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OGH vom 05.05.1998, 7Ob79/98p

OGH vom 05.05.1998, 7Ob79/98p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz M*****, vertreten durch Dr.Gerhard Schatzlmayr und Dr.Klaus Schiller, Rechtsanwälte in Schwanenstadt, wider die beklagte Partei Johanna L*****, vertreten durch Mag.Friedrich Kühleitner, Rechtsanwalt in Schwarzach, wegen restlicher S 91.700,-- sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 86/97p-27, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom , AZ 5 Cg 222/95m-18, im angefochtenen Umfang aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung:

Über Vermittlung durch die (frühere Zweit-)Beklagte wurde der Kläger Mitglied der European Kings Club Re-Insurance (Europe) Ltd, im folgenden kurz EKC. Er erwarb sogenannte "Letters" (= Beteiligungsscheine) um S 264.600,--. Statt der ihm in Aussicht gestellten Rendite erhielt er lediglich Rückzahlungen im Gesamtbetrag von S 81.200,--.

Die Beklagte war ab September 1993 freie Mitarbeiterin der Marketing und Vertrieb Andreas R***** GmbH, die ihrerseits Vermittler der von der EKC-Re-Indurance (Europe) Ltd. ausgestellten Letter war. Ihre Aufgabe bestand darin, Anträge auf Letterzeichnungen entgegenzunehmen, die eingezahlten Gelder in Empfang zu nehmen und gegenüber der Marketing und Vertrieb Andreas R***** GmbH abzurechnen, wofür sie Anspruch auf Provision von DM 40,-- bzw DM 55,--, nicht aber auf ein Fixum, hatte. Die Provisionszahlungen hatte sie selbst zu versteuern. Um einen Letter zeichnen zu können, mußte ein Interessent zunächst Mitglied beim European Kings Club werden, wobei sich der Jahresbeitrag auf S 700,-- belief. Am unterfertigten der Kläger sowie die Zweitbeklagte ein entsprechendes Antragsformular und bezahlte der Kläger auch sofort den Mitgliedsbeitrag von S 700,--. Vor Beginn ihrer Tätigkeit beantragte die Beklagte nach Rücksprache mit der Andreas R***** GmbH einen auf das Gewerbe "Warenpräsentation unter ständiger Betrauung seitens des Auftraggebers" lautenden Gewerbeschein, welcher von der BHI-W*****-Land am ausgestellt wurde. Bei Beginn ihrer Tätigkeit als Betreuerin wurde sie in Salzburg von Andreas R***** zwei Tage lang eingeschult. Wofür die einbezahlten Beiträge verwendet wurden, wußte sie im Detail nicht. Bei Mitarbeiterschulungen war ihr immer erklärt worden, die Gelder würden in der "Hochfinanz" und für "diverse Projekte" veranlagt werden, "aus verständlichen Gründen" könne näheres aber nicht bekanntgegeben werden, die Mitarbeiter würden allerdings "zu gegebener Zeit" informiert werden. Überdies wußte die Beklagte nicht darüber Bescheid, wie die Rückversicherung über den EKC-Insurance Ltd. funktionierte. Dies zu überprüfen empfand sie nicht als ihre Aufgabe und hielt sie auch gar nicht für möglich, weil sie nur als Subvermittlerin für die Marketing und Vertrieb Andreas R***** GmbH tätig gewesen ist und den Mitarbeitern von dieser Gesellschaft erklärt worden war, dies fiele nicht in deren Kompetenz. Die Beklagte wußte zwar, daß die Letter von der EKC ausgestellt waren, über die Firma auf den Bahamas erkundigte sie sich aber aus den dargestellten Gründen nicht. Nach ihrer Auffassung handelte es sich nicht um ein "Pyramidenspiel", weil ein Anleger beim gegenständlichen System keine weiteren Anleger werben mußte.

Die Beklagte hat selbst in Letter investiert und daraus Auszahlungen erhalten, diese aber auch immer reinvestiert. Ihre Kenntnisse über den European Kings Club bezog die Beklagte - abgesehen von der erwähnten Einschulung - über diverse Prospekte, und zwar eine "Kurzinformation" und einen Hochglanzprospekt des European Kings Club, in welchem dessen Statuten abgedruckt waren. Im übrigen geht aus diesen beiden Prospekten nicht hervor, wie die Geldanlage im Detail erfolgen soll. Sie befassen sich vielmehr im wesentlichen mit der Werbung für die Teilnahme am System. Erst im November 1994 wurde an alle Anleger eine Broschüre übermittelt, in welcher - ohne Nennung konkreter Firmen - verschiedene Beteiligungsformen, etwa die Beteiligung an Hotelanlagen, an Unternehmen im Bereich der Umwelttechnologie, der Computertechnologie oä, erwähnt wurden. Auch die Beklagte hatte bis zu diesem Zeitpunkt keine darüber hinausgehenden Informationen. In dieser Broschüre fand sich auch erstmals ein Hinweis auf das mit dem Erwerb von Lettern verbundene Risiko, und zwar durch folgende auszugsweise wiedergegebene Darstellung:

"Die von der EKC-Insurance Ltd. erhofften und erwarteten Umsatz- und Ertragszahlen sind im hohen Maße ungewiß. Alle durch die EKC-Re-Insurance Ltd. erzielten Gewinne aus den vergangenen Jahren sind grundsätzlich keine Gewähr dafür, daß künftig entsprechende Erträge erzielt werden. Die EKC-Re-Insurance Ltd. ist bei ihren Zusagen von hohen monatlichen Einnahmen ausgegangen und ist für die kommenden Monate und Jahre Verpflichtungen eingegangen, die in dem Fall notleidend werden können, wenn Einnahmen ins Stocken geraten oder gar total zum Erliegen kommen. Schwierig wird es sicher auch, genügend Führungskräfte und ausreichend qualifizierte Mitarbeiter für die künftigen Anlageentscheidungen der EKC-Re-Insurance Ltd. zu rekrutieren, ob die EKC-Re-Insurance Ltd. auch weiterhin in der Lage sein wird, das vereinbarte Kapital aus den Letterverkäufen so zu plazieren, daß die vertraglich vereinbarten Zahlungen an die Inhaber der Promissory-Note möglich sein werden, ist ebenfalls ungewiß und beinhaltet theoretisch ein hohes Maß an Risiko, worauf laut Rechtsprechung und Gesetz hingewiesen werden muß, die EKC-Re-Insurance Ltd. darf deshalb keinerlei Garantie dafür geben, daß auch weiterhin die prognostizierten Umsatzzahlen aus dem Verkauf der Letter oder Gewinne aus den Beteiligungen erzielt und die abstrakten Zahlungsversprechen eingehalten werden. Laut Rechtsprechung und Gesetz ist mit größter Vorsicht bei der Bewertung aller Werte und Einnahmen aus den bisher eingegangenen Beteiligungen zu betrachten. Ob diese Beteiligungen auch weiterhin Gewinne abwerfen, kann gegenwärtig niemand sicher sagen. Trotz allen Bemühen der EKC-Re-Insurance Ltd. könnte es vorkommen, daß einzelne oder alle bisher eingegangenen Beteiligungen wenig oder keine Gewinne mehr erzielen. Dies könnte unter Umständen bedeuten, daß die Inhaber der EKC-Re-Insurance Letter (Promissory-Note) keine Gewinnanteile mehr erhalten und sogar ihre Rechte aus den abstrakten Zahlungsversprechen (Letter) notleidend werden". Nach Darstellung weiterer Risken, insbesondere aufgrund der "umsatz- und verkaufshemmenden Presseaktivitäten" wird schließlich die Conclusio gezogen, daß der Erwerb einer Promissory-Note nur für Personen geeignet ist, die über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, sodaß sie gegebenenfalls den Verlust des Erwerbspreises verschmerzen können.

Die Beklagte informierte den Kläger erstmals im Herbst 1993 im Zuge eines nachbarschaftlichen Gespräches am gemeinsamen Gartenzaun über die Möglichkeiten, durch Zeichnung von Lettern einen Gewinn von 70 % zu erzielen. Dabei erklärte sie sinngemäß, daß Banken sogar mehr als 100 %ige Gewinne erzielen würden. Das investierte Geld würde im Bereich der Hochfinanz und im Umweltschutz veranlagt. Konkrete Firmen, bei denen das Geld veranlagt würde, nannte die Beklagte nicht. Dem Kläger standen auch keine schriftlichen Unterlagen zur Verfügung. Als er im September 1993 erstmals Letter zeichnete, war für ihn entscheidend, daß die Familie der Beklagten seriös erschien und der (frühere Dritt-)Beklagte Bankbeamter ist. Die Beklagte hat ihn überdies auf die auf der Rückseite der Lettern abgedruckte Garantieerklärung hingewiesen. Nach der Zeichnung der ersten beiden Letter am zeichnete der Kläger am weitere 12 Letter, wofür er auch die versprochenen Auszahlungen und die Rendite erhielt.

Bereits im Jahr 1994 wurden allen Mitgliedern des EKC laufend Informationsschreiben der L***** Datenverarbeitung übersandt, welche sich der Kläger vor der Zeichnung der klagsgegenständlichen Letter aber nie richtig durchlas, zumal er sich auf die Angaben der Beklagten verließ. Demnach zeichnete er am den Letter Nummer 139356 zum Kapitalbetrag von S 9.800,--, am den Letter Nummer 235257 zu S 58.800,-- und am den Letter Nummer 235269 zu S 196.000,--. Dafür erhielt er bis November 1994 auch Zahlungen, ab Dezember 1994 erfolgten wegen Geldmangels keinerlei Auszahlungen mehr. Zieht man vom gesamten Einzahlungsbetrag die erhaltenen Zahlungen ab, so ergibt sich ein Differenzbetrag von S 183.400,-- zu Lasten des Klägers.

Das Finanzierungssystem des EKC war nach Art eines Pyramidenspieles in der Weise aufgebaut, daß zumindest überwiegend die einbezahlten Beträge sowie die versprochenen Renditen aus den jeweiligen beim Neuerwerb von Lettern getätigten Einzahlungen geleistet werden. Die Beklagte hatte auf die Organisation und die Abwicklung dieses Spieles, insbesondere auch auf die Auszahlung der Letter keinerlei Einfluß.

Der Kläger begehrt von der Beklagten (und im erstanzlichen Verfahren deren Ehegatten und Sohn als Mitbeklagten, wobei jedoch das gegen diese erhobene Klagebegehren bereits rechtskräftig abgewiesen ist) den aus der Differenz zwischen den eingezahlten und ausbezahlten Beträgen resulterienden Schaden von S 183.400,--. Die Beklagte habe ihn über allfällige Risken der Veranlagung nicht aufgeklärt, sondern im Gegenteil seine Bedenken durch wortgewandte Argumentation zerstreut. Damit habe diese vorvertragliche Sorgfalts- und Aufklärungspflichten gröblichst verletzt. Die Beklagte sei als wesentliche Gestalterin bzw als Person mit beherrschendem Einfluß auf das Vertriebssystem des EKC in Österreich anzusehen. Sie habe den Kläger über die tatsächliche finanzielle Situation des EKC in Irrtum geführt; der Käger hätte bei Kenntnis der wahren finanziellen Lage des EKC keine Beteiligungen erworben. Sie habe ein massives wirtschaftliches Interesse am Zustandekommen der Beteiligung des Klägers gehabt, habe dessen besonderes persönliches Vertrauen ausgenützt. Sie habe seine Bedenken gegen die in Aussicht gestellte Rendite von 70 % damit zerstreut, daß sie ihm erklärt habe, sie selbst, ihr Ehemann und ihr Sohn hätten das gesamte verfügbare Bargeld beim EKC investiert, was sie nicht tun würden, wären sie nicht von der absoluten Risikolosigkeit dieser Anlageform überzeugt; sie bekämen ihr Geld immer ordnungsgemäß ausbezahlt. Sie habe mehrfach erklärt, daß die eingezahlten Beträge 100 %ig sicher in potenten Unternehmen veranlagt seien, daß keinerlei Risiko bestünde, daß das System noch mindestens 20 Jahre laufen würde und daß es sich um kein Umschichtungs- oder Pyramidenspiel handle. Die Beklagte habe den Kläger auf die Garantieerklärung auf der Rückseite der Letters hingewiesen und dahin aufgeklärt, daß der EKC für die pünktliche Bezahlung aller Geldsummen hafte und eine entsprechende Deckung durch Eigenkapital und Reserven vorhanden sei. Auch bei diversen Informationsveranstaltungen habe die Beklagte erklärt, daß das System des EKC 100 %ig sicher und risikolos sei; dabei habe sie darauf hingewiesen, daß der EKC die hohen Renditen im Gegensatz zu Banken an seine Kunden weitergebe. Weiters hafte die Zweitbeklagte wegen des Verstoßes nach § 2 Kapitalmarktgesetz (KMG).

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein:

Der Kläger habe von Anfang an die Verwendung der Anlagen gekannt; er habe von ihr entsprechendes Prospektmaterial erhalten. Eine Beraterfunktion sei nicht ausgeübt worden; ein Vertragsverhältnis mit dem Kläger habe nicht bestanden. Es sei ihm auch nicht zugesichert worden, daß es sich bei dieser Anlageform um eine risikolose Geldinvestition handle. Vielmehr habe dem Kläger klar sein müssen, daß es sichere Geldanlagen mit einer Rendite von etwa 70 % jährlich nicht gebe, daß es sich dabei vielmehr um hoch spekulative Anlagen mit hohem Risiko handle. Jedenfalls liege ein gravierendes Mitverschulden des Klägers vor. Für sie sei beim Verkauf der Letters nicht erkennbar gewesen, daß die Geldanlage notleidend werden könnte. Seit April 1994 habe jeder Zeichner von Letters aufgrund von Pressemeldungen gewußt, daß die Repräsentanten des EKC bereits verhaftet worden seien. Für die Auszahlung der Rendite sei sie nicht zuständig gewesen. Sie sei keine Person mit beherrschendem Einfluß auf das Vertriebssystem des EKC gewesen. Es treffe sie keine wie immer geartete Haftung; sie sei passiv nicht legitimiert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegenüber allen Beklagten ab, wobei die Abweisung des Klagebegehrens hinsichtlich des früheren Erst- und Drittbeklagten in Rechtskraft erwuchs.

In rechtlicher Beziehung verneinte das Erstgericht die Haftung der (früheren Zweit-)Beklagten, weil sie als bloße Subvertreterin tätig gewesen sei. Weder ein eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen der Geldanlage noch ein besonderes Vertrauensverhältnis habe bestanden; die Zweitbeklagte habe keine außergewöhnliche Sachkunde besessen und keine Einflußmöglichkeit auf die Vertragsabwicklung gehabt.

Das Berufungsgericht hob über Berufung des Klägers gegen eine S 91.700,-- übersteigende Abweisung seines Begehrens gegenüber der (früheren Zweit-)Beklagten im begehrten Umfang auf und trug dem Erstgericht nach Verfahrensergänzung die Fällung einer neuen Entscheidung auf. Es erklärte die Erhebung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes treffe auch den (bloßen) Anlagevermittler eine Aufklärungsverpflichtung über den vom Kunden beabsichtigten Erwerb, selbst wenn er nicht mit besonderer Vertrauenswerbung hervortrete, soweit der Anlageinteressent klar mache, er wolle - bezogen auf eine bestimmte Anlageentscheidung - die einschlägigen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen und soweit dieser die gewünschte Tätigkeit auch entfaltet habe. Der dadurch zustande gekommene Vertrag beschränke sich auf Auskunftserteilung und verpflichte den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über jene tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluß des Interessenten von Bedeutung seien. Um dieser Verpflichtung entsprechen zu können, müsse sich der Anlagevermittler vorher selbst auf verläßliche Weise über die Wirtschaftlichkeit (Ertragsfähigkeit) der Anlage und - nicht zuletzt - über die Bonität des Kapitalsuchenden informieren, weil seine Auskünfte sonst jeder objektiven Grundlage entbehrten; zumindest aber müsse der Anlagevermittler, sei er dazu nicht imstande, dies dem Interessenten offenlegen. Dies gelte besonders dann, wenn der (bloße) Anlagevermittler im Zuge seiner Werbung ein besonderes Vertrauen seines Kunden in Anspruch genommen habe, indem er damit werbe, selbst auch in beträchtlichem Umfang Letters erworben zu haben, womit er die mangelnde objektive Information über die Ertragsfähigkeit der beworbenen Kapitalanlageform und der Bonität des EKC ersetze oder überspiele. Mit eben dieser Werbepraxis sei die Beklagte selbst dann noch fortgefahren, als in den Medien bereits über den EKC abträglich berichtet worden sei. Die vorliegenden Feststellungen reichten trotz detailliertem Sachvorbringen des Klägers bzw trotz entsprechender Beweisergebnisse nicht aus, um beurteilen zu können, ob die beklagte Partei für ihre Person in erheblichem Maß Vertrauen in Anspruch genommen habe. Der Kläger habe diesbezüglich ein umfassendes Vorbringen erstattet. Das Erstgericht werde daher detaillierte Feststellungen darüber, wie die Zweitbeklagte ihre Tätigkeit entfaltete, welche Auskünfte sie erteilte, ob der Kläger Zweifel anmeldete oder Widerspruch erhob, wie die Zweitbeklagte damit umging, ob sie die Veranlagungsform als vollkommen risikolos hinstellte, in welcher Weise Club- und Informationsabende abliefen etc., zu treffen haben. Eine Haftung wegen eines Verstoßes nach § 9 KMG komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte eine Veranlagung im Sinn des § 1 Abs 1 Z 3 KMG nicht vertrieben habe. Eine deliktische Haftung der Beklagten scheide aus, weil ihr der Charakter der von ihr vermittelten Anlage als Pyramidenspiel und damit als verbotenes Glücksspiel nicht bekannt gewesen sei.

Der gegen diesen Beschluß von der Beklagten erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß nach der neuen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (1 Ob 182/97i = ÖBA 1998, 230 sowie 7 Ob 118/97x) der bloße Anlagevermittler gegenüber dem Ankäufer von Pyramidenspielanteilen dann haftet, wenn er sich selbst nicht über die Risikoträchtigkeit der von ihm vermittelten Beteiligung informiert hat und trotzdem bei den Vertragsverhandlungen mit dem zukünftigen Anleger im besonderen Ausmaß persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt weiters daß er selbst ein ausgeprägtes Geschäftsinteresse am Zustandekommen des Ankaufes hatte. Diese Ansicht wurde vom Obersten Gerichtshof im wesentlichen damit begründet, daß durch die Darstellung eines typischen Risikogeschäftes als sicherer Anlageform gegenüber dem Anleger schlüssig ein Auskunftsvertrag zwischen dem bloßen Anlagevermittler und diesem zustandekommt. Hat der Anlagevermittler durch diese seine Darstellung den Anleger zur Zeichnung solcher Beteiligung veranlaßt, so haftet er selbst dann, wenn er auch selbst von der Seriosität des von ihm vermittelten Anlagegeschäftes überzeugt war, weil er ein solches Geschäft nicht ohneweiteres als sichere Anlageform anpreisen darf. Die Haftung aus einem - stillschweigend zustandegekommenen - Beratervertrag ist nämlich dann zu bejahen, wenn der Anlagenvermittler Auskünfte erteilt, die für den Interessenten erkennbar von erheblicher Bedeutung sind und die für diesen Grundlage wesentlicher Entschlüsse oder Maßnahmen werden. Der Kunde vertraut darauf, daß dem Anlagenvermittler der nötige Einblick in die angebotene Beteiligung gewährt worden ist oder ihm gegenüber anderweitige Nachweise erbracht worden sind. Den Anlagevermittler verpflichtet dies zu einer eigenen vollständigen Information über all die Tatsachen, die für den Entschluß des Interessenten zu einer bestimmten Anlage von besonderer Bedeutung sind. Liegen dazu objektive Daten nicht vor oder verfügt der Anlagevermittler mangels eingeholter oder gar einholbarer Informationen bloß über ein unzureichendes Wissen, so muß er dies dem anderen Teil offenlegen. Schadenersatzansprüche gegen einen Anlageberater wegen Verletzung (vor-)vertraglicher Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten kommen daher dann in Betracht, wenn der Anlagevermittler eine auf unrichtigen bzw unvollständigen Ermittlungen beruhende und deshalb unrichtige Prognose erstellt, ohne den Anleger auf diese Umstände hinzuweisen oder ihn über seine fachliche (In-)Kompetenz aufzuklären. In solchen Fällen gibt sich der Anlageberater dem Anleger gegenüber den Anstrich der Sachkunde im Sinne des § 1299 ABGB, sodaß er dann auch dem dort geregelten Sorgfaltsmaßstab unterliegt. Durch den Erhalt einer Provision aus dem so vermittelten Geschäft ist die Tätigkeit des bloßen Anlagevermittlers als entgeltlich zu beurteilen. Zentrales Argument bei der Werbung für die Letters war die extrem hohe "Verzinsung", die auf dem regulären Kapitalmarkt auch nicht annähernd erzielt werden kann. Die Fragen nach der Risikoträchtigkeit dieser Anlage wurden nach den vorliegenden Feststellungen nicht thematisiert, obwohl bei derartigen Erträgnissen nichts näher lag, als eine erhöhte Risikoträchtigkeit, die ertragreiche Anlageformen zu begleiten pflegt. Wer sich als Anlagevermittler betätigt, hat über die dafür erforderlichen und von den Anlageinteressenten, die gerade bei dieser Vertriebsmethode regelmäßig ohne jede Geschäftserfahrung und ohne jede ausreichenden konkreten Kenntnisstand sind, erwarteten Kenntnisse zu verfügen bzw offenzulegen, daß dies bei ihm nicht der Fall ist. Dieser Rechtsauffassung hat sich der erkennende Senat in seiner weiteren Entscheidung 7 Ob 293/97g neuerlich angeschlossen.

Nach den vorliegenden Feststellungen war die Beklagte durch Zwischenschaltung der Vertriebsfirma Andreas R***** GmbH, die ihrerseits Vermittler von EKC ausgestellten Letters war, als selbständige Handelsvertreterin auf Provisionsbasis mit dem Verkauf dieser "Beteiligungen" aufgrund einer eigenen Gewerbeberechtigung tätig. Der Unterschied der Sachlage gegenüber den zitierten Vorentscheidungen besteht nur darin, daß zwischen dem EKC und der Beklagten ein weiterer Mittler eingeschaltet war, mit dem der Anleger aber keinen Kontakt bis zur Zeichnung der Letters hatte. Aus diesem Grund besteht daher keine von den zitierten Vorentscheidungen für die rechtliche Beurteilung abweichende Sachverhaltsgrundlage. Soweit jedoch das Berufungsgericht die Feststellungsgrundlage über die konkrete Form in der die Beklagte ihre Tätigkeit gegenüber dem Kläger entfaltete, welche Auskünfte sie erteilte und ob der Kläger Zweifel anmeldete oder Widerspruch erhob, wie die Beklagte damit umging und ob sie in diesem Zusammenhang die Veranlagungsform als vollkommen risikolos darlegte, insbesondere auch zur Ausmittlung des Mitverschuldens des Klägers für ergänzungsbedürftig erachtet, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, diese auch die Beweiswürdigung betreffenden Umstände aufzugreifen. Der Aufhebungsbeschluß war daher zu bestätigen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.