OGH vom 06.10.1987, 5Ob69/87
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Griehsler, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin CAFE-K*** L*** G*** MBH,
nunmehr Ing. Horst L***, Reisenbauerring 2 a, 2351 Wiener Neudorf, vertreten durch Dr. Peter Kaupa, Rechtsanwalt in Baden, wider die Antragsgegnerin G*** W*** A***
A***, Südstadtzentrum 4, 2344 Maria Enzersdorf,
vertreten durch Dr. Dietbert Helbig-Neupauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Zulässigkeit des Entgelts für die Gebrauchsüberlassung gem. § 14 WGG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 48 R 61/87-13, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom , GZ 3 Msch 5/86-8, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der antragstellende Konditor ist auf Grund des Mietvertrages vom Mieter der Geschäftsräumlichkeiten Lokal Nr. 4 in der Geschäftshausanlage Reisenbauerring 2 a in Wiener Neudorf. Der mit der Antragsgegnerin, einer gemeinnützigen Baugesellschaft, als Vermieterin vereinbarte monatliche Mietzins beträgt S 17.247,89 und soll nach Punkt 5.2 des Mietvertrages wertbeständig nach dem Maß der Veränderung des Verbraucherpreisindexes I 1976 (1976=100) sein. Unter Berufung auf die vereinbarte Wertsicherung begehrte die Antragsgegnerin vom Antragsteller ab für die Gebrauchsüberlassung der Geschäftsräumlichkeiten ein monatliches Entgelt von S 20.990,68.
Das vom Antragsteller angerufene Erstgericht sprach aus, daß das von der Antragsgegnerin für die Überlassung des Gebrauchs der oben bezeichneten Geschäftsräumlichkeiten begehrte Entgelt insoweit unzulässig sei, als es einen Nettobetrag von S 17.247,89 übersteige; es verhielt die Antragsgegnerin zur Zurückzahlung des bis einschließlich Dezember 1986 zu Unrecht empfangenen Entgeltbetrages von S 56.141,85 an den Antragsteller. Zur Begründung seines Sachbeschlusses führte das Erstgericht im wesentlichen an, daß sich die Antragsgegnerin nicht auf die Wertsicherungsklausel berufen dürfe, weil die Einhebung von Wertsicherungsbeträgen im Sinne der taxativen Aufzählung der Entgelt-Bestandteile in § 14 WGG unzulässig sei. Die von der Antragsgegnerin aufgeschlüsselte Berechnung der kostendeckenden Miete sei unerheblich.
Das Gericht zweiter Instanz hob in Stattgebung des Rekurses der Antragsgegnerin den Sachbeschluß des Erstgerichtes mit Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung in die erste Instanz zurück. Es bejahte die als entscheidungswesentlich erachtete Rechtsfrage, ob ein ziffernmäßig unter dem zulässigen Nutzungsentgelt gemäß § 14 WGG vereinbartes Entgelt für die Gebrauchsüberlassung eines Geschäftslokals durch die Anwendung einer vereinbarten Wertsicherungsklausel bis zur Höhe des zulässigen Nutzungsentgelts hinaufgesetzt werden darf, und führte zur Begründung dieser Ansicht im wesentlichen folgende Erwägungen an:
Nach den Grundsätzen der §§ 13 und 14 f WGG 1979, das hier gemäß seinem Art. IV anzuwenden sei, dürfe eine gemeinnützige Bauvereinigung zufolge des Kostendeckungsprinzips im Rahmen ihrer Bau- und Verwaltungstätigkeit neben den Entgelten für die eigene Leistung nur tatsächlich aufgelaufene und gerechtfertigte Kosten verrechnen. Die Baulichkeit dürfe nicht teurer überlassen werden als es unbedingt notwendig sei. Dieses Prinzip werde sowohl durch überhöhte Preise und Entgelte als auch durch solche, die nicht kostendeckend sind, verletzt. Gegenüber dem Mieter oder sonstigen Gebrauchsnehmer seien die §§ 14 ff WGG verbindlich, die nur zu deren Gunsten abgeändert werden können, weshalb Verletzungen des Kostendeckungsprinzips zu ihren Gunsten nach § 21 Abs 1 Z 1 WGG wirksam blieben. Indessen seien diesen Personen nachteilige Vereinbarungen, die von den §§ 14 ff WGG abweichen, nämlich Vereinbarungen über ein höheres Entgelt, von Teilnichtigkeit bedroht, wie sich nicht nur aus § 21 WGG, sondern auch aus § 9 Abs 3 WGG ergebe. Verstöße gegen diese Normen zugunsten des Nutzungsberechtigten führten zu aufsichtsbehördlichen Maßnahmen, berührten aber nicht die Rechtswirksamkeit solcher Vereinbarungen. Das Argument des Erstgerichtes, die Wertsicherungsvereinbarung sei in den §§ 13 ff WGG nicht genannt und deshalb unzulässig, sei nicht zwingend. Zwar widerspreche der Gedanke der Wertsicherungsvereinbarung dem im WGG normierten Kostendeckungsprinzip, denn im Idealfall habe der nach den §§ 14 ff WGG zulässige Mietzins (Nutzungsentgelt) genau den kostendeckenden Betrag zu erreichen, so daß schon begrifflich kein Raum für eine Anhebung dieses Betrages durch Wertsicherung bestehe; berücksichtige man aber - wie dies von der Antragsgegnerin hier behauptet werde - , daß das vereinbarte Entgelt unter dem gesetzlich zulässigen und gebotenen Betrag liegt, dann sei eine Wertsicherungsvereinbarung zulässig, allerdings nur bis zur Erreichung jenes Betrages, der im Zeitpunkt der erstmaligen Gebrauchsüberlassung (§ 1 Abs 2 EntgRlV) hätte vereinbart werden dürfen. Die Antragsgegnerin behaupte hier, der kostendeckende Hauptmietzins betrage S 20.379,83, so daß das diesen Betrag übersteigende Nutzungsentgelt jedenfalls unberechtigt eingehoben worden sei. Da das Erstgericht jedoch, von seiner Rechtsansicht ausgehend, nicht geprüft habe, ob der von der Antragsgegnerin als kostendeckend genannte Betrag den Bestimmungen der §§ 14 ff WGG entspricht, müsse ihm eine entsprechende Ergänzung des Verfahrens aufgetragen werden, nach deren Ergebnis dann im Sinne der überbundenen Rechtsansicht zu entscheiden sei.
Diesen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz bekämpfte der Antragsteller mit Revisionsrekurs. Er begehrte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses.
Die Antragsgegnerin beantragte, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Wertsicherungsklauseln in Verträgen haben den Zweck, die davon betroffene Geldleistung unter Zugrundelegung eines bestimmten Wertmaßstabes (Preise für Waren bzw. Entgelte für Dienst- oder Werkleistungen) gegen Geldwertveränderungen abzusichern. Solche Vereinbarungen sind, dem Wesen der Vertragsfreiheit entsprechend, grundsätzlich zulässig, wenn nicht eine Sondervorschrift sie für bestimmte Vertragsbereiche (zB. Lebensversicherungsverträge nach § 1 Abs 1 BGBl. 1936/131; Bestandverträge nach den §§ 16 Abs 1 und 6 und 44 Abs 1 MRG) oder bei Heranziehung bestimmter Wertmaßstäbe (zB. Goldklauseln nach dem GoldklG BGBl. 1937/130 u.a. RV) ganz oder teilweise ausschließt. Für den Anwendungsbereich des MRG ist sowohl bei Neuverträgen (§ 16 Abs 1 und 6) als auch bei Altverträgen (§ 44 Abs 1) die Rechtsunwirksamkeit von Wertsicherungsvereinbarungen bezüglich des das gesetzlich zulässige Zinsausmaß übersteigenden Aufwertungsbetrages angeordnet; das Gesetz geht also von der grundsätzlichen Zulässigkeit solcher Klauseln aus. Gleiches gilt auch für den Anwendungsbereich des WGG, das nirgends eine Nichtigkeit oder Teilnichtigkeit solcher Klauseln gebietet. Dem Gericht zweiter Instanz ist deshalb in der Ansicht beizustimmen, daß eine Wertsicherungsklausel in dem Bereich Wirksamkeit entfaltet, der zwischen dem ursprünglich vereinbarten und entgegen dem Kostendeckungsgrundsatz unter dem wahren Wert liegenden Entgelt und dem zulässigen und gesetzlich auch gebotenen kostendeckenden Entgeltsbetrag besteht. So wie innerhalb dieses Bereiches jederzeit zwischen den Parteien eines dem WGG unterliegenden Vertrages über die Überlassung des Gebrauches einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes rechtswirksame Entgeltvereinbarungen getroffen werden können, so entfaltet auch eine Wertsicherungsvereinbarung in diesem gesetzlich zulässigen, wenngleich nicht gesetzlich erwünschten Rahmen ihre volle Rechtswirksamkeit. Auf die in diesem Zusammenhang vom Rekursgericht dargestellten Rechtsausführungen zum Sanktionsbereich des WGG bei nicht dem Kostendeckungsgrundsatz entsprechenden Verträge wird, um Wiederholungen zu vermeiden, hingewiesen.
Dem Revisionsrekurs des Antragstellers mußte aus diesen Erwägungen der Erfolg versagt werden.