OGH vom 15.11.1989, 3Ob82/89
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Asghar A***-A***, Kaufmann, Saeb 211, Täbris, Iran, vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R*** Ö*** (Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern und Zollamt Wien), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 46 R 47/89-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom , GZ C 32/88t-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.
Text
Begründung:
Samad A***-A*** erstand im Versteigerungsverfahren
E 4006/83 des Erstgerichtes am die Liegenschaft EZ 2208/KG Gablitz, unternahm aber in der Folge keine Schritte, die bücherliche Einverleibung seines Eigentumsrechtes zu wirken. Im Rahmen einer Exekution gemäß § 328 EO bewilligte das Erstgericht zu E 95/87 mit Beschluß vom zugunsten der beklagten Partei zur Hereinbringung von 163.200 S und 16,308.460 S sA unter anderem die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erstehers und die Einverleibung von zwangsweisen Pfandrechten für die Forderungen der beklagten Partei. Diese Exekutionsbewilligungen erwuchsen in Rechtskraft und wurden zu TZ 91/87 im Grundbuch vollzogen.
Zur Hereinbringung derselben Forderungen sowie der Exekutionskosten aus E 95/87 wurde zugunsten der beklagten Partei zu E 4044/87 des Bezirksgerichtes Purkersdorf die Zwangsversteigerung der strittigen Liegenschaft bewilligt.
Gegen die Exekutionsverfahren E 95/87 und E 4044/87 wendet sich die vorliegende Exszindierungsklage. Der Kläger behauptet, Samad A***-A*** habe die strittige Liegenschaft auf Grund einer anfangs Oktober 1983 abgeschlossenen Treuhandvereinbarung nur als Treuhänder erstanden. Der Kläger als Treugeber könne daher die Unzulässigkeit der Exekution begehren. Die Beendigung des Verfahrens E 95/87 schade nicht.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt die Treuhandvereinbarung, wendete mangelnde aktive Klagslegitimation ein und machte einredeweise verschiedene Tatbestände nach der Anfechtungsordnung geltend.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es nahm die Treuhandvereinbarung nicht als erwiesen an, sondern erblickte in den dazu vorgelegten Urkunden eine nachträgliche Konstruktion, begründete die Entscheidung aber hilfsweise auch damit, daß die Exszindierungsklage wegen Beendigung des Exekutionsverfahrens E 95/87 nicht mehr berechtigt sei.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Es ging auf die Mängelrüge zur Frage des Abschlusses der Treuhandvereinbarung aus rechtlichen Erwägungen nicht ein, sondern vertrat die Auffassung, daß eine Exszindierungsklage nur bis zur Beendigung des bekämpften Exekutionsverfahrens möglich sei. Die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung sei mit der Eintragung der Pfandrechte beendet. Gegen die Exekution E 95/87 könne daher nicht mehr Widerspruch erhoben werden. Die durch die Zwangspfandrechte geschaffene Rechtslage wirke insofern fort, als die Pfandgläubigerin auch die Zwangsversteigerung führen könne. Selbst wenn man vom Vorliegen eines Treuhandverhältnisses ausginge, könne die klagende Partei die Liegenschaft nur mit den Zwangspfandrechten übernehmen und müsse daher die Zwangsversteigerung dulden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist berechtigt.
Es trifft zwar zu, daß die Exszindierungsklage nur gegen ein noch nicht beendetes Exekutionsverfahren mit Erfolg erhoben werden kann (SZ 53/112; JBl 1987, 666). Die beiden Exekutionsverfahren E 95/87 und E 4044/87 sind jedoch noch nicht beendet. Für das Versteigerungsverfahren liegt dies auf der Hand. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ist aber auch die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung noch nicht mit der Eintragung des Pfandrechtes beendet, sondern erst mit der Befriedigung der Forderung (Heller-Berger-Stix 491 mwN; EvBl 1970/152 ua; vgl auch § 96 EO: Einschränkung). Die Besonderheit, daß die beiden Zwangspfandrechte hier durch eine Exekutionsführung nach § 328 EO entstanden sind, ändert an dieser Rechtslage nichts. Die Prüfung der Frage, ob ein gültiges und wirksames Treuhandverhältnis vorliegt, kann daher nicht unterbleiben. Nach herrschender Auffassung kann, wie auch die beiden Vorinstanzen angenommen haben, der Treugeber einer vom Gläubiger des Treuhänders auf das Treugut geführten Exekution gemäß § 37 EO widersprechen, auch wenn das Treugut vom Treuhänder unmittelbar von einem Dritten erworben wurde (Heller-Berger-Stix 465; Strasser in Rummel, ABGB, Rz 42 zu § 1002; Lehner in NZ 1986, 121 !124 ; Avancini-Iro-Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht I Rz 4/161 und 5/99; Entscheidungen wie JBl 1963, 429 mit zustimmender Glosse von Kastner; EvBl 1970/380 oder MietSlg 35.855). Bei den Rechten des Treugebers handelt es sich allerdings nicht um einen dinglichen Anspruch. Der Treugeber macht in einem solchen Fall vielmehr geltend, daß das Treugut zwar im Eigentum des Verpflichteten stehe, daß es aber nicht dem Vermögen des Verpflichteten zuzurechnen sei und damit nicht zum Befriedigungsfonds der Gläubiger des Treuhänders gehöre.
Dies unterscheidet die Geltendmachung eines Treuhandverhältnisses als Exszindierungsgrund von der Geltendmachung eines gewöhnlichen obligatorischen Anspruches zB aus einem Kaufvertrag. Hier gehört der Kaufgegenstand auch nach etwaiger Bezahlung des Kaufpreises noch zum Vermögen des Verkäufers, und erst mit der Übergabe des Kaufgegenstandes an den Käufer wird die Sache dem Befriedigungsfonds der Gläubiger des Verkäufers entzogen. Der Hinweis der Revisionsbeantwortung auf das Judikat 186 geht daher fehl.
Ein Gutglaubensschutz im Sinne des § 1500 ABGB kommt bei der exekutiven Begründung eines Pfandrechtes oder eines mit der Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens entstehenden Befriedigungsrechtes nicht in Betracht.
Schon aus dem Wesen der Exszindierungsklage ergibt sich, daß der Treugeber, der einer auf das Treugut geführten Exekution gegen den Treuhänder entspricht, nicht verpflichtet ist, die durch diese unzulässige Exekution schon entstandenen Befriedigungsrechte einer betreibenden Partei zu berücksichtigen. Die Beseitigung dieser Befriedigungsrechte ist vielmehr gerade der Zweck der Exszindierungsklage. Eine andere Frage ist es, daß bei der Prüfung eines Treuhandverhältnisses jeglicher Verdacht ausgeräumt sein muß, daß dieses von den Vertragspartnern nicht im nachhinein zur Schädigung der Gläubiger des Treuhänders konstruiert wurde (Heller-Berger-Stix sowie Strasser je aaO).
Das Berufungsgericht muß daher die zu den Feststellungen des Zustandekommens eines Treuhandverhältnisses erhobene Mängel- und Rechtsrügen erledigen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs. 1 ZPO.