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OGH vom 28.01.1987, 3Ob631/86

OGH vom 28.01.1987, 3Ob631/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Marlene O***, Angestellte, Zell am Ziller, Rosengartenweg 4, vertreten durch Dr. Franz Wallentin und Dr. Josef Thaler, Rechtsanwälte in Zell am Ziller, wider den Antragsgegner Adolf O***, Facharbeiter, Zell am Ziller, Rohrerstraße 29, vertreten durch Dr. Albert Heiss, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom , GZ. 2 b R 193, 194/85-33, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Schwaz vom , GZ. F 5/84-27, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit 11.878,35 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 1.079,85 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Streitteile haben 1967 geheiratet. Ihre Ehe wurde mit Urteil vom geschieden. Der Ehe entstammen die Kinder Daniel, geboren 1967, und Claudia, geboren 1968. Im Haushalt der Streitteile lebte auch eine uneheliche Tochter der Antragstellerin, Gabriele H***, geboren 1961.

Auf einer im Eigentum des Antragsgegners stehenden Liegenschaft, welche ihm sein Vater vor der Eheschließung geschenkt hatte, befinden sich zwei Häuser; eines war im Zeitpunkt der Eheschließung fast fertiggestellt, ein zweites Haus wurde erst während der Ehe errichtet. Es herrscht kein Streit darüber, daß diese Liegenschaft mit beiden Häusern nach dem Ausziehen der Antragstellerin aus der Ehewohnung im Eigentum des Antragsgegners verbleiben soll und der Antragsgegner der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung zu leisten hat. Streit herrscht nur über die Höhe derselben.

Die Antragstellerin begehrt eine Ausgleichszahlung von 1 Mio S. Der Antragsgegner vertritt den Standpunkt, daß nur eine solche von S 300.000,-- angemessen sei.

Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner zur Leistung einer Ausgleichszahlung von S 750.000,-- binnen zwei Monaten. Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluß dahin ab, daß der Antragsgegner zur Leistung einer Ausgleichszahlung von S 900.000,-- binnen drei Monaten verpflichtet wird, und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig ist.

Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:

Als der Vater dem Antragsgegner die strittige Liegenschaft schenkte, befanden sich auf dem 942 m 2 großen Grundstück eine ebenerdige Schmiedewerkstätte und ein angebautes altes Wohnhaus. Der jetzt 85 Jahre alte Vater behielt sich zur Sicherung eines gewissen Einflusses ein Fruchtgenußrecht vor, hat dieses aber bisher nie in Anspruch genommen.

Die Streitteile lebten schon zwei bis drei Jahre vor der Eheschließung in Lebensgemeinschaft, und zwar in der Schweiz (die Antragstellerin stammt aus der Schweiz und blieb auch nach der Eheschließung Schweizer Staatsangehörige). Die Antragstellerin arbeitete dort als Näherin, welche Arbeit sie erst kurz vor der Geburt von Claudia aufgab. Die Antragstellerin verdiente gut und kam vom Verdienst für ihre uneheliche Tochter Gabriele auf und verwendete den Rest für den gemeinsamen Haushalt mit dem Antragsgegner. Seit 1968 bis zur späteren Scheidung war die Antragstellerin nicht mehr berufstätig.

Der Antragsgegner verdiente ebenfalls sehr gut in der Schweiz als selbständiger Holzschlägerungsunternehmer. In den Jahren 1964 und 1965 stockte er die Schmiedewerkstätte um zwei Geschoße auf. Zu diesem Zweck arbeitete er vorübergehend auch als Platzanweiser in einem Nachtlokal in Mayrhofen. Die Antragstellerin half in den Jahren 1965 oder 1966 nur beim Eindecken des Hausdaches persönlich mit. Im Zeitpunkt der Eheschließung waren die Bauarbeiten fast vollendet, es waren nur mehr Reinigungsarbeiten ausständig. Im Frühjahr 1969 übersiedelten die Streitteile in dieses Haus über der Schmiedewerkstätte. Sie richteten dort dann sieben Zwei-Bett-Zimmer ein, die saisonweise an Fremdengäste vermietet wurden. Die dazu nötigen Arbeiten leistete die Antragstellerin neben der Haushaltsführung. Die Tochter Gabriele half ihr dabei. In den Monaten Juli und August wurde fallweise eine jugendliche Aushilfe eingestellt.

In den Jahren 1971 bis 1974 plante der Antragsgegner die Errichtung eines zweiten Hauses auf der ihm gehörigen Liegenschaft. Um besser zu verdienen, arbeitete er wieder in der Schweiz. Auch die Antragstellerin lebte während dieses Zeitraumes etwa eineinhalb Jahre lang mit den Kindern in ihrem Elternhaus in der Schweiz. Nach der Rückkehr nach Zell riß der Antragsgegner das an die Schmiede angebaute alte Wohnhaus ab und erstellte dort ein neues Wohnhaus mit drei Wohnungen. Die Antragstellerin legte bei den Bauarbeiten, soweit ihr die Hausarbeit und die Fremdenzimmervermietung Zeit ließen, auch selbst Hand an.

Nach der Fertigstellung dieses "neuen" Hauses verlegten die Streitteile die Ehewohnung in dieses Haus. Die beiden anderen Wohnungen wurden an Dauermieter vermietet. Im "alten" Haus wurden im Jahr 1970 ein zusätzliches Fremdenzimmer eingerichtet sowie eine Terrasse und eine Garage angebaut, wobei der Antragsgegner etwa S 20.000,-- aus einer Enteignungsentschädigung verbaute (weitere S 40.000,-- dieser Entschädigung verwendete er zum Kauf einer neuen Wohnungseinrichtung). Zur Einrichtung der neuen Ehewohnung nahm der Antragsgegner zwei Kredite von zusammen S 190.000,-- auf, die im Jahr 1978 zurückgezahlt wurden. Die Liegenschaft ist frei von hypothekarischen Lasten.

Seit der zweiten Rückkehr aus der Schweiz verdiente der Antragsgegner monatlich zwischen S 8.000,-- und S 12.500,--. Die Einnahmen aus der Fremdenzimmervermietung bezifferte der Antragsgegner (in seiner Parteiaussage S 64 des Aktes) mit etwa S 27.000,-- bis S 28.000,-- im Monatsdurchschnitt, was auf das ganze Jahr umgerechnet den "etwa 18.000 S brutto" entspricht, wovon die zweite Instanz ausging.

Beide Streitteile lebten während der Ehe eher bescheiden. Einen gewissen Mehraufwand hatte der Antragsgegner durch die wettkampfmäßige Ausübung des Langlaufsportes. Bis zum Jahr 1978 wurde auch die uneheliche Tochter der Antragstellerin Gabriele im Haushalt der Streitteile versorgt, seither zahlte sie Kostgeld. Als die Streitteile im Zeitpunkt der Scheidung ihre Lebensgemeinschaft aufgaben, nahm die Antragstellerin praktisch wertlose Einrichtungsgegenstände mit. Ersparnisse waren nicht vorhanden, allerdings außer einem offenen Betrag von S 30.000,-- auch keine Schulden.

Der heutige Wert des "alten" Hauses beträgt S 1,707.577,-- (davon entfallen S 1,225.570,-- auf die Fremdenzimmer, S 183.131,-- auf die ehemalige Schmiede und S 298.876,-- auf den Garagentrakt). Der Wert des Mobiliars beträgt etwa S 20.600,--.

Der heutige Wert des "neuen" Hauses beträgt S 2,714.940,--. Der Wert der Einrichtung der ehemaligen Ehewohnung beläuft sich auf S 24.600,--.

Das Erstgericht war aufgrund dieses Sachverhaltes der Ansicht, daß in die Aufteilung nur die während der Eheschließung durch Bauführungen geschaffenen Wertzuwächse unter Ausklammerung der nur der Fremdenzimmervermietung dienenden Teile (§ 82 Abs. 1 Z 3 EheG) einzubeziehen seien. Dieser Wertzuwachs betrage damit S 3,038.416,-- (d.s. die S 2,714.940,-- des neuen Hauses plus S 298.876,-- Garagentrakt im alten Haus plus S 24.600,-- Einrichtung der Ehewohnung). Der Anteil des Antragsgegners sei höher einzustufen als jener der Antragstellerin. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Billigkeit sei eine Aufteilung im Verhältnis von 1 : 3 zum Nachteil der Antragstellerin angemessen.

Das Gericht zweiter Instanz billigte die Auffassung des Erstgerichtes, daß die für Zwecke des Unternehmens einer Privatzimmervermietung verwendeten Vermögensteile nicht in die Aufteilung einzubeziehen seien. Allerdings sei unter den gegebenen Umständen zugunsten der Antragstellerin deren Konsumverzicht zu berücksichtigen. Die vom Erstgericht vorgenommene Aufteilung werde auch nicht ganz den wirklichen Beiträgen der Antragstellerin gerecht. Diese rechtfertigten vielmehr eine Erhöhung der Ausgleichszahlung auf S 900.000,--, nicht aber eine Herabsetzung im Sinne des Rechtsmittelantrages des Antragsgegners.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wenden sich die Revisionsrekurse beider Streitteile, denen keine Berechtigung zukommt.

1. Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

Die Antragstellerin verweist im wesentlichen darauf, daß ihr Beitrag nicht nur mit etwa 40 % angesetzt werden dürfe, daß sich aber selbst bei Zugrundelegung eines solchen Anteiles bei einem zu verteilenden Vermögen von etwa 3 Mio S zumindest der begehrte Betrag von 1 Mio S ergeben müsse, und daß eine Ausgleichszahlung von 1 Mio S dem Antragsgegner auch zuzumuten sei, weil er etwa S 20.000,-- monatlich allein aus der Vermietung von Fremdenzimmern und der beiden Wohnungen im Neubau verdiene.

Rechtliche Beurteilung

Zur Bewertung der beiderseitigen Beiträge ist zunächst darauf hinzuweisen, daß beide Teile intensiv zur Schaffung der letztlich entstandenen Werte beitrugen. Die Antragstellerin betreute neben dem Haushalt und den Kindern die Fremdenzimmer und half überdies noch teilweise bei den Bauarbeiten mit. Auch der Antragsgegner arbeitete in seiner Freizeit unter ständigem größten Einsatz. Insgesamt ist aber trotzdem eine etwas höhere Bewertung des Anteiles des Antragsgegners gerechtfertigt. Einerseits kam er etwa während der Hälfte der Ehe für den Unterhalt eines Kindes auf, für das er nicht unterhaltspflichtig war, das dafür aber im Rahmen der Fremdenzimmervermietung mitarbeitete. Andererseits wohnten die Streitteile zunächst einige Jahre in einem Haus, das ihm schon vor der Eheschließung gehörte, und auch das Grundstück für den Neubau stammte vom Antragsgegner.

Eine strenge Anwendung eines bestimmten Verhältnisses würde der Sachlage aber nicht gerecht. Unter Berücksichtigung des größeren Gewichtes und größeren Umfanges der Beiträge des Antragsgegners (§ 83 Abs. 1 EheG) und der bei der Auferlegung einer Ausgleichszahlung zu beachtenden Grundsätze der Billigkeit (§ 94 Abs. 1 EheG) ist der zugesprochene Betrag von S 900.000,-- auch dann ausreichend, wenn die beiderseitigen Beiträge im Verhältnis von 40 : 60 zugunsten des Antragsgegners veranschlagt wurden. Ein höherer Betrag als 900.000,-- S würde nämlich die Belastbarkeitsgrenze überschreiten (auf die bei Behandlung des Revisionsrekurses des Antragsgegners noch zurückzukommen ist). Im übrigen kann auf die umfangreichen Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz und die in der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz angeführte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verwiesen werden.

2. Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:

Soweit der Antragsgegner gewöhnliche Verfahrensmängel geltend macht, sich gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen hinsichtlich des Schätzwertes oder der Finanzierung des von der Tochter der Antragstellerin angeschafften PKWs wendet und die Kostenentscheidung bekämpft, ist er auf die Bestimmung des § 232 Abs. 2 AußStrG zu verweisen, nach der diese Rechtsmittelgründe in dritter Instanz nicht geltend gemacht werden können.

Daß bei der Ermittlung der zu verteilenden Vermögenswerte nicht von den seinerzeitigen Anschaffungskosten und dem Wert der Eigenleistungen des Antragsgegners ausgegangen wurde, sondern vom Wert im Zeitpunkt der Auseinandersetzung, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 55/163, SZ 55/192). Und daß der Antragsgegner erhebliche Eigenleistungen erbringen konnte, ist keineswegs ihm allein gutzubuchen. Da die Frau den Haushalt betreute und die Fremdenzimmer organisierte und darüber hinaus auch durch einen weitgehenden Konsumverzicht den Antragsgegner entlastete, konnte er seine Freizeit dem Hausbau widmen und hatte die finanziellen Mittel zur Verfügung, ein solches Haus (wenn auch billiger, aber nicht umsonst) zu errichten. Die Dauervermietung von zwei Wohnungen im neuen Haus stellt im Gegensatz zur Fremdenzimmervermietung der vorliegenden Größe nicht ein Unternehmen im Sinne des § 82 Abs. 1 Z 3 EheG dar. Von einem solchen könnte erst gesprochen werden, wenn eine größere Zahl von Mietverträgen abgeschlossen wird, sodaß eine auf Dauer angelegte Organisation (Bestellung eines Hausbesorgers, Anlegung einer Buchführung usw.) erforderlich wäre (vgl. SZ 53/103). Daraus ergibt sich, wie schon oben zum Revisionsrekurs der Antragstellerin ausgeführt wurde, daß unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles eine Ausgleichszahlung von S 900.000,-- der Billigkeit entspricht. Diese Zahlung bedeutet für den Antragsgegner nicht den Ruin, sondern ist ihm selbst unter Berücksichtigung gewisser Unterhaltsleistungen an seine jetzt schon 19 bzw. 18 Jahre alten Kinder zumutbar. Wenn er etwa einen 10 bis 15 Jahre lang laufenden Kredit auf seine unbelastete Liegenschaft aufnimmt, muß er monatlich mit Annuitäten von etwa S 10.000,-- rechnen. Dies ist ein Betrag, den er bei entsprechender Anspannung aus seinem Arbeitseinkommen und aus den monatlichen Mieteinnahmen und der Fremdenzimmervermietung, mag diese jetzt wegen der fehlenden Mitarbeit der Antragstellerin (welche im Revisionsrekurs des Antragsgegners wertmäßig auf einmal überaus hoch veranschlagt wird) netto weniger abwerfen als früher, aufbringen kann, so daß er nach 10 bis 15 Jahren den Kredit für die Ausgleichszahlung getilgt hat und dann wieder einen schuldenfreien Liegenschaftsbesitz hat, was bei dem erst 45 Jahre alten Antragsgegner durchaus noch eine angemessene Zahl von Lebensjahren ergibt, in denen er dann alle während der Ehe geschaffenen Werte allein nutzen kann. Auch im Hinblick auf die Ausführungen des Antragsgegners ist daher die Entscheidung der zweiten Instanz frei von Rechtsirrtum, wobei auch hier im einzelnen auf deren ausführliche Begründung verwiesen werden kann.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 234 AußStrG.