OGH 21.04.2004, 7Ob89/04w
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Susanne K*****, vertreten durch Dr. Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Nichtigerklärung und Aufhebung von Verträgen (Streitwert EUR 36.336,42), infolge außerordentlicher Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 212/03y-14, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 18 Cg 159/02z-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zur Ergänzung der angefochtenen Entscheidung durch einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zurückgestellt.
Text
Begründung:
Mit der Klage begehrte die Klägerin, zwei zwischen ihr und der beklagten Partei abgeschlossene Kreditverträge, ua weil sie wucherisch seien, (als nichtig) aufzuheben.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes im Berufungsurteil unterblieb.
Rechtliche Beurteilung
Besteht der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, so hat das Berufungsgericht gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit a und b ZPO in seinem Urteil auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt EUR 4.000,-- übersteigt oder nicht, bei Übersteigen von EUR 4.000,-- auch EUR 20.000,-- übersteigt oder nicht. Im vorliegenden Fall ist Entscheidungsgegenstand ein nicht in Geld bestehendes Begehren, dessen Wert maximal die gesamte Kreditschuld sein kann (vgl RIS-Justiz RS0042521); eine Untergrenze steht hingegen nicht fest. Daher ist das Berufungsgericht verpflichtet, einen Ausspruch iSd § 500 Abs 2 Z 1 ZPO in die Entscheidung aufzunehmen. Da zwei Verträge klagsgegenständlich sind, wobei die Voraussetzungen des § 55 JN nicht vorliegen, ist eine gesonderte Bewertung erforderlich. Diese Aussprüche können nicht durch den im Berufungsurteil enthaltenen Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision ersetzt werden (1 Ob 299/01d ua). Aus der Berufung auf § 502 Abs 1 ZPO durch das Berufungsgericht ist zwar erkennbar, dass es in Anlehnung an die Bewertung der Klageansprüche durch die Klägerin einen EUR 20.000,-- übersteigenden Wert des zweitinstanzlichen Entscheidungsgegenstandes vor Augen hatte. Dieser Umstand macht jedoch die erörterten Bewertungsaussprüche nicht entbehrlich, könnte doch das Berufungsgericht rechtsirrig eine Bindung an die Bewertung des Klagsanspruches durch die Klägerin unterstellt haben, obgleich eine solche Bindung nicht besteht (Kodek in Rechberger2 § 500 ZPO Rz 3 mN aus der Rsp; vgl 1 Ob 225/02y ua).
Es war daher spruchgemäß der Ergänzungsauftrag zu erteilen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Susanne K*****, vertreten durch Dr. Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Nichtigerklärung und Aufhebung eines Vertrages, über die außerordentliche Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 212/03y-14, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Revision sei zulässig, weil oberstgerichtliche Judikatur zur Frage fehle, ob sich - wie das Berufungsgericht ausgeführt hat - der Anwendungsbereich des § 25d KSchG auf Passivprozesse und entsprechende Einreden des Interzedenten beschränkt oder - wie die Revisionswerberin meint - der Interzedent die Anwendung des § 25d KSchG (Mäßigung der Kreditschuld durch den Richter) mittels Feststellungsklage auch von sich aus begehren kann.
Diese Frage muss hier allerdings nicht beantwortet werden, weil eine Mäßigung iSd § 25d KSchG im vorliegenden Fall schon mangels eines Interzessionsverhältnisses nicht in Frage kommt. Unter dem im bürgerlichen Recht nicht allgemein geregelten (EvBl 1972/86) Begriff der Interzession (Gutstehung) ist das Einstehen für eine materiell-fremde Verbindlichkeit durch Vertrag mit dem Gläubiger zu verstehen (Gamerith in Rummel ABGB3 Rz 2 zu §§ 342 bis 1344 mwN). § 25c und § 25d KSchG, die diesen Begriff (wieder) eingeführt haben, verstehen darunter den (vertraglichen, nicht gesetzlichen) Beitritt zu einer fremden Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge oder Garant, nicht aber "echte Mitschuldner", die im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit eingehen (Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer, KSchG 196f). Dies ist aber nach den Feststellungen der Vorinstanzen hier der Fall: Entgegen der Meinung der Revisionswerberin hat das Berufungsgericht eine Interzession iSd § 25c KSchG nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin die beiden gegenständlichen Kreditverträge als Mitschuldnerin geschlossen hat, sondern deshalb, weil die Kreditgewährung auch in ihrem eigenen (nach eingehenden Beratungen wohlbedachten) Interesse lag, da sie ja in dem damit finanzierten Haus mit ihrem Lebensgefährten, den sie zu heiraten beabsichtigte, wohnen wollte. Dass es in der Folge dann nicht zur Heirat mit dem Liegenschaftseigentümer kam und die Klägerin daher nicht mehr im Haus wohnte, lag allein in ihrer Sphäre; darauf hatte die Beklagte keinen Einfluss. Wollte man das wirtschaftliche Interesse an der Kreditgewährung nicht nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilen, würde der Kreditgeberin das Risiko späterer Veränderungen in der Sphäre des Mitschuldners (hier der Klägerin) aufgebürdet, was keineswegs gerechtfertigt erscheint.
Da die Revisionswerberin damit und auch im Rahmen ihrer Rechtsrüge eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzuzeigen vermag (die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes können sich auf die jeweils ohnehin angeführte oberstgerichtliche Judikatur stützen), erweist sich die ao Revision als unzulässig und ist daher zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2004:0070OB00089.04W.0421.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAD-69419