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OGH vom 26.05.2021, 2Ob92/21z

OGH vom 26.05.2021, 2Ob92/21z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach S***** H*****, wegen Bestimmung des Anerben, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Sohnes A***** B*****, vertreten durch Mag. Julian Motamedi, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 55 R 118/20m-163, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Nach der Entscheidung 6 Ob 249/08y (ErwGr 3.1.) genügt für die Bestimmung zum Anerben nach dem TirHöfeG die Fähigkeit zur Leitung des Betriebs. Dass diese Aussage durch das Wort „jedenfalls“ verstärkt worden wäre, wie der Rechtsmittelwerber mehrfach betont, ist jedoch unzutreffend.

[2] Dieses Erfordernis der Fähigkeit zur Leitung des Betriebs ist im Zusammenhalt mit dem einschlägigen Gesetzeswortlaut, hier der Bestimmung des § 18 Abs 1 Z 1 TirHöfeG, zu sehen. Danach hat das Verlassenschaftsgericht einen nach § 15 TirHöfeG berufenen Anerben von der Übernahme des Hofes auszuschließen, wenn er infolge einer psychischen Krankheit, einer vergleichbaren Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfähigkeit oder einer körperlichen Beeinträchtigung offenbar unfähig ist, den Hof dauerhaft zu bewirtschaften.

[3] Nach der Vorgängerbestimmung (§ 17 Z 4 lit b TirHöfeG idF vor dem BGBl 1989/657 [Änderung des Gesetzes betreffend die besonderen Rechtsverhältnisse geschlossener Höfe]) waren von der Übernahme des Hofes in der Regel Personen ausgeschlossen, die sonst wegen geistiger oder körperlicher Gebrechen zur persönlichen Bewirtschaftung des Hofes unfähig erschienen.

[4] BGBl 1989/657 hat in § 18 Abs 1 Z 1 TirHöfeG diesen Ausschlussgrund insoweit enger gefasst, als jetzt nicht mehr die Fähigkeit zur „persönlichen“ Bewirtschaftung erforderlich ist und die Unfähigkeit nicht bloß „erscheinen“, sondern „offenbar“ sein muss.

[5] In den Materialien zu BGBl 1989/657 (ErläutRV 859 BlgNR 17. GP 11) wird zu dieser Novellierung ausgeführt:

„Abs. 1 Z 1 fasst die in § 17 Z 4 lit. a und b Tiroler Höfegesetz genannten Ausschließungsgründe zusammen, deren Reform durch das Sachwalterrecht geboten ist. […] Eine derart allgemeine Lösung wäre ferner nicht sachgerecht, weil auch ein psychisch Kranker oder geistig Behinderter in der Lage sein kann, einen Hof zu bewirtschaften, wenn er dabei unterstützt wird. Daher ist der Ausschließungsgrund enger zu fassen, indem die psychische Krankheit und die geistige Behinderung unmittelbar berücksichtigt werden (und nicht etwa die Sachwalterbestellung als ihre Folge), wenn diese Zustände den Miterben zur Bewirtschaftung des Hofes offenbar unfähig erscheinen lassen. Eine vorübergehende Unfähigkeit soll außer Betracht bleiben.“ (Hervorhebung durch den Senat)

[6] Die Beurteilung des Rekursgerichts entspricht dem geltenden Gesetzeswortlaut und den zitierten Erwägungen der Materialien, wenn die „offenbare Unfähigkeit“ des Rekursgegners mit der Begründung verneint wird, das Erstgericht habe festgestellt, dass der Rekursgegner (offenkundig trotz seiner Einschränkungen) befähigt sei, einen Hof in der geringen Größe und mit den überschaubaren Anforderungen wie im vorliegenden Fall zu bewirtschaften, zumal er sich auf die finanzielle und tatkräftige Mithilfe seiner Ziehfamilie verlassen könne.

[7] Die Beurteilung des Rekursgerichts steht auch nicht im Widerspruch zu vorhandener oberstgerichtlicher Rechtsprechung und ist somit nicht korrekturbedürftig.

[8] Die übrigen Rechtsmittelausführungen greifen unzulässig die Tatsachenfeststellungen und die Beweiswürdigung der Vorinstanzen an.

[9] Da der Rechtsmittelwerber somit keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt hat, ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0020OB00092.21Z.0526.000

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Fundstelle(n):
WAAAD-67842