OGH vom 10.09.1991, 4Ob81/91
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sanatorium R***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Michael Kinberger, Rechtsanwalt in Zell am See, wider die beklagte Partei Betriebsrat des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Z*****, vertreten durch Dr.Rudolf Zitta und Dr.Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren: 500.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 103/91-15, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 1 Cg 194/90-5, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:
"Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher der Beklagten geboten werden soll, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Z***** in Zeitschriften, insbesondere in den 'KRANKENHAUSNACHRICHTEN', Ärzte des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Z***** reklamehaft hervorzustreichen bzw bestimmte Heilbehelfe anzupreisen, die gegen die einschlägigen Werbeverbotsbestimmungen des § 25 ÄrzteG bzw des § 25 SbgKAO verstoßen, wird abgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 11.536,20 S bestimmten Kosten des Provisorialverfahrens (darin enthalten 1.922,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 34.956 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 5.826 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung:
Im März 1990 wurde die Ausgabe Nr 1 der "KRANKENHAUSNACHRICHTEN" auf dem Postweg "An einen Haushalt" kostenlos versendet; nach dem Impressum dieser Zeitschrift war ihr Medieninhaber, Herausgeber und Finanzierer der "Betriebsrat des A.ö.Krankenhauses Z*****".
Mit der Behauptung, daß der beklagte Betriebsrat in der Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, in der genannten Zeitschrift drei namentlich genannte behandelnde Ärzte sowie bestimmte Heilbehelfe reklamehaft hervorgestrichen und damit in sittenwidriger Weise (§ 1 UWG) gegen § 25 ÄrzteG und § 25 der Salzburger Krankenanstaltenordnung (SbgKAO) verstoßen habe, beantragt die Klägerin als Betreiberin eines Sanatoriums in S***** zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung das reklamehafte Hervorstreichen von Ärzten des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Z***** bzw das Anpreisen bestimmter Heilbehelfe in Zeitschriften, insbesondere in den "KRANKENHAUSNACHRICHTEN", zu verbieten.
Der Beklagte beantragt mit dem Hinweis auf seine mangelnde Partei- und Prozeßfähigkeit die Zurückweisung des Sicherungsantrages und der Klage. Im übrigen sei das Antragsvorbringen unschlüssig und das Sicherungsbegehren - ebenso wie das Urteilsbegehren - viel zu weit gefaßt und unbestimmt. Ein Wettbewerbsverstoß liege nicht vor, weil § 25 SbgKAO die Werbung für Ärzte nicht untersage und § 25 ÄrzteG sich nur an Ärzte selbst richte. Der Klägerin obliege auch der Beweis, daß der Beklagte überhaupt in Wettbewerbsabsicht gehandelt habe; in der Zeitschrift sei nicht für Ärzte geworben, sondern nur die Bevölkerung über Veränderungen im Krankenhaus durch Vorstellung der dort tätigen Ärzte informiert worden.
Das Erstgericht gebot dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, in Zeitschriften, insbesondere in der Zeitschrift
"KRANKENHAUSNACHRICHTEN",
a) für bestimmte medizinische Behandlungsmethoden, insbesondere des Oberarztes Doz.Dr.Ernst O***** als Unfallchirurgen, und
b) für bestimmte Heilbehelfe, insbesondere der Firmen "M*****-Technik Gustav T*****" und "Sanitätshaus T*****", zu werben.
Der Beklagte sei als "Organ der öffentlichen Krankenanstalt" passiv legitimiert. Da seine Mitglieder zugleich deren Angestellte seien, sei die Wettbewerbsabsicht des Beklagten ausreichend bescheinigt. Der Beklagte habe als "Medieninhaber, Herausgeber und Finanzierer" der "KRANKENHAUSNACHRICHTEN Nr 1" nicht nur für bestimmte medizinische Behandlungsmethoden des Abteilungsvorstandes für Chirurgie, Univ.Doz. Dr.Rudolf P*****, der Oberärztin für Chirurgie Dr.Margarete P***** und des Leiters der Unfallchirurgie, OA Doz. Dr.Ernst O*****, sondern auch für Heilbehelfe der Firmen "M*****-Technik Gustav T*****" und "Sanitätshaus T*****" geworben. Er habe sich damit über das (auch) dem Schutz des lauteren Wettbewerbs dienende Wettbewerbsverbot des § 25 SbgKAO hinweggesetzt und zugleich gegen § 1 UWG verstoßen. Dem Spruch der einstweiligen Verfügung sei im Rahmen des Antragsvorbringens der Klägerin eine deutlichere Fassung zu geben gewesen.
Im zweiten Rechtsgang des Rekursverfahrens (siehe 4 Ob 177/90) änderte das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß dessen lit b) ersatzlos behoben wurde und die einstweilige Verfügung insgesamt wie folgt zu lauten habe:
"Zur Sicherung des Anspruches der klagenden und gefährdeten Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei und Antragsgegnerin aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Z***** in Zeitschriften, insbesondere in der Zeitschrift 'KRANKENHAUSNACHRICHTEN', bestimmte Ärzte, insbesondere Oberarzt Doz.Dr.Ernst O*****, unter Hinweis auf ihren medizinischen Tätigkeitsbereich reklamehaft herauszustreichen."
Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Kläger habe nur das reklamehafte Hervorstreichen bestimmter Ärzte des Krankenhauses Z***** in den "KRANKENHAUSNACHRICHTEN" des Beklagten beanstandet, nicht aber die dort erschienen Inserate der "M*****-Technik Gustav T*****" und des "Sanitätshauses T*****"; mit dem zu lit b) erlassenen Verbot habe daher das Erstgericht gegen § 405 ZPO verstoßen. Tatsächlich habe der Beklagte in seiner Zeitschrift bestimmte Ärzte des Krankenhauses Z***** unter Angabe ihrer persönlichen Daten und medizinischen Spezialgebiete sowie der von ihnen angewendeten Behandlungsmethoden hervorgestrichen. Er habe damit zugunsten dieses Krankenhauses und zum Nachteil der privaten Krankenanstalt der Klägerin in sittenwidriger Weise (§ 1 UWG) gegen das Werbeverbot des § 25 ÄrzteG verstoßen, so daß offen bleiben könne, ob darin auch - entgegen § 25 SbgKAO - eine Werbung für bestimmte medizinische Behandlungsmethoden sowie für die Anwendung bestimmter Arzneimittel oder bestimmter Heilbehelfe in Krankenanstalten gelegen war.
Gegen die einstweilige Verfügung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Sicherungsbegehrens.
Die Klägerin stellt den Antrag, dem Rechtsmittel des Beklagten nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin stützt ihren mit einstweiliger Verfügung zu sichernden Unterlassungsanspruch ausschließlich darauf, daß der Beklagte als "Medieninhaber, Herausgeber und Finanzierer" der Zeitschrift "KRANKENHAUSNACHRICHTEN" bestimmte Ärzte sowie bestimmte Heilbehelfe des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Z***** in der Absicht "reklamehaft hervorgestrichen" habe, damit den Wettbewerb des Krankenhausträgers zu fördern; er habe sich damit schuldhaft über gesetzliche Werbeverbote hinweggesetzt, damit der Träger des "Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Z*****" im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern erlange, und so durch Rechtsbruch gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG verstoßen (MR 1988, 102; ÖBl 1989, 122; EvBl 1989/100; ÖBl 1990, 7 uva; zuletzt etwa eco 1991, 261; 4 Ob 32/91). Der Beklagte kann aber im vorliegenden Fall schon aus rechtlichen Gründen gar nicht der Rechtsverletzer, also der unmittelbare Täter (Störer) gewesen sein, der für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch passiv legitimiert wäre. Außer physischen Personen können (nur) juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften Störer, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe auf Grund des Verhaltens ihrer Organe (Gesellschafter) sein, welches ihnen selbst zugerechnet wird (Koziol-Welser8 I 66;
Baumbach-Hefermehl aaO 227 EinlUWG Rz 328; Koppensteiner aaO 286;
ÖBl 1990, 123; 4 Ob 83, 84/90). Da der Inhaber eines Unternehmens gemäß § 18 UWG wegen einer nach § 1 UWG unzulässigen Handlung auch dann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn die Handlung im Betrieb seines Unternehmens von einer anderen Person begangen wurde, muß im wettbewerblichen Bereich auf die von Lehre und Rechtsprechung über das Organverhalten hinaus entwickelte Deliktshaftung juristischer Personen ("Repräsentantenhaftung"; vgl Koziol-Welser8 I 66 f; Aicher in Rummel, ABGB2, Rz 26 zu § 26; GlUNF 4.222; 4.535; JBl 1978, 87;
JBl 1980, 482) gar nicht mehr zurückgegriffen werden (4 Ob 83, 84/90). Der erkennende Senat hat hiezu bereits in seiner im ersten Rechtsgang des Rekursverfahrens ergangenen Entscheidung vom , 4 Ob 177/90, ausgeführt, daß der Gesetzgeber zwar nunmehr in § 53 Abs 1 ASGG (auch) dem Betriebsrat die Parteifähigkeit in jedem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren verliehen hat, daß aber damit über die privatrechtliche Rechtsfähigkeit des Betriebsrates noch nichts ausgesagt ist. Eine solche kommt aber nach wie vor - kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (§ 74 Abs 1,§ 86 ArbVG) - (nur) dem Betriebsratsfonds und dem Zentralbetriebsratsfonds zu. Nach herrschender Lehre, der sich auch die jüngere Rechtsprechung angeschlossen hat (SZ 43/89 entgegen Arb 6670), ist demnach der Betriebsrat weder eine juristische Person noch ein sonstiges Personengebilde, dem eine eigene Rechtspersönlichkeit und damit Rechtsfähgkeit zukäme; er vertritt immer nur die Belegschaft, welche eine der Gesamthand ähnliche Rechtsgemeinschaft bildet (Floretta-Strasser, Kommentar zum ArbVG, 252 f; Strasser in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 II 277 f; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4, 519). Materieller Träger der betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse sind ja nicht die Belegschaftsorgane oder die einzelnen Arbeitnehmer, sondern die Belegschaft als Ganzes, welche durch die Organisationsnormen des Betriebsverfassungsrechtes in die Lage versetzt wird, Organe zu bestellen, durch die sie handlungsfähig wird. Der Betriebsrat ist hiebei nur der gesetzlich vorgeschriebene direkte Vertreter der Belegschaft (SZ 54/49; Arb 10.821 = RdW 1990, 89 = ZAS 1991, 14 mwN; vgl auch Tomandl, Arbeitsrecht2 I 53). Da aber weder der Belegschaft noch dem Betriebsrat mangels Rechtssubjektivität Vermögensfähigkeit zukommt (Schwarz-Löschnigg aaO), hat der Gesetzgeber in den Betriebsratsfonds eigenständige Vermögensträger geschaffen (Tomandl aaO 56). § 53 Abs 1 ASGG enthält somit nur einen Fall der gesetzlichen Prozeßstandschaft (Eypeltauer in JBl 1987, 565 f).
Mangels eigener Rechtspersönlichkeit kommt somit eine materiell eigene Verpflichtungs- und insbesondere Deliktsfähigkeit des Beklagten nicht in Betracht; dieser kann vielmehr in seiner Eigenschaft als bloßes Organ der Arbeitnehmerschaft des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Z***** weder unmittelbarer Täter (Störer), noch Mittäter, Anstifter oder Gehilfe der geltend gemachten Wettbewerbsverletzung gewesen sein, ist es doch schon rechtlich unmöglich, daß ein nicht vermögensfähiges Gebilde "Medieninhaber, Herausgeber und Finanzierer" der hier in Rede stehenden "KRANKENHAUSNACHRICHTEN" war. Kann aber der Beklagte in Ansehung des geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruches "in eigener Person" nicht materiell verpflichtet sein, dann fehlt es bereits an der erforderlichen Passivlegitimation.
Schon aus diesem Grund war in Stattgebung des Revisionsrekurses der Sicherungsantrag der Klägerin abzuweisen.
Der Kostenausspruch beruht in allen Instanzen auf § 402 Abs 2,§ 78 EO und §§ 41 (50), 52 Abs 1 ZPO.