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OGH vom 17.07.2018, 1Ob96/18a

OGH vom 17.07.2018, 1Ob96/18a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. T*****, vertreten durch die Karbiener Rechtsanwalts KG, Lambach, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17–19, 1011 Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 150/17x-35, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom , GZ 36 Cg 42/16b-31, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 405 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Ob ein solches Aliud vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem gestellten Begehren und dem Urteilsspruch unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen (Fucik in Fasching/Konecny² III § 405 ZPO Rz 22; RISJustiz RS0041023). Ein Aliud liegt vor, wenn die zugesprochene Rechtsfolge eine andere ist als die begehrte, wobei die zur Begründung der Rechtsfolge vorgetragenen und die zur Entscheidung herangezogenen Tatsachen miteinander zu vergleichen sind (RISJustiz RS0041027). Dabei ist nicht allein das Klagebegehren, sondern auch der übrige Inhalt der Klage (RIS-Justiz RS0041078) und der Prozessbehauptungen (RIS-Justiz RS0041165) maßgebend.

2.1 Mit seinem vierten Eventualbegehren, das alleine noch verfahrensrelevant ist, begehrte der Kläger die Feststellung, dass ein näher bezeichnetes Grundstück bis zu der durch die Aufzählung von einzelnen Vermessungspunkten definierten südlichen Grenze in seinem Alleineigentum stehe. Dazu brachte er vor, dass er mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufgefordert worden sei, binnen sechs Wochen (siehe dazu § 25 Abs 2 VermessungsG) ein für die Bereinigung des Grenzstreits bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Wie sich auch aus der Formulierung seines Begehrens ergibt, strebt er nicht (primär) die Feststellung an, er sei – aufgrund Ersitzung bzw Bauführung seiner Rechtsvorgänger – Eigentümer bestimmter Teilflächen einer bücherlich der Beklagten zugeschriebenen Liegenschaft; vielmehr geht er davon aus, es habe sich (auch) der Grenzverlauf zwischen seinem und dem Nachbargrundstück verändert und sei (auch deshalb) strittig. Dass das bezeichnete Grundstück an sich im Eigentum des Klägers steht, ist nicht fraglich.

2.2 Da nicht zweifelhaft sein kann, dass eine Streitigkeit im Zuge der Neuanlegung des Grenzkatasters vorliegt (§§ 15 ff VermG), ist die Auffassung des Berufungsgerichts unbedenklich, dass es sich bei seinem Begehren um eine Klage nach § 851 Abs 2 ABGB handelt (siehe dazu auch Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas, ABGB4§ 851 Rz 4). Eine solche ist als Eigentumsklage besonderer Art aufzufassen, die auf die Feststellung der Grenze gerichtet ist und den nach Meinung des Klägers richtigen Grenzverlauf eindeutig bezeichnen muss (RISJustiz RS0013885).

2.3 Richtet der Kläger sein Begehren auf die Feststellung eines nach Vermessungspunkten konkret bezeichneten Grenzverlaufs und – damit in untrennbarem Zusammenhang – die Feststellung seines Eigentumsrechts an dem durch diese Vermessungspunkte eindeutig bestimmten Grundstücksteil, würde die Festlegung des Grenzverlaufs in anderen als in dem in der Klage angeführten Vermessungspunkten den Zuspruch eines vom Begehren nicht umfassten Aliud bedeuten (RISJustiz RS0114308).

2.4 Grundsätzlich richtig ist zwar, dass auch bei einem Feststellungsbegehren der Zuspruch eines Minus zulässig ist (RISJustiz RS0037485; auch bei konfessorischen Feststellungsbegehren: [T11; T 13]). Soweit der Kläger jedoch geltend macht, dass sich bei dem von seinem Begehren abweichenden Grenzverlauf die seinem Eigentum zukommende Fläche verringern und daher lediglich ein Minus vorliegen würde, übergeht er, dass es bei seinem Begehren nicht – wie etwa im Fall einer behaupteten Ersitzung – bloß um die Feststellung des Eigentumsrechts an einem bestimmten Grundstücksteil geht. Die Grundstücksfläche, an der er sein Eigentumsrecht behauptet, richtet sich zwingend nach dem von ihm nach Vermessungspunkten konkret bezeichneten Grenzverlauf, und steht mit dessen Festlegung in untrennbarem Zusammenhang. Die Feststellung eines anderen Grenzverlaufs und damit des Eigentumsrechts an einer davon abweichenden Teilfläche findet im Begehren damit keine Deckung (vgl 6 Ob 226/00d). Auch wenn es daher zutreffen mag, dass der von seinem fünften Eventualbegehren abweichende Grenzverlauf, den die Vorinstanzen nach Ansicht des Klägers festzulegen gehabt hätten, lediglich zu einer geringfügigen Änderung der Grundstücksfläche führen würde, begründet es keine aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Berufungsgericht dem vierten Eventualbegehren der Klage nicht mit einer „Maßgabe“ stattgab, wie der Revisionswerber meint.

3. Auch nach den dem Rechtssatz RISJustiz RS0011001, den der Revisionswerber für einschlägig erachtet, zugrundeliegenden Entscheidungen muss der Kläger den Nachweis der von ihm behaupteten Grenze oder wenigstens eines zwischen dieser und der im Verfahren außer Streitsachen festgesetzten Grenze gelegenen Grenzverlaufs erbringen. Darüber hinaus hat ein solches Verfahren unstrittig nicht stattgefunden. Inwieweit das Verfahren vor dem Vermessungsamt einem solchen gerichtlichen Verfahren gleichzusetzen sei, kann schon deshalb nicht nachvollzogen werden, weil im Verfahren zur Neuanlegung des Grenzkatasters gerade keine Einigung über den Grenzverlauf stattgefunden hat, weswegen der Kläger aufgefordert wurde ein für die Bereinigung des Grenzstreits bestimmtes gerichtliches Verfahren einzuleiten.

4. Das Berufungsgericht hat ausführlich begründet, warum sich der Kläger nicht darauf berufen kann, dass er durch die Entscheidung des Erstgerichts überrascht worden sei (vgl dazu RIS-Justiz RS0108816) und eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz verneint. Indem er erneut einen Verstoß gegen das Verbot einer Überraschungsentscheidung rügt, versucht er unzulässigerweise einen bereits von der zweiten Instanz verneinten Mangel geltend zu machen (RIS-Justiz RS0042963).

5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00096.18A.0717.000

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