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Unlauterkeit im Zusammenhang mit Verstößen Angehöriger freier Berufe gegen standesrechtlich normierte Werbebeschränkungen, insbesondere gegen § 35 Zahnärztegesetz und die diese Bestimmung konkretisierende Werberichtlinie (4 Ob 84/10x; 4 Ob 176/11b; 4 Ob 4/11h).
2.2. Aufdringliche, marktschreierische Anpreisung der eigenen Person oder Leistungen ist mit dem Standesansehen eines Arztes unvereinbar (RIS Justiz RS0089509 [T1]). Ärzten ist marktschreierische Werbung untersagt, weil es mit dem Standesansehen unvereinbar ist, wenn der Arzt durch Übertreibungen die Aufmerksamkeit auf seine Ordination lenken will (4 Ob 88/06d mwN).
2.3. Ob eine „Werbung“ für Medizinprodukte und deren Hersteller iSv Art 3 lit d der Werberichtlinien vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (4 Ob 4/11h; 4 Ob 176/11b) und wurde von den Vorinstanzen in vertretbarer Weise bejaht.
3. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist das Verbot unsachlicher oder marktschreierischer Werbung für ärztliche Leistungen im öffentlichen Interesse gelegen (VfGH B 1778/07B 446/09). Das standesrechtliche Verbot der Selbstanpreisung der eigenen Person oder Darstellung der eigenen ärztlichen Tätigkeit durch reklamehaftes Herausstellen in aufdringlicher, marktschreierischer Weise hat der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Judikatur als verhältnismäßig und vom Gesetzesvorbehalt des Art 10 Abs 2 EMRK gedeckt erachtet (VfGH V 56/00 mwN; VfGH B 1142/04; VfGH B 1418/06).
4. Dieser Rechtsprechung folgend hat der Senat schon wiederholt erkannt, dass die in Art 3 lit a und d bzw Art 5 lit c und d WRL ÖZÄK enthaltenen Verbote den Begriff des standeswidrigen Verhaltens in § 35 Abs 1 ZÄG konkretisieren und daher durch die Verordnungsermächtigung in § 35 Abs 5 ZÄG gedeckt sind. Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestehen nicht (vgl 4 Ob 161/10w und 4 Ob 176/11b). Auch unionsrechtlich sind ärztliche Werbeverbote nicht zu beanstanden (EuGH Rs C 446/05, Ioannis Doulamis ).