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OGH vom 16.08.2007, 3Ob85/07g

OGH vom 16.08.2007, 3Ob85/07g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei H***** AG (vormals E***** AG), ***** vertreten durch Schreiner Lackner & Partner, Rechtsanwälte in Eisenstadt, wider die verpflichteten Parteien 1.) Dr. Karl F. Engelhart, Rechtsanwalt, Wien 3, Esteplatz 4, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dipl. Ing. Werner B*****, und 2.) Rudolfine B*****, vertreten durch Dr. Wolfgang A. Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 72.670 EUR s.A., infolge „Revisionsrekurses" der betreibenden Partei und Rekurses der erstverpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 46 R 881/06h, 882/06f-99, womit u.a. infolge Rekurses der beiden Ersteher Mikhail M***** und Rouslana M*****, der Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts Liesing vom , GZ 9 E 24/03k-89, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Rechtsmitteln wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er zu lauten hat: „Der Rekurs der beiden Ersteher gegen die Erteilung des Zuschlags der Liegenschaft Grundbuch ***** wird zurückgewiesen."

Die beiden Ersteher sind schuldig, der betreibenden Partei die mit 2.038,21 EUR (darin 339,70 EUR USt) und dem Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der erstverpflichteten Partei die mit 1.852,92 EUR (darin 308,82 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Eine je im Hälfteeigentum der beiden Verpflichteten stehende Liegenschaft samt Einfamilienhaus wurde je zur Hälfte den beiden Erstehern um das Meistbot von 440.000 EUR zugeschlagen. Gegenstand der Rechtsmittel ist nur der zweitinstanzliche Beschlussteil, womit dem Protokollarrekurs der beiden Ersteher gegen die Zuschlagserteilung Folge gegeben, der Zuschlagsbeschluss aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Versteigerung der Liegenschaft nach Erlassung eines gesetzmäßigen Versteigerungsedikts aufgetragen wurde.

Auf dem Hälfteanteil der 2. Verpflichteten ist zu C-LNR 1 zugunsten des seit Konkurseröffnung über sein Vermögen (am ) durch den Masseverwalter vertretenen 1. Verpflichteten ein Fruchtgenussrecht sowie unter C-LNR 2 und 3 wechselseitig auf beiden Anteilen ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt. Im Rang C-LNR 4 folgt ein Pfandrecht zugunsten der betreibenden Partei, zu dem die Einleitung des Versteigerungsverfahrens angemerkt ist. Der Sachverständige hatte in seinem Schätzungsgutachten ON 14 bei Bewertung der Liegenschaft das Fruchtgenussrecht mit 103.000 EUR und ihren Verkehrswert wie folgt bewertet: Ohne Fruchtgenussrecht 406.000 EUR und mit Fruchtgenussrecht 303.000 EUR. Der Verkehrswert des Hälfteanteils des 1. Verpflichteten ist mit 183.000 EUR angegeben, jener der 2. Verpflichteten mit 80.000 EUR (unter Berücksichtigung des Fruchtgenussrechts). Ein Antrag nach § 146 Abs 1 Z 4 EO, das Gericht möge festlegen, dass der Ersteher das Fruchtgenussrecht nicht zu übernehmen habe, lag nicht vor. Dennoch ist im Versteigerungsedikt vom der Schätzwert mit 406.000 EUR angeführt und eine Bezeichnung der Lasten, welche der Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot übernehmen muss, nicht enthalten, ebenso wenig Festlegungen nach § 146 Abs 1 EO über eine Änderung der Versteigerungsbedingungen. Im Feld „Beschreibung (WE)" enthält das Versteigerungsedikt ON 80 und ON 84 (wie schon das vorhergehende Versteigerungsedikt ON 57) folgenden Hinweis: ... Das Fruchtgenussrecht (C-LNR 1) und die Belastungs- und Veräußerungsverbote (C-LNR 2 und 3) bleiben unberücksichtigt, weil der Fruchtgenussberechtigte selbst die verpflichtete Partei ist und weil beide Verbotsberechtigten verpflichtete Parteien sind. Eine Ausfertigung des Versteigerungsedikts wurde u.a. dem Masseverwalter zugestellt, der keinen Rekurs erhob. Beim Versteigerungstermin waren der Masseverwalter und ein Vertreter der betreibenden Partei anwesend. Niemand erhob gegen die Erteilung des Zuschlags Widerspruch. In der Folge gaben die beiden Ersteher einen Rekurs gegen die Zuschlagserteilung zu Protokoll, und zwar „für den Fall, dass sie durch die Zuschlagserteilung keine unbelastete Liegenschaft erworben haben, sondern das bücherlich in C-LNR 1 angemerkte Fruchtgenussrecht übernehmen müssen." Dazu brachten sie vor, in der Versteigerungstagsatzung nochmals nachgefragt zu haben, ob sie im Fall der Zuschlagserteilung den Fruchtnießer im Haus wohnen lassen müssten. Unter Hinweis auf das Versteigerungsedikt sei dies (von der Exekutionsrichterin) verneint und ihnen erklärt worden, das Fruchtgenussrecht werde nach der Meistbotserteilung gelöscht, sodass sie im Fall der Zuschlagserteilung eine unbelastete Liegenschaft übernehmen könnten. Nur unter dieser Voraussetzung hätten sie ihr Angebot abgegeben. Erst nach der Versteigerung hätten sie von dritter Seite erfahren, dass sie von Gesetzes wegen das erstrangige Fruchtgenussrecht zu übernehmen und deshalb den 1. Verpflichteten im Hause dulden müssten. Sollte das Fruchtgenussrecht tatsächlich nicht zu löschen sein, werde die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin beantragt, dass die Erteilung des Zuschlags verweigert werde. In eventu werde die Zuschlagserteilung wegen Irrtums angefochten. Das Rekursgericht gab, wie bereits dargestellt, dem Rekurs der beiden Ersteher Folge, hob den Beschluss über die Zuschlagserteilung auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Versteigerung der Liegenschaft nach Erlassung eines gesetzmäßigen Versteigerungsedikts auf. Der Protokollarrekurs der Ersteher sei nicht als bedingtes - und deshalb unzulässiges - Rechtsmittel aufzufassen, gingen doch die Ersteher erkennbar von einer für sie nachteiligen Zuschlagserteilung aus. Das Fruchtgenussrecht wäre ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen gewesen, weil ihm der Vorrang vor dem Befriedigungsrecht des betreibenden Gläubigers oder einem eingetragenen Pfandrecht zukomme.

Gemäß § 150 Abs 1 EO seien Dienstbarkeiten, Ausgedinge und andere Reallasten, denen der Vorrang vor dem Befriedigungsrecht eines betreibenden Gläubigers oder einem eingetragenen Pfandrecht zukomme, vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen. Nach § 170 Z 8 EO seien im Versteigerungsedikt die Dienstbarkeiten und andere, nicht zu den Hypotheken gehörende Lasten, welche der Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot übernehmen müsse, zu bezeichnen. Das Fruchtgenussrecht C-LNR 1 sei eine solche ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmende Dienstbarkeit. Dass Fruchtnießer der 1. Verpflichtete sei, führe nicht automatisch zum Erlöschen seines Dienstbarkeitsrechts an der anderen Liegenschaftshälfte. Ein Ersteher könne deshalb auch nicht gemäß § 237 Abs 3 EO die Löschung als nicht übernommene Last beantragen. Vielmehr könne der Umfang und das Weiterbestehen dieses Fruchtgenussrechts nur im streitigen Rechtsweg zwischen Ersteher und Fruchtnießer geklärt werden. Das Fruchtgenussrecht C-LNR 1 wäre im Versteigerungsedikt ausdrücklich als Last, welche der Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot übernehmen müsse, ebenso anzuführen gewesen wie der geringere Schätzwert mit Berücksichtigung dieses Fruchtgenussrechts. Auf Grund des vom Erstgericht erlassenen Edikts hätten Bieter tatsächlich glauben können, dass das Fruchtgenussrecht vom Ersteher nicht zu übernehmen sei und der Ersteher unbelastetes Eigentum erwerben würde. Dagegen finde sich in der schriftlichen Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses ON 89 ausdrücklich die Formulierung, dass die Liegenschaft auf Grund der Versteigerungsbedingungen je zur Hälfte um das Meistbot zugeschlagen werde. Seit der EO-Novelle 2000 würden Versteigerungsbedingungen nicht mehr von der betreibenden Partei vorgelegt, an ihre Stelle seien gesetzliche Versteigerungsbedingungen getreten, die sich aus § 147 (Vadium), § 150 (Übernahme von Lasten) ... ergeben. Änderungen der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen seien nur in den in § 146 Abs 1 Z 1 bis 5 EO taxativ aufgezählten Fällen möglich, aber im vorliegenden Fall nicht beantragt. Daher sei den beiden Erstehern der Zuschlag auch unter der Bedingung des § 150 Abs 1 EO, wonach sie das erstrangige Fruchtgenussrecht auf dem Hälfteanteil B-LNR 3 ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen haben, erteilt worden. Dies sei aber nicht Inhalt des Versteigerungsedikts. Darin liege sowohl eine Aktenwidrigkeit iSd § 187 Abs 1 EO als auch eine Zuschlagserteilung unter anderen Bedingungen iSd § 187 Abs 2 EO, was die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nach sich ziehe. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht unter Beachtung der Bestimmungen der §§ 150 Abs 1, 170 EO eine neuerliche Versteigerung durchzuführen haben.

Die zweite Instanz sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Soweit ersichtlich, fehle Rsp des Höchstgerichts zur Frage, ob ein erstrangiges Fruchtgenussrecht zugunsten eines Verpflichteten auf der Liegenschaftshälfte des anderen Verpflichteten bei Versteigerung der gesamten Liegenschaft vom Ersteher - auch bei Nichtbezeichnung im Versteigerungsedikt - gemäß § 150 Abs 1 EO zu übernehmen sei.

Die Rekurse der betreibenden Partei und des 1. Verpflichteten sind zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zum Fruchtgenussrecht des 1. Verpflichteten und zur Versteigerung einer mit einem solchen Recht belasteten Liegenschaft: Gegenstand eines Fruchtgenussrechts kann nach stRsp auch ein ideeller Liegenschaftsanteil sein (3 Ob 318/01p = SZ 2002/55 u.a.; RIS-Justiz RS0011833). Wird ein mit einem Fruchtgenussrecht belasteter Liegenschaftsanteil versteigert und kommt dem Fruchtgenussrecht - wie hier - der Vorrang vor dem Befriedigungsrecht des betreibenden Gläubigers oder einem eingetragenen Pfandrecht zu, ist es gemäß § 150 Abs 1 EO vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen. Denn im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeiten, Ausgedinge und andere Reallasten sind ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen, wenn sie allen einverleibten Pfandrechten - wie hier - im Rang vorangehen

(stRsp, 3 Ob 102/84 = SZ 57/178 = JBl 1986, 122 [zust Hoyer], 3 Ob

81/92 = SZ 65/161; 3 Ob 318/01p u.a.; RIS-Justiz RS0002872,

RS0116368; ebenso die überwiegende Lehre, zuletzt Angst in Angst, EO, § 150 Rz 4 mwN auch zu gegenteiligen Lehrmeinungen; vgl. dazu auch Neumayr in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 150 Rz 6, 8 und 22 mwN).

b) Zu den hier maßgeblichen Versteigerungsbedingungen: Nach dem Konzept der Neuregelung der EO mit der EO-Novelle 2000 sind nunmehr (abweichend von der früheren Rechtslage, welche die Vorlage von Versteigerungsbedingungen durch die betreibenden Gläubiger vorsah) der Zwangsversteigerung ohne weiteres die gesetzliche Versteigerungsbedingungen des § 170 EO zugrunde zu legen, wenn nicht eine der in § 146 Abs 1 Z 1 bis 5 EO genannten Änderungen bewilligt oder angeordnet werden (Angst aaO § 146 Rz 2; Neumayr aaO § 146 Rz 2 unter Berufung auf die EB zur RV, 93 BlgNR 21. GP, 36). Bei Zustimmung des Berechtigten besteht u.a. gemäß § 146 Abs 1 Z 4 EO die Möglichkeit, festzulegen, dass das (erstrangige) Fruchtgenussrecht vom Ersteher nicht oder nur unter Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen ist. Es handelt sich um eine der in § 146 Abs 1 Z 1 bis 5 EO aufgezählten möglichen Änderungen der Normativbedingungen. Voraussetzung für die Festlegung einer Änderung der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen nach § 146 Abs 1 Z 4 EO sind allerdings 1. ein entsprechender Antrag (§ 146 Abs 1 EO), 2. die Einvernahme der Parteien des Exekutionsverfahrens sowie 3. die Zustimmung des Buchberechtigten (§ 146 Abs 1 Z 4 letzter Satz EO). Dann muss ein gesonderter Beschluss ergehen, der an die zur Änderung einzuvernehmenden Personen zuzustellen ist, denen ein Rekursrecht dagegen zusteht (Angst aaO § 146 Rz 6). Der Beschluss kann - wie sich aus § 179 Z 8 und 9 EO ergibt - auch in das Versteigerungsedikt aufgenommen werden und ist mit diesem zuzustellen (Angst aaO § 146 Rz 11). Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor.

Das Zustimmungsrecht des Fruchtnießers lag hier infolge Konkurseröffnung über sein Vermögen bereits beim Masseverwalter über sein Vermögen. Gemäß § 1 Abs 1 erster Satz KO wird durch Eröffnung des Konkurses das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen. Da der Abschluss des notariellen Übergabsvertrags, auf Grund dessen das Fruchtgenussrecht zugunsten des 1. Verpflichteten einverleibt wurde, nach dem Rekursvorbringen des Masseverwalters und nach dem Akteninhalt zeitlich vor Konkurseröffnung lag und Fruchtgenussrechte als „andere Vermögensrechte" gemäß den §§ 331 f EO in Exekution gezogen werden können (3 Ob 240/99m = EvBl 2000/45 mwN), fallen die dem 1. Verpflichteten durch das Fruchtgenussrecht eingeräumten Ansprüche in die Konkursmasse. Dass dem 1. Verpflichteten die aus dem Fruchtgenussrecht resultierenden Nutzungsrechte iSd § 5 Abs 4 KO überlassen worden wären, ist nicht aktenkundig.

Verfügungsberechtigter über das Fruchtgenussrecht war ab Konkurseröffnung der Masseverwalter.

Da hier alle der in § 146 EO genannten Voraussetzungen fehlten, wäre das erstrangige Fruchtgenussrecht des 1. Verpflichteten an der Liegenschaftshälfte der 2. Verpflichteten gemäß § 150 Abs 1 EO von den beiden Erstehern an sich ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen gewesen.

c) Zu den Rechtsfolgen des unangefochtenen (berichtigten), aber nicht nach § 146 EO geänderten Versteigerungsedikts, das entgegen § 150 Abs 1 erster Satz, § 170 Z 8 EO aussprach, das Recht eines bücherlich erstrangigen Fruchtnießers bleibe unberücksichtigt, weil dieser selbst Verpflichteter ist ...", was nur bedeuten kann, der Ersteher müsse das Fruchtgenussrecht nicht übernehmen, ergibt sich Folgendes:

Dass gegen den Beschluss, durch den eine Entscheidung über die Änderung der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen nach § 146 Abs 1 EO getroffenen wird, der Rekurs zulässig ist, ergibt sich aus § 169 Abs 3 und 4 EO. Gleiches muss gelten, wenn vom Exekutionsrichter eine solche Änderung abgelehnt wird (Mini, Die neue Zwangsversteigerung von Liegenschaften, 110). Die Frage ist, was zu gelten hat, wenn die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen nicht in einem Verfahren nach § 146 EO, sondern ohne solches Verfahren - wie hier - geändert werden. Wenn auch das Versteigerungsedikt an sich als bloß öffentliche Bekanntmachung von Umständen, die sich aus anderen Grundlagen ergeben, nicht anfechtbar ist, sind in ihm aber auch Teile enthalten, in denen das Exekutionsgericht erstmals etwas festlegt und die daher zwar nicht die Form, aber den Inhalt eines Beschlusses haben. Gegen diese als Beschluss zu wertenden Teile des Versteigerungsedikts ist gemäß § 65 Abs 1 EO der Rekurs zulässig (3 Ob 208/03i [im Fall einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Unterlassung der Aufforderung zur Geltendmachung von Einwendungen gegen den Schätzwert gemäß § 144 EO]; 3 Ob 291/05y; RIS-Justiz RS0118675; vgl. dazu auch Angst aaO § 170 Rz 11 mit verschiedenen Beispielen). Dass das Exekutionsgericht ein bücherliches erstrangiges Fruchtgenussrecht entgegen § 150 Abs 1 EO irrig als ein solches Recht ansieht, das „unberücksichtigt zu bleiben" hat, muss als Teil des Versteigerungsedikts angesehen werden, der der Rechtskraft fähig ist und demnach mit Rekurs angefochten werden kann, weil damit erstmals in die Rechte eines Beteiligten (in casu: Fruchtnießers) massiv eingegriffen wird. Einen solchen Rekurs hat der Masseverwalter - zum Vorteil der Masse (vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmende Lasten verringern im Allgemeinen das Meistbot [vgl. Angst aaO § 150 Rz 1 und § 143 Rz 3], wie auch jetzt im Rechtsmittel des Masseverwalters ON 102 vorgetragen wird) und zum Nachteil des verpflichteten Gemeinschuldners, für den eindeutig die Gesetzeslage sprach - ebenso wenig ergriffen wie andere Beteiligte. Damit wurden die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen des § 170 Z 8 EO durch das Versteigerungsedikt ohne Einhaltung der Formvorschriften des § 146 EO abgeändert und mangels Anfechtung jedenfalls im hier relevanten abändernden Teil, das Fruchtgenussrecht des 1. Verpflichteten sei nicht ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen, rechtskräftig. Der Gegenstand der Versteigerung wird durch den Inhalt der Versteigerungsbedingungen und des Versteigerungsedikts festgelegt (3 Ob 30/00h = SZ 73/42 u.a., zuletzt 3 Ob 141/05i = SZ 2005/107; RIS-Justiz RS0002851; Neumayr aaO § 146 Rz 2 mwN). Ihr Inhalt ist für den Umfang des Eigentumserwerbs des Erstehers maßgeblich. Denn nur die in den Versteigerungsbedingungen angeführten Lasten übernimmt ein Ersteher, nicht aber das belastete Eigentum des Verpflichteten (Angst aaO § 150 Rz 1 bis 3). Sind die Versteigerungsbedingungen bzw. die rechtskraftfähigen Teile des Versteigerungsedikts rechtskräftig, kommt es auch auf die Zustimmung des berechtigten Fruchtnießers - hier durch den Masseverwalters - nach § 146 Abs 1 Z 4 EO nicht mehr

an (vgl. 3 Ob 81-83/92 = SZ 65/161 zu § 47 Abs 3 der 3. TeilNov. ABGB

und 3 Ob 217/99d = SZ 73/85 zur Nachfolgebestimmung des § 150a EO).

Damit war im vorliegenden Fall die Erstrichterin an ihr - jedenfalls in Ansehung des hier relevanten Fruchtgenussrechts - zwar unrichtiges, aber rechtskräftiges Versteigerungsedikt gebunden.

d) Zum Rekursrecht der Ersteher gegen den Zuschlagsbeschluss aus dem Grund des § 187 Abs 1 EO: Gemäß § 187 Abs 1 EO idF der EO-Novelle 2000 ist zum Rekurs gegen die Erteilung des Zuschlags u.a. legitimiert, wer im Versteigerungstermin (persönlich oder durch einen bevollmächtigten Vertreter) anwesend und wegen Erhebung des Widerspruchs zu befragen war und wegen des als Rekursgrund geltend gemachten, in § 184 EO angeführten Mangels im Versteigerungstermin erfolglos Widerspruch erhob; diese Voraussetzung ist nicht allerdings erforderlich bei Geltendmachung von Aktenwidrigkeiten. Da die beiden Ersteher beim Versteigerungstermin anwesend waren, waren sie nur dann zum Rekurs gegen den Zuschlag legitimiert, wenn sie zu den Personen gehören, welche gemäß § 182 Abs 1 EO wegen Erhebung des Widerspruchs zu befragen waren und eine Aktenwidrigkeit nach § 187 Abs 1 zweiter Satz EO gelten machten (3 Ob 89/87 = JBl 1988, 122; RIS-Justiz RS0003206; Breinl/Zbiral in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 187 Rz 5). § 187 EO nennt zwei Fälle von Aktenwidrigkeiten als Rekursgründe (Breinl/Zbiral aaO § 187 Rz 12): Erster Fall ist, dass sich das Meistbot auf ein anderes Grundstück bezieht; davon kann hier keine Rede sein. Zweiter Fall ist, dass der Zuschlag mit dem Inhalt des Versteigerungsprotokolls oder anderer nach den Vorschriften der EO hierbei zu berücksichtigenden Akten nicht übereinstimmt.

Das Rekursgericht vertrat dazu zusammengefasst die Auffassung, dass auf Grund des Versteigerungsedikts ein Ersteher der Meinung sein konnte, entgegen § 150 Abs 1 EO das erstrangige Fruchtgenussrecht auf dem Hälfteanteil B-LNR 3 nicht übernehmen zu müssen, wogegen nach dem Zuschlagsbeschluss den beiden Erstehern die Liegenschaft je zur Hälfte auf Grund der (gemeint: gesetzlichen) Versteigerungsbedingungen zugeschlagen worden sei. Darin liegt jedoch entgegen der Ansicht der zweiten Instanz kein Widerspruch zwischen dem Versteigerungsedikt (keine Übernahme des Fruchtgenussrechts) und den Versteigerungsbedingungen. Denn die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen nach § 170 EO sind kein Aktenbestandteil, sondern Gesetzesinhalt und die gesetzliche Übernahme des Fruchtgenussrechts ohne Anrechnung auf das Meistbot zufolge § 170 Z 8 EO wurde ja insoweit durch das rechtskräftige Versteigerungsedikt abgeändert, wenngleich unbestritten nicht in der in § 146 EO vorgesehenen Form. Damit lag ein zulässiges Rechtsmittel der beiden Ersteher nicht vor.

e) Zum Rekursrecht der Ersteher gegen den Zuschlagsbeschluss aus dem Grund des § 187 Abs 2 EO: Auch das Rekursrecht der im Beschluss als Ersteher bezeichneten Person hängt nicht von der Erhebung eines Widerspruchs ab, soweit geltend gemacht wird, dass der Zuschlag nicht oder zu anderen Bedingungen zu erteilen gewesen wäre, also etwa, dass die in der Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses gemäß § 183 Abs 2 EO angegebenen Bedingungen zu ihrem Nachteil von den Versteigerungsbedingungen (oder vom Versteigerungsedikt; dies vor allem bezüglich der zu übernehmenden Lasten) abweichen (Angst aaO § 187 Rz 3). Im vorliegenden Fall liegt ein solcher Nachteil nicht vor, weil das Erstgericht dem Ersteher ja gerade nicht die Übernahme des Fruchtgenussrechts ohne Anrechnung auf das Meistbot auferlegen wollte und auch nicht auferlegt hat, wie oben dargestellt wurde. Insoweit fehlt den beiden Erstehern die Beschwer (vgl. dazu Angst aaO § 187 Rz 6).

Demnach ist den Rechtsmitteln Folge zu geben und die zweitinstanzliche Entscheidung dahin abzuändern, dass der Rekurs der beiden Ersteher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 187 Abs 1 und 2 EO zurückgewiesen wird.

Auch auf die Frage, ob die zweite Instanz dem Erstgericht die Erlassung eines neuen Versteigerungsedikts ungeachtet von dessen Rechtskraft auftragen konnte, muss nicht mehr eingegangen werden. Der Kostenzuspruch an die Rechtsmittelwerber beruht auf § 78 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Das Rechtsmittelverfahren im Exekutionsverfahren ist von Rekursen nach § 84 Abs 1, § 402 Abs 1 EO abgesehen nach wie vor einseitig, soweit nicht ausnahmsweise die Anhörung des Gegners geboten erscheint (3 Ob 162/03z, 163/03x = SZ 2004/26 u.v.a.; RIS-Justiz RS0118686), was hier nicht der Fall ist. Die Revisionsrekursbeantwortung der 2. Verpflichteten kann daher - als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig - nicht honoriert werden.