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OGH vom 11.05.2012, 4Ob85/12x

OGH vom 11.05.2012, 4Ob85/12x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****, vertreten durch Georg S. Mayer Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Ö*****, vertreten durch Sundström Partner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung, Zahlung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 61.880 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 2 R 251/11p 14, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß

§ 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens kann im Revisionsrekurs nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043919, RS0042963 [T4, T 49]). Das gilt zwar nicht, wenn das Gericht zweiter Instanz einen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens aufgrund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht wahrgenommen hat (RIS-Justiz RS0043051). Die in diesem Sinn ergangenen Entscheidungen beziehen sich allerdings nicht auf den Fall, dass das Berufungsgericht einen primären Verfahrensmangel nach ausdrücklicher Prüfung verneint hat, unterläge doch sonst jede zweitinstanzliche Entscheidung über eine Mängelrüge der Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof (6 Ob 194/05f; RIS-Justiz RS0043051 [T4]). Gegenstand dieser Entscheidungen war vielmehr regelmäßig die Verneinung der Mangelhaftigkeit wegen rechtlicher Unerheblichkeit der davon betroffenen Feststellung. Eine „unhaltbare rechtliche Begründung“, die allenfalls auch sonst das Geltendmachen eines in zweiter Instanz verneinten Mangels ermöglichen könnte ( Zechner in Fasching / Konecny 2 , § 503 ZPO Rz 35 mwN), liegt jedenfalls nur dann vor, wenn bei der Beurteilung der strittigen Frage jeder Beurteilungsspielraum fehlt (1 Ob 159/07z). Das trifft hier schon deshalb nicht zu, weil die Beklagte in erster Instanz ohnehin Gelegenheit hatte, zu den Aussagen des Geschäftsführers der Klägerin Stellung zu nehmen und erforderlichenfalls dessen neuerliche Einvernahme zu bestimmten Fragen zu beantragen. Wenn das Rekursgericht unter diesen Umständen annimmt, dass das rechtliche Gehör des Beklagten (vgl EGMR, Nr 17056/06, Micallef gegen Malta; RS0028350 [T6, T 8]) gewahrt war, ist das keinesfalls unhaltbar (RIS-Justiz RS0005915, RS0074920 [insb T 23]). Eine Erweiterung der Anfechtungsmöglichkeiten im Fall einer die Nichtigkeit oder die Mangelhaftigkeit des Verfahrens ablehnenden Rekursentscheidung ist aus der geänderten Rechtsprechung des EGMR nicht abzuleiten (2 Ob 140/10t, 1 Ob 156/10p, 1 Ob 157/10k).

2. Das Übertragen des Eigentums an einzelnen Werkstücken führt nach § 16 Abs 3 UrhG nur zur Erschöpfung des insofern bestehenden Verbreitungsrechts, nicht zum Erlöschen anderer Verwertungsrechte (4 Ob 23/88 = ÖBl 1989, 118 Gloria; 4 Ob 47/06z = ÖBl 2007, 37 [ Fallenböck ] = MR 2007, 28 [ Walter ] Werbefoto). Zudem ist dem bescheinigten Sachverhalt nicht zu entnehmen, dass die Klägerin dem Beklagten das Eigentum oder ein dauerhaftes Nutzungsrecht (4 Ob 30/00s = ÖBl 2001, 141 Handwerkerpaket; vgl auch die Schlussanträge von GA Bot in der Rs C 128/11, Bierbach/Oracle International ) an bestimmten Werkstücken übertragen hätte. Vielmehr haben die Vorinstanzen in jedenfalls vertretbarer Auslegung des zwischen den Parteien bestehenden Vertrags eine auf dessen Laufzeit beschränkte Rechteeinräumung angenommen. Der Wortlaut der maßgebenden Vertragsklausel ist insofern eindeutig („... für die Dauer der Rahmenvereinbarung ...“); dass die Klausel in einem anderen Punkt der aber jedenfalls nicht die Rechte des Beklagen betrifft möglicherweise missverständlich ist, fällt nach § 915 ABGB dem Beklagten als Vertragsverfasser zur Last.