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OGH vom 19.02.1964, 7Ob3/64

OGH vom 19.02.1964, 7Ob3/64

Norm

ABGB § 760;

ABGB § 823;

Kopf

SZ 37/30

Spruch

Zur Geltendmachung des Heimfalls steht dem Bund eine der Erbschaftsklage analoge Heimfälligkeitsklage zu. Im Urteil ist der Heimfall festzustellen.

Entscheidung vom , 7 Ob 3/64. I. Instanz:

Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Josefa P. ist am ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung gestorben. In der Todfallsaufnahme wurde der erblasserische kriegsvermißte Witwer Josef P. als Erbe bezeichnet, sonst werden keine erbberechtigten Personen angeführt. Der für Josef P. bestellte Abwesenheitskurator gab auf Grund des Gesetzes die bedingte Erbserklärung ab. Diese wurde vom Gericht angenommen und die Einantwortungsurkunde erlassen. Über Antrag der Finanzprokurator wurde Josef P. für tot erklärt und der als Zeitpunkt des Todes festgesetzt. Dies führte zur Einleitung des Verlassenschaftsverfahrens nach Josef P. In diesem Verlassenschaftsverfahren gaben die fünf beklagten Kinder der am verstorbenen außerehelichen Mutter des Erblassers auf Grund des Gesetzes zu je einem Fünftel des Nachlasses bedingte Erbserklärung ab. Mit Beschluß vom nahm das Gericht die Erbserklärungen an und erließ die Einantwortungsurkunde. Im Zuge dieses Verlassenschaftsverfahrens begehrte die Finanzprokurator in Ausübung des Heimfallsrechtes gegenüber dem Nachlaß nach Josef P. vergeblich die Ausscheidung und Herausgabe jener Vermögenswerte, die dem Josef P. eingeantwortet worden waren.

Die klagende Partei stützt ihr Klagebegehren auf § 760 ABGB.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich mit der Begründung Folge, daß der vermeintliche Erbe Josef P. verstorben sei, er daher sein Erbrecht auch nicht auf seine Erben, die Beklagten, übertragen könne (§ 536 ABGB.). Andere Erben nach Josef P. seien nicht vorhanden, die Verlassenschaft erblos und damit die Heimfälligkeit des Nachlasses gegeben. Die Klage sei eine Klage sui Generis, ähnlich der Erbschaftsklage nach § 823 ABGB.

Der Berufung der beklagten Parteien wurde vom Berufungsgericht nicht Folge gegeben.

Rechtlich folgerte das Berufungsgericht, daß der Staat zwar nicht als Erbe den Nachlaß übernimmt, der Nachlaß vielmehr erblos bleibe. Nach Lehre und Rechtsprechung stehen dem Staate aber zur Geltendmachung seines Heimfallsrechtes die gleichen Rechte zu wie einem Erbansprecher. Er sei daher auch berechtigt, die Gültigkeit eines Testamentes zu bestreiten, ebenso habe der Staat die Klage auf Ausfolgung der Erbschaft, wenn diese dem im Testament Eingesetzten eingeantwortet wurde und sich das Testament als ungültig darstellt (Ehrenzweig[2] II 2. Hälfte S. 405; Swoboda - Bartsch ABGB.[2] 4. Teil S. 22; Klang[2] III zu § 760 ABGB. S. 793; GlUNF. 386). Insofern stehe der Staat einem Erben gleich. Daß dem Staat zur Geltendmachung seines Heimfallrechtes eine Klage analog der Erbschaftsklage (§ 823 ABGB.), also eine Heimfälligkeitsklage, die in ihrer Wirkung der Erbschaftsklage verwandt ist, zustehe, ergebe sich schon aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes EvBl. 1963 Nr. 137, die in der Verlassenschaftssache nach Josef P. ergangen sei. Die Heimfälligkeitsklage könne auch gegen die Beklagten erhoben werden, weil sie auf Grund ihres gesetzlichen Erbrechtes den Nachlaß nach Josef P. eingeantwortet erhielten, sodaß sie im rechtlichen Besitz der Erbschaft gemäß § 797 ABGB. seien. Das Eigentum konnte aber mit der Einantwortung auf die Beklagten nur übergehen, wenn der Erblasser Josef P. Eigentümer war; das sei aber nicht der Fall gewesen. Der Erblasser Josef P. konnte durch die Einantwortung nicht Eigentümer der klagsgegenständlichen Sachen werden, weil er nicht der wahre Erbe nach Josefa P. war. Ihm hätte die Erbfähigkeit zur Zeit des Erbanfalles im Sinne des § 545 ABGB. gefehlt, da er zur Zeit des Todes der Erblasserin Josefa P. bereits selbst tot war. Das Erbrecht nach Josefa P. sei ihm nie zugefallen (§ 536 ABGB.). Was aber nicht in sein Eigentum gelangte, hätten die Beklagten als seine gesetzlichen Erben von ihm auch nicht erben können. Die Beklagten seien infolge der Einantwortung rechtlich lediglich Besitzer des klagsgegenständlichen Nachlasses. Sie hätten daher der klagenden Partei, die ihren Titel auf das Gesetz grundet (§ 760 ABGB.), den in das Nachlaßverfahren nach Josef P. einbezogenen Nachlaß der Josefa P. herauszugeben. Es sei unbestritten, daß andere Erben nach Josefa P. nach dem Inhalt der Todfallsaufnahme nicht vorhanden seien und die Erlassung des Ediktes nach § 128 AußStrG. durch die klagende Partei erfolglos geblieben sei, sodaß die Voraussetzungen des § 130 AußStrG. gegeben seien. Damit sei der klagenden Partei der Beweis der Heimfälligkeit des klagsgegenständlichen Nachlasses gelungen. Die klagende Partei begehrte 1. es werde den Beklagten gegenüber festgestellt, daß hinsichtlich des zur AZ. A 137/58 des Bezirksgerichtes G. abgehandelten und in das Nachlaßverfahren nach Josef P. zur AZ. A 164/61 des Bezirksgerichtes G. einbezogenen Nachlasses der Josefa P. die Voraussetzungen des Heimfallsrechtes vorliegen; 2. die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, binnen 14 Tagen bei Exekution der klagenden Partei a) den unter 1. bezeichneten Nachlaß abzutreten, b) insbesondere ..... Es sei die Feststellungsklage verbunden mit der Leistungsklage zulässig gewesen. In der Literatur werde stets die Ansicht vertreten, daß das Feststellungsbegehren ein wesentlicher Bestandteil der Erbschaftsklage sei, weil sonst die den Erbschaftsbesitz rechtfertigende Einantwortung den Anspruch abwehren könnte (Klang[1] zu § 823 S. 842 Anm. 20). Was für die Erbschaftsklage gelte, müsse auch für die verwandte Heimfälligkeitsklage Gültigkeit haben. Es sei auch die Möglichkeit zu berücksichtigen, daß im Rahmen des betroffenen Nachlasses noch weitere Nachlaßsachen zum Vorschein kämen und mit dem erblosen Nachlaß auch die Passiven an die Klägerin übergingen. Das Feststellungsbegehren sei daher geeignet, über die Rechtsbeziehungen der Parteien Klarheit zu schaffen und einen künftigen Prozeß abzuschneiden. Eine Verbindung von Feststellungs- und Leistungsbegehren sei zulässig, wenn dadurch eine Vermehrung des Prozeßaufwandes nicht erfolgte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge und bestätigte das angefochtene Urteil mit der Maßgabe, daß Punkt 1 des erstgerichtlichen Urteiles zu lauten hat: "Es wird festgestellt, daß der zu AZ. A 137/58 des BG. G. abgehandelte und in das Verlassenschaftsverfahren nach Josef P. zur AZ. A 164/61, BG. G., einbezogene Nachlaß der Josefa P. der klagenden Partei als erblos heimgefallen ist."

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Rechtsrüge ist unbegrundet. Die Revision hat gegen die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes, denen der Oberste Gerichtshof vollinhaltlich beitritt, nichts Entscheidendes einzuwenden. Über die Zulässigkeit der Heimfälligkeitsklage nach erfolgter Einantwortung bestand nie ein Zweifel. In ständiger Rechtsprechung wurde der Finanzprokuratur die Beteiligung und das Rekursrecht im Verlassenschaftsverfahren selbst mit dem Hinweis verweigert, daß ihr im Falle der von ihr angenommenen Kaduzität des Nachlasses der Rechtsweg offenstehe (vgl. GlU. 10.482, 12.195, und vor allem die in der Verlassenschaft nach Josef P. selbst ergangene Entscheidung EvBl. 1963 Nr. 137). Daß die Heimfälligkeitsklage nur analog der Erbschaftsklage behandelt werden kann, ergibt sich aus der in beiden Fällen gleichen Rechtslage; es verschlägt daher nicht, daß dem Staat kein Erbrecht eingeräumt ist. Ist die Erblosigkeit des Nachlasses und somit die Heimfälligkeit desselben festgestellt, so kann die Finanzprokuratur in Vertretung des Bundes die Abtretung des Nachlasses und die Herausgabe der Nachlaßgegenstände von jenem verlangen, der sich im Besitze derselben befindet.

Zu Unrecht verweist die Revision darauf, daß der Erbe Eigentum durch die Einantwortung erwirbt, und die Rechtskraft der Einantwortung Mängel der Abhandlung saniert. Die Einantwortung stellt nur die Gesamtrechtsnachfolge am Nachlaß fest, sie schafft aber kein originäres Eigentum für die Erben. Soweit der Erblasser selbst nicht Eigentümer an Nachlaßgegenständen gewesen ist, können auch die Erben nicht Eigentümer werden. Josef P. ist aber nicht Eigentümer der Nachlaßgegenstände geworden, weil er im Zeitpunkte des möglichen Erbanfalles selbst nicht mehr am Leben war (§ 536 ABGB.). Ist das Eigentum auf ihn nicht übergegangen, so konnte auch die Einantwortung seines Nachlasses an die Beklagten Eigentum auf sie nicht übertragen. Die Beklagten messen der Einantwortung eine materiell-rechtliche Bedeutung zu, die ihr nicht zukommt.

Zu Unrecht bestreitet die Revision auch die Zulässigkeit der Verbindung der Feststellungsklage mit der Leistungsklage. Mit Recht hat das Berufungsgericht bereits auf die ständige Lehre und Rechtsprechung verwiesen, wonach bei der Erbschaftsklage die Frage des besseren Erbrechtes nicht als Vorfrage für die Klage auf Herausgabe des Nachlasses angesehen werden kann, sondern daß zunächst urteilsmäßig das Erbrecht des Klägers festgestellt werden muß, um die durch die rechtskräftige Einantwortung geschaffene Rechtsscheinwirkung zu beseitigen (s. Literatur, die hiefür oben angeführt wurde).

Die Revision ist daher unbegrundet.

Der erstrichterliche Urteilsspruch war dahin richtigzustellen, daß der Heimfall und nicht nur seine Voraussetzungen festzustellen war, weil Tatsachen allein nicht mit Feststellungsurteil festgestellt werden können, sondern nur das Bestehen eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses.