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OGH vom 28.06.1994, 3Ob86/94

OGH vom 28.06.1994, 3Ob86/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dipl.Ing.Roland F*****, Privater, *****vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Ottokar M*****, Bankbeamter, *****vertreten durch Dr.Peter Schnabl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 46 R 398/94-32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 50 E 86/93m-25, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Antrag der verpflichteten Partei vom , das Versteigerungsverfahren bis zur Entscheidung über die am beim Landesgericht für ZRS Wien eingebrachte Feststellungsklage, jedenfalls vorerst bis , aufzuschieben bzw zu unterbrechen, abgewiesen wird.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit S 23.107,20 (darin S 3.851,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Zwischenstreites über diesen Antrag binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Betreibende ist zu 21/30-tel, der Verpflichtete zu 9/30-tel Anteilen, Miteigentümer einer Liegenschaft mit einem Mietshaus in Wien 3. Über Teilungsklage des Verpflichteten erging ein Anerkenntnisurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien, auf Grund dessen der Betreibende die Bewilligung der vorliegenden Exekution gemäß § 352 EO erwirkte. Im Exekutionsverfahren legten beide Parteien Entwürfe von teilweise nicht übereinstimmenden Versteigerungsbedingungen vor, in denen allerdings ua übereinstimmend der Ausrufspreis der Liegenschaft mit S 6,900.000 aufscheint. Grundlage dieses - unter Verzicht auf gerichtliche Schätzung - übereinstimmend genannten Ausrufspreises ist ein vorgelegtes Privatgutachten, welches von der Gesamtnutzfläche von 1.020,66 m2 einen Anteil von 605,10 m2 als "Leerstehungen" und einen solchen von 415,56 m2 als vermietete Flächen entsprechend bewertete. Nach Durchführung einer Tagsatzung setzte das Erstgericht die Versteigerungsbedingungen mit seinem Beschluß vom (ON 9) - ua mit einem Ausrufspreis von S 6,900.000 und unter Abweisung des Antrags der verpflichteten Partei, dem seinerzeitigen Ersteher hinsichtlich von zehn näher bezeichneten Wohnungen die Bestandfreiheit und hinsichtlich der restlichen Wohnungen die Freiheit von nicht üblichen Vertragszusagen (zB Weitergaberecht) zuzusichern - fest. Dem Rekurs des Verpflichteten gegen diesen Beschluß gab das Rekursgericht mit Beschluß vom (ON 13) nicht Folge. Der Versteigerungstermin wurde vom Erstrichter am für den , 13 Uhr, anberaumt.

Am , zwischen 8 und 9 Uhr morgens, überreichte der Vertreter

des Verpflichteten unter Vorlage der Rubrik einer am beim

Landesgericht für ZRS Wien gegen den Betreibenden eingebrachten

Feststellungsklage mit dem Begehren, "im Verhältnis der Streitteile

bezüglich der Liegenschaft ... werde festgestellt, daß die Wohnungen

.... ("zehn Wohnungen, davon eine im Vergleich zu den insoweit

abgelehnten Versteigerungsbedingungen andere Wohnung) bestandsfrei sind", die Abberaumung des für 13 Uhr angesetzten Versteigerungstermins sowie die Aufschiebung bzw Unterbrechung des Feilbietungsverfahrens, bis das strittige Verfahren entschieden sei, jedenfalls vorerst bis . Zur Begründung wurde vorgebracht, aus jüngsten Unterlagen seitens der Hausverwaltung sei nicht eindeutig ersichtlich, ob die strittigen Wohnungen bestandsfrei seien oder nicht. Da zwischen bestandsfreien und vermieteten Wohnungen eine Wertdifferenz von S 5.000 pro Quadratmeter klaffe, müsse noch vor der Versteigerung das Ausmaß der Bestandfreiheit geklärt werden, um eine Schädigung der Eigentümer hintanzuhalten.

Das Erstgericht setzte den Versteigerungstermin ab und schob das Exekutionsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die genannte Feststellungsklage bis auf. Es verwies in seiner Begründung auf die rekursgerichtliche Entscheidung ON 13, in welcher auf Seite 4 ausgeführt wurde, der verpflichteten Partei bliebe die Einbringung einer Klage auf Feststellung der freistehenden Objekte, eventuell verbunden mit einem Antrag auf Aufschiebung des gegenständlichen Verfahrens .... offen.

Das Gericht zweiter Instanz gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs der betreibenden Partei teilweise Folge, machte die Aufschiebung vom Erlag einer Sicherheitsleistung von S 500.000 abhängig, und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei. Die Frage, ob ein Großteil der Objekte (wohl: Mietwohnungen) der zu verkaufenden Liegenschaft bestandfrei sei oder nicht, habe ohne Zweifel großen Einfluß auf den voraussichtlich erzielbaren Erlös, sodaß die Aufschiebung der Exekution gemäß den im vorliegenden Verfahren anzuwendenden allgemeinen Bestimmungen der §§ 1 bis 78 EO, allerdings in analoger Anwendung des § 44 Abs 1 Z 3 EO gegen Auferlegung einer Sicherheitsleistung von S 500.000, berechtigt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, weil zu den Voraussetzungen der Exekutionsaufschiebung im Verfahren gemäß § 352 EO - soweit ersichtlich - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vorliegt; er ist auch berechtigt.

Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung gelten für das gemäß § 352 EO geführte Exekutionsverfahren zwar für die Durchführung der Versteigerung die §§ 272 bis 280 AußStrG, sonst aber die allgemeinen Bestimmungen der §§ 1 bis 78 EO (SZ 52/61; MietSlg ua; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4 385; Heller-Berger-Stix 2537; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren, Rz 812), sohin auch die Bestimmungen der §§ 42 ff EO über die Aufschiebung der Exekution (Heller-Berger-Stix aaO). Eine wesentliche Voraussetzung für die Aufschiebung einer Exekution ist das Vorliegen eines gesetzlichen Aufschiebungsgrundes, der entweder im § 42 EO oder in anderen Vorschriften der EO oder anderer Gesetze ausdrücklich vorgesehen ist. Nach ganz herrschender Auffassung sind die Aufschiebungsgründe in § 42 EO taxativ aufgezählt; sie können nicht um beliebige andere, als wichtig hingestellte Gründe erweitert werden (Jus extra 1992/969; SZ 64/88; RZ 1990/59; SZ 59/103; MietSlg 37.818; SZ 51/48 ua; Heller-Berger-Stix 539 f; Rechberger/Simotta aaO Rz 269; Holzhammer, aaO 114 ff; Hofmann in RL, Exekution zur Aufhebung einer Gemeinschaft, 5; Feil, EO3 Rz 1 zu § 42, Walker4 136; Pollak, System2 878; Heller-Trenkwalder3 120; für eine analoge Anwendung einzelner Aufschiebungstatbestände auf nach Art und Gewicht gleich zu behandelnde Tatbestände Jus extra 1992/969; RZ 1990/59, MietSlg 37.818).

Im vorliegenden Fall ist der Verpflichtete im Verfahren über die

Feststellung der Versteigerungsbedingungen mit seinem Antrag, dem

Ersteher die Bestandsfreiheit bestimmter Wohnungen und die Freiheit

der übrigen Mietwohnungen von ungewöhnlichen Abreden zuzusichern,

rechtskräftig unterlegen. Mit der als Aufschiebungsgrund gebrauchten,

knapp vor dem Versteigerungstermin überreichten Feststellungsklage versucht er nun im Umweg über eine Exekutionsaufschiebung und eine allfällige nachträgliche Änderung der Versteigerungsbedingungen, sein Verfahrensziel auf andere Weise zu erreichen. Eine derartige Klagsführung ist im § 42 EO nicht als Aufschiebungsgrund vorgesehen, sie ist auch keiner dort genannten Klagen im Sinne der Gedanken der Entscheidung MietSlg 37.818 ähnlich. Es liegt demnach überhaupt kein gesetzlicher Grund zur Aufschiebung des vorliegenden Exekutionsverfahrens vor, sodaß in Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen der darauf abzielende Antrag des Verpflichteten abzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 78 EO, 41, 50 ZPO: die vorliegende Entscheidung über den Aufschiebungs- bzw Unterbrechungsantrag der verpflichteten Partei beendet einen Zwischenstreit, der weder die mit der Einleitung des Verfahrens verbundene Parteirollenzuweisung, noch den gewöhnlichen Gang und Aufwand des Verfahrens betrifft, für das gemäß dem § 352a EO die sonst den betreibenden Gläubiger schützende Bestimmung des § 74 EO außer Kraft gesetzt wird. Daher hat die im Zwischenstreit unterlegene Partei dem Gegner die zweckentsprechend aufgewendeten Verfahrenskosten zu ersetzen (3 Ob 188/88). Gegen die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes mit S 1,000.000 (für den Rekurs) bzw mit S 100.000 (für den Revisionsrekurs) besteht kein Bedenken.