OGH vom 19.04.2004, 5Ob72/04f

OGH vom 19.04.2004, 5Ob72/04f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Vivijana O*****, vertreten durch Günter Schneider, Mieter-Interessens-Gemeinschaft Österreichs, Antonsplatz 22, 1100 Wien, gegen die Antragsgegnerin Brigitte H*****, vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Rechtsanwältin in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 41 R 31/03t, 41 R 32/03i-14, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom , GZ 4 Msch 42/01a-7, und der Ergänzungssachbeschluss vom , GZ 4 Msch 42/01a-9, bestätigt wurden, den

Beschluss und Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird hinsichtlich des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses auf Grund des Mietvertrages vom sowie des Überschreitungszeitraumes März 2000 bis März 2001 Folge gegeben. Die Rechtssache wird insoweit unter Aufhebung der vorinstanzlichen Sachbeschlüsse an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Im Übrigen (gesetzlich zulässiger Hauptmietzins auf Grund des Mietvertrages vom bzw Überschreitungszeitraum März 1997 bis Februar 2000) wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht stellte mit Sachbeschluss fest, die Antragsgegnerin habe gegenüber der Antragstellerin durch Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von EUR 210,75 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß betreffend die Wohnung *****, überschritten, und zwar in der Zeit von März 1997 bis Februar 2000 um monatlich EUR 141,17 sowie in der Zeit von März 2000 bis einschließlich März 2001 um monatlich EUR 131,23. Diese Entscheidung wurde mit Sachbeschluss vom ergänzt durch die Feststellung, dass die Wohnung in die Ausstattungskategorie C einzuordnen sei, sowie durch die Feststellung, dass die zwischen den Parteien getroffene Mietzinsvereinbarung in jenem Ausmaß das gesetzlich zulässige Ausmaß überschritten habe und daher unwirksam sei, als im Mietvertrag vom der Betrag von EUR 69,58 und im Mietvertrag vom der Betrag von EUR 79,53 überschritten werde. Beiden Entscheidungen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Vertrag vom mietete die Antragstellerin die Wohnung top Nr 7 im Haus *****, das im Alleineigentum der Antragsgegnerin steht, beginnend mit für drei Jahre. Als Nettomietzins wurden EUR 210,75 (S 2.900,--) vereinbart. Der monatliche Richtwertmietzins dieser Wohnung betrug zum Stichtag EUR 99,41 (S 1.367,88). Am schlossen die Parteien einen neuerlichen Mietvertrag über diese Wohnung, wobei als Mietdauer 5 Jahre ab und als Mietzins EUR 210,75 (S 2.900,--) vereinbart wurde. Es findet sich in beiden Verträgen keine Wertsicherungsklausel. Die Antragsgegnerin schrieb als Mietzins im Zeitraum März 1997 bis März 2001 EUR 210,75 (S 2.900,--) als monatlichen Mietzins vor.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zum Ergebnis, dass die Befristungen der aufeinander folgenden Mietverträge zwischen den Parteien einen Abschlag vom jeweils höchstzulässigen Hauptmietzins zur Folge haben müssten. Der Mietvertrag vom sei vor der Wohnrechtsnovelle 1997, die mit in Kraft getreten sei, geschlossen worden. Gemäß § 49b Abs 3 MRG idF der Novelle 1997 gelte § 16 Abs 7 MRG für Mietverhältnisse, die nach dem beginnen. Auch das gegenständliche Mietverhältnis habe am begonnen, sodass § 16 MRG (in der damals geltenden Fassung) darauf anzuwenden sei. Gemäß § 16 Abs 7 Z 1 MRG vermindere sich der höchstzulässige Hauptmietzins um 30 %, sofern die vereinbarte Vertragsdauer weniger als vier Jahre betrage. Der für die Dauer von drei Jahren abgeschlossene Mietvertrag vom habe daher einen 30-%igen Abschlag vom Richtwertmietzins zur Folge, woraus sich eine zulässige Vorschreibung von EUR 69,58 ergebe.

Der am zwischen den Parteien für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossene Mietvertrag über dasselbe Bestandobjekt stelle zwar eine Einheit mit dem zuvor abgeschlossenen Mietvertrag dar, weil es sich um gleiche Vertragsparteien und dasselbe Vertragsobjekt handle, im Hinblick auf die Frage eines Abschlages für eine Befristung sei jedoch dieser Vertrag für sich allein zu betrachten. § 16 Abs 7 Z 2 MRG idF der WRN 1997 sehe einen 20-%igen Abschlag vom höchstzulässigen Hauptmietzins für den Fall vor, dass die vereinbarte Vertragsdauer mindestens vier Jahre, aber weniger als sieben Jahre betrage. Die im Mietvertrag vom vorgesehene fünfjährige Befristung der Bestanddauer habe daher einen 20-%igen Abschlag vom Richtwertmietzins zur Folge. Der zulässige Hauptmietzins ab betrage EUR 79,53.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 10.000,-- übersteige und dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte im Wesentlichen folgendes aus:

Die Einführung eines "Befristungsabschlages" habe ein rechtspolitisches Ziel verfolgt: Der schon vor der Wohnrechtsnovelle 1997 geltende Grundsatz, wonach im Recht der Raummiete der unbefristete Mietvertrag der Regelfall sein sollte, sei durch die Einführung des § 16 Abs 7 MRG ausdrücklich hervorgehoben worden. Dem Vermieter solle ein finanzieller Anreiz zum Abschluss oder zum Wechsel zu unbefristeten Mietverträgen geboten werden. Je länger die Vertragsdauer, desto geringer werde der Mietzinsabschlag vom Gesetz vorgeschrieben. Die Antragsgegnerin, die sich zunächst nur auf drei Jahre und danach auf fünf Jahre habe binden wollen, könne für sich im Nachhinein nicht eine Zusammenrechnung der einzelnen Bestandzeiten in Anspruch nehmen. Durch den Abschluss zweier kurzer befristeter Mietverträge sei die Antragstellerin in eine für sie unsicherere rechtliche Position gedrängt worden, als wenn ihr von vornherein eine Vertragsdauer von acht Jahren eingeräumt worden wäre. Auch die in § 16 Abs 7 Z 1 - 3 MRG idF WRN 1997 gewählte Formulierung, wonach sich der Richtwertmietzins "jeweils" um einen bestimmten Prozentsatz vermindere, schließe eine Zusammenrechnung aufeinanderfolgender Befristungen für die Berechnung des Abschlages aus.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Frage, ob die Dauer einzelner befristeter, aufeinanderfolgender Mietverträge für die Berechnung des Abschlages in § 16 Abs 7 MRG idF WRN 1997 zusammenzurechnen sei, durch die oberstgerichtliche Rechtsprechung noch nicht behandelt worden sei.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass der Berechnung einer allfälligen Mietzinsüberschreitung von März 1997 bis März 2001 ein Hauptmietzins samt Abschlag von monatlich EUR 89,47 zugrundezulegen sei.

Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist im Sinne des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrages teilweise auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht im Wesentlichen geltend, es sei von einer Vertragsdauer von insgesamt 8 Jahren auszugehen, weshalb der Abschlag vom Richtwertmietzins nur 10 % ausmache. Sollten aber die Befristungen getrennt zu betrachten sein, wäre ab (Beginn des Mietvertrages vom ) der valorisierte Richtwert zugrundezulegen gewesen.

Hiezu wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob für die Höhe des Befristungsabschlages gemäß § 16 Abs 7 MRG in der vor der WRN 2000 geltenden Fassung der WRN 1997 im Falle einer Vertragsverlängerung eine Zusammenrechnung mit der bisherigen Vertragsdauer zu erfolgen hat.

Der erkennende Senat billigt die dies verneinende Rechtsansicht des Rekursgerichtes. Dafür spricht sowohl der Wortlaut des Gesetzes, der auf "die jeweils vereinbarte Vertragsdauer" abstellt, als auch der Zweck des Gesetzes, das für den Vermieter einen Anreiz, von vornherein möglichst langfristige Verträge abzuschließen, schaffen wollte. Es kommt also auf die Dauer der jeweiligen Verlängerung an (vgl Würth in Rummel II/53 § 16 MRG Rz 31). Eine Anrechnung von "Vorzeiten" hat nicht zu erfolgen (Schuster in Schwimann IV2 § 16 MRG Rz 52).

Die gesonderte Behandlung der einzelnen Vertragsperioden zieht es allerdings nach sich, dass es auch für die Höhe des zulässigen Richtwertmietzinses nicht auf frühere Perioden ankommt. Die Auffassung der Vorinstanzen, die beiden Verträge insoweit doch als Einheit anzusehen und für beide Vertragsperioden auf den Richtwertmietzins zum abzustellen, ist inkonsequent. Für den Mietvertrag vom bzw den Überprüfungszeitraum ab März 2000 muss der maßgebliche Richtwertmietzins noch ermittelt werden, weshalb die Rechtssache insoweit unter Aufhebung der vorinstanzlichen Sachbeschlüsse an das Erstgericht zurückzuverweisen war. Ob der vermisste Richtwertmietzins bereits auf Grund der verlautbarten Richtwertänderungen (vgl Würth aaO Rz 14e) iVm dem im Schlichtungsstellen-Akt erliegenden Gutachten der MA 40 (insbesondere über Zu- und Abschläge) einer neuerlichen Entscheidung zugrundegelegt werden kann oder ob es hierfür einer Verfahrensergänzung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.