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OGH vom 18.10.2017, 7Ob80/17s

OGH vom 18.10.2017, 7Ob80/17s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. P***** H*****, 2. S***** S*****, 3. Ing. G***** N*****, und 4. B***** K*****, alle vertreten durch Dr. Werner Poms, Rechtsanwalt in Wolfsberg, gegen die beklagte Partei u***** gmbH, *****, vertreten durch Hasch Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, wegen Beseitigung und Unterlassung, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 254/16w12, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems vom , GZ 1 C 238/16a8, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

 Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass es zu lauten hat:

I.: „Die beklagte Partei ist schuldig,

1.1.) binnen 14 Tagen die auf deren Homepage 'www.u*****.eu' sowie auf deren Smartphone-App 'u*****' veröffentlichte Mountainbiketour mit der Bezeichnung 'K*****' zu entfernen, und

1.2.) künftig jegliche Veröffentlichung der Mountainbiketour 'K*****' oder sonstiger, über die Liegenschaften EZ ***** Grundbuch ***** des Erstklägers, EZ ***** Grundbuch ***** des Zweitklägers, EZ ***** Grundbuch ***** des Drittklägers und EZ ***** Grundbuch ***** des Viertklägers führender Mountainbiketouren auf deren Homepage 'www.u*****.eu' sowie in deren Smartphone-App 'u*****' zu unterlassen.

2.) Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 3.082,25 EUR (darin 453,56 EUR USt und 360,92 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

II. Die beklagte Partei ist weiters schuldig, den klagenden Parteien die mit 3.008,09 EUR (darin enthalten 1.470 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Als „Domaininhaber (Registrant)“ der Internetdomain „u*****.eu“ schien bis (also jedenfalls bis nach Klagszustellung) die Beklagte auf. Auf dieser Homepage können von registrierten Homepage-Nutzern (insbesondere Mountainbikern) Mountainbiketouren hochgeladen und veröffentlicht werden. Diese Wegbeschreibungen können downgeloadet werden. Einsicht und Download sind auch über eine Smartphone-App, die wiederum über die Homepage bezogen werden kann, auf Mobilgeräten möglich. Auch im Impressum der Smartphone-App scheint die Beklagte auf.

Zusätzlich zu einem direkten über die Homepage möglichen Abruf der „Online-AGB's“ befindet sich am Ende einer derart eingesehenen Tour folgende Anmerkung in Kleindruck: „Die Autoren weisen besonders darauf hin, dass sämtliche Touren auf manchen Teilen einem Fahrverbot unterliegen können. Auf diesen Teilen ist das Rad bzw. Mountainbike zu schieben. Jegliche Haftung für den Autor als auch u***** ist ausgeschlossen. Siehe hiezu auch Online AGB's u*****.“

Wird über dieses Tourenportal eine konkrete Mountainbiketour downgeloadet, wird dieser Hinweis über ein Pop-up-Fenster nochmals zur Kenntnis gebracht, der bestätigt werden muss, um den Download durchführen zu können.

Die AGB lauten auszugsweise:

„1. Die Autoren des Internetportals 'u*****' versichern, dass sie Inhalt und Beschreibung dieser Touren

nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt haben – im Bewusstsein, dass diese Angaben dazu dienen, anderen das Befahren der betreffenden Strecken ebenfalls zu ermöglichen.

U***** behält sich vor, die Tourbeschreibung bei Bedarf zu ergänzen, wenn es für das Verständnis erforderlich ist, oder eine Übersetzung in andere Sprachen vorzunehmen. Auch behalten wir uns das Recht vor, Touren zu löschen, falls die Beschreibung nicht im Sinn von u***** ist.

[…]

3. […] Jede Haftung gegen Vereinsmitglieder oder den Verein sowie von diesem beauftragte Unternehmen ist ausgeschlossen.

4. Die Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass Wegabschnitte der in diesem Tourenführer beschriebenen Routen einem Fahrverbot unterliegen können oder nur für Fußgänger zugelassen sind. In diesem Fall muss das Bike geschoben werden und haften die Autoren weder für die Begehung von Ordnungswidrigkeiten in diesem Zusammenhang, noch für aus einer widerrechtlichen Benützung entstehende verwaltungs(straf)-, zivil- oder strafrechtliche Verfolgungen, Schadenersatzleistungen, Forderungen oder Regressansprüchen sowie für weitergehende daraus resultierende (direkte oder indirekte) Schäden oder Verluste.

Die Autoren haften somit bei diesen Routen auch nicht für eine wie immer geartete rechtliche Benützungsbewilligung.

[…]

Durch den Download der Tour oder sonstiger Daten erklärt sich der Benutzer mit den oben beschriebenen ONLINE-AGB's einverstanden.

[…]“

Die von Dritten auf das Tourenportal geladenen Mountainbiketouren können von der Beklagten sowohl geändert als auch gelöscht werden.

Am wurde von einem Dritten die Tour namens „K*****“ veröffentlicht. Sie hat eine Gesamtlänge von etwa 25,6 km und führt als Rundroute in ihrem zentralen Teil über etliche Kilometer über die an einander anschließenden Waldgrundstücke der Kläger. Sie wird als „leichte Rundtour gegen Uhrzeigersinn auf Forststraßen, 5 Min. Schieben“ beschrieben. Beim in der jeweils gewählten Fahrtrichtung ersten zu erreichenden Grundstück befindet sich jeweils eine Absperrung mit einem Fahrverbotsschild und dem zusätzlichen, ausdrücklichen Hinweis „Radfahren verboten“. Im höchstgelegenen Bereich, auf der Liegenschaft des Zweitklägers, geht der Weg „im dortigen Almbereich auf“. Die Tour wurde „zwischenzeitlich“ vom Geschäftsführer der Beklagten um ein Foto, das eine Fahrverbotstafel zeigt, ergänzt. Die Route wurde bis fünfmal downgeloadet (davon zweimal vom Geschäftsführer der Beklagten), die Anzahl der bloßen Einsichtnahmen konnte nicht festgestellt werden, ebenso wenig eine vermehrte Nutzung der Tour aufgrund der Veröffentlichung.

Im Bereich „Legal Biken“ der Homepage der Beklagten findet sich folgender Text:

„Wir wollen das freie Wegerecht auf Forststraßen und Wanderwegen!

Wir MountainbikerInnen haben in Österreich die Nase voll. Radfahren im Wald ist auch vierzig Jahre nach Erfindung des Geländerads verboten. Der Sport wird damit in die Illegalität gedrängt, bei der Ausübung unserer Freizeitaktivitäten fühlen wir uns nicht selten wie Kriminelle behandelt. Eine derart rückständige Situation wie hierzulande gibt es sonst in ganz Europa nicht.

u***** bemüht sich seit vier Jahren als Interessenvertretung für uns MountainbikerInnen die Situation zu verbessern. Leider stoßen wir dabei immer wieder auf verschiedenste Widerstände, die uns dazu bewogen haben, die Aktion 'legal biken – auch in Österreich' ins Leben zu rufen.

Wir BikerInnen sind Individualisten. Wir können jederzeit unser Gerät schnappen und loslegen. Wollen wir aber die endlich völlige Änderung der Gesetzeslage, so müssen wir gemeinsam handeln. Wir müssen unserem Anliegen gemeinsam Gehör verschaffen. Durch 'zivilen Ungehorsam' und verschiedene 'medienwirksame Aktionen' werden wir genügend BikerInnen hinter unserem gemeinsamen Anliegen versammeln. Dann wird eine 'parlamentarische Bürgerinitiative' erfolgreich sein!

Niemand empfindet ein Unrechtsbewusstsein, wenn er auf einer Forststraße oder einem Weg mit dem Fahrrad fährt. Unsere Forderung der Öffnung von eben diesen Forststraßen und Wegen für das Mountainbiken ist keine außergewöhnliche. Dies ist in unseren umliegenden Nachbarländern längst gelebte und gesetzliche Realität.

Hier kannst Du die 'Legal Biken auch in Österreich – MACH MIT'-Sticker ... gegen Transportkosten ordern und gleichzeitig auch eine Spende leisten. Du benötigst keine Sticker, möchtest unsere Arbeit einfach nur finanziell unterstützen, dann klicke diesen Link. Danke!“

Die Kläger brachten ihre Klage am ein. Sie stellten letztlich das im Spruch ersichtliche Begehren auf Grundlage ihres Eigentumsrechts sowie des § 16 ECG. Auf den Liegenschaften der Kläger sei das Fahren mit Mountainbikes und sonstigen Fahrzeugen ausdrücklich untersagt. Infolge der Veröffentlichung sei vermehrte Präsenz von Mountainbikern festgestellt worden. Die Beklagte sei
– erfolglos – zur Entfernung der Mountainbiketour von deren Homepage aufgefordert worden. Durch die Veröffentlichung werde in unzulässiger Weise in das Eigentumsrecht der Kläger eingegriffen bzw ein derartiger Eingriff durch dritte Personen provoziert, unterstützt und verursacht.

Die Beklagte, die im Revisionsverfahren ihre Passivlegitimation nicht mehr bestritt, beantragte die Klagsabweisung mit der Begründung, dass die Veröffentlichung nicht durch sie selbst, sondern durch dritte Nutzer des Tourenportals auf dieser Homepage erfolgt sei. Mit derart veröffentlichten GPSDaten werde nicht in fremde Rechte eingegriffen. Selbst eine allfällig dadurch bewirkte Beeinträchtigung von Eigentumsrechten Dritter liege nicht im Einfluss der Beklagten, worauf in den AGB auch ausdrücklich hingewiesen werde. Dieser Hinweis werde beim Betrachten der Homepage und im Falle eines Downloads automatisch angezeigt. Auch im Hinblick auf § 33 ForstG sei die Veröffentlichung der Tour „K*****“ rechtlich nicht zu beanstanden. Würden sich einzelne Mountainbiker trotz der genannten Hinweise in den AGB und trotz konkreter Fahrverbote, Beschilderungen und Absperrungen vor Ort dennoch entschließen, Gesetzesverletzungen zu begehen, sei dies der Beklagten nicht zurechenbar.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ausgehend von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 1 Ob 625/94 zu Wanderkarten sei ein beim die Tour nutzenden Mountainbiker erweckter rechtsirriger Eindruck, er dürfe trotz § 33 ForstG dort mit dem Mountainbike fahren, der Beklagten nicht zuzurechnen. Die festgestellten mehrfachen Absperrungen samt Verbotsschildern führten jedem Mountainbiker klar vor Augen, dass der durch Einsicht in die Tourdaten erweckte Eindruck unzutreffend sei. Da die Beklagte in ihren „Online-AGB“ auch wiederholt auf allfällige Fahrverbote hinweise und die Homepage nicht zur Missachtung derartiger Verbote auffordere, könne dessen allfällige Missachtung durch einen Mountainbiker nicht als von der Beklagten herausgefordert angesehen werden. § 16 ECG stelle keine Rechtsgrundlage für das Klagebegehren dar.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es verwarf die Tatsachenrüge und führte rechtlich aus, dass die auf der der Beklagten zuzurechnenden Homepage und deren Smartphone-App veröffentlichte Tour „K*****“ zwar den unrichtigen Eindruck erwecke, für das Befahren mit Fahrrädern und Mountainbikes freigegeben zu sein. Die Absperrungen und Fahrverbotstafeln samt Aufschrift „Radfahren verboten“ führten den Mountainbikern im Sinn der Entscheidung 1 Ob 625/94 aber die Unrichtigkeit der Angaben zur Tour deutlich vor Augen. Die §§ 13 und 16 ECG schafften ebensowenig wie § 19 ECG einen eigenständigen Unterlassungsanspruch.

Die Revision an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob das Verhalten eines Radfahrers, der eine aus dem Internet heruntergeladene Radfahrroute trotz in der Natur vorhandener Fahrverbotshinweise befahre, dem Internetprovider, der diese Radfahrroute zum Download bzw zur Einsicht bereit halte, zurechenbar sei.

Die Kläger streben mit ihrer Revision die Stattgebung ihres Begehrens an und stellen hilfsweise einen Aufhebungsantrag. Sie halten die Übertragung der Grundsätze der Entscheidung 1 Ob 625/94 für fraglich, weil eine Richtigstellung auf der Webseite ohne großen Aufwand möglich sei. Soweit die Tour hier über Almgebiet führe, unterscheide sich auch der Sachverhalt von der genannten Entscheidung. Das Berufungsgericht sei bei der Verneinung der Anwendbarkeit des § 16 ECG von der Entscheidung 6 Ob 178/04a abgewichen. Die Beklagte sei mit Aufforderungsschreiben vom nachweislich vom Eingriff in das Eigentumsrecht der Kläger durch die veröffentlichte Tour informiert worden und hätte daher nach § 16 Z 2 ECG unverzüglich tätig werden müssen.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben. Die Entscheidung 1 Ob 625/94 sei zu Recht herangezogen worden. Dass die Tour teilweise über Almgebiet führe, ändere daran nichts, sei doch in der Steiermark dort das Mountainbiken sogar zulässig. Das ECG sei zu Recht nicht angewendet worden, setzten dessen §§ 13 bis 16 doch das Bestehen eines Unterlassungs- bzw Beseitigungsanspruchs voraus.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger ist zulässig im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichts, sie ist auch berechtigt.

1. Zum ECG:

Das „Bundesgesetz mit dem bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehrs geregelt werden“ (kurz E-Commerce-Gesetz, ECG) erging in Umsetzung der „Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt“ (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, ECRL) und trat am in Kraft (§ 28 ECG).

Die §§ 1318 ECG regeln die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für Informationen, wobei insbesondere zwischen der Durchleitung (§ 13 ECG), der Zwischenspeicherung (Caching, § 15 ECG) und dem Speichern fremder Inhalte (Host-Provider, § 16 ECG) unterschieden wird (vgl auch 6 Ob 190/03i).

Nach § 16 Abs 1 ECG ist ein Diensteanbieter, der von einem Nutzer eingegebene Informationen speichert, […] für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen nicht verantwortlich, sofern er

1. von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder Information keine tatsächliche Kenntnis hat und sich in Bezug auf Schadenersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, oder,

2. sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erhalten hat, unverzüglich tätig wird, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren.

Die Regelung bildet ein Haftungsprivileg für den HostProvider dergestalt, dass er unter den oben genannten Voraussetzungen für alle Rechtsgebiete haftungsfrei wird (Strafrecht, Zivilrecht, Urheberrecht usw) (vgl Zankl, ECG², [2016] § 16 Rz 265; Laga/Sehrschön/Ciresa, E-Commerce-Gesetz², [2007] § 16, 74; Brenn in Brenn, E-Commerce-Gesetz [2002] § 16, 280).

Nach § 18 ECG (Art 15 ECRL) und der Rechtsprechung des EuGH (EuGH C-70/10 Scarlet/SABAM; EuGH C-324/09 L’Oréal/eBay, zehnte Vorlagefrage) haben neutral bleibende Diensteanbieter keine allgemeine Überwachungspflicht hinsichtlich der von ihnen gespeicherten fremden Inhalte.

Nach § 19 Abs 1 ECG lassen aber „die §§ 13 bis 18 […] gesetzliche Vorschriften, nach denen ein Gericht oder eine Behörde dem Diensteanbieter die Unterlassung, Beseitigung oder Verhinderung einer Rechtsverletzung auftragen kann, unberührt.§ 16 ECG schafft somit nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung keine eigenen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, vielmehr richtet sich deren Bestehen nach den allgemeinen (privatrechtlichen) Regeln (6 Ob 188/16i; 6 Ob 218/03g unter Hinweis auf RV 817 BlgNR 21. GP, 39).

Der Anspruch, die über die Grundstücke der Kläger führende Route von ihrer Webseite und ihrer Smartphone-App zu löschen sowie jegliche künftige Veröffentlichung dieser Route zu unterlassen, kann sich daher nur aus § 523 (iVm § 354) ABGB ergeben, worauf sich die Kläger berufen.

2. Allgemeine Grundsätze der Haftung des mittelbaren Störers nach § 523 ABGB:

2.1. Die Eigentumsfreiheitsklage kann gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht erhoben werden, im allgemeinen aber nicht wegen Handlungen Dritter. Eine Ausnahme davon besteht, wenn der Beklagte den Eingriff veranlasst hat, den unerlaubten Zustand aufrecht hält oder sonst von ihm Abhilfe zu erwarten ist (RIS-Justiz RS0012110 [insbes T7]). Störer ist nach der Rechtsprechung auch, wer den unerlaubten Zustand aufrecht hält (RIS-Justiz RS0012110) oder fördert (7 Ob 241/08d). Insoweit kann eine Pflicht zum Tätigwerden des Betreibers daher auch (erst) dadurch entstehen, dass er von der Rechtsverletzung Kenntnis erlangt. Wird er dann nicht aktiv, um die Rechtsverletzung zu entfernen, können gegen ihn negatorische Ansprüche bestehen. Passivlegitimiert für den Anspruch ist dann also nicht nur derjenige, der die Eingriffshandlung selbst vornimmt (unmittelbarer Störer), sondern auch jener, der in irgendeiner Weise durch Handlungen oder Unterlassungen die Voraussetzung für die Störung durch den unmittelbaren Störer schafft (RIS-Justiz RS0012131 [T17]). Der Beklagte muss die rechtliche Möglichkeit oder gar Pflicht haben, den Eingriff durch Verbote oder Anweisungen abzustellen (RIS-Justiz RS0012110 [T3]), die bloß faktische Möglichkeit der Einflussnahme auf Dritte genügt nicht (4 Ob 236/99f = SZ 69/10). Die Störereigenschaft wird dann auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Dritten aus eigenem Antrieb und selbstverantwortlich handeln (2 Ob 134/01x mwN).

3. Zur Frage des unerlaubten Eingriffs:

Unerlaubt kann das Verhalten der Beklagten nur sein, wenn die Nutzung der Tour durch den dann unmittelbaren Störer auch unerlaubt ist.

3.1. Erlaubnis zur Nutzung des Walds:

Nach § 33 Abs 1 ForstG darf jedermann, unbeschadet der Bestimmungen der Abs 2 und 3 und des § 34, den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten. Eine darüber hinausgehende Benutzung, wie Lagern bei Dunkelheit, Zelten, Befahren oder Reiten, ist nach § 33 Abs 3 ForstG nur mit Zustimmung des Waldeigentümers, und hinsichtlich der Forststraßen mit Zustimmung jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt, zulässig. Die Fortbewegung mit einem Fahrrad bzw Mountainbike fällt unter „Befahren“ und ist daher ohne Zustimmung nicht erlaubt (1 Ob 625/94 = SZ 68/145; VwGH 92/10/0072; Deutschmann, Mountainbiken im Wald, ZVR 2016, 531 [534] mwN). Dies gilt jedoch umgekehrt nicht für das Schieben des Rads, das von § 33 Abs 1 ForstG gedeckt ist (vgl Malaniuk, Österreichisches Bergsportrecht², 59; Kanonier, Rechtliche Aspekte der Wegefreiheit im Bergland, 67; Hinteregger, Trendsportarten und Wegefreiheit, 131).

Das Betretungsrecht erstreckt sich nur auf den Wald im rechtlichen Sinn, nicht auf Grundflächen anderer rechtlicher Zuordnung, mögen sie auch ganz von Wald umschlossen sein (RIS-Justiz RS0081106). Der Anwendungsbereich des ForstG endet mit der Waldgrenze (Hinteregger, Felsklettern und Grundeigentum, ZVR 2000/110; Malaniuk aaO, 88).

3.2. Nutzung des „Ödlands“:

3.2.1. Das alpine Ödland ist das Gebiet oberhalb der Baumgrenze (Malaniuk aaO, 88; Probst, Betretungsrechte und -verbote, ZVR 2016/223, 519 [520]). Ringhof, Wegerecht und Bergsport, 90 f, leitet aus den einschlägigen Landesgesetzen Ödland als Freilandflächen, die derzeit oder permanent nicht land- und forstwirtschaftlich genutzt werden ab. Oberhalb der Baumgrenze wird das Betreten des Ödlands in den meisten Bundesländern durch spezielle Normen über die Wegefreiheit im Bergland geregelt (Hintergger, Felsklettern und Grundeigentum, ZVR 2000/110).

3.2.2. § 3 des Steirischen Gesetzes über die Wegefreiheit im Bergland, LGBl Nr 107/1922, sieht vor, dass das Ödland oberhalb der Baumgrenze, mit Ausnahme der anders als durch Weide landwirtschaftlich genutzten Gebiete (Almen), für den Touristenverkehr frei ist und von jedermann betreten werden kann.

Der Umfang des eingeräumten Gemeingebrauchs ist nach Malaniuk aaO, 88, schon rein sprachlich weniger eng geregelt als im Forstgesetz und umfasst durch den Begriff „Touristenverkehr“ auch das Mountainbiken. Zanini/Kolbl, Naturschutz in der Steiermark – Rechtsgrundlagen, 74, wiederum beziehen die Ausnahme von der Wegefreiheit nur auf tatsächlich intensiv genutzte Hochalmen, während man beim Grasen von Schafen oder Kühen nicht von landwirtschaftlicher Nutzung sprechen könne. Binder, Österreichisches Bergsportrecht, 28 f, meint, dass aus den landesgesetzlichen Regelungen der Benutzung alpinen Ödlands nur beschränkt auf die Unzulässigkeit des Bikens geschlossen werden könne. Es sei nach dem Schutzzweck der Betretungsfreiheit zu fragen. Im steinigen Bergland werde die „Wegefreiheit“ sehr weit verstanden und darin sei jedenfalls eine freizügige Benützung der gebahnten Wege, auf die der Biker angewiesen sei, enthalten.

Hingegen ist nach Probst, Betretungsrechte und -verbote, ZVR 2016/223, 519 [521], die Bestimmung über die Wegefreiheit auf Almen nicht anzuwenden. Reissner in Hinteregger, Trendsportarten und Wegefreiheit, 132 f, hält das Befahren des Hochgebirges nach dem Stmk WegfreiheitsG trotz seines Bezugs auf die Freiheit für den „Touristenverkehr“ nicht für erlaubt, und verweist dazu auch auf die jüngeren Bestimmungen des § 47 OÖ TourismusG und der §§ 24 f Vlbg StraßenG, die jeweils von Fußgängern bzw Fußwanderverkehr sprechen. Ein Befahren mit Mountainbikes sei deutlich ausgeschlossen.

3.2.3. Letztlich kann die Frage, ob in der Steiermark im Ödland Mountainbiken ohne Zustimmung der Grundeigentümer erlaubt ist oder nicht, im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil feststeht, dass dieser Bereich auf der vorliegenden Route nur über Waldgebiete und Forstwege, für die keine nach dem ForstG erforderliche Zustimmung der Liegenschaftseigentümer zur Benutzung vorliegt, erreicht werden kann.

4. Anwendung auf den vorliegenden Fall:

4.1. Die Beklagte ist hier zwar Host-Providerin iSd ECG, weil sie dadurch, dass (anonyme) Nutzer in ihrem Mountainbike-Onlineportal Mountainbikerouten hochladen können, fremde Inhalte speichert. Die Kläger machen jedoch Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung iSd § 19 ECG geltend, sodass das Haftungsprivileg des Host-Providers nach § 16 ECG nicht zum Tragen kommt.

4.2. Nach § 523 ABGB ist – wie dargelegt – auch Störer, wer den unerlaubten Zustand aufrecht hält, weshalb die Pflicht zum Tätigwerden des Betreibers des Onlineportals dadurch entstehen kann, dass er von einer Rechtsverletzung Kenntnis erlangt und nicht Abhilfe schafft.

Dazu haben die Vorinstanzen aufgrund ihrer Rechtsansicht zwar keine Feststellungen getroffen, aus den vorgelegten Urkunden Beil ./D und ./E, die inhaltlich nicht bestritten wurden und daher insoweit der Entscheidung des Revisionsgerichts zugrunde gelegt werden können (RIS-Justiz RS0121557 [T3]), geht aber hervor, dass die Kläger die Beklagte mit Schreiben vom von ihrer mangelnden Zustimmung zur Benutzung ihrer Liegenschaften für die Mountainbiketour informierten und die Löschung der Tour forderten. Die Beklagte hat diese Schreiben auch erhalten, antwortete sie doch unter Bezugnahme darauf per E-Mail mit dem Hinweis, dass sie eine Löschung im Hinblick auf ihre AGB nicht für notwendig erachte, und, dass die Kläger die Möglichkeit hätten, Kommentare bei der Tour abzugeben.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt wusste die Beklagte daher positiv, dass die auf ihrer Plattform veröffentlichte Tour als Mountainbikestrecke nicht mehr durchgehend berechtigt befahren werden darf, sondern in ihrem zentralen Teil über beachtliche Kilometer keine „Mountain-Bike-“, sondern vielmehr eine „Rad-Schiebe“-Tour war. Für die Beklagte musste damit klar sein, dass die Nutzung der Strecke nach der für die Adressaten des Portals intendierten Verwendung (vgl auch Punkt 1. der AGB) nicht mehr rechtskonform möglich ist. Zumindest ab diesem Zeitpunkt wurde die Beklagte daher durch die Aufrechterhaltung der Veröffentlichung als Förderin des Rechtsbruchs zur mittelbaren Störerin, gegen die im Sinn der zitierten Judikatur das Beseitigungs- und Unterlassungsbegehren ebenfalls gerichtet werden kann (vgl zur Förderung fremden Rechtsbruchs auch 7 Ob 241/08d). Die – korrekte – Information über das grundsätzliche Fahrverbot auf Forststraßen in Österreich iSd § 33 Abs 3 ForstG im „PS“ der Tour bzw allgemein auf der Homepage ist nicht ausreichend, wenn dem die erwartbare Nutzung der Tour durch die Adressaten des Portals entgegensteht, zumal die Beklagte auf dem Onlineportal als vehemente Verfechterin des unbeschränkten Fahrrechts auf Forststraßen auftritt und sogar zum „zivilen Ungehorsam“ aufruft.

Ebenso wenig ist letztlich das von der Beklagten in Reaktion auf die Beschwerde der Kläger bei der Tour eingestellte Foto einer Fahrverbotstafel ausreichend. Einerseits besteht keinerlei Verpflichtung zu dessen Beibehaltung und andererseits ergibt sich daraus kein zusätzlicher Informationsgehalt, weil weder ein Hinweis auf die Länge der von diesem Fahrverbot betroffenen Strecke noch dessen Relevanz für die für den angesprochenen Mountainbiker sinnvolle Nutzung der Tour ableitbar ist. Dies umso mehr als in der einleitenden, verbalen Vorstellung der Route ausdrücklich nur von „5 Min. Schieben“ die Rede ist. Wenn aus dem weiteren Text ersichtlich wird, dass sich diese Angabe offenkundig auf den letzten Anstieg zum Gipfel bezieht, bleibt offen und damit – entgegen dem positiven Wissensstand der Beklagten – unklar, einerseits worauf das Foto des Fahrverbotsschilds konkret hinweisen soll, und andererseits, dass das Rad bei rechtmäßiger Benützung nicht nur fünf Minuten, sondern auch während eines zentralen Teils der Route geschoben werden muss.

4.3. Den von den Vorinstanzen herangezogenen Erwägungen aus der Entscheidung 1 Ob 625/94 kann für den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nicht gefolgt werden, weil dort die geübte Sorgfalt des Verlags bei Erhebung des der Karte zugrundeliegenden Informationsstands in Betreff markierter Routen (es wurden Gemeinden und Tourismusverbände kontaktiert) sowie die Tatsache, dass eine gedruckte Karte naturgemäß nicht immer aktuell sein kann, maßgeblich waren, während hier die (individuelle) Tour im Wissen um die mangelnde Zustimmung der Kläger nicht gelöscht wurde, obwohl Löschungen und Korrekturen leicht zeitnah (unmittelbar) vorgenommen werden können. Insofern rechtfertigt das Aufrechterhalten der falschen Informationen auf dem Onlineportal, obwohl eine Richtigstellung jederzeit und leicht möglich ist und dies von den beteiligten Verkehrskreisen auch erwartet wird, einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch, hatte es die Beklagte doch leicht in der Hand, weitere Störungen durch Mountainbiker, die aufgrund des Eintrags handeln (unmittelbarer Störer), zu unterbinden und so weitere Rechtsverletzungen nicht mehr zu veranlassen.

Dem Klagebegehren war deshalb in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen stattzugeben.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 ZPO, im Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00080.17S.1018.000

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