OGH vom 03.04.2007, 5Ob69/07v

OGH vom 03.04.2007, 5Ob69/07v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas W*****, vertreten durch Prunbauer Themmer & Toth, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Annelies W*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwältin in Wien, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 43 R 687/06g-24, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Begründung iSd § 477 Abs 1 Z 9 ZPO ist nur dann gegeben, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt. Eine mangelhafte Begründung hingegen bildet diesen Nichtigkeitsgrund nicht. Die Nichtbeachtung tatsächlicher Behauptungen könnte zwar unter Umständen eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens oder einen Feststellungsmangel begründen, nicht aber eine Nichtigkeit des Verfahrens (RIS-Justiz RS0007484 [T2; vgl auch T 4, T 5, T 6, T 9]). Ob sich das Berufungsgericht ausreichend mit jenen Gründen auseinandergesetzt hat, die der Kläger als schwere Eheverfehlungen der Beklagten geltend gemacht hat und ob es das Gewichtig dieser Verfehlungen ausreichend berücksichtigte, gehört dem Bereich der Rechtsrüge an.

Eine Nichtigkeit des Verfahrens infolge eines Begründungsmangels ist nicht zu erkennen.

Was die Qualifikation eines Verhaltens als schwere Eheverfehlung betrifft, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass diese immer nur unter Würdigung aller Umstände des einzelnen Falles und unter Berücksichtigung des Wesens der Ehe zu treffen ist, weil es dabei maßgeblich auf die innere Einstellung des verletzenden Ehegatten sowie die Wirkung seines Verhaltens auf den verletzten Ehegatten, das freilich auch objektiv geeignet sein muss, eine Zerrüttung der Ehe herbeizuführen, ankommt (RIS-Justiz RS0056369; RS0056380; RS0056387). Entscheidend ist aber gerade im vorliegenden Fall, dass das Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit dem Fehlverhalten des Klägers gewertet werden muss. § 49 Satz 3 EheG verwehrt es nämlich dem Ehegatten, der selbst eine Verfehlung begangen hat, die Scheidung zu begehren, wenn nach der Art seiner Verfehlung, insbesondere wegen des Zusammenhangs der Verfehlung des anderen Ehegatten mit seinem eigenen Verschulden sein Scheidungsbegehren bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe sittlich nicht gerechtfertigt ist. Das bedeutet, dass eine Scheidung selbst dann abzulehnen ist, wenn dem beklagten Ehegatten zwar eine schwere Eheverfehlung zur Last liegt, die zur Zerrüttung der Ehe geführt oder dazu beigetragen hat, die Verfehlung jedoch erst durch schuldhaftes Verhalten des Klägers hervorgerufen wurde oder wenn ein Zusammenhang zwischen der Verfehlung des beklagten Ehegatten mit dem Verhalten des Klägers besteht und bei richtiger Würdigung der Ehe das Scheidungsbegehren sittlich nicht als zulässig erkannt werden kann (vgl RIS-Justiz RS0057159). Die der Beklagten vorgeworfenen „schweren" Eheverfehlungen sollen darin bestehen, dass sie nach Rückkehr des Klägers von einer Kubareise auf seine Eröffnung hin, er habe eine Beziehung zu einer jungen Kubanerin aufgenommen und wolle nach Kuba auswandern, ihm mehrere leichte Schläge versetzt und dass sie nach Erhalt der Scheidungsklage ihren Freundinnen per E-Mail diesen Umstand samt einer Darstellung des vorwerfbaren Verhaltens des Klägers mitgeteilt hat, wobei sich unter den Adressatinnen auch eine Mitarbeiterin des Klägers befand, die bei ihm eine Therapie gegen Flugangst machte. In diesem Zusammenhang steht fest, dass es zu keiner Schädigung der beruflichen Reputation des Klägers gekommen ist. Die Ausführungen der außerordentlichen Revision, die Beklagte habe dieses E-Mail „an Patienten des Klägers" geschickt, sie habe in die beruflichen Verhältnisse des Ehepartners negativ eingegriffen, habe überdies gegen den Berufskodex der Psychotherapeuten verstoßen, finden im festgestellten Sachverhalt keine Deckung. Insoweit solche Feststellungen der Rechtsrüge zugrundegelegt werden, sind sie unbeachtlich. Auf einen Verstoß gegen einen Berufsverhaltenskodex käme es überhaupt nur an, wenn dem Kläger daraus irgendein Nachteil erwachsen wäre.

Dass das Berufungsgericht das geschilderte Verhalten der Beklagten weder als schwere Eheverfehlungen noch im Gesamtkontext des § 49 dritter Satz EheG als (mit-)schuldbegründend bewertete, ist vor allem unter dem Aspekt des engen Zusammenhangs zwischen dem der Beklagten vorgeworfenen Fehlverhalten mit dem unmittelbar vorangehenden Verhalten des Klägers (RIS-Justiz RS0057159, zuletzt 9 Ob 115/02w) keineswegs als erhebliche Fehlbeurteilung zu qualifizieren, die vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.