OGH vom 02.10.2003, 6Ob8/03z

OGH vom 02.10.2003, 6Ob8/03z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marie K*****, vertreten durch Dr. Herta Schreiber, Rechtsanwältin in Wels, gegen die beklagte Partei Jamil K*****, vertreten durch Dr. Otto Holter und andere Rechtsanwälte in Grießkirchen, wegen Unterhalt, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom , GZ 21 R 233/02t-68, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom , GZ 4 C 23/00v-61, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat der Klägerin die mit 812,52 EUR (darin enthalten 135,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind österreichische Staatsbürger. Sie sind seit 1978 verheiratet und haben zwei Kinder, eine 1979 geborene Tochter und einen 1983 geborenen Sohn. Sie leben getrennt. Ein Ehescheidungsverfahren ist anhängig. Im Februar 1999 stellte der Beklagte seine Unterhaltszahlungen von 7.500 S monatlich ein.

Mit der am eingebrachter Klage begehrte die Klägerin Unterhalt vom bis von 545,05 EUR (7.500 S) und ab von 221,65 EUR. Die Bemessungsgrundlage betrage unter Berücksichtigung des Arbeitslosengeldbezuges, der dem Beklagten ausbezahlten Abfertigung und der ihm zuzurechnenden Mieteinkünfte ca 40.000 S. der Beklagte erziele auch Einkünfte aus Pfuschertätigkeit. Unter Berücksichtigung seiner weiteren Sorgepflicht für den noch nicht selbst erhaltungsfähigen Sohn errechne sich ein Unterhaltsbeitrag von 11.600 S, der sich auf Grund der als Naturalleistungen zu wertenden kostenlosen Wohnmöglichkeit der Klägerin auf den begehrten Betrag verringere. Ab sei die bis dahin pro Monat ausbezahlte Abfertigung nicht mehr in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Es sei nunmehr von einem Einkommen des Beklagten von 1.090,09 EUR inklusive Mieteinnahmen auszugehen, wovon der Klägerin 33 %, somit 359,73 EUR zustünden. Hievon seien die vom Beklagten getragenen, auf die Klägerin entfallenen Betriebs- und Stromkosten von 138,08 EUR abzuziehen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe ihre Unterhaltsansprüche verwirkt, weil sie ihn provoziert, den Haushalt nicht ordnungsgemäß geführt und Einkünfte des Klägers im Ausmaß von 700.000 S bis 800.000 S veruntreut habe. Der Beklagte beziehe nach dem Verkauf des Hauses auch keine Mieteinnahmen mehr.

Auf Grund ihres zugleich mit der Klage gestellten Antrages auf Leistung einstweiligen Unterhaltes wurde der Beklagte mit Beschluss des Erstgerichtes vom zur vorläufigen Unterhaltsbeiträgen von 545,05 EUR monatlich an die Klägerin verpflichtet, die er bis einschließlich April 2000 zahlte. Seither leistet er keinen Unterhalt mehr.

Das Erstgericht erkannte der Klägerin folgende Unterhaltsbeiträge zu: Vom 1. 2. bis 545 EUR; vom 1. 4. bis 340 EUR; vom 1. 11. bis 115 EUR; vom 1. 1. bis 80 EUR; vom 1. 1. bis 170 EUR; vom 1. 1. bis 75 EUR, und ab 90 EUR, und zwar "abzüglich der bereits geleisteten Zahlungen". Das Mehrbegehren wies es ab. Es traf folgende Feststellungen:

Zwischen 1989 und 1995 errichteten die Streitteile auf einer Liegenschaft des Beklagten ein einstöckiges Wohnhaus mit ausgebautem Dachboden. Sie wohnten in der Wohnung im Erdgeschoss. Die restlichen drei Wohneinheiten wurden vermietet. Die Mieteinnahmen betrugen 21.000 S. Um Unterhalts- und Aufteilungsansprüche der Klägerin hinanzuhalten, verkaufte der Beklagte das Haus im Jahr 1998 um 800.000 S an seine Schwester, wobei der Barkaufpreis um die zu übernehmende Darlehensschuld von 447.203,64 S auf 352.796,36 S verringert wurde. Seither fließen die Mieteinnahmen der Schwester des Beklagten zu. Die Nettoeinkünfte aus der Vermietung betrugen 1999 86.958 S und ab dem 2000 64.701 S. Der Beklagte zog Anfang 1999 aus der ehelichen Wohnung aus, die beiden Kinder folgten ihm. Bis dahin hatte überwiegend die Klägerin den gemeinsamen Haushalt betreut. Sie ist seit 1990 nicht mehr berufstätig und seit Februar 1999 beim Arbeitsmarktservice als arbeitssuchend vorgemerkt. Seit Anfang November 1999 erhielt die Klägerin im Rahmen der Sozialhilfe Hilfe zum Lebensunterhalt von 6.640 S monatlich, die sie jedoch nach Erhalt der dem Beklagten auf Grund der einstweiligen Verfügung auferlegten Unterhaltsbeiträge insoweit zurückzahlen musste. Der Beklagte war bis Ende Juni 1998 als Kraftfahrer beschäftigt. Seither ist er arbeitslos. In der Zeit vom einschließlich Juni 1998 bezog er 193.650,47 S netto. Seine neun Monatsgehältern entsprechende Abfertigung betrug 444.564 S. Der erste, drei Monatsgehältern entsprechende Teilbetrag wurde im Juli 1998 ausbezahlt, die restliche Abfertigung in Monatsraten zu 46.432 S. Der letzte Teilbetrag wurde im März 1999 angewiesen. 1999 bezog der Beklagte 145.431 S an Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, 2000 112.536,10 S an Notstandshilfe und Pensionsvorschuss. Im Jahr 2001 bezog er Notstandshilfe von 143.951,90 S. 2002 hatte er Anspruch auf Notstandshilfe im Umfang von 120 Tagessätzen zu 31,62 EUR und von 245 Tagessätzen zu 30,65 EUR. Mitte Februar 1999 nahm der Beklagte Kredite über 280.000 S und über 46.000 S auf. Er zahlte jeweils 1030 S monatlich an Stromkosten für das gesamte, nun im Eigentum seiner Schwester stehende Haus. Der hievon auf die Klägerin, die nach wie vor im Parterre im Hauses wohnt, entfallende Betriebskostenanteil beträgt 36 %. Die Tochter der Streitteile war nach Beendigung der Handelsschule arbeitslos. Vom bis erhielt sie eine Beihilfe vom AMS von täglich 99,50 S. Anfang 2000 fand sie Arbeit und ist seither selbsterhaltungsfähig. Der Sohn absolvierte vom bis eine Kfz-Mechanikerlehre. Seine Lehrlingsentschädigung betrug von Dezember 1998 bis Juni 1999 4.461 S netto monatlich, von Juli 1999 bis Dezember 1999 4.578 S, von Dezember 1999 bis Mai 2000 6.125 S, von Juni 2000 bis November 2000 6.930 S brutto, von Dezember 2000 bis September 2001 8.001,-- netto und ab Oktober 2001 8.335 S netto. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin Gelder veruntreut oder gestohlen habe. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beklagte Einkünfte aus Pfuscherarbeit erzielt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruches nicht erwiesen sei. Der Klägerin stehe Unterhalt nach § 94 Abs 2 ABGB zu. Die von der Klägerin ab November 1999 bezogene Sozialhilfe sei als deren Einkommen zu werten. Daher habe die Klägerin bis dahin Anspruch auf 33 % des Einkommens des Beklagten und ab November 1999 auf 40 % des "Familieneinkommen" (jeweils vermindert um die weiteren Sorgepflichten des Beklagten) abzüglich der Sozialhilfebeiträge. Zum Einkommen des Beklagten seien auch die Überschüsse aus den Mieteinnahmen des Hauses der Schwester zu zählen, das er ohne wirtschaftliche Notwendigkeit verkauft habe, sowie die auf 9 Monate ab der Arbeitslosigkeit aufzuteilenden Abfertigungszahlungen. Die Kreditrückzahlungen seien nicht zu berücksichtigen. Ein fiktiver Mietwert für die Überlassung der Ehewohnung an die Klägerin sei ebenfalls nicht unterhaltsmindernd anzusetzen. Es seien lediglich 36 % der vom Beklagten geleisteten Stromkosten als Naturalunterhalt vom Geldunterhaltsanspruch abzuziehen. Die konkurrierenden Sorgepflichten des Beklagten für die gemeinsamen Kinder seien dahin zu berücksichtigen, dass für die Tochter im Februar und März 1999 2 % und dann bis Dezember 1999 4 %, für den Sohn für 1999 3 %, für 2000 2 % und 2001 bis einschließlich Mai 2002 1 % zu veranschlagen seien. In den Monaten Februar 1999 und März 1999 ging das Erstgericht von einer Bemessungsgrundlage (einschließlich anteiliger Abfertigung) von 65.797,75 S aus, für die Zeit vom bis von einer solchen von 19.365,70 S. Hievon gestand es der Klägerin 33 % minus entsprechende Prozentsätze für die konkurrierenden Sorgepflichten zu. Ab November 1999 errechnete das Erstgericht den Unterhaltsanspruch der Klägerin dergestalt, dass es die von der Klägerin bezogenen Sozialhilfeleistungen von 6.640 S monatlich zu den Einkünften des Beklagten dazu zählte und hievon der Klägerin 40 % abzüglich Prozentpunkte für die konkurrierenden Sorgepflichten zugestand. Nach seiner Berechnung betrug das "Familiennettoeinkommen" in den Monaten November und Dezember 1999 26.005,70 S, vom bis 21.409,75 S, vom bis 24.026,75 S und ab 1.500,14 EUR. Weiters zog das Erstgericht jeweils die anteiligen Stromkosten von 370,80 S bzw 26,94 EUR ab.

Das Berufungsgericht gab der gegen den abweisenden Teil des Ersturteiles gerichteten Berufung der Klägerin teilweise Folge und erkannte der Klägerin folgende Unterhaltsbeiträge zu:

Vom 1. 2. bis 545 EUR (7.500 S), vom 1. 1. bis 316,13 EUR (4.350 S), vom 1. 1. bis 377,17 EUR (5.190 S) und ab 221,65 EUR. Es sprach aus, dass die bis zur Rechtskraft fällig gewordenen Beträge abzüglich der geleisteten Unterhaltszahlungen von 8.175,70 EUR (112.500 S) binnen 14 Tagen, die weiters fällig werdenden Beträge jeweils am 1. eines Monates im Vorhinein zu zahlen seien. Das Mehrbegehren wies das Berufungsgericht ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Der Mehrzuspruch gegenüber dem Ersturteil resultiert daraus, dass das Berufungsgericht der Rechtsansicht der Klägerin folgte, dass die von ihr bezogene Sozialhilfeleistung bei der Unterhaltsbemessung außer Betracht zu bleiben habe. Weiters vertrat es die Ansicht, dass die Abfertigung des Beklagten derart aufzuteilen sei, dass das Arbeitsloseneinkommen des Beklagten möglichst lange auf das zuletzt erzielte monatliche Arbeitseinkommen (32.275 S) angehoben werde. Es teilte daher die Abfertigung - mit Ausnahme eines geringfügigen Restbetrages, den es im Jahr 2000 berücksichtigte - auf das zweite Halbjahr 1998 und auf das Jahr 1999 auf. Einschließlich der (unbekämpft) in die Bemessungsgrundlage einzubeziehenden Mieteinnahmen sei von Einkünften des Klägers im Jahr 1999 von 387.300 S (= 32.275 S im Monat), im Jahr 2000 von 117.886,50 S (= 9.823,87 S im Monat), im Jahr 2001 von 143.951,90 S (= 11.995 S im Monat), von Jänner bis April 2002 von 948,60 EUR monatlich und ab Mai 2002 von 934,82 EUR monatlich auszugehen. Unter Berücksichtigung der teilweise im Bemessungszeitraum fortbestehenden Sorgepflichten des Beklagten für die gemeinsamen Kinder und des Naturalunterhaltes (anteilige Stromkosten von 26,94 EUR) stünden der Klägerin die vom Berufungsgericht zuerkannten Unterhaltsbeiträge zu.

Zur Frage der Anrechenbarkeit des Sozialhilfeempfanges führte das Berufungsgericht aus, gemäß § 2 Abs 5 OöSHG sei soziale Hilfe nur soweit zu leisten, als der jeweilige Bedarf nicht durch Leistungen Dritter tatsächlich gedeckt sei. Für die Kosten der Leistung sozialer Hilfe, auf die gemäß § 16 Abs 9 OöSHG ein Rechtsanspruch bestehe, habe in erster Linie der Empfänger sozialer Hilfe Ersatz zu leisten, soweit er zu hinreichendem Vermögen oder Einkommen komme. Daraus sei abzuleiten, dass die Klägerin, soweit sie einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann habe und diesen auch durchsetzen könne, die erhaltenen Sozialhilfeleistungen zurückzahlen müsse. Insoweit sei die Sozialhilfe nur als Vorschuss auf die Unterhaltsleistungen, zu denen der Beklagte verpflichtet sei, anzusehen. In diesem Sinne habe auch der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach judiziert, dass dann, wenn eine Ersatzpflicht für die bezogenen Sozialhilfeleistungen des Unterhaltsberechtigten infolge Leistung des von ihm begehrten Unterhaltes durch den Unterhaltspflichtigen bestünden, diese Sozialhilfeleistungen mangels eines bereits erfolgten Überganges auf den Sozialhilfeträger bei der Unterhaltsfestsetzung außer Betracht zu bleiben hätten. Da die Sozialhilfeleistungen an die Klägerin nur Vorschusscharakter hätten und es nicht Sinn und Zweck der Sozialhilfe sein könne, den Unterhaltspflichtigen ganz oder zum Teil von seiner Unterhaltspflicht zu entlassen, seien die von der Klägerin bezogenen Leistungen nicht als Eigeneinkommen zu werten. Zur Frage des Zeitraumes, auf den die Abfertigung des Beklagten aufzuteilen sei, vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, dass grundsätzlich Einmalzahlungen in angemessener Weise auf einen entsprechenden Zeitraum aufzuteilen seien, wobei es auf die Umstände des Einzelfalles ankomme. Dabei solle insbesondere, wenn die Abfertigung (auch) Überbrückungscharakter habe, versucht werden, unter Miteinbeziehung der Einmalzahlung das letzte Einkommen des Unterhaltspflichtigen gleichsam "zu halten". Dies gelte auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige zwar noch nicht das Pensionsalter erreicht habe, aber auf den Arbeitsmarkt nicht mehr oder nur schwer vermittelbar sei. Die Aufteilung dahin, das Arbeitslosengeld mit der bezogenen Abfertigung bis zum letzten Arbeitseinkommen aufzufüllen, sei gerade im konkreten Fall berechtigt, weil auf Grund des Alters des Beklagten und seiner (zumindest behaupteten) gesundheitlichen Einschränkungen schon bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einer längeren Arbeitslosigkeit zu rechnen gewesen sei. Die vom Erstgericht vorgenommene Aufteilung der Abfertigung auf nur 9 Monate würde diesen Umständen nicht gerecht. Aber auch die von der Klägerin begehrte Aufteilung auf drei Jahre komme nicht in Betracht. Die Revision sei zulässig, weil in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 108/01s im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Anrechenbarkeit der Sozialhilfe auf das Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten angedeutet werde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

1.) Zu den von der Klägerin nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998, LGBl Nr 82/1998, Oö. SHG 1998 (OöSHG) bezogenen Geldleistungen:

Nach ständiger Rechtsprechung zu § 94 ABGB ist unter Einkommen alles zu verstehen, was einer Person an Natural- oder Geldleistung welcher Art immer auf Grund eines Anspruches zukommt, sofern gesetzliche Bestimmungen die Anrechenbarkeit bestimmter Einkünfte auf den Unterhalt nicht ausschließen. Außer Betracht bleiben nur jene Teile der Einkünfte, die dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes dienen. Wird unter Einkommen die Summe aller verfügbaren Mittel verstanden, sind auch öffentlich-rechtliche Leistungen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen (SZ 68/157). Soweit die Unterhaltsbedürfnisse einer Person infolge einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung von einem Dritten gedeckt werden, bestehen keine Unterhaltsansprüche gegen einen nach Privatrecht Unterhaltspflichtigen, weil kein Anspruch auf Doppelversorgung besteht. Deshalb werden auch Sozialleistungen, die nicht dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes für einen Sonderbedarf dienen oder nach den gesetzlichen Bestimmungen auf den Unterhalt nicht anrechenbar sind, als Einkommen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen. Anderes kann nur für Sozialleistungen zur Deckung des Mehraufwandes für einen bestimmten Sonderbedarf gelten. Die öffentlich-rechtliche Leistung wird im Unterhaltsverfahren daher grundsätzlich als Einkommen behandelt, und zwar sowohl dann, wenn es um dasjenige des Unterhaltspflichtigen als auch, wenn es um das Einkommen des Unterhaltsberechtigten geht. Im zweiten Fall ist der Gesichtspunkt entscheidend, dass kein Anspruch auf Doppelversorgung besteht. Daher wurden in der Rechtsprechung die Sozialhilfe nach verschiedenen Landesgesetzen, die Notstandshilfe, die Ausgleichszulage und das Karenzurlaubsgeld als Einkommen qualifiziert, Pflegegeld und Hilflosenzuschuss aber nicht, soweit damit ein Mehraufwand (Sonderbedarf) gedeckt wird (vgl 6 Ob 257/01i mwN).

In der Rechtsprechung wurde allerdings die Frage, in welcher Weise sich die in den einzelnen Sozialhilfegesetzen für erbrachte Leistungen geregelten Ersatzpflichten und Legalzessionen auf den Unterhaltsanspruch des Leistungsempfängers auswirken, bisher nicht völlig einheitlich gelöst. Einerseits wurde bei landesgesetzlich vorgesehenen aufgeschobenen Legalzessionen (bei diesen wird die Zession mit einer Verständigung des Unterhaltsverpflichteten durch den Sozialhilfeträger bewirkt), entschieden, dass mangels einer schriftlichen Anzeige des Rechtsüberganges Sozialhilfeleistungen nicht auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen seien (SZ 60/191; 8 Ob 550/89; vgl auch 8 Ob 621/90), andererseits aber, dass Sozialhilfeleistungen auf den Unterhalt auch dann anzurechnen seien, wenn der Gesetzgeber eine (aufgeschobene) Legalzession angeordnet habe (7 Ob 642/88; 7 Ob 591/94 ua).

Bei der Frage, ob sich der Bezug einer laufenden Geldleistung im Rahmen der Sozialhilfe, hier etwa die Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 16 OöSHG durch den Unterhaltsberechtigten gegenüber dem Unterhaltspflichtigen unterhaltsmindernd auswirkt, muss jedenfalls die Erwägung, eine Doppelversorgung zu vermeiden, im Vordergrund stehen, wenn eine solche Doppelversorgung nicht dem Gesetzeszweck entspricht (7 Ob 642/88; 8 Ob 591/91; 6 Ob 257/01i). Anhaltspunkte für die Absicht des Gesetzgebers bieten die gesetzlichen Regelungen über den Rechtsübergang der Unterhaltsansprüche und über die Kostenbeitragspflicht. Dass der oberösterreichische Landesgesetzgeber nicht beabsichtigte, dem unterhaltsberechtigten Sozialhilfeempfänger eine Doppelversorgung zukommen zu lassen, ergibt sich klar aus der auch im OöSHG 1998 vorgesehenen Regelung über den Rechtsübergang der Unterhaltsansprüche und über die Rückersatzpflicht des Unterhaltsberechtigten.

Nach den hier maßgebenden Bestimmungen des OöSHG 1998 ist soziale Hilfe nur soweit zu leisten, als der jeweilige Bedarf nicht durch Leistungen Dritter tatsächlich gedeckt ist (§ 2 Abs 5). Soziale Hilfe kann grundsätzlich (unter anderem) nur Personen geleistet werden, die von einer sozialen Notlage bedroht werden, sich in einer sozialen Notlage befinden oder eine solche noch nicht dauerhaft überwunden haben (§ 6 Abs 1 Z 2). Eine soziale Notlage liegt (ua) bei Personen vor, die ihren Lebensunterhalt oder den Lebensunterhalt von ihren unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben, nicht decken können (§ 7 Abs 1 Z 1). Als Geldleistungen der sozialen Hilfe kommen einmalige oder laufende Zahlungen in Betracht (§ 13 Abs 1). Die §§ 45 ff OöSHG regeln den Ersatz für die geleistete soziale Hilfe und den Übergang von Ansprüchen. Ersatzpflichtig sind der Empfänger sozialer Hilfe (§ 45 Abs 1 Z 1) und - soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung - dem Empfänger sozialer Hilfe gegenüber unterhaltspflichtige Angehörige (Z 3) und Personen, denen gegenüber der Empfänger sozialer Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat (Z 4). Der Empfänger sozialer Hilfe ist (ua) zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt (§ 46 Abs 1 Z 1). Gemäß § 47 Abs 1 haben gesetzlich zum Unterhalt verpflichtete Angehörige des Empfängers sozialer Hilfe im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Ersatz zu leisten. Eine Ersatzpflicht besteht nicht, wenn der Ersatz wegen des Verhaltens des Hilfeempfängers gegenüber der unterhaltspflichtigen Person sittlich nicht gerechtfertigt wäre oder wenn durch den Ersatz der Erfolg der Hilfe gefährdet würde. Ausnahmen von der Ersatzpflicht gelten sowohl hinsichtlich des Empfängers sozialer Hilfe (etwa wenn dieser minderjährig ist oder wenn die soziale Hilfe einen bestimmten Betrag nicht übersteigt) als auch für bestimmte unterhaltspflichtige Angehörige (§ 46 Abs 2, § 47 Abs 3). In § 49 ist der Übergang von Rechtsansprüchen geregelt. Der hier wesentliche § 49 Abs 1 Satz 1 lautet: "Vertraglich oder gerichtlich festgesetzte Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegen einen Dritten, die der Deckung jenen Bedarfes dienen, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat, gehen für den Zeitraum, in dem soziale Hilfe geleistet wurde, bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den Träger sozialer Hilfe über, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat". Gemäß § 52 Abs 2 dürfen Ansprüche gemäß den §§ 46 bis 49 nicht geltend gemacht werden, wenn dadurch die wirtschaftliche Existenz der leistungspflichtigen Person und der ihr gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen sowie des Lebensgefährten gefährdet wird. Gemäß § 52 Abs 3 kann von der Geltendmachung von diesen Ansprüchen abgesehen werden, wenn das Verfahren mit unverhältnismäßig hohen Kosten oder einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden wäre.

Zunächst ist hervorzuheben, dass nach der hier maßgebenden Gesetzeslage die Legalzession der Unterhaltsansprüche der Sozialhilfeempfängerin gegen den Unterhaltspflichtigen zu Gunsten des Sozialhilfeträgers gemäß § 49 OöSHG nicht nur die schriftliche Anzeige des Überganges gegenüber dem Unterhaltspflichtigen voraussetzt, sondern auch, dass die Unterhaltsansprüche bereits vertraglich oder gerichtlich festgesetzt sind. Daher kann sich der Sozialhilfeträger, wenn vor der gerichtlichen Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung Sozialhilfe gewährt wird, um den Berechtigten bei Bestreitung des Lebensunterhaltes zu unterstützen, nicht im Wege der Legalzession beim Unterhaltspflichtigen regressieren, wenn das Gericht das Unterhaltsbegehren des Unterhaltsberechtigten abweist, sei es auch mit der Begründung, dass der Bezug der Sozialhilfeleistung als Einkommen des Unterhaltsberechtigten gilt und daher den Unterhaltsanspruch in diesem Umfang mindert oder zum Erlöschen bringt. Wird kein Unterhaltstitel geschaffen, hat der Unterhaltsberechtigte auch keine Möglichkeit, Unterhalt vom Unterhaltspflichtigen hereinzubringen, sodass der Sozialhilfeträger auch nicht den Empfänger der Sozialhilfe mit der Begründung, dieser sei infolge Unterhaltsnachzahlungen zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt, zum Ersatz der bereits gewährten Sozialhilfe heranziehen kann. Dies führt zu dem unhaltbaren Ergebnis, dass der Unterhaltspflichtige zu Lasten des Sozialhilfeträgers - endgültig - von seiner Unterhaltspflicht entlastet wurde, wäre die Sozialhilfe undifferenziert als Einkommen des Unterhaltsberechtigten zu werten. Wird hingegen der Unterhaltspflichtige zur Unterhaltsleistung ungeachtet des Bezuges von Sozialhilfeleistungen durch den Unterhaltsberechtigten gerichtlich verpflichtet, hat der Sozialhilfeträger die Möglichkeit, Unterhaltsrückstände und allenfalls auch die laufenden Unterhaltsbeiträge - etwa wenn Schwierigkeiten bei der Hereinbringung zu befürchten sind, die dem Unterhaltsberechtigten abgenommen werden sollen - selbst zu vereinnahmen, indem er von der Anzeigemöglichkeit des § 49 OöSHG Gebrauch macht. Er kann aber auch davon absehen und im Fall seitens des Unterhaltspflichtigen geleisteter Nachzahlungen und (problemlos) laufender Unterhaltszahlungen den Unterhaltsberechtigten zum Ersatz bereits geleisteter Sozialhilfe in Anspruch nehmen (§ 45 Abs 1 Z 1) und seine laufenden Leistungen einstellen, weil sich der Unterhaltsberechtigte Sozialhilfeempfänger nicht mehr in einer anspruchsbegründenden Notlage befindet (§ 27). Diesen trifft auch eine besondere Anzeigepflicht hinsichtlich jeder Änderung seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse (§ 28 Abs 1).

Zu einer Doppelzahlung kann es nur dann kommen, wenn der Sozialhilfeträger von einer Rückersatzpflicht überhaupt, also sowohl gegen den Empfänger der Sozialhilfe als auch gegen den Unterhaltspflichtigen, Abstand nimmt. Die Gefahr einer Doppelversorgung ist aber jedenfalls für jenen Zeitraum, für den die Klägerin ohnehin bereits zum Rückersatz der von ihr bezogenen Sozialhilfeleistungen verpflichtet wurde, auszuschließen. Die Frage des Rückersatzes von Sozialhilfeleistungen steht nicht in der Willkür des Sozialhilfeträgers (vgl §§ 45 ff OöWHG: "... haben Ersatz zu leisten ..."; "... ist zum Ersatz verpflichtet ..."), sondern ist von bestimmten gesetzlich geregelten Voraussetzungen abhängig. Dass der Sozialhilfeträger hier solche Voraussetzungen - zumindest bei der unterhaltsberechtigten Klägerin - nicht für gegeben erachtet, zeigt sich daran, dass er die Sozialhilfeleistungen von der Klägerin zurückforderte und keine weiteren an sie auszahlte, als der Beklagte auf Grund der ihn zum Unterhalt verpflichtenden einstweiligen Verfügung tatsächlich Unterhalt leistete. Erst als der Beklagte die Zahlungen einstellte, wurde der Klägerin wieder Sozialhilfe gewährt.

Durch die aufgezeigte Konstellation unterscheidet sich der hier vorliegende Fall von jenen Fällen, in denen die Rechtsprechung Sozialhilfeleistungen als unterhaltsminderndes Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten qualifizierte. Soweit der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 1 Ob 108/01s eine andere Rechtsansicht entnommen werden sollte, könnte ihr nicht beigestimmt werden, weil sie auf das Prinzip der Nachrangigkeit der Sozialhilfe nicht Bedacht nimmt.

2.) Zur Aufteilung der vom Beklagten bezogenen Abfertigung:

Das Berufungsgericht hat die Grundsätze der Rechtsprechung, auf welchen Zeitraum einmalige Zahlungen, die der Unterhaltspflichtige erhält, bei der Unterhaltsbemessung aufzuteilen sind, zutreffend dargestellt. Entscheidend sind die Umstände des jeweiligen Falles (RIS-Justiz RS0009667). Eine Aufteilung des Gesamtbetrages auf jenen Zeitraum, der den in der Abfertigung enthaltenen Monatsentgelten entspricht, kann ebenso gerechtfertigt sein wie eine Zuschussrechnung zur Erhaltung des früheren monatlichen Durchschnittseinkommens (5 Ob 125/01w; 7 Ob 232/01w). Die Aufteilung der Abfertigung auf so viele Monate, als sie dem zuletzt bezogenen Monatsentgelt entspricht, ist zwar in jenen Fällen angemessen, in denen die Abfertigung zumindest im gewissen Maß als Überbrückungshilfe bis zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes dient (8 Ob 1562/91; 4 Ob 2327/96a). Der Überbrückungscharakter einer Abfertigung tritt aber in den Hintergrund, wenn der Unterhaltspflichtige angesichts seines Alters und seines beruflichen Werdeganges sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar ist und mit keiner neuerlichen (unselbstständigen) Beschäftigung, sei es auch mit einem zumutbaren geringeren Einkommen, rechnen kann, denn auch in einem solchen Fall steht die Vorsorge eines höheren Einkommens für einen längeren Zeitraum eindeutig im Vordergrund, weil klar ist, dass der Unterhaltspflichtige nicht nochmals eine Abfertigung erreichen kann (1 Ob 224/98t).

Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass der Beklagte, der als Kraftfahrer beschäftigt und im Zeitpunkt seiner Kündigung 52 Jahre alt war, wenig Chancen am Arbeitsmarkt hatte und damit rechnen musste, womöglich die Zeit bis zum Pensionsbezug überbrücken zu müssen, ist nicht zu beanstanden. Es ist daher hier die Aufteilung der Abfertigung auf einen längeren Zeitraum als jenen, der der Zahl der Monate entspricht, die für die Berechnung der Abfertigung maßgebend waren, durchaus angezeigt. Die vom Berufungsgericht vorgenommene, im Ergebnis ohnehin nur über einen Zeitraum von etwa eineinhalb Jahren reichende Aufteilung ist zu billigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.