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OGH vom 16.05.2006, 5Ob70/06i

OGH vom 16.05.2006, 5Ob70/06i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Lovrek und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Gerhard Renner, Dr. Gerd Höllerl, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Stefan N*****, vertreten durch Dr. Elisabeth Scheuba, Rechtsanwältin in Wien, wegen Aufkündigung über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 39 R 316/05t-45, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 20 C 494/04d-39, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentlichen Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der am verstorbene Dr. Kurt W***** war Mieter der Wohnung Top Nr 19 im Haus *****, das im Alleineigentum der klagenden Partei steht.

Der Beklagte, der vormals im Verfahren als Nebenintervenient neben der Verlassenschaft nach dem verstorbenen Mieter einschritt, ist seit rechtskräftig eingeantworteter Alleinerbe der Verlassenschaft nach Dr. Kurt W***** (GZ 9 A 210/03t-167 des BG Innere Stadt Wien).

Dr. Kurt W***** wurde am geboren. Er starb im Alter von 75 Jahren am .

Im Jahr 1999 lernte Dr. W***** den um fasst 50 Jahre jüngeren Beklagten in St. Pölten kennen. Der Beklagte lebte damals in einer Mietwohnung in St. Pölten und arbeitete als Restaurator in Wien. Er restaurierte in der Folge auch alte Gegenstände für Dr. W***** und besuchte diesen in seiner Wohnung. Aufgrund der gleichgelagerten Interessen für Kunst und ihrer tiefen Religiosität kam es zur Entwicklung einer engen Beziehung zwischen beiden. Die Besuche des Beklagten bei Dr. W***** in Wien wurden häufiger, fallweise übernachtete er auch bei ihm. Ende des Jahres 1999 bot Dr. W*****, der seine Wohnung in der ***** allein bewohnte, dem Beklagten an, zu ihm in die Wohnung zu ziehen. Im Jänner oder Februar 2000 zog der Beklagte in die aufgekündigte Wohnung und gab Ende des Jahres 2000 seine Mietwohnung in St. Pölten auf. Die Kosten für die Wohnung in der ***** trug Dr. W*****, ebenso die Ausgaben für das Essen. Der Beklagte übte seinen Beruf als Restaurator zunächst weiter aus. Daneben unterstützte er Dr. W***** bei der Verwaltung von dessen Forstgut in der Steiermark.

Dr. W***** hatte bereits an Parkinson gelitten, als er den Beklagten kennen lernte. Ab Oktober 2001 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand zusehends und es kam zu Verwirrtheitszuständen. Dr. W***** hatte die Absicht, den Nebenintervenienten zu adoptieren, wozu es jedoch aufgrund der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes nicht mehr kam.

Ab Oktober 2001 gab der Beklagte seine Berufstätigkeit auf und kümmerte sich um Dr. W*****. Er erledigte Einkäufe, kochte für ihn, half ihm beim An- und Ausziehen, bei der Körperpflege etc. Er erhielt dafür von Dr. W***** monatlich einen Betrag von S 25.000. Vom 9. 2. bis wurde Dr. W***** darüber hinaus von der Organisation „Helfende Hände" durch eine Heimhelferin betreut, die dreimal zwei Stunden täglich in der Wohnung war.

Ab Oktober 2001 kam es aufgrund des sich verschlechternden Gesundheitszustandes immer wieder zu Krankenhausaufenthalten von Dr. W*****. Ab Anfang November 2002 befand er sich ständig in Krankenhäusern oder Hospizen und kehrte bis zu seinem Tod am nicht mehr in die aufgekündigte Wohnung zurück. Am war ihm vom BG Innere Stadt Wien ein vorläufiger Sachverwalter bestellt worden.

Der Beklagte hatte im Jahr 2000, als er seine Mietwohnung in St. Pölten aufgab, von einem Freund Dr. W*****s eine ca 30 m² große Wohnung in der ***** in ***** angemietet, um dort seine Möbel und persönlichen Sachen aus seiner St. Pöltner Wohnung sowie Restaurationsmaterial lagern zu können. Die Wohnung besteht aus Zimmer, Küche und Kabinett sowie einem WC. Eine Wasserentnahmestelle gibt es nur im WC, und zwar nur einen Kaltwasseranschluss. Die Wohnung verfügt über keine Heizung. Sie wurde vom Beklagten niemals zu Wohnzwecken, sondern nur zu Lagerzwecken verwendet. Der Beklagte wohnt nach wie vor in der aufgekündigten Wohnung. Er verfügt über keine andere Wohnmöglichkeit.

Am erhob die klagende Partei gegen die Verlassenschaft nach Dr. Kurt W***** eine Aufkündigung, weil die Wohnung nach dem Tod des Mieters keinem dringenden Wohnbedürfnis einer eintrittsberechtigten Person mehr diene. Sie machte damit den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG geltend.

Die beklagte Partei (damals noch die Verlassenschaft nach Dr. W*****) erhob fristgerecht Einwendungen gegen die Aufkündigung, beantragte deren Aufhebung und Abweisung des Räumungsbegehrens und brachte vor, die aufgekündigte Wohnung diene seit dem Tod des bisherigen Mieters dem dringenden Wohnbedürfnis des nunmehrigen Beklagten. Diesem stehe ein Eintrittsrecht nach § 14 MRG zu, weil er mit dem Erblasser durch weit mehr als drei Jahre hindurch in einer Haushaltsgemeinschaft im wirtschaftlichen Sinn gelebt habe.

Der nunmehrige Beklagte trat als Nebenintervenient dem Verfahren bei, beantragte ebenfalls die Kündigung aufzuheben und das Räumungsbegehren abzuweisen und führte aus, dass ihn mit dem verstorbenen Mieter eine innige Freundschaft verbunden habe. Die Verbundenheit durch tiefe Religiosität und gemeinsame kulturelle Interessen habe dazu geführt, dass Dr. W***** ihn ersucht habe, in seine Wohnung zu ziehen. Zwischen beiden habe eine besondere persönliche Bindung und ein Zusammengehörigkeitsgefühl bestanden. Somit sei eine auf Dauer eingerichtete, in wirtschaftlicher und persönlicher Hinsicht mit einer Ehe zu vergleichende Gemeinschaft zwischen beiden entstanden. Jedenfalls habe zwischen beiden auch eine starke sexuelle Anziehung bestanden, wenn diese auch nicht ausgelebt worden sei (ON 16/AS 73, mündliche Streitverhandlung ). Die Gemeinschaft habe bis zum Tod des Dr. W***** im Mai 2003 bestanden. Der Umstand, dass Dr. W***** zuletzt im Krankenhaus leben musste, habe den Fortbestand des gemeinsamen Haushalts nicht ausgeschlossen. Dr. W***** habe nämlich immer den sehnlichsten Wunsch gehabt, in die Wohnung zurückzukehren.

Darüber hinaus habe der Nebenintervenient (nunmehr Beklagter) ein dringendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung, weil er keine gleichwertige, beziehbare oder zumindest zumutbare Wohnmöglichkeit habe.

Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und verpflichtete die beklagte Verlassenschaft, der Klägerin die geräumte Wohnung binnen 14 Tagen zu übergeben.

Über die eingangs wiedergegebenen Feststellungen hinaus traf das Erstgericht noch folgende weitere Feststellung:

Zwischen dem Nebenintervenienten (nunmehrigen Beklagten) und Dr. W***** bestand ein enges freundschaftliches Vertrauensverhältnis. Zu sexuellen Beziehungen kam es nicht. Es bestand auch keine sexuelle Anziehung zwischen dem Nebenintervenienten (= Beklagten) und Dr. W*****.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht ein Eintrittsrecht des damaligen Nebenintervenienten und nunmehrigen Beklagten gemäß § 14 Abs 2 und 3 MRG. Seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom , mit der die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 6 Ob 2325/96x für konventionswidrig wegen Verletzung von Art 8 iVm Art 14 EMRK erkannt worden sei, sei die davor judizierte Beschränkung des Eintrittsrechts auf Personen verschiedenen Geschlechts bei Vorliegen einer Lebensgemeinschaft nicht mehr aufrecht zu halten. § 14 Abs 3 zweiter Satz MRG sei daher dahin auszulegen, dass davon grundsätzlich auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften erfasst seien. Im vorliegenden Fall liege jedoch keine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft vor. Zwar komme es nach der Judikatur nicht auf das Bestehen von Geschlechtsbeziehungen zwischen den Lebensgemeinschaftspartnern an, es müssten jedoch ähnliche persönliche Bildungen zwischen solchen Personen vorliegen, sodass etwa eine Mutter-Sohn-ähnliche Beziehung die Voraussetzungen nicht erfülle. Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens habe zwischen Dr. W***** und dem Eintrittswerber eine Vater-Sohn-ähnliche Beziehung vorgelegen, was sich auch darin geäußert habe, dass Dr. W***** beabsichtigte, den Eintrittswerber zu adoptieren. Möge das Verhältnis zwischen beiden auch innig und freundschaftlich gewesen sein, so reiche dies allein für die Annahme einer Lebensgemeinschaft nicht aus. Ausreichende Anhaltspunkte für eine eheähnliche Beziehung habe das Beweisverfahren nicht ergeben. Dass sich der Eintrittswerber nach Verschlechterung des Gesundheitszustandes um Dr. W***** gekümmert und auch gewisse Pflegeleistungen für diesen erbracht habe, mache aus dem freundschaftlichen Vater-Sohn-ähnlichen Verhältnis noch keine eheähnliche Beziehung, zumal Dr. W***** den Eintrittswerber für die Erbringung dieser Dienstleistungen auch entsprechend bezahlt habe. Für die Annahme einer eheähnlichen Beziehung müssten, wenn es auch nicht zu Geschlechtsbeziehungen gekommen sein müsse, doch gewisse körperlich erotische Aspekte hinzutreten. Dies habe sich nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht ergeben. Ein Eintrittsrecht des nunmehrigen Beklagten sei daher zu verneinen.

Einer gegen dieses Urteil erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Ohne die sonstigen Voraussetzungen des § 14 Abs 3 MRG zu prüfen, beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, dass dem Eintrittswerber ein dringendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung fehle. Nach neuerer höchstgerichtlicher Rechtsprechung sei ein dringender Wohnbedarf im Sinn eines schutzwürdigen Interesses zu verstehen und dann zu verneinen, wenn einem Eintrittswerber eine andere ausreichende Unterkunft zur Verfügung stehe. Dabei sei immer die Gesamtheit aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Es sei nicht nur auf die Größe der anderen zur Verfügung stehenden Wohnung abzustellen, sondern auch auf die Zumutbarkeit, in die andere Wohnung zu übersiedeln. Im vorliegenden Fall sei von einem rechtlich gleichwertig gedeckten Wohnbedarf des Nebenintervenienten auszugehen. Er sei Hauptmieter einer Wohnung in der ***** in *****. Dass es sich dabei nur um ein Objekt zum Abstellen für Möbel und Arbeitsutensilien handle, sei durch unbekämpft gebliebene Feststellungen des Erstgerichtes widerlegt. Die ca 30 m² große Wohnung verfüge über Küche, Zimmer, Kabinett, WC und einen Wasseranschluss. Sie sei für eine Person als ausreichend zu beurteilen. Dass der Eintrittswerber die Wohnung nie zu Wohnzwecken, sondern zur Lagerung persönlicher Fahrnisse verwendete, deren Reinigung und Erhaltung vernachlässigte, könne der Zumutbarkeit des Wohnungswechsel nicht entgegen gehalten werden. Damit mangle es aber bereits an der Voraussetzung des dringenden Wohnbedürfnisses für das Eintrittsrecht des Nebenintervenienten, weshalb sich das Berufungsgericht mit der Frage des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen des Eintrittsrechts nicht auseinandersetzen müsse.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig, weil Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu klären seien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer Aufhebung der Aufkündigung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht unter gleichzeitiger Bewirkung einer Aktenwidrigkeit von bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zum dringenden Wohnbedürfnis des Eintrittsberechtigten abgewichen ist und noch keine höchstgerichtliche Judikatur zum Eintrittsrecht gleichgeschlechtlicher Lebensgefährten vorliegt.

Die Revision ist im Sinn des Aufhebungsantrages auch berechtigt. Während in älterer Rechtsprechung das dringende Wohnbedürfnis einer eintrittsberechtigten Person nur dann angenommen wurde, wenn die unabweisliche Notwendigkeit bestand, den anderwärts in rechtlich gleichwertiger Weise nicht gedeckten Wohnbedarf zu befriedigen und die Berücksichtigung einer faktischen Ungleichwertigkeit gänzlich verneint wurde, hat der Oberste Gerichtshof sei 1985 mehrfach ausgesprochen, dass ein dringendes Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen im Sinn eines schutzwürdigen Interesses zu verstehen und nur dann zu verneinen ist, wenn ihnen eine andere ausreichende und angemessen Unterkunft zur Verfügung steht (MietSlg 44.336; 45.264; 50.309 = wobl 1998/171; RIS-Justiz RS0069974; RS0069957 [T8; T 9; T 11]). Maßgeblich ist, ob der Eintrittswerber über eine eigene Wohnung verfügt, die er auch bereits bewohnt hat oder ob er auf andere Wohnung verwiesen werden soll. Nur im ersten Fall ist auf die unbedingte Notwendigkeit abzustellen, den beim Tod des Mieters gegebenen Zustand zu belassen. Andernfalls muss es sich um eine ausreichende und gleichartige (und rechtlich abgesicherte) Wohnmöglichkeit handeln (vgl etwa 10 Ob 103/00b ua). Der Beklagte verfügt zwar über ein 30 m² großes Mietobjekt, das nach den maßgeblichen unangefochten gebliebenen Feststellungen des Erstgerichts, die das Berufungsgericht allerdings aktenwidrigerweise missachtete, zu Wohnzwecken nicht geeignet ist, weil es als Lager- und Abstellobjekt vor allem auch für berufliche Zwecke des Beklagten, im Konkreten zur Ausübung seiner Tätigkeit als Restaurator, benützt und benötigt wird. Abgesehen vom schlechten Ausstattungs- und Erhaltungszustand dieses Objekts versteht sich von selbst, dass in einem derart verwendeten Objekt schon wegen der mangelnden Größe (30 m²) die Verwendung auch zu Wohnzwecken unzumutbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist also eine ausreichende Wohnmöglichkeit des Beklagten in diesem Objekt nicht gegeben. Damit ist sein schutzwürdiges Interesse (als solches wird das dringende Wohnbedürfnis von der Rechtsprechung verstanden) am Eintritt in das Mietverhältnis zu bejahen.

Das Berufungsgericht hat es - ausgehend von seiner nicht zu teilenden Rechtsansicht, dass der Eintrittswerber ohnedies über kein dringendes Wohnbedürfnis verfüge - unterlassen, sich mit der Beweisrüge zur Frage der behaupteten eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen Dr. W***** und dem nunmehrigen Beklagten auseinander zu setzen. Dieser kommt aber aus nachstehenden Gründen erhebliche Bedeutung zu:

Unter Lebensgefährten iSd § 14 Abs 3 MRG versteht die Rechtsprechung Personen, die in einer in wirtschaftlicher Hinsicht gleich einer Ehe eingerichteten Haushaltsgemeinschaft leben. Das ist eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen Personen desselben oder verschiedenen Geschlechts (vgl das Urteil des EGMRK , 40016/98 Karner gegen Österreich = ÖJZ 2004/2 [MRK]). Eine MRK-konforme Auslegung der Bestimmung des § 14 Abs 3 zweiter Satz gebietet demnach die Bejahung eines Eintrittsrechts - unter Gegebenheit der sonstigen Voraussetzungen - auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften.

Eine bloße Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft reicht aber auch bei gleichgeschlechtlichen Personen nicht aus, um sie den Kreis der eintrittsberechtigten Personen des § 14 Abs 3 zweiter Satz MRG zuzurechnen. Das hat die Rechtsprechung schon bisher zu Gemeinschaften zwischen Personen verschiedenen Geschlechts klargestellt (vgl MietSlg 46.255; MietSlg 48.251 = wobl 1997/39; MietSlg 34.454; RIS-Justiz RS0069673). Wohl kommt es auf das Bestehen von Geschlechtsbeziehungen zwischen diesen Personen nicht an (zuletzt LGZ Wien MietSlg 40.302 unter Hinweis auf MietSlg 21.519/14 und MietSlg 25.321), doch müssen persönliche Bindungen zwischen den Beteiligten, die den in einer eheähnlichen Gemeinschaft gleichkommen, verwirklicht, also ein eheähnliches Verhältnis begründet sein (vgl LGZ Wien MietSlg 38.308). Deshalb hat auch der OGH schon erkannt, dass eine Mutter-Sohn-ähnliche Beziehung keine Lebensgemeinschaft iSd § 14 Abs 3 MRG ist und daher kein Eintrittsrecht zu begründen vermag (MietSlg 46.255; MietSlg 47.235; RIS-Justiz RS0069765). Das Erstgericht hat die zwischen dem verstorbenen Mieter und dem Beklagten geführte Haushaltsgemeinschaft nicht als Lebensgemeinschaft iSd § 14 Abs 3 MRG bewertet, weil sie einer Vater-Sohn-Beziehung eher gleichzuhalten sei, auch wenn es zur beabsichtigten Adoption nicht gekommen sei. Zwischen dem Eintrittswerber und dem verstorbenen Mieter, der nahezu 50 Jahre älter war, habe ein enges freundschaftliches Vertrauensverhältnis bestanden. Zu sexuellen Beziehungen sei es nicht gekommen. Es habe auch keine sexuelle Anziehung zwischen dem Eintrittswerber und dem verstorbenen Mieter bestanden. Der Eintrittswerber habe den verstorbenen Mieter, der bereits im Zeitpunkt des Einzugs des Eintrittswerbers in seine Wohnung an Parkinson gelitten habe, gepflegt und unterstützt, dafür allerdings monatlich einen Betrag von S 25.000 erhalten. Der Eintrittswerber habe über Ersuchen des verstorbenen Mieters dessen Wohnung bezogen und bei ihm gelebt. Zwischen den beiden hätten gemeinsame Interessen bestanden, es habe sich ein freundschaftliches Verhältnis zwischen beiden entwickelt, schon bevor der Beklagte in die Wohnung des später verstorbenen Mieters gezogen sei. Das reiche für die Annahme einer Lebensgemeinschaft iSd § 14 Abs 3 MRG nicht aus. Bei einem eheähnlichen Verhältnis müsse es doch gewisse erotische Aspekte geben, die im vorliegenden Fall nicht erwiesen worden seien.

Das Berufungsgericht hat sich mit der umfangreichen Beweisrüge nicht auseinandergesetzt, die drauf abzielt, eine Feststellung zu erlangen, dass zwischen dem verstorbenen Mieter und dem Eintrittswerber doch ein - wenn auch nicht ausgelebtes - homosexuelles Verhältnis bestanden habe.

Um abschließend beurteilen zu können, ob das Verhältnis zwischen dem verstorbenen Mieter und dem nunmehrigen Beklagten als Lebensgemeinschaft im Sinn eines eheähnlichen Verhältnisses zwischen gleichgeschlechtlichen Personen zu werten ist, das über eine bloße Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, eine enge Freundschaft, ein Pflege- und Sekretärsverhältnis oder Vater-Sohn-Verhältnis hinausging, bedarf es einer Erledigung der Beweisrüge. Es ist zwar die Ansicht des Erstgerichtes zu teilen, dass für die Annahme einer eheähnlichen Beziehung auch eine gewisse körperlich-erotische Anziehung bestehen muss, doch ist gerade diese Frage nicht abschließend geklärt. Dass die gleichgeschlechtliche Beziehung zwischen dem Beklagten und dem verstorbenen Freund „nicht ausgelebt wurde", es also nicht zu Sexualakten kam, schließt eine eheähnliche Lebensgemeinschaft nicht von vornherein aus. Es fehlt zwar an einem offenkundigen Indiz für eine (auch) geschlechtliche Beziehung, wie sie im Regelfall für eine eheliche Gemeinschaft typisch ist; das könnte aber durch die Darlegung besonderer Gründe für die sexuelle Enthaltsamkeit - etwa den Gesundheitszustand eines Partners - aufgewogen werden. Nicht ausreichen würde ein rein freundschaftliches Verhältnis zwischen den Beteiligten, das von gemeinsamen Interessen getragen und im Wesentlichen auf die Pflege, Versorgung und Unterstützung des fast 50 Jahre älteren Mitbewohners ausgerichtet war. Wie in diesem Zusammenhang der Umstand zu werten ist, dass der Beklagte vom verstorbenen Mieter für seine Dienste angemessen entlohnt wurde, entzieht sich als Frage der Beweiswürdigung einer Beurteilung durch den OGH.

Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang allerdings noch, dass der Beklagte nicht, wie er meint, durch sein „Geständnis" den homoerotischen Aspekt seiner Beziehung zum verstorbenen Mieter bereits bewiesen hätte. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Gegner eine entsprechende Tatsachenbehauptung aufgestellt und der Beklagte diese zugestanden hätte. Eine solche Behauptung hat die klagende Partei aber nie gemacht (vgl zum Tatsachengeständnis Rechberger ZPO 2 Rz 1 zu § 267 ZPO mwN).

Andererseits ist es aber auch unrichtig, wenn die klagende Partei den Standpunkt einnimmt, der Beklagte habe ein Vorbringen dahin, dass seine Beziehung zum verstorbenen Mieter auch homoerotische Aspekte gehabt habe, niemals erstattet, weshalb sich eine Prüfung dieses Umstands verbiete. Wie oben dargestellt, hat der Beklagte - damals als Nebenintervenient - in der mündlichen Streitverhandlung vom eine solche Behauptung aufgestellt. Dieser Umstand bedarf einer Klärung, weshalb sich eine Aufhebung als unumgänglich erweist. Die Revision des Beklagten war daher berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.