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OGH vom 21.09.2017, 7Ob3/17t

OGH vom 21.09.2017, 7Ob3/17t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. K***** P*****, vertreten durch Mag. Elisabeth Brandstetter, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. N***** A*****, vertreten durch Abel & Abel Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 60.228,99 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 15 R 128/16b-16, mit dem die Bezeichnung der beklagten Partei berichtigt und dem Rekurs der klagenden Partei gegen das Urteil (richtig: den Beschluss) des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 19 Cg 39/15t-12, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Dem „außerordentlichen Revisionsrekurs“ (insoweit richtig: Rekurs) gegen die Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei wird Folge gegeben und Punkt 1. des angefochtenen Beschlusses ersatzlos aufgehoben.

II. Im Übrigen, nämlich betreffend Punkt 2. des angefochtenen Beschlusses, wird der außerordentliche Revisionsrekurs gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Über das Vermögen des Klägers wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom der Konkurs eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt.

Der Kläger leidet an einer schweren entzündlichen Wirbelsäulenerkrankung. Er erhält Pflegegeld der Stufe 5 und eine Bundespension vom Beklagten (in seiner Funktion als Masseverwalter) in voller Höhe ausbezahlt. Seit 2007 steht dem Kläger auch ein Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitspension zu. Von dieser erhält er vom Masseverwalter jedoch nur einen Teilbetrag ausbezahlt.

Der Kläger begehrte zuletzt die mit 60.228,99 EUR sA bezifferte Differenz zwischen der ihm zuerkannten Berufsunfähigkeitspension und den ihm vom Beklagten (Masseverwalter) davon ausbezahlten Teil. Sein durchschnittlicher monatlicher Aufwand für eine bescheidene Lebensführung einschließlich des notwendigen Pflegeaufwands betrage 4.829 EUR. Es sei das Existenzminimum gemäß § 292a EO entsprechend anzuheben. Da das Existenzminimum nicht zur Insolvenzmasse gehöre, unterliege der Kläger hinsichtlich der geltend gemachten Forderung keiner Prozesssperre. Die Klage richte sich „wie jede Klage gegen den beklagten Masseverwalter“ gegen diesen „als Privatperson“ und ohne Zusatz „als Masseverwalter“, weil der Kläger nicht wissen könne, ob dieser „den Kostenvorschuss bereits vereinnahmt habe“. Allerdings werde nicht mehr begehrt, als dem Beklagten seitens der pensionsauszahlenden Stellen zugeflossen sei.

Das Erstgericht wies mit „Urteil“ (richtig: Beschluss) das Klagebegehren wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück.

Das Rekursgericht berichtigte von Amts wegen die Bezeichnung des Beklagten durch Anfügung des Beisatzes „als Masseverwalter im Konkursverfahren des Klägers“ (Punkt 1.) und gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge. Der Kläger nehme nach dem Klagsvorbringen den Beklagten in seiner Funktion als Masseverwalter in Anspruch, weshalb dessen Parteibezeichnung in diesem Sinn zu berichtigen sei. § 292a EO sei mangels gesetzlicher Anordnung im Insolvenzverfahren nicht unmittelbar anzuwenden, weshalb eine über das Existenzminimum des § 291a EO hinausgehende Auszahlung der Bezüge nur durch eine Überlassung iSd § 5 Abs 1 KO erfolgen könne, was der Kläger schon – erfolglos – angestrebt habe.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil keine erhebliche Rechtsfrage zu klären gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers, in dem dieser einen Aufhebungsantrag stellt und die Verfahrensfortsetzung gegen den Beklagten ohne Berichtigung seiner Parteibezeichnung anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist, soweit es sich gegen die vom Rekursgericht vorgenommene Berichtigung der Parteibezeichnung richtet, zulässig (RIS-Justiz RS0039608) und berechtigt; im Übrigen ist der Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1. Der Kläger hat immer darauf beharrt, den Beklagten „als Privatperson“ in Anspruch nehmen zu wollen. In einem solchen Fall ist die amtswegige Berichtigung der Parteibezeichnung nicht zulässig (vgl RIS-Justiz RS0107428 [T5, T 6]). Der Berichtigungsbeschluss des Rekursgerichts war daher ersatzlos zu beheben. An dem an Vorbringen und Begehren zu messenden Inhalt des vom Kläger gegen den Beklagten erhobenen Anspruchs, der auf dessen Tätigkeit als Masseverwalter aufbaut, ändert dies freilich nichts.

2. Es ist hier nicht zu entscheiden, ob § 292a EO im Rahmen eines Insolvenzverfahrens (unmittelbar oder analog) anzuwenden oder in einem einschlägigen Fall (nur) im Rahmen des § 5 Abs 1 KO/IO vorzugehen ist (vgl dazu 1 Ob 362 und 428/28 = ZBl 1928/257; 5 Ob 313/58 = JBl 1959, 214 = RIS-Justiz RS0063666; LGZ Wien und das LG St. Pölten in Mohr, IO11 E 13, 17; Kodek, Handbuch Privatkonkurs2 Rz 260; Mohr, Privatkonkurs2 29; Schneider, Privatinsolvenz2 63; Buchegger in Bartsch/Pollak, Insolvenzrecht4§ 1 Rz 122, § 5 Rz 51 FN 112; vgl zum Schuldenregulierungsverfahren § 205 IO). Maßgeblich ist vielmehr, dass nach der bezeichneten, insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung und Lehre (soweit letztere zu dieser Frage Stellung nimmt) die Entscheidung über die Freigabe entsprechender Beträge jedenfalls im Insolvenzverfahren zu treffen ist, nicht aber vom (Gemein-)Schuldner im Klageweg gegen den Insolvenzverwalter vorgegangen werden kann. Der Revisionsrekurs des Klägers zeigt keine überzeugenden Gründe auf, von dieser herrschenden Ansicht, der das Rekursgericht mit der Verneinung der Zulässigkeit des Rechtswegs gefolgt ist, abzugehen. Das bloße Alter der einschlägigen Vorentscheidungen des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 362 und 428/28 = ZBl 1928/257; 5 Ob 313/58 = JBl 1959, 214 = RIS-Justiz RS0063666) ist für das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage – entgegen der Ansicht des Klägers – nicht maßgebend (RIS-Justiz RS0120883). Eine nachvollziehbare Grundlage für gegen den Beklagten in Betracht kommende Schadenersatz- oder Bereicherungsansprüche zeigt das Rechtsmittel ebenfalls nicht auf. In der Sache ist der Revisionsrekurs daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig und demnach zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00003.17T.0921.000

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