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OGH vom 25.05.2007, 6Ob80/07v

OGH vom 25.05.2007, 6Ob80/07v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Salzburg zu FN ***** eingetragenen L***** Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Salzburg über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Einschreiters Dr. Thomas P. R*****, vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 6 R 34/07y, 6 R 37/07i-9, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 15 FBG iVm § 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Die Gesellschaft ist seit ihrer am beschlossenen Sitzverlegung im Firmenbuch des Landesgerichts Salzburg zu FN ***** eingetragen; zuvor hatte sie ihren Sitz in G*****. Am selben Tag beschloss die Hauptversammlung außerdem eine Kapitalherabsetzung von 351.000 EUR um 35.102,03 EUR auf 315.897,97 EUR durch Einziehung von Aktien im vereinfachten Verfahren nach § 192 AktG; dadurch verringerten sich die Stückaktien von 173.000 auf 155.699. Der Einschreiter war zunächst Angestellter, dann Vorstand und schließlich ab 1995 Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft; außerdem war er zunächst atypisch stiller Beteiligter und ab September 2005 Minderheitsaktionär im Ausmaß von 10 % plus einer Aktie, verbrieft im Zwischenschein Nr 66 vom . Die übrigen Aktien befinden sich im Besitz der L***** Holding Aktiengesellschaft. Im April 2006 wurde der Einschreiter als Vorstand abberufen; es wird ihm ein strafbares Verhalten (Tatbestand der Untreue) zu Lasten der Gesellschaft vorgeworfen. Er hat diese Abberufung gerichtlich angefochten. Nach Darstellung der Holdinggesellschaft und der Gesellschaft hat erstere - ebenfalls im April 2006 - im Zusammenhang mit der Abberufung des Einschreiters und aufgrund einer mit ihm am abgeschlossenen „Nebenvereinbarung" berechtigterweise seine Aktienbeteiligung an der Gesellschaft aufgegriffen und ihm dessen Nominale in Höhe von 35.121,03 EUR überwiesen; damit sei die Holdinggesellschaft Alleinaktionärin der Gesellschaft. Der Einschreiter, der von einem Wert seiner Aktienbeteiligung in Höhe von rund 23 Mio EUR ausgeht, bestreitet die Berechtigung dieses Aufgriffs; er sei nach wie vor Minderheitsaktionär. Auch diesbezüglich sind Gerichtsverfahren anhängig.

Das Erstgericht trug am die Sitzverlegung der Gesellschaft und am die Kapitalherabsetzung sowie die Herabsetzung der Stückaktienzahl im Firmenbuch ein; diese Eintragungen waren vom Vorstand der Gesellschaft und ihrem Aufsichtsratsvorsitzenden beantragt worden.

Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs des Einschreiters zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es berief sich auf eine ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach dem Aktionär im Firmenbuch keine Rekurslegitimation zukomme.

In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs meint der Einschreiter, diese Rechtsprechung sei im vorliegenden Verfahren nicht anwendbar; durch die Kapitalherabsetzung werde die Gesellschaft zur EinpersonenAG und er seiner bisherigen Minderheitsaktionärsstellung beraubt, was seine „firmenbuchrechtliche Rechtssphäre" berühre; im Übrigen sei der Hauptversammlungsbeschluss nichtig, weil er - als Minderheitsaktionär - nicht von der Hauptversammlung verständigt worden war.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach ständiger, auf der Entscheidung 2 Ob 549/50 (= SZ 23/239) basierender Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist ein Aktionär einer Aktiengesellschaft nicht zum Rekurs gegen Verfügungen des Firmenbuchgerichts berechtigt, die über einen vom Vorstand der Aktiengesellschaft gestellten Antrag ergehen (RIS-Justiz RS0006911). Diese Rechtsprechung gründet vor allem darauf, dass die Befugnisse der Aktionäre in § 102 AktG genau umschrieben sind und - wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt - in der Hauptversammlung ausgeübt werden (2 Ob 549/50); zu diesen Befugnissen gehören aber Rechte im Zusammenhang mit Firmenbucheintragungen nicht (Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG4 [2006] § 102 Rz 6). Der Einschreiter vermag auch nicht aufzuzeigen, dass sich derartige Rechte aus den Bestimmungen des Aktiengesetzes über Kapitalherabsetzungen ergeben würden (§§ 175 ff AktG).

2. Der Einschreiter meint, ihm komme nunmehr gemäß § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG BGBl I Nr 111/2003 Parteistellung in diesem Firmenbuchverfahren zu, weil in seine rechtlich geschützte Stellung eingegriffen werde.

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 6 Ob 301/98b unter Hinweis auf § 9 AußStrG 1854 ausdrücklich betont, dass einzelnen Aktionären mangels Eintragung ins Firmenbuch eine „firmenbuchrechtliche Rechtssphäre" nicht zukommt. Da aber nach der ausdrücklichen Absicht des Gesetzgebers (vgl RV zu § 2 AußStrG, zit bei Fucik/Kloiber, AußStrG [2005] 43) mit dem materiellen Parteienbegriff des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG „die bisherige Rechtsprechung, insbesondere zu § 9 AußStrG-aF, im Grundsätzlichen nicht geändert, sondern vielmehr fortgeschrieben werden soll", hat sich insofern an der Rechtslage nichts geändert. Sie wurde vom erkennenden Senat außerdem bereits in der Entscheidung 6 Ob 36/06x fortgeschrieben.

3. Durch das GesRÄG 2004 (BGBl I 2004/67) wurde auch im Aktienrecht die Einpersonen-Gesellschaft eingeführt (§ 35 AktG; vgl Geist in Jabornegg/Strasser, AktG4 [2006] § 35 Rz 1 ff). Gemäß § 5 Z 6 FBG sind daher bei einer Aktiengesellschaft, deren Anteile einem Aktionär alleine oder neben der Gesellschaft gehören, dieser Umstand sowie der Name dieses Aktionärs einzutragen. Daraus will der Einschreiter nun ableiten, bei einer EinpersonenAG sei auf jene Rechtsprechung zurückzugreifen, die dem Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Rekurslegitimation im Firmenbuchverfahren zugestehe; sie werde ja mit § 5 Z 6 FBG begründet. Werde nach dieser Bestimmung die Holdinggesellschaft als Alleinaktionär eingetragen, werde im Firmenbuch „ersichtlich", dass der Einschreiter „als Aktionär ausgeschieden" sei.

Nach der vom Einschreiter erwähnten Rechtsprechung kommt einem Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegen einen die Gesellschaft betreffenden Eintragungsbeschluss des Firmenbuchgerichts aber nur dann eine Rekurslegitimation zu, wenn die Entscheidung nach dem konkreten Verfahrensstand seine firmenbuchrechtliche Rechtssphäre berührt, etwa weil es im Sinn des § 5 Z 6 FBG um seine Eintragung oder Nichteintragung und somit um seine eigene Gesellschafterstellung geht (RIS-Justiz RS0110337). Gerade diese Voraussetzung liegt hier nicht vor: der Einschreiter war nie als Aktionär im Firmenbuch eingetragen und es kann auch der (von ihm ohnehin bestrittene) Verlust seiner Aktionärsstellung nicht eingetragen werden; sein „Ausscheiden als Aktionär" wird daher keineswegs im Firmenbuch ersichtlich.

4. Die vom Erstgericht vorgenommenen Eintragungen beruhen auf Beschlüssen der Hauptversammlung. Die Gesellschaft hat dazu bekannt gegeben, der Einschreiter habe diese Beschlüsse gerichtlich angefochten; er selbst macht auch im außerordentlichen Revisionsrekurs deren Nichtigkeit geltend, weil er von der Hauptversammlung nicht verständigt worden sei.

Ob der Aktionär gegen Organbeschlüsse eine Nichtigkeitsklage erhoben hat, ob über diese bereits entschieden worden ist oder nicht (RIS-Justiz RS0006914) oder ob eine Möglichkeit zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage im eigentlichen Sinn gar nicht besteht, sondern der Aktionär vielmehr auf Geldansprüche angewiesen ist (6 Ob 36/06x), ändert allerdings an seiner mangelnden Rekurslegitimation im Firmenbuchverfahren nichts.