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OGH vom 21.06.2011, 1Ob99/11g

OGH vom 21.06.2011, 1Ob99/11g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Leasing GmbH, *****, vertreten durch Kapp Rechtsanwalts GmbH in Seiersberg, gegen die beklagte Partei A***** GmbH Co KG, *****, Deutschland, vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg, Mag. Florian Haslwanter und Dr. Clemens Grünzweig, Rechtsanwälte in Wien, wegen 513.511,65 EUR sA und Abbau einer Betriebsanlage (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 20/11t 35, mit dem das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom , GZ 27 Cg 72/09w 31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit die Revisionswerberin wiederholt den Versuch unternimmt, behauptete Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens zum Gegenstand ihrer Revisionsausführungen zu machen, ist sie darauf hinzuweisen, dass lediglich die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens als Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO in Betracht kommt. Hat allerdings das Berufungsgericht einen in der Berufung behaupteten Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens verneint, kann dieser in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (vgl nur RIS Justiz RS0042963).

2. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt entgegen der Auffassung der Revisionswerberin auch nicht darin, dass sich das Berufungsgericht nicht ausreichend mit ihrer Beweisrüge auseinandergesetzt hätte. Grundsätzlich ist das Berufungsgericht nicht verpflichtet, sich mit jedem einzelnen Beweisergebnis bzw mit jedem einzelnen Argument des Berufungswerbers auseinanderzusetzen (RIS Justiz RS0043162). Ein Mangel des Berufungsverfahrens ist grundsätzlich nur gegeben, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht oder in nicht ausreichend nachvollziehbarer Weise befasst hat (RIS Justiz RS0043371). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Ein Verstoß gegen eine allfällige Bindung an den im ersten Rechtsgang ergangenen Aufhebungsbeschluss ist schon deshalb zu verneinen, weil das Erstgericht die aufgetragene Verfahrensergänzung ohnehin vorgenommen hat, wobei es in der Auswahl der geeigneten Beweismittel nicht präjudiziert war.

3. Ob die Vorinstanzen bestimmte Beweisergebnisse zutreffend gewürdigt und daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen haben, ist eine Frage der Beweiswürdigung und vom Revisionsgericht nicht überprüfbar. Selbst wenn das Berufungsgericht wie ihm der Revisionswerber vorwirft eine bestimmte Aussage eines Zeugen unrichtig verstanden oder interpretiert haben sollte, kann dies vom Revisionsgericht nicht mehr aufgegriffen werden.

4. Die Ausführungen der Revisionswerberin zur vermeintlich unzutreffenden Beurteilung der Beweislast durch die Vorinstanzen gehen schon deshalb ins Leere, weil sich die in der Revision erörterte Beweislastfrage im Hinblick auf die mangelfreie Erfüllung durch die Beklagte gar nicht stellt, wurde doch festgestellt, dass die Anlage nach dem Einbau eines neuen Ventilators nicht mehr mangelhaft, sondern vielmehr funktionsfähig war, und dass nun die vereinbarten Trocknungswerte erreicht und die vereinbarte Leistung erbracht wurden. Steht demnach die mangelfreie Leistung der Beklagten fest, bleibt insoweit für Überlegungen zur Beweislast für den Fall der Unaufklärbarkeit dieses Umstands kein Raum.

5. Nach dem festgestellten Sachverhalt verweigerte die Leasingnehmerin der Klägerin trotz Funktionsfähigkeit der Anlage die Ausstellung der vorgesehenen Übernahmebestätigung. Danach erklärte die Klägerin den Vertragsrücktritt. Die Auffassung der Revisionswerberin, es seien „Gründe für eine gerechtfertigte Verweigerung“ der Übernahmebestätigung vorgelegen und die Beklagte habe Gegenteiliges auch nicht behauptet, ist vor dem Hintergrund der getroffenen Tatsachenfeststellungen unverständlich, zumal die Revisionswerberin auch nicht offenlegt, welche gerechtfertigten Gründe dies sein könnten. Der Hinweis darauf, dass ein Werk im Falle der Vereinbarung eines Abnahmeverfahrens erst nach Durchführung dieses Verfahrens als vollendet anzusehen ist, ist zwar grundsätzlich richtig, betrifft aber jedenfalls nicht den Fall, in dem der Besteller trotz festgestellter Vertragsgemäßheit des Werks die Beteiligung an einem solchen Abnahmeverfahren bzw die Ausstellung einer Übernahmebestätigung zu Unrecht verweigert. Damit kann die eingetretene Erfüllungswirkung nicht beseitigt werden.

Soweit die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang ausführt, im Rahmen der vorliegenden Dreiparteienvereinbarung bleibe kein Raum für ein Absehen vom Vorliegen der Übernahmebestätigung der Leasingnehmerin als auslösendes Element für die Zahlungspflicht der klagenden Leasinggeberin, lässt die Revisionswerberin nähere inhaltliche Argumente für ihre Rechtsansicht vermissen. Fraglich könnte es allenfalls sein, ob in einer solchen Konstellation der Leasinggeber eine Zahlung an den Lieferanten verweigern kann, wenn er die Richtigkeit einer vorliegenden Übernahmebestätigung bestreitet, nicht aber, ob er von seiner Zahlungspflicht entbunden ist, wenn die Lieferung (letztlich) vertragsgemäß und mangelfrei erfolgt ist, der Leasingnehmer aber zu Unrecht eine formelle Bestätigung der Übernahme verweigert. Der Revisionswerber erörtert auch in keiner Weise, warum er in einer solchen Konstellation zum (unverzüglichen) Vertragsrücktritt gegenüber dem Lieferanten berechtigt sein sollte.

6. Wurde die Anlage nun letztlich in den bedungenen Zustand versetzt, kann sich die Revisionswerberin auch nicht auf die Vereinbarung berufen, wonach es zur Rückabwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses kommen soll, wenn die Anlage trotz des neu eingebauten Filters technisch, aus welchem Grund auch immer, nicht funktionstüchtig ist . Diese Situation lag nicht vor, steht doch fest, dass die Anlage schließlich nach Einbau eines neuen Ventilators funktionierte und die vereinbarten Trocknungswerte erreichte. Die herangezogene Vertragsklausel bezieht sich allerdings nicht auf den Fall, in dem die funktionstüchtige Anlage später funktionsuntüchtig wird , was offenbar von der Revisionswerberin unter Hinweis auf einen später eingetretenen „Totalcrash“ behauptet wird. Da spätere Funktionsmängel der Anlage ganz unterschiedliche Ursachen haben können, kann dies keinesfalls ohne Weiteres zu dem vertraglich vorgesehenen Recht eines Vertragspartners, die Rückabwicklung zu verlangen, führen. Vielmehr hätte die Klägerin hier den Beweis zu führen gehabt, dass die später eingetretene Funktionsuntüchtigkeit der Anlage auf einen von der Beklagten zu vertretenden Mangel zurückzuführen ist.

7. Die Revisionswerberin bestreitet nicht, dass sie sich erstmals im Berufungsverfahren darauf berufen hat, sie sei zur Vertragsauflösung (auch) wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage berechtigt. Ihrer in der Revision erörterten Auffassung, sie habe schon im Verfahren erster Instanz ausreichendes Tatsachenvorbringen erstattet, ist entgegenzuhalten, dass es hier nicht nur um die Subsumtion eines bestimmten Sachverhalts unter die eine oder andere Rechtsnorm geht, sondern dass die angestrebten Rechtsfolgen der Auflösung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Ausübung eines entsprechenden Gestaltungsrechts voraussetzen. Dass die Klägerin ein solches Gestaltungsrecht (vgl Bollenberger in KBB³ § 901 ABGB Rz 13 mwN) schon im Verfahren erster Instanz in ausreichend deutlicher Weise geltend gemacht hätte, behauptet sie selbst nicht.

Im Übrigen kann auch nicht ihrer Rechtsauffassung gefolgt werden, dass ein Leasinggeber zur Auflösung eines Vertrags mit dem Lieferanten unter Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt wäre, wenn der Leasingnehmer in Konkurs verfällt und das von ihm betriebene Unternehmen geschlossen wird. Die von der Revisionswerberin in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung (1 Ob 579/94) betrifft eine ganz andere Sachverhaltskonstellation und behandelt auch nur den allfälligen Wegfall der Geschäftsgrundlage des Leasingvertrags, um den es hier aber nicht geht. Dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dem Fall, dass aufgrund der insolvenzbehördlichen Schließung des Unternehmens des Leasingnehmers vor Leistung des gesamten Kaufpreises der Vertrag zwischen dem Lieferanten und dem Leasinggeber wegfällt, fehlt, lässt sich einfach dadurch erklären, dass in einer solchen Konstellation der von der Revisionswerberin angestrebte Wegfall des Vertrags eben nicht in Betracht kommt.

8. Wiederholt erörtern die Revisionsausführungen einen „Totalcrash“ der Anlage (nach der Schließung des Unternehmens der Leasingnehmerin im Insolvenzverfahren), wie erwähnt, jedoch ohne dass dargelegt wird, aus welchen Gründen es zu diesem „Crash“ gekommen sein soll und inwieweit er der beklagten Lieferantin zugerechnet werden könnte. Schon aus diesem Grund ist ein Eingehen auf die Behauptung eines „Totalschadens“ der Anlage nicht möglich, wird doch auch in der Revision nicht offengelegt, aus welchen Gründen die Revisionswerberin daraus welche Rechtsfolgen ableiten will.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Fundstelle(n):
IAAAD-68191