OGH vom 29.10.2013, 3Ob88/13g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Musger und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei W*****, vertreten durch Prof. Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die verpflichtete Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer und Mag. Stefan Lichtenegger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Exekution zur Erwirkung einer Unterlassung, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 32 R 145/12t 24, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom , AZ 32 R 145/12t, womit infolge Rekurses der betreibenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom , GZ 23 E 7065/12v 10, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Verpflichtete übernahm im Vergleich vom die Verpflichtung, „es im geschäftlichen Verkehr ab sofort zu unterlassen, bei der Veranstaltung von Pauschalreisen in Österreich die Marktteilnehmer über ihre Reisepreise durch die Ankündigung von 'statt' Preisen, die nicht den zuletzt vor der Preissenkung ernsthaft verlangten eigenen Reisenormalpreisen entsprechen, irrezuführen.“
Der Betreibende beantragte am die Bewilligung der Unterlassungsexekution, weil die Verpflichtete in drei Fällen ausreichend konkret dargestellte Verstöße gegen die Unterlassungsverpflichtung dadurch begangen habe (I: /tele; II: /S*****; III: Oktober 2012/Welt der Frau), dass die von ihr angekündigten „Statt“ Preise nicht ihre zuletzt vor der Preissenkung ernsthaft verlangten eigenen Reisenormalpreise seien, sondern im Voraus berechnete künftige Preise von Mitbewerbern. Mit zwei folgenden Strafanträgen vom 7. und wurden zwei weitere, inhaltlich ähnliche Verstöße (IV: /auto touring; V: / Bergauf) konkret behauptet.
Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag und die Strafanträge ab.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass die Unterlassungsexekution bewilligt wurde und über die Verpflichtete Geldstrafen von 3.000 EUR (I. bis III. Verstoß), 1.500 EUR (IV. Verstoß) und 2.000 EUR (V. Verstoß) verhängt wurden. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es bei einer pauschalen Bewertung des Entscheidungsgegenstands mit über 30.000 EUR für nicht zulässig.
Dagegen richtet sich ein außerordentlicher Revisionsrekurs der Verpflichteten . Sie macht damit nur eine unvertretbare Auslegung des Unterlassungsvergleichs und die unterlassene Prüfung einer Irreführung geltend.
Mit aufgetragenem Ergänzungsbeschluss vom sprach das Rekursgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zu jedem dem Exekutionsantrag zugrunde liegenden Verstoß (Verstöße I bis III) jeweils 30.000 EUR übersteige. Zu den den beiden Strafanträgen zugrunde liegenden Verstößen (Verstöße IV und V) bewertete es den Entscheidungsgegenstand mit jeweils 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigend und änderte seinen Zulässigkeitsausspruch dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei.
Der Betreibende erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung .
Rechtliche Beurteilung
Der (zum Teil außerordentliche und zum Teil ordentliche) Revisionsrekurs ist nicht zulässig , weil es der Verpflichteten nicht gelingt, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.
1. Das Bewilligungsgericht hat die Verpflichtung nur aufgrund des Titels festzustellen. Es hat sich dabei an den Wortlaut des Titels zu halten und kann nur aus diesem selbst schließen, was die Parteien oder das Gericht dabei in Wirklichkeit gemeint haben. Wenn der Titel aus Parteienerklärungen besteht, wie zB aus einem Vergleich, kommt es auf den objektiven Sinn an, der sich aus der Verpflichtungserklärung im Zusammenhang mit dem sonstigen Inhalt des Titels ergibt (RIS Justiz RS0000207; RS0000892). Die Auslegung des Exekutionstitels im Einzelfall und die Frage, ob ein aus dem Vorbringen der betreibenden Partei entnehmbares konkretes Verhalten der verpflichteten Partei gegen den Exekutionstitel verstößt, gehen in der Regel nicht über den konkreten Einzelfall hinaus und werfen von hier nicht vorliegenden, im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifenden Fehlbeurteilungen abgesehen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf (RIS Justiz RS0000595 [T10]; RS0004662).
2. Nach dem unmissverständlichen Wortlaut hat die Verpflichtete die Ankündigung von „Statt“-Preisen zu unterlassen, die nicht den zuletzt vor der Preissenkung ernsthaft verlangten eigenen Reisenormalpreisen entsprechen. Die Verpflichtete darf somit „Statt“ Preise, also eine Gegenüberstellung des aktuell verlangten niederen Preises zu einem höheren Preis für dieselbe Leistung, nur dann im Zusammenhang mit der Darstellung ihrer Reisepreise verwenden, wenn es sich beim höheren Vergleichspreis um den von ihr selbst zuletzt geforderten Preis handelt („Reisenormalpreis“). Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, schon die vom Betreibenden behauptete (und bescheinigte) Ankündigung von „Statt“-Preisen, die (unstrittig) den von Dritten verrechneten Preisen entsprechen, verstoße eindeutig gegen den Unterlassungstitel, ist daher jedenfalls vertretbar.
3. Im Exekutionstitel wurde eine Formulierung gewählt, die anders als die übliche, allgemeine Fassung von Unterlassungsgeboten in Verbindung mit konkreten Einzelverboten (RIS Justiz RS0000845 [T12 und T 14]) nur einen klar umrissenen Eingriff ganz bestimmter Art mit einer einzigen Ausnahme zum Gegenstand hat. Der üblichen allgemeinen Umschreibung des Unterlassungsgebots unter Aufnahme der Irreführung der Marktteilnehmer als zusätzliches Tatbestandsmerkmal bedurfte es daher nicht. Ein Verständnis des Titels dahin, dass die dennoch im Titel erwähnte Irreführung der Marktteilnehmer im Fall einer Ankündigung mit „Statt“-Preisen in der untersagten Form jedenfalls als verwirklicht anzusehen ist, ist ein vertretbares Auslegungsergebnis. Entgegen den Rekursausführungen liegt die Irreführung auf der Hand, wenn mit „Statt“ Preisen (mit dem Begriffsverständnis des Preisvergleichs mit eigenen früheren Preisen) geworben wird, tatsächlich aber ein Preisvergleich mit Preisen Dritter vorgenommen wird und überdies dem Leser durch schwer lesbare Hinweise in den Fußnoten die Feststellung erschwert wird, womit eigentlich verglichen wird (RIS Justiz RS0078679).
4. Die Verpflichtete argumentiert schließlich, die Auslegung des Rekursgerichts bedeute eine sehr weitgehende Unterlassungspflicht, die über das wettbewerbsrechtlich Verpönte hinausgehe. Dem ist entgegenzuhalten, dass es im Rahmen der Privatautonomie Sache der Verpflichteten und grundsätzlich zulässig war, über die Reichweite der eingegangenen Verpflichtung und deren Bedeutung für ihren Wettbewerb zu disponieren. Es kommt nicht darauf an, was die Verpflichtete nach dem Gesetz zu unterlassen hat, sondern darauf, was ihr nach dem Inhalt des Exekutionstitels untersagt ist (RIS Justiz RS0000217; RS0000279).
5. Infolge der grundsätzlichen Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens nach der EO (RIS Justiz RS0116198) stehen der betreibenden Partei für ihre zwar nicht unzulässige (RIS Justiz RS0118686 [T11]), aber nicht zweckentsprechende (RIS Justiz RS0118686 [T10 und T 12]) Revisionsrekursbeantwortung keine Kosten zu.
Fundstelle(n):
WAAAD-68999