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OGH vom 19.06.2013, 7Ob86/13t

OGH vom 19.06.2013, 7Ob86/13t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Vw. E***** J*****, vertreten durch Mag. Klaus Perktold, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Mag. M***** C***** F*****, vertreten durch Dr. Iris Claudia Ammann, Rechtsanwältin in Hall in Tirol, wegen 22.800 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 212/12a 65, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 373,68 EUR (darin enthalten 62,28 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Die Revision ist nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt. Dies ist hier nicht der Fall. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).

2. Die in S***** gelegene Liegenschaft steht seit März 2005 im Miteigentum der Klägerin (ein Sechstel) und der Beklagten (fünf Sechstel). Die Klägerin begehrt die Zahlung von Benützungsentgelt. Infolge der Entziehung der Zugangsmöglichkeit durch die die Liegenschaft allein nutzende Beklagte sei sie in ihrem eigenen Gebrauch verkürzt worden.

3. Nach § 839 ABGB werden Nutzungen und Lasten gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile ausgemessen und im Zweifel jeder Anteil als gleich groß angesehen. Wird einem Miteigentümer ein seinen Miteigentumsanteil übersteigender Teil der gemeinschaftlichen Sache zur persönlichen Benützung überlassen, ist die ihm dadurch zukommende, verhältnismäßig größere Nutzung durch eine entsprechende Gegenleistung auszugleichen. Für die „persönliche Benützung“ wesentlich ist nur, dass der Miteigentümer, der seinen Anteil ausschließlich auf Grund seines Miteigentums und nicht aus einem anderen Titel für seine Zwecke verwendet bzw zur Benützung zur Verwendung gestellt erhalten hat; ob er selbst dauernd oder zeitweise in den Räumen wohnt, sie durch andere Personen ohne eigenen Rechtstitel benützen oder auch freistehen lässt, ist unerheblich (RIS Justiz RS0013617).

Das Berufungsgericht hat die einschlägige Judikatur des Obersten Gerichtshofs zutreffend dargestellt.

In der ebenfalls vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 2 Ob 248/08x (die eine vermietete gemeinsame Sache zum Gegenstand hatte) sprach der Oberste Gerichtshof nach Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und den dazu veröffentlichten Lehrmeinungen (insb Oberhofer , Anspruch des Miteigentümers auf Benützungsentgelt auch für die Vergangenheit? wobl 2004, 209 f; Vonkilch , Zur [Un ]Rechtmäßigkeit übermäßigen Gebrauchs der gemeinsamen Sache durch den Miteigentümer, wobl 2006, 138 f; Sailer in KBB³ §§ 439, 840 Rz 1) aus, dass der Miteigentümer ein anteiliges Benützungsentgelt für die übermäßige Nutzung der gemeinsamen Sache durch einen anderen Miteigentümer ab Zugang des ausdrücklichen oder schlüssigen Widerspruchs dieses Miteigentümers gegen die übermäßige Benützung verlangen kann. In 8 Ob 127/11a bekräftigte der Oberste Gerichtshof diese Rechtsprechung.

Die Vorinstanzen beurteilten die Aufforderung der Klägerin im Jahr 2006 an die Beklagte, ihr die vorenthaltenen Schlüssel für die Liegenschaft auszuhändigen, weil sie im Sommer dort einen dreiwöchigen Urlaub verbringen wolle, als Aufforderung, die Mitbenützung zu ermöglichen und damit als Widerspruch gegen die übermäßige Nutzung durch die Beklagte. Dies steht mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung in Einklang. Der vorliegende Sachverhalt bedarf keiner darüber hinausgehenden rechtlichen Erörterung.

4. Entgegen der Ansicht der Beklagten brachte die Klägerin mit ihrer Aufforderung im Jahr 2006 auch hinreichend deutlich einerseits ihren ernsthaften Mitbenützungswillen und andererseits ihr fehlendes Einverständnis mit der übermäßigen, weil alleinigen Nutzung durch die Beklagte zum Ausdruck. Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten vermissten Feststellungen zur Reaktion der Beklagten auf diese Aufforderung sind rechtlich nicht von Relevanz. Die Beklagte bot der Klägerin vor März 2010 nie die Aushändigung eines Schlüssels an, sie betonte lediglich ihre Gesprächsbereitschaft, forderte die Klägerin zur Bekanntgabe konkreter Urlaubsvorschläge auf und knüpfte die Einräumung einer Möglichkeit zur Nutzung an von der Klägerin zu erfüllende Auflagen, wie beispielsweise die Beauftragung von Reparaturarbeiten. Die Beklagte übersieht hier, dass die Klägerin die auch in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft ohne Einverständnis der Beklagten nicht betreten konnte, sodass letztlich der Beklagten das alleinige Nutzungsrecht blieb.

5. Der Beklagten ist durchaus einzuräumen, dass die Vereinbarung einer Benützungsregelung sinnvoll wäre. Dass eine solche nicht zustandekam, stellt aber keinen Grund dafür dar, abweichend von der dargestellten Rechtsprechung den rückwirkenden Anspruch auf Benützungsentgelt (ab Widerspruch gegen die übermäßige Benützung) zu versagen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.