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OGH vom 30.10.1973, 4Ob87/73

OGH vom 30.10.1973, 4Ob87/73

Norm

Patentgesetz § 6;

Patentgesetz § 7;

Kopf

SZ 46/111

Spruch

Dem Dienstgeber bleibt es überlassen, ob und wo er eine Diensterfindung zum Patent anmelden will; ihm steht es frei, eine schon anhängige Patentanmeldung wieder zurückzuziehen oder nicht mehr weiterzuverfolgen, ohne daß der Dienstnehmer daraus allein Ansprüche gegen den Dienstgeber ableiten könnte

(LGZ Graz 2 Cg 10/73; ArbG Voitsberg Cr 27/72)

Text

Der Kläger war vom bis zum beim Beklagten als Entwicklungsingenieur angestellt.

Während der Dauer seiner Beschäftigung machte der Kläger eine Erfindung, betreffend eine Misch- und Förderpumpe, insbesondere für dickflüssige Medien. Für diese am beim Österreichischen Patentamt angemeldete Erfindung erhielt der Beklagte am das österreichische Patent Nr. 276.096 (Beginn der Patentdauer: 15. Feber 1969); dabei wurde im Sinne des § 20 PatG der Kläger als Erfinder genannt. Etwa zur selben Zeit wie in Österreich wurde die Erfindung vom Beklagten auch in der Bundesrepublik Deutschland zum Patent angemeldet. Das Verfahren ist beim Deutschen Patentamt in München zur GZ P 1653761.4, Kennwort "Dickstoff-Schneidepumpe" anhängig; es ist bis heute nicht abgeschlossen.

Nach dem Wortlaut des Anhanges zum Anstellungsvertrag des Klägers vom 30. Juli/ steht dem Kläger für seine Diensterfindungen eine einmalige, nach dem Umsatzertrag bzw. der Umsatzerhöhung des Beklagten zu berechnende Vergütung zu. Auf Grund dieser Vereinbarung begehrte der Kläger in einer am eingebrachten Klage zu Cr 18/71 des Arbeitsgerichtes Voitsberg die Verurteilung des Beklagten zur Rechnungslegung über die seit dem 3. Feber 1967 auf Grund des Patentes umgesetzten Misch- und Förderpumpen sowie die Zahlung des auf Grund dieser Abrechnung ziffernmäßig noch zu fixierenden Vergütungsbetrages.

Auch dieses Verfahren ist noch nicht rechtskräftig beendet.

Mit der Behauptung, der Beklagte habe in der ersten Hälfte des Jahres 1972 im Zuge einer zwischen den Parteien geführten Korrespondenz auf die weitere Verfolgung der Patentanmeldung in der Bundesrepublik Deutschland verzichtet und die Fortführung dieses Verfahrens dem Kläger überlassen, weigere sich aber jetzt, dem Kläger die dazu nötigen schriftlichen Unterlagen herauszugeben, beantragt der Kläger die Verurteilung des Beklagten, ihm binnen 14 Tagen bei Exekution

1. die deutsche Patentanmeldung P 1653761.4 mit Patentbeschreibung und Zeichnungen, ferner sämtliche Prüfungsbescheide des Deutschen Patentamtes und sämtliche Eingaben der deutschen Patentanwälte des Beklagten betreffend dieses Patent herauszugeben sowie

2. eine - im Urteilsbegehren dem Wortlaut nach angeführte - Vollmacht zu erteilen, wonach der Kläger als Diensterfinder selbst berechtigt sei, das vom Beklagten beim Deutschen Patentamt eingeleitete Verfahren im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weiterzuverfolgen, und der Beklagte damit einverstanden sei, daß an seiner Stelle der Kläger als Anmelder und Erfinder des beim Deutschen Patentamt angemeldeten Patents gelte.

Der Beklagte wendet ein, daß er im Rahmen eines Gesamtvergleiches zur Bereinigung der zu Cr 18/71 des Arbeitsgerichtes Voitsberg eingeklagten Ansprüche nicht abgeneigt gewesen wäre, dem Kläger das jetzt behauptete Zugeständnis zu machen; die Vergleichsverhandlungen seien aber gescheitert. Der Kläger könne seine Ansprüche auch nicht auf den Dienstvertrag vom Jahr 1964 stützen, weil dort weder eine Pflicht zur Herausgabe Urkunden normiert noch die Ausstellung einer Vollmacht wie sie der Kläger jetzt verlange, vorgesehen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Weder den Akten Cr 18/71 noch dem Briefwechsel zwischen den Parteien sei eine bedingungslose Abtretung der Rechte an der Patentanmeldung in der Bundesrepublik Deutschland an den Kläger zu entnehmen. Der Beklagte sei nur "unter Umständen" zu einer solchen Überlassung seiner Rechte bereit gewesen und habe darüber hinaus am ausdrücklich festgestellt, daß das Verlangen des Klägers "nicht ohne Einfluß auf das Verfahren zu Cr 18/71" sein könne; eine vergleichsweise Bereinigung aller offener Fragen sei aber zuletzt nicht erzielt worden. Der dem Kläger obliegende Beweis, daß der Beklagte auf bestimmte Rechte an der in Rede stehenden Erfindung verzichtet habe, sei infolgedessen nicht erbracht worden.

Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Dem Dienstgeber, auf den eine Diensterfindung übergegangen sei, stehe es - so führte das Berufungsgericht aus - frei, diese Erfindung zum Patent anzumelden oder eine solche Anmeldung zu unterlassen. Aus der bloßen Tatsache, daß der Beklagte die ihm überlassene Erfindung des Klägers allenfalls in Deutschland nicht patentrechtlich schützen lassen wolle, Kläger den geltend gemachten Anspruch nicht ableiten. Ein (teilweiser) Rechtsverzicht des Beklagten im Sinne des § 15 PatG sei aber aus den schon vom Erstgericht angeführten Erwägungen nicht erwiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Entgegen den Revisionsausführungen des Klägers kann sein Begehren auf Herausgabe der deutschen Anmeldungsunterlagen und Erteilung der Übertragungsvollmacht aber auch nicht unmittelbar aus dem Gesetz abgeleitet werden:

Durch die Überlassung einer Diensterfindung an den Dienstgeber auf Grund einer Vereinbarung im Sinne des § 7 Abs. 1 PatG gehen alle Rechte an dieser Erfindung auf den Dienstgeber über Art und Ausmaß der Erfindungsbenützung bleiben allein dem von vernünftigen kaufmännischen Erwägungen geleiteten Ermessen des Dienstgebers überlassen, wobei allerdings unzureichende Benützung der Erfindung gemäß § 11 Abs. 1 PatG zu einer entsprechenden Erhöhung einer vereinbarungsgemäß in ihrem Ausmaß von der Benützung abhängigen Vergütung führen kann. Mangels einer besonderen Vereinbarung der Parteien hat aber insbesondere nur der Dienstgeber zu entscheiden, ob und in welchen Staaten er die ihm überlassene Erfindung zum Patent anmelden bzw. bereits erteilte Patente aufrechterhalten will (Abel, Die Behandlung der Angestelltenerfindung nach österreichischem Recht, JBl. 1926, 85); anders als nach deutschem Recht (vgl. § 13 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen dBGBl. 1957 I, 756) besteht nach den Bestimmungen des österreichischen Patentgesetzes keine Verpflichtung des Dienstgebers, auf ihn übergegangene Erfindungen seiner Dienstnehmer zum Patent anzumelden (Hunna, Die Erfindungen von Dienstnehmern nach österreichischem Recht, ÖBl. 1952, 18; Thaler, Die Dienstnehmererfindung, ÖBl. 1960, 22; Abel, Die Diensterfindung im österreischem Recht, GRURAusl. 1962, 118). Bleibt es danach aber dem Dienstgeber überlassen, ob und wo er eine Diensterfindung zum Patent anmelden will, dann muß es ihm naturgemäß auch freistehen, eine schon anhängige Patentanmeldung wieder zurückzuziehen oder nicht mehr weiterzuverfolgen, ohne daß der Dienstnehmer daraus allein irgendwelche Ansprüche gegen den Dienstgeber ableiten könnte.

Was der Kläger in der Revision gegen diese - auch vom Berufungsgericht vertretene - Rechtsansicht unter Hinweis auf die "Kommentare zum Patentgesetz 1970" ins Treffen führt, ist eine Aneinanderreihung verschiedener aus dem Zusammenhang gerissener und völlig mißverstandener Zitate aus dem Kommentar von Friebel - Pulitzer, Österreichisches Patentrecht[2], 168 Revisionswerber ist daraus schon deshalb nichts zu gewinnen, weil sich die betreffenden Literaturstellen ausschließlich auf die mit einem Verzicht des Dienstgebers nach § 15 PatG verbundenen Rechtsfolgen beziehen, ein solcher (Teil-)Verzicht des Beklagten aber im vorliegenden Fall, wie bereits dargetan, nicht festgestellt worden ist. Von einem "krassen Widerspruch" zum "Motivenbericht" - gemeint offenbar: zum Bericht des Ausschusses für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten zur Patentgesetz-Novelle 1925, 347 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, II. GP, abgedruckt in PBl. 1925, 133 ff. - kann aber schon deshalb keine Rede sein, weil dieser Ausschußbericht die hier interessierende Frage einer allfälligen Verpflichtung des Dienstgebers zur Patentanmeldung überhaupt nicht berührt.