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OGH vom 15.04.1993, 6Ob8/93

OGH vom 15.04.1993, 6Ob8/93

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Firmenbuchsache der F*****gesellschaft mbH mit dem Sitz in R***** infolge Revisionsrekurses des Gesellschafters Roland G*****, *****, vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 6 R 11/93-45, womit der Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom , GZ HRB 2577a-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rechtsmittelwerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu zahlen.

Text

Begründung:

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Eisenstadt ist seit die F*****gesellschaft mbH mit dem Sitz in R*****eingetragen. Am Stammkapital sind nach der Liste der Gesellschafter vom die F*****gesellschaft mbH F*****mit einer übernommenen Stammeinlage von S 350.000 und Roland G*****mit einer übernommenen Stammeinlage von S 150.000 beteiligt.

Mit Gesellschafterbeschluß vom wurde Hermann F*****als Geschäftsführer der Gesellschaft abberufen und Roland G*****zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt.

Mit einem an das Landesgericht Eisenstadt gerichteten Schreiben vom erklärte Roland G*****, mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer zurückzutreten und beantragte seine Löschung im Firmenbuch.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Löschung des Geschäftsführers mit der Begründung ab, die Löschung eines Geschäftsführers im Firmenbuch könne nur über Antrag eines aktiven Geschäftsführers erfolgen.

Roland G*****beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom die Bestellung eines Notgeschäftsführers gemäß § 15a GmbHG zum Zwecke der Zustellung einer Klage gegen die Gesellschaft, mit welcher diese verhalten werden solle, im Firmenbuch des Landesgerichtes Eisenstadt die Löschung des Klägers als Geschäftsführer anzumelden.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, das Firmenbuchgericht könne nicht im Umweg über die Antragstellung gemäß § 15a GmbHG zu dem Zweck angegangen werden, in die alleine den Gesellschaftsorganen vorbehaltene Willensbildung einzugreifen. Die Bestimmung des § 15a GmbHG sei nicht dazu geschaffen worden, den Gesellschaftern einer GmbH die diesen gemäß § 15 GmbHG obliegende Verpflichtung zur Bestellung von Geschäftsführern abzunehmen. Der derzeitige Vertretungsmangel könne durch die Gesellschafter jederzeit behoben werden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Roland G*****keine Folge. Dem Rekurswerber komme als Gesellschafter Beteiligtenstellung in einem Verfahren gemäß § 15a GmbHG zu. Das Firmenbuchgericht sei aber nur in dringenden Fällen zur Bestellung eines Notgeschäftsführers berufen. Einem Gesellschafter könne das Antragsrecht so lange nicht eingeräumt werden, als er nicht versucht habe, die Bestellung von Geschäftsführern auf dem ordnungsgemäßen Weg, also durch die Generalversammlung, zu erreichen, es sei denn, daß ihm nicht einmal die Minderheitsrechte nach § 37 GmbHG zustünden oder er sonst bescheinigte, daß infolge des mit der Einberufungsprozedur verbundenen Zeitaufwandes und der besonderen Dringlichkeit der anstehenden Geschäfte damit nicht mehr rechtzeitig Abhilfe geschaffen werden könnte. Die Bestimmung des § 15a GmbHG sei nicht dazu geschaffen worden, den im GmbHG vorgesehenen Weg der Geschäftsführerbestellung durch Gesellschafterbeschluß zu umgehen. Dem entgegenstehende Hindernisse seien nicht aufgezeigt worden. Anhaltspunkte dafür, daß der zweite Gesellschafter - nach Einberufung einer Generalversammlung gemäß § 37 Abs 1 und 2 GmbHG durch den Rekurswerber - die Bestellung eines dem Antragsteller zumutbaren Geschäftsführers zu verhindern beabsichtige, lägen nicht vor.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des OGH zu der Frage fehle, inwieweit ein Gesellschafter zunächst selbst versuchen müsse, bei Fehlen eines Geschäftsführers Abhilfe durch die Gesellschafterversammlung herbeizuführen, bevor die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers gemäß § 15a GmbHG gerechtfertigt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber hat vorgebracht, seine Geschäftsführerbefugnis zurückgelegt zu haben und die Kopie eines Klagsentwurfes mit dem Urteilsbegehren vorgelegt, die beklagte Gesellschaft (im Hinblick auf die erklärte Zurücklegung der Geschäftsführerbefugnis) zu verpflichten, die Löschung des Klägers als Geschäftsführer der GesmbH im Firmenbuch des Landesgerichtes Eisenstadt anzumelden.

In der Entscheidung SZ 58/181 = JBl 1986, 242 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß auch der einzige Geschäftsführer einer GmbH seine Funktion jederzeit zurücklegen kann. Setzt die GmbH nach dem Ausscheiden ihres einzigen Geschäftsführers keine Schritte zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers und zur Durchführung der Löschung des ausgeschiedenen Geschäftsführers im Handelsregister (Firmenbuch), so hat dieser das Recht, zur Durchführung seiner Löschung im Handelsregister (nunmehr Firmenbuch) die Bestellung eines Notgeschäftsführers gemäß § 15a GmbHG zu beantragen. Nach dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte das Erstgericht auf Grund des Antrages der ausgeschiedenen Geschäftsführerin, die nicht auch Gesellschafterin der GmbH war, die Gesellschafter mit Beschluß bei sonstiger Verhängung einer Ordnungsstrafe aufgefordert, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen und für dessen Anmeldung und für die Löschung der ausgeschiedenen Geschäftsführerin Sorge zu tragen, sowie nach einer Auskunft der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, daß die Gesellschaft keinerlei Tätigkeit mehr ausübe, auch das Verfahren zur amtswegigen Löschung wegen Vermögenslosigkeit eingeleitet, welche in der Folge allerdings an einem Widerspruch des Finanzamtes scheiterte.

Im vorliegenden Fall ist der ausgeschiedene Geschäftsführer zugleich auch Gesellschafter der GmbH, dem auf Grund seines Geschäftsanteiles jedenfalls die Minderheitenrechte nach § 37 GmbHG zustehen. Die Bestellung eines Notgeschäftsführers durch das Firmenbuchgericht nach § 15a GmbHG stellt einen einschneidenden Eingriff in die Willensbildung der Gesellschaftsorgane dar und wird daher vom Gesetzgeber auf dringende Fälle beschränkt. Dies kann nur so verstanden werden, daß die Notbestellung durch das Gericht erst letztes und äußerstes Mittel sein soll und die Beteiligten zunächst zu versuchen haben, die Vertretung der GmbH durch Anwendung der übrigen zur Verfügung stehenden Vorschriften zu erreichen. Die Voraussetzungen für die gerichtliche Bestellung müssen daher eng ausgelegt werden und sind nur dann gegeben, wenn glaubhaft gemacht wird, daß ohne unverzügliche Abhilfe erhebliche Nachteile für die Gesellschaft, ihre Gesellschafter oder für Dritte drohen (Kostner-Umfahrer, GmbH4 Rz 196; Wünsch, Der Notgeschäftsführer iSd § 15a GmbHG in GesRZ 1985, 157; Schiemer 2.2 zu § 76 AktienG, dem § 15a GmbhG nachgebildet ist). Ein dringender Fall ist daher dann nicht anzunehmen, wenn die Gesellschaftsorgane in der Lage sind, den Mangel in angemessener Frist zu beseitigen (vgl auch Schneider in Scholz dGmbHG8 Rz 40 und 41 zu § 6 und EvBl 1986/39). Der erkennende Senat teilt daher die Ansicht des Rekursgerichtes, daß ein ausgetretener Geschäftsführer, der auch Gesellschafter ist, zunächst durch die ihm zustehenden und zumutbaren gesellschaftsrechtlichen Mittel eine Behebung des Mangels versuchen muß, zumindest aber unter Anlegung eines strengen Maßstabes die Aussichtslosigkeit solcher Schritte und die Dringlichkeit im Einzelfall zu bescheinigen hat. Hiezu aber hat der Rechtsmittelwerber, der nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer immerhin noch weiter Gesellschafter ist und auf dem Standpunkt steht, es sei unmaßgeblich, aus welchem Grund Geschäftsführer fehlen und ob Anstrengungen zur Neubestellung eines Geschäftsführers unternommen worden seien, keinerlei Vorbringen erstattet. Er hat keine Bescheinigungsmittel angeboten, welche Hindernisse einer ordnungsgemäßen Bestellung eines neuen Geschäftsführers entgegenstehen und auch eine besondere Dringlichkeit nicht aufgezeigt.

Die Vorinstanzen haben den Antrag des ausgeschiedenen Geschäftsführers der GesmbH, einen Notgeschäftsführer für diese zu bestellen, zu Recht abgewiesen. Sie haben auch zutreffend ausgeführt, daß in einem außerstreitigen Verfahren außer den im Gesetz besonders genannten Fällen ein Kostenersatz grundsätzlich nicht stattfindet.