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OGH vom 08.04.1997, 4Ob87/97s

OGH vom 08.04.1997, 4Ob87/97s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Graf sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz E*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr.Ferdinand Weber, Dr.Hannes Hirtzberger Kommandit-Partnerschaft in Krems, wider die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 105.000 und Feststellung (Gesamtstreit S 155.000; Revisionsinteresse S 105.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 17 R 252/96w-37, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilzwischenurteil des Landesgerichtes Korneuburg vom , GZ 1 Cg 161/93g-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 7.605 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.267,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am fuhr der Kläger mit seiner Frau Eleonora in Begleitung seines Bruders und dessen Frau, die mit ihrem eigenen Auto unterwegs waren, zum M*****n, um es zu besichtigen. Am Morgen gegen 8.30 Uhr parkten diese Personen ihre Fahrzeuge auf dem Parkplatz und fuhren zu Mittag zu einem anderen nicht weit entfernt gelegenen Parkplatz. Die beiden Fahrzeuge mußten vor einem Tunnel stehen bleiben. Es war ein sonniger heißer Tag. Der Kläger nahm aus der im Kofferraum seines Wagens befindlichen Kühlbox eine Mineralwasserflasche der Marke "A*****", um daraus zu trinken. Als er am Verschluß der Flasche drehte, machte es einen dem Öffnen einer Sektflasche vergleichbaren Knall, wobei jedoch kein Mineralwasser aus der Flasche spritzte. Die Verschlußkappe flog dem Kläger gegen sein rechtes Auge. Er erlitt hiedurch eine Verletzung am rechten Auge und ließ die Flasche fallen. Seine Ehegattin stieg sofort aus dem Wagen, nahm aus der Kühlbox eine zweite Mineralwasserflasche der Marke "A*****", öffnete sie und kühlte mit dem Wasser das Auge und die Augenbraue des Klägers. Der Kläger empfand dies als kühlend.

Vor der Abreise nach Kärnten am hatte der Kläger mehrere Flaschen Mineralwasser aus dem Keller in die Kühlbox gegeben und diese dann kurz angesteckt, um zu sehen, ob sie funktioniere. Während der Fahrt nach Kärnten war die Kühlbox noch einige Zeit an die Batterie angeschlossen. Seit der Ankunft im Urlaubsort S***** war die Kühlbox nicht mehr mit Strom versorgt, sie war also fast 24 Stunden nicht gekühlt worden.

Die Produktionsbedingungen bei der Beklagten entsprechen dem derzeitigen Stand der Technik und Wissenschaft und verhindern weitgehend Produktfehler im Bereich der Mineralwasseraufbereitung, Flaschenabkühlung sowie Flaschen- oder Verschlußkappenherstellung. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der zum Fortschleudern des gelockerten Schraubverschlusses erforderliche Überdruck in der Flasche durch einen Fehler in der Produktion verursacht worden sei, liegen nicht vor.

Mit der Behauptung, daß seine Verletzungen durch einen Produktionsfehler der von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Mineralwasserflasche verursacht worden seien, begehrt der Kläger von der Beklagten Schmerzengeld in der Höhe von S 100.000 sowie den Ersatz von Fahrtkosten im Zusammenhang mit den Heilbehandlungen in der Höhe von S 5.000, insgesamt sohin S 105.000 sA. Ferner stellt er ein Begehren auf Feststellung, daß die Beklagte ihm für alle Folgen aus dem Unfall vom , bei dem er durch den Verschluß einer Mineralwasserflasche der Beklagten verletzt worden sei, hafte.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Produktionsablauf der Herstellung des Mineralwassers der Marke A***** schließe es aus, daß der vom Kläger behauptete Vorfall auf eine Fehlerhaftigkeit des Produktes zurückzuführen sei. Wenn der Kläger an einem der heißesten Tage des Jahres 1992 eine ungekühlte Flasche möglicherweise nach längerer Fahrt unsachgemäß geöffnet habe, begründe das keine Haftung der Beklagten; vielmehr liege dies ausschließlich im Bereich des Klägers. Dem Kläger wäre zumindest ein erhebliches Mitverschulden anzulasten.

Das Erstgericht sprach mit (Teil-)Zwischenurteil aus, daß das Leistungsbegehren des Klägers gegenüber der Beklagten dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es stellte noch fest:

Es ist theoretisch möglich und aufgrund der Aktenlage auch wahrscheinlich, daß durch eine produktionstechnisch nicht vermeidbare Störung des Lösungsgleichgewichtes der Kohlensäure in der Flasche sowie durch Erwärmung des Füllgutes einer Flasche mit prickelndem Mineralwasser auf über 17 ø Celsius ein Überdruck von mehr als 6 bar entstand, der ein vehementes Fortschleudern der Kunststoffschraubverschlußkappe beim Öffnungsvorgang bewirken konnte. Es ist daher wahrscheinlich, daß eine mit einem Überdruck von mehr als 6 bar fortgeschleuderte und auf kurze Distanz gegen ein Auge prallende Kunststoffschraubverschlußkappe eine (schwere) Augenverletzung verursacht.

Rechtlich meinte das Erstgericht, daß die Mineralwasserflasche unzweifelhaft unter den Begriff des Produktes im Sinn des § 4 PHG falle. Durch das eingeholte Sachverständigengutachten habe eindeutig geklärt werden können, daß eine Störung des Lösungsgleichgewichtes der Kohlensäure im Rahmen des Produktionsvorganges weitgehend vermieden werde. Trotz vollautomatischer Kontrolleinrichtungen und zusätzlicher Stichprobenkontrollen durch das Aufsichtspersonal bleibe jedoch immer ein unvermeidbares Restrisiko bestehen, daß nämlich eine Flasche mit einer Störung des Lösungsgleichgewichtes in der Kohlensäure "durchschlüpfe". Dabei handle es sich um einen sogenannten "Ausreißerschaden", der einen Fehler nach § 5 Abs 1 Z 2 PHG bedeute. Die Flasche habe beim Gebrauch nicht die Sicherheit geboten, mit der ein typischer Verbraucher rechnen dürfe. Der Beklagten sei es nicht gelungen, im Sinn des § 7 Abs 2 PHG als wahrscheinlich darzutun, daß das Produkt im Zeitpunkt des Inverkehrbringens noch keinen Fehler gehabt habe. Ein Mitverschulden des Klägers sei zu verneinen, weil der Beklagten die Verletzung von Instruktionspflichten vorzuwerfen sei und der eigentliche Fehler in der Störung des Lösungsgleichgewichtes liege.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Ersturteils, insbesondere auch die in die rechtliche Beurteilung aufgenommene Tatsachenannahme, es bleibe immer das unvermeidbare Restrisiko bestehen, daß eine Flasche mit einer Störung des Lösungsgleichgewichtes in der Kohlensäure "durchschlüpfe". Es sei somit ein Fabrikationsfehler ("Ausreißer") als Ursache der (derzeit noch nicht näher zu prüfenden) Verletzung des Klägers festgestellt. Gehe man aber von einem solchen Ausreißerschaden aus, dann sei der Beklagten der Anscheinsbeweis im Sinne des § 7 PHG mißlungen. Es treffe zwar zu, daß der Kläger die Mineralwasserflasche in einer nicht gekühlten Kühlbox an einem heißen Sommertag rund 20 Stunden gelagert hatte, doch sei allgemein bekannt, daß in südlichen Ländern bei noch höheren Temperaturen Mineralwasserflaschen von Touristen stundenlang mitgetragen werden, ohne daß sich ein Überdruck bilde, der die Verschlußkappe zum Geschoß werden lasse. Der von der Beklagten angestellte Vergleich mit dem Öffnen einer Sekt-, Bier- oder Limonadenflasche vermöge nicht zu überzeugen, sei doch bekannt, daß gerade beim Öffnen einer Sektflasche besondere Sorgfalt geboten sei. Anders sei die berechtigte Sicherheitserwartung bei einer Mineralwasserflasche. Durch das hohe Sicherheitsniveau, welches Aufbereitung, Abfüllung und Vertrieb von Mineralwasser sowie die Herstellung von Mineralwasserflaschen heute bereits erreicht hätten, werde ein gewisser sorgloser Umgang mit diesen Druckbehältnissen gefördert. Ungeachtet der Tatsache, daß ein entsprechender Hinweis auf den Flaschen der Beklagten gefehlt habe, könne doch einem durchschnittlichen Verbraucher zugemutet werden, eine Mineralwasserflasche ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen auch unter den festgestellten Bedingungen problemlos zu öffnen. Mit Recht habe daher das Erstgericht ein Mitverschulden des Klägers verneint.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist zwar entgegen der Meinung des Klägers zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach § 5 Abs 1 PHG ist ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist, besonders angesichts 1. der Darbietung eines Produkts, 2. des Gebrauchs des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, 3. des Zeitpunkts, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht worden ist.

Der Begriff des Fehlers ist im PHG von zentraler Bedeutung, weil jede Ersatzpflicht ein fehlerhaftes Produkt voraussetzt (Welser, Produkthaftungsgesetz, Rz 1 zu § 5). Das Kernstück des PHG bildet daher die Fehlerdefinition des § 5, die sich nahezu wörtlich an Art 6 der EG-Richtlinie anlehnt (Fitz/Purtscheller in Fitz/Purtscheller/Reindl, Produkthaftung, Rz 1 zu § 5). Das schutzauslösende Moment ist das sowohl den Körper- als auch den Sachschaden umfassende Integritätsinteresse jeder durch das Produkt geschädigten Person. Ausschlaggebend hiefür sind die berechtigten Sicherheitserwartungen, ein objektiver Maßstab, dessen Konkretisierung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen ist (Fitz/Purtscheller aaO; Graf v.Westphalen, Produkthaftungshandbuch II, Rz 5 zu § 62 dPHG). Was im Einzelfall an Produktsicherheit erwartet werden darf, ist eine Rechtsfrage (Fitz/Purtscheller aaO Rz 3; v.Westphalen aaO Rz 9; SZ 65/149 = EvBl 1993/125 = JBl 1993, 524 (Posch) = ecolex 1993, 237 = RdW 1993, 179).

Bei den Produktfehlern ist zwischen Konstruktionsfehlern, Produktionsfehlern und Instruktionsfehlern zu unterscheiden. Bei den Konstruktionsfehlern ist die Enttäuschung der Sicherheitserwartung im technischen Konzept, eben in der "Konstruktion" des Produkts, begründet. Beim Produktions(Fabrikations-)fehler entspricht zwar das Konzept und das danach hergestellte "idealtypische Produkt" den Erwartungen, nicht aber einzelne Stücke, weil der Produktionsprozeß nicht normgerecht war. Beim Instruktionsfehler macht nur die unzureichende Darbietung das Produkt fehlerhaft (Welser aaO Rz 24 ff; Fitz/Purtscheller/Reindl aaO Rz 45 ff; RdW 1995, 426).

Im vorliegenden Fall besteht kein Konstruktionsfehler, wohl aber muß ein Produktionsfehler angenommen werden. Daß die Verschlußschraube beim Öffnen wie ein Geschoß weggesprungen ist, kann nur auf einen Fehler im Einzelfall - so etwa durch kleinste, mit freiem Auge sowie mit elektronischen Inspektionsautomaten nicht mehr feststellbare Fremdkörperchen, geringfügige Unsauberkeiten oder feine Unebenheiten an der Flascheninnenseite, welche das Lösungsgleichgewicht in einer einzelnen Flasche stören (SV-Gutachten, S 81 f) - zurückzuführen sein, weil Vorfälle dieser Art mit Mineralwasserflaschen im allgemeinen und denjenigen der Beklagten im besonderen sonst offenbar äußerst selten vorkommen. Ob der Beklagten allenfalls ein Instruktionsfehler - nämlich die Unterlassung eines Hinweises auf mögliche Gefahren beim Öffnen der Mineralwasserflasche unter bestimmten Bedingungen - vorzuwerfen ist, hängt davon ab, ob die Beklagte mit Unfällen wie dem hier zu beurteilenden rechnen mußte. Darauf wird noch einzugehen sein.

Die Beklagte macht in ihrem Rechtsmittel in erster Linie geltend, daß sich der Kläger beim Öffnen der Flasche sorglos verhalten habe und es ihm zweifellos zumutbar gewesen wäre, die Mineralwasserflasche so zu halten, daß ein "Wegschießen" der Verschlußkappe für ihn nicht mit Gefahren verbunden gewesen wäre. Dem kann nicht gefolgt werden:

Richtig ist zwar, daß die nach § 5 PHG maßgebenden Sicherheitserwartungen nur berechtigt sind, wenn der Benutzer den Anforderungen an seine Eigenverantwortung gerecht wird, spricht doch § 5 Abs 1 Z 2 PHG vom Gebrauch des Produktes, mit dem billigerweise gerechnet werden könne (Fitz/Purtscheller aaO Rz 13). Zu prüfen ist daher, ob das geübte Verbraucherverhalten für den Hersteller vorhersehbar war; denn für unvorhersehbare oder geradezu absurde Gebrauchsarten hat der Hersteller keinesfalls einzustehen. Wohl aber ist ein sozial übliches Verhalten - wie zB die Angewohnheit, Bleistiftenden in den Mund zu nehmen oder Sitzhocker als Trittfläche zu benutzen - für den Unternehmer ohne weiteres vorhersehbar. Auch unterhalb der Schwelle der Sozialüblichkeit ist mit bestimmten Verbrauchergewohnheiten zu rechnen, so lange es sich nicht nur um einen theoretisch denkbaren, sondern um einen naheliegenden Abusus handelt (Fitz/Purtscheller aaO Rz 16; Welser aaO Rz 14).

Dem Publikum ist - von wenigen sachkundigen Personen abgesehen - nicht bekannt, daß Verschlüsse von Mineralwasserflaschen unter gewissen Voraussetzungen sich wie die Korken von Sektflaschen verhalten können. Niemand geht daher mit besonderer Vorsicht an das Öffnen einer Mineralwasserflasche heran. Eine Regel, wonach man beim Aufmachen einer solchen Flasche die Verschlußkappe von sich weghalten sollte, ist nicht bekannt. Die Beklagte hatte daher keinen Grund zur Annahme, die Käufer ihres Mineralwassers würden zumindest dann, wenn sie die Flaschen an heißen Tagen längere Zeit ungekühlt aufbewahrt hatten, mit diesen, vor allem beim Öffnen, mit ganz besonderer Vorsicht umgehen.

Der Kläger hat damit, daß er die Mineralwasserflasche, die schon mehr als 20 Stunden nicht mehr gekühlt worden war, an einem heißen Tag ohne besondere Vorsichtsmaßregeln geöffnet hat, keinerlei ihn treffende Sorgfaltspflicht verletzt, nach allgemeiner Auffassung nicht unter "Extrembedingungen" gehandelt und nicht annehmen müssen, daß er damit riskant vorgehe. Ihm kann somit keinerlei Mitverschulden angelastet werden. Da der Beklagten offenbar aufgrund ihres Fachwissens die Risken von Mineralwasserflaschen bekannt waren, hätte sie auf den Flaschen jedenfalls deutlich hierauf hinweisen müssen, um den Kläger zu warnen. Ihr mußte ja bewußt sein, daß selbst bei Aufwendung aller Sorgfalt im Zuge des Produktionsvorganges und bei nachträglichen Prüfungen doch Fehler nie auszuschließen sind, die unter gewissen weiteren Voraussetzungen zu beträchtlichen Schäden führen können.

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf den Haftungsausschluß nach § 8 Z 2 PHG berufen. Danach entfällt die Haftung des Unternehmers, wenn die Eigenschaften des Produkts nach dem Stand der Wissenschaft und Technik zu dem Zeitpunkt, zu dem es der in Anspruch Genommene in den Verkehr gebracht hat, nicht als Fehler erkannt werden konnten. Dabei handelt es sich um einen Haftungsausschluß für typische Entwicklungsrisiken (v.Westphalen aaO Rz 78 zu § 60 dPHG; Fitz/Purtscheller aaO Rz 11 zu § 8; RdW 1995, 426).

Soweit die Beklagte das Vorliegen dieses Tatbestandes damit zu begründen versucht, daß sie auch bei Anwendung aller Sorgfalt nicht in der Lage gewesen sei, den zum Unfall führenden Mangel zu entdecken, verkennt sie die Rechtslage. Ob sie in der Lage war, den Fehler zu vermeiden und/oder rechtzeitig zu entdecken, ist für ihre - verschuldensunabhängige (§ 8 PHG) - Haftung ohne Bedeutung. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob bei Inverkehrbringen der Mineralwasserflasche schon der Überdruck vorhanden war oder ob nur das Lösungsgleichgewicht bereits gestört war (was dann in der Folge zum Überdruck geführt hat). In keinem Fall hatte ein Entwicklungsrisiko bestanden, dessen Kernelement ja darin liegt, daß die Gefährlichkeit einer bestimmten Produkteigenschaft beim Inverkehrbringen nicht erkennbar war (Fitz/Purtscheller aaO Rz 11 zu § 8 PHG). Daß es nach dem Stand der Wissenschaft noch nicht bekannt gewesen wäre, daß aufgrund von unvermeidbaren und in einzelnen Fällen unentdeckt gebliebenen Fehlern ein Überdruck in Mineralwasserflaschen entstehen kann, der explosive Wirkungen erzielt, hat die Beklagte nicht behauptet; aus ihrem Rechtsmittelvorbringen ergibt sich vielmehr das Gegenteil, behauptet sie doch sogar, daß dieses Wissen Allgemeingut wäre, sodaß auch der Kläger darauf hätte Bedacht nehmen müssen.

Selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß bei der Auslieferung der Mineralwasserflasche durch die Beklagte noch kein Überdruck bestanden hat, hätte die Beklagte noch nicht die Voraussetzung des § 7 Abs 2 PHG erfüllt. Nach dieser Bestimmung hat der in Anspruch Genommene, welcher behauptet, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als er es in den Verkehr gebracht hat, dies als wahrscheinlich darzutun. Bestand aber zumindest schon eine Störung des Lösungsgleichgewichtes, dann war damit auch schon der zum Schaden führende Fehler vorhanden, weil diese Störung eben (unter weiteren Vorausssetzungen) zum Überdruck führt.

Die Beklagte kann mit ihren Hinweisen auf ihre Schuldlosigkeit keinen Erfolg erzielen. Das Produkthaftungsgesetz wurde ja gerade (ua) deshalb geschaffen, weil das Risiko von schuldlosen Fehlproduktionen ("Ausreißerschäden") wirtschaftlich leichter vom Produzenten getragen werden kann (Koziol/Welser10 I 499).

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.