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OGH vom 20.02.1986, 7Ob4/86

OGH vom 20.02.1986, 7Ob4/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria M***, Private, Walchsee Nr. 23, Strandcafe, vertreten durch DDr. Jörg Christian Horwath, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien

1. AUSTRIA V***-VEREIN AUF G***, und 2. AUSTRIA

Ö*** V***-AG, beide Wien 2., Untere

Donaustraße 25, vertreten durch Dr. Paul Flach, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 400.000,- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom , GZ. 5 R 233/85-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ. 13 Cg 131/85-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit S 14.340,31 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.303,66 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin hat eine Hausratsversicherung über eine Versicherungssumme von S 400.000,- abgeschlossen, wobei die Legitimation beider Beklagten als Versicherer im Revisionsverfahren nicht mehr strittig ist. Die Versicherung betraf die in den Räumen des Strandcafe's in Walchsee untergebrachten, der Klägerin gehörigen Gegenstände. Am brannte das Strandcafe aus, wobei auch die Wohnung samt dem Inventar der Klägerin vernichtet wurde. Die Klägerin begehrt den Zuspruch der gesamten Versicherungssumme von S 400.000,- s.A.

Die Beklagten wendeten unter anderem Leistungsfreiheit mangels Zahlung der Erstprämie ein.

Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen. Hiebei gingen sie von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

Die Klägerin war zu den Beklagten über den Versicherungsmakler Siegfried N*** in Verbinung getreten. N*** hatte für sie den Antrag auf Abschluß der Versicherung gestellt. Die am ausgestellte Versicherungspolizze wurde an N*** geschickt. Dieser überbrachte sie samt Zahlschein und Übernahmsbestätigung am der Klägerin. Die Klägerin hat die Erstprämie in der Höhe von S 454,40 jedoch erst einen Tag nach dem Brand, nämlich am eingezahlt.

Die dem Vertragsverhältnis zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen für Haushaltsversicherungen (ABH) verweisen im Art. 19 hinsichtlich des zeitlichen Geltungsbereiches des Versicherungsschutzes auf § 38 VersVG.

Die Vorinstanzen vertraten die Rechtsansicht, es läge keine Rückwärtsversicherung vor. Gemäß § 35 VersVG hätte die Klägerin sofort mit Ausfolgung der Polizze am die Erstprämie zahlen müssen. Unter "sofortiger Zahlung" werde eine Leistung innerhalb von höchstens zwei bis drei Tagen verstanden. Sei zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalls die Erstprämie noch nicht gezahlt, so sei der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei (§ 38 VersVG). Die Rechtzeitigkeit der Zahlung müsse der Versicherungsnehmer beweisen. Der Versicherer sei nur dann zur Erbringung der Leistung verpflichtet, wenn die verspätete Zahlung auf einem Umstand beruhe, der ihm zur Last falle. Derartige Umstände habe die Klägerin nicht bewiesen. Die am erfolgte Einzahlung der Erstprämie sei verspätet, wodurch Leistungsfreiheit der Beklagten eingetreten sei.

Die von der Klägerin gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen § 503 Z 2 bis 4 ZPO erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.

Mit der Mängelrüge macht die Klägerin ausschließlich Vorgänge des erstgerichtlichen Verfahrens geltend, die bereits Gegenstand einer Überprüfung durch das Berufungsgericht waren. Da das Berufungsgericht die behaupteten Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens verneint hat, können diese Vorgänge nicht mehr Gegenstand einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof sein (SZ 27/4; EvBl. 1969/263 ua.). Darüber hinaus enthalten die Mängelrüge, ebenso wie wie die Ausführungen zum Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit, den Versuch einer Bekämpfung vorinstanzlicher Tatsachenfeststellungen.

Rechtliche Beurteilung

Nach einer Überprüfung der Akten gelangt der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis, daß weder eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens noch eine Aktenwidrigkeit vorliegen (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Bei der Ausführung der Rechtsrüge entfernt sich die Klägerin weitgehend von den vorinstanzlichen Feststellungen. Nach diesen Feststellungen war Siegfried N*** nicht Vertreter der Beklagten, sondern ein von der Klägerin eingeschalteter selbständiger Versicherungsmakler. Weder eine Rückwärtsversicherung noch eine vorläufige Deckungszusage wurden festgestellt. Ferner wurde kein Umstand festgestellt, aus dem eine Verursachung der verspäteten Prämienzahlung durch die Beklagten abgeleitet werden könnte. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist, hat die Klägerin bereits am neben der Versicherungspolizze auch einen Erlagschein zur Einzahlung der Erstprämie erhalten. Demnach geht das Argument, der Klägerin sei eine frühere Einzahlung der Erstprämie mangels eines Erlagscheines nicht möglich gewesen, ins Leere. Im übrigen widersprechen die Ausführungen der Klägerin auch insoferne der Logik, als nicht einzusehen ist, wieso eine Einzahlung der Prämie am möglich gewesen wäre, obwohl die Klägerin zu diesem Zeitpunkt angeblich noch immer über keinen Erlagschein der Beklagten verfügte. Geht man von den getroffenen Feststellungen, nämlich daß keine vorläufige Deckungszusage und keine Rückwärtsversicherung vorlagen, aus, erweist sich die Rechtsansicht der Vorinstanzen als richtig. Abgesehen davon, daß die Judikatur dem Versicherungsnehmer zur Bewirkung einer Leistung nur wenige Tage (7 Ob 23/80, 7 Ob 65/83 ua.) zugesteht und diesen Zeitraum in der Folge mit drei Tagen präzisierte (7 Ob 10/85 ua.), übersieht die Klägerin, daß gemäß § 38 Abs. 2 VersVG der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei ist, wenn die erste oder einmalige Prämie zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles noch nicht gezahlt ist. Eine besondere Belehrung über die Notwendigkeit zur sofortigen Zahlung durch den Versicherer ist, im Gegensatz zum Fall der Rückwärtsversicherung, nicht erforderlich, weil der Versicherungsschutz von der Zahlung der Erstprämie abhängig ist (7 Ob 65/83). Jene Judikatur, die dem Versicherungsnehmer zur Zahlung der Erstprämie eine mehrtätige Frist einräumte, hatte Fälle zum Gegenstand, die sich auf eine vorläufige Deckungszusage oder auf eine Rückwärtsversicherung bezogen. In diesen Fällen bestand bereits vor der Übermittlung der Versicherungspolizze Versicherungsschutz. Die Einräumung einer mehrtägigen Zahlungsfrist hatte den Sinn, diesen Versicherungsschutz nicht für den Zeitraum zwischen der Zustellung der Polizze und der Zahlung verloren gehen zu lassen. Liegt jedoch weder eine Rückwärtsversicherung noch eine vorläufige Deckungszusage vor, so tritt der Versicherungsschutz überhaupt erst mit der Zahlung der Erstprämie ein, es sei denn, es wäre ein früherer Haftungsbeginn vereinbart worden oder die Nichtzahlung beruht auf einem Umstand, der dem Versicherer zur Last fällt (VersR 1984, 1199 ua.). Derartiges wurde aber hier nicht festgestellt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.