OGH vom 23.05.2019, 3Ob88/19s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Priv.-Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Stadt Wien, Wien 8, Rathaus, vertreten durch Fellner-Wratzfeld & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Philipp Zumbo, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwältin in Wien, wegen Fahrnis- und Forderungsexekution, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 46 R 356/18w, 357/18t-76, womit die Rekurse gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom , GZ 17 E 546/18v, 547/18s, 548/18p, 549/18k, 550/18g-37, und vom , GZ 17 E 546/18v, 547/18s, 548/18p, 549/18k, 550/18g-54, zurückgewiesen und letzterer Beschluss im Kostenpunkt teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird, soweit er die Entscheidung des Rekursgerichts über einen 5.000 EUR nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstand und im Kostenpunkt bekämpft, zurückgewiesen, im Übrigen wird er gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht bewilligte der Betreibenden gegen die Verpflichtete in den angeführten Verfahren rechtskräftig die Fahrnisexekution und zu 17 E 548/18p auch die Forderungsexekution.
Im Jänner 2018 erfolgte eine gerichtliche Pfändung mehrerer Gegenstände und im März 2018 die Anordnung des Verkaufs. Die Verpflichtete beantragte die Einstellung und Aufschiebung der Exekution und stellte einen Übernahmsantrag gemäß § 271 EO samt Aufschiebungsantrag sowie einen Antrag auf Freihandverkauf, ebenfalls mit dazugehörigem Aufschiebungsantrag. Das Erstgericht wies diese Anträge mit Beschluss vom ab und bestimmte die Kosten der Betreibenden für eine ihrer Äußerungen als weitere Exekutionskosten (ON 37). Am beantragte die Verpflichtete (neuerlich) die Aufschiebung der Exekution. Am wurden die gepfändeten Gegenstände versteigert. Mit Beschluss vom wies das Erstgericht die Anträge der Verpflichteten auf Einstellung und Aufschiebung der Exekution ab und erkannte die Verpflichtete schuldig, der Betreibenden die Kosten des Zwischenstreits zu ersetzen (ON 54). Der Verkaufserlös aus der Versteigerung (22.568,50 EUR) wurde (nach Abzug der Kosten der Sachverständigen) mit Beschluss vom der Betreibenden zugewiesen.
Mit dem vom wies das Rekursgericht den Rekurs der Verpflichteten gegen den Beschluss des Erstgerichts vom (ON 37) zurück und gab jenem gegen den Beschluss des Erstgerichts vom (ON 54) nur im Kostenpunkt (teilweise) Folge.
Der Rekurs der Verpflichteten gegen die Abweisung der Anträge auf Einstellung und Aufschiebung sowie der Übernahms- und Freihandverkaufanträge (Beschluss ON 37) sei wegen (nachträglichen) Wegfalls der Beschwer unzulässig, weil die Exekution, deren Einstellung und Aufschiebung die Verpflichtete begehrte, durch die Ausfolgung des Verkaufserlöses bereits beendet sei. Darauf (Anm: also auf die Zurückweisung zu Punkt I.) verwies das Rekursgericht auch den weiteren Rekurs, soweit er sich gegen die Abweisung der Anträge auf Einstellung und Aufschiebung (mit Beschluss ON 54) richtete. Soweit die Rekurswerberin die erstgerichtliche Bestimmung der Kosten der Äußerung der Betreibenden beanstande, sei dieser Beschluss aber (teilweise) korrekturbedürftig. Der Revisionsrekurs sei gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 bzw Z 3 ZPO unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Soweit sich der Verpflichtete mit dem dagegen erhobenen „außerordentlichen“ Revisonsrekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichts hinsichtlich eines 5.000 EUR nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstands bzw im Kostenpunkt wendet, ist sein Rechtsmittel – wie bereits vom Rekursgericht aufgezeigt – jedenfalls unzulässig; soweit er die Zurückweisung seiner Rekurse mangels Beschwer bekämpft, ist es mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.
1. Einer Anfechtung der (vom Rekursgericht teilweise abgeänderten) Kostenentscheidung steht auch im Exekutionsverfahren der Rechtsmittelausschluss nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO iVm § 78 EO entgegen (RIS-Justiz RS0002321 [T15]; RS0002511) entgegen.
2. Nach ständiger Rechtsprechung setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer voraus, weil es nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen ist, rein theoretische Fragen zu entscheiden (RS0002495). Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist nicht nur die formelle, sondern auch die materielle Beschwer (RS0041868; RS0006497). Sie liegt vor, wenn der Rechtsmittelwerber in seinem Rechtsschutzbegehren durch die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt wird, er also ein Bedürfnis auf Rechtsschutz gegenüber der angefochtenen Entscheidung hat (RS0041746; RS0043815). Kann ein Rechtsmittel seinen eigentlichen Zweck, die Rechtswirkungen der bekämpften Entscheidung durch eine Abänderung oder Aufhebung zu verhindern oder zu beseitigen, nicht mehr erreichen, dann fehlt es am notwendigen Rechtsschutzinteresse (RS0002495 [T43, T 78]).
Die Beschwer muss zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen; andernfalls ist das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen (RS0041770; RS0006880; jüngst 3 Ob 20/19s mwN).
Dieser Rechtsprechung ist das Rekursgericht zutreffend gefolgt. Dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichts die Verpflichtete durch die angefochtene Entscheidung (noch) beschwert gewesen wäre, behauptet die Revisionsrekurswerberin selbst nicht. Entgegen ihrer Meinung hatte das Rekursgericht nicht „auch darüber abzusprechen“, inwieweit eine Beschwer der Verpflichteten „zum Zeitpunkt der Einbringung der Anträge bzw bei Rekurserhebung vorhanden war oder nicht“. Dass eine Geldexekution mit der Ausfolgung des Erlöses aus dem Exekutionsobjekt beendet ist, auch wenn damit keine (volle) Befriedigung des betriebenen Anspruchs erzielt werden kann (3 Ob 206/15p mwN), zieht die Rechtsmittelwerberin ebenfalls nicht in Zweifel. Auf die – bereits im Rekursverfahren vorgebrachten – inhaltlichen Argumente gegen die Abweisung der Einstellungs- und Aufschiebungsanträge ist daher nicht einzugehen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00088.19S.0523.000 |
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