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OGH 18.09.2008, 2Ob90/08m

OGH 18.09.2008, 2Ob90/08m

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Danilo M*****, vertreten durch Dr. Günther Riess, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei C***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Thomas Schröfl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 250.000 EUR sA, im Verfahren über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 222/07i-21, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 27 Cg 128/06p-16, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 Abs 1 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag,

den siebenten Satz des dritten Absatzes von § 25 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBl I 2005/105 mit dem Wortlaut „Die Haftung ist innerhalb von 6 Monaten nach dem jeweiligen Verlust gerichtlich geltend zu machen." als verfassungswidrig aufzuheben. Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.

Text

Begründung:

Mit der am beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Bezahlung von 250.000 EUR sA. Er habe im Casino der Beklagten in Wien im Jahr 2004 innerhalb eines Jahres zumindest 310.000 EUR beim Glücksspiel verloren. Aus verschiedenen Umständen hätten die Mitarbeiter der Beklagten erkennen müssen, dass der Kläger an unkontrollierter Spielsucht leide, dennoch sei die Beklagte ihren Verpflichtungen gemäß § 25 Abs 3 GSpG nicht nachgekommen. Der Kläger sei im klagsgegenständlichen Zeitraum zumindest hinsichtlich der Glücksspielagenden geschäftsunfähig gewesen. Er habe deshalb auch einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch, weil die Glücksspielgeschäfte nichtig seien. Die Präklusivfrist von sechs Monaten gemäß § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 sei nur auf Verluste anzuwenden, die nach Inkrafttreten der zitierten Novelle, also nach dem , entstanden seien. Die Beklagte bestritt und wendete ein, die Präklusivfrist des § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 habe mit Inkrafttreten dieser Novelle, somit am , zu laufen begonnen und daher am geendet. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch sei daher präkludiert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Durchführung eines Beweisverfahrens mit der wesentlichen Begründung ab, die Sechsmonatsfrist gemäß § 25 Abs 3 GSpG habe am um 00.00 Uhr zu laufen begonnen (und daher am , 24.00 Uhr geendet), weshalb im Zeitpunkt der Klagseinbringung die Ansprüche präkludiert gewesen seien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Absatz 6 des Kundmachungspatents zum ABGB sei auf den vorliegenden Fall analog anzuwenden. Danach könne derjenige, der sich auf eine Ersitzung oder Verjährung berufe, für die im neuen Gesetz eine kürzere Frist als im früheren Gesetz bestimmt sei, diese Frist erst vom Zeitpunkt an berechnen, zudem das neue Gesetz verbindliche Kraft erhalte. Mit diesem Zeitpunkt sei das Inkrafttreten gemeint. Wenngleich Absatz 6 des Kundmachungspatents zum ABGB nach seinem Wortlaut nur die Ersitzungs- und die Verjährungsfrist nenne, sei die Bestimmung analog auch auf Präklusivfristen anzuwenden. Es sei einheitliche Rechtsprechung, dass die für Verjährungsfristen geltenden Regeln auch auf Präklusivfristen anzuwenden seien. Die Sechsmonatsfrist gemäß § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 beginne daher auch für die im vorliegenden Fall klageweise geltend gemachten Ansprüche mit dem Inkrafttreten der zitierten Novelle, somit mit , zu laufen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 gelte die Präklusivfrist für alle Ansprüche des Spielteilnehmers gegen die Spielbankleitung im Zusammenhang mit der Gültigkeit des Spielvertrags oder mit Verlusten aus dem Spiel. Damit gelte die Frist aber auch für Bereicherungsansprüche des Klägers, gestützt auf sein Vorbringen, er sei wegen seiner Spielsucht (teilweise) geschäftsunfähig gewesen, weshalb der Spielvertrag nichtig gewesen sei. Auch § 1494 ABGB, wonach die Verjährung für die Dauer einer Geschäftsunfähigkeit gehemmt sei, könne dem Kläger nicht helfen. Wer sich auf eine Hemmung der Verjährung berufe, sei dafür beweispflichtig. Der Kläger habe aber nur behauptet, dass er im klagsgegenständlichen Zeitraum, also im Jahr 2004, „zumindest hinsichtlich seiner Glücksspielagenden geschäftsunfähig" gewesen sei. Dass der Kläger auch während des Laufs der Präklusivfrist ( bis ) geschäftsunfähig gewesen sei, habe er nicht behauptet.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage der Anwendung der Neuregelung des § 25 Abs 3 GSpG auf Ansprüche, die schon vor dem Inkrafttreten der Novelle entstanden seien, noch nicht auseinandergesetzt habe. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die Revision enthält auch eine Anregung auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105.

Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat Folgendes erwogen:

Zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung:

Die nunmehr angefochtene Gesetzesbestimmung stammt aus dem Ausspielungsbesteuerungsänderungsgesetz-ABÄG, BGBl I 2005/105. Dieses Bundesgesetz wurde am kundgemacht. Da in diesem Bundesgesetz hinsichtlich der hier angefochtenen Gesetzesbestimmung ein Inkrafttreten zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht geregelt ist, ist die angefochtene Gesetzesbestimmung gemäß Art 49 Abs 1 B-VG mit Ablauf des Kundmachungstages, somit mit Beginn des , in Kraft getreten. Die Norm ist daher im vorliegenden Fall anwendbar. Der Oberste Gerichtshof schließt sich insoweit der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen an, dass aufgrund der analogen Anwendung von Abs 6 Satz 2 des Kundmachungspatents zum ABGB die angefochtene Vorschrift im vorliegenden Fall anzuwenden ist (vgl SZ 60/137; 5 Ob 2355/96a). Dies führt aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zur Abweisung des Klagebegehrens wegen Präklusion der klägerischen Ansprüche. Wendete man die angefochtene Norm hingegen auf den vorliegenden Fall nicht an, so stünden dem Kläger für seine auf Schadenersatz und Bereicherung gestützten Ansprüche die dreijährige Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche gemäß § 1489 ABGB oder die 30-jährige Verjährungsfrist für Bereicherungsansprüche gemäß § 1478 ABGB zur Verfügung. Diesfalls wären allfällige Schadenersatzansprüche oder Bereicherungsansprüche des Klägers nicht verjährt und daher zu prüfen.

Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken:

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat im Verfahren 1 R 76/07x mit Beschluss vom bereits beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung der in Frage stehenden Gesetzesbestimmung gestellt (G 162/07). Das Oberlandesgericht Innsbruck hat seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in § 25 Abs 3 GSpG idF des ABÄG enthaltene Frist von sechs Monaten zur Geltendmachung einer Haftung der Spielbankleitung zusammengefasst wie folgt begründet:

Beim Ersatzanspruch des Spielteilnehmers wegen erlittener Verluste gemäß § 25 Abs 3 GSpG handle es sich um einen Schadenersatzanspruch. Schadenersatzansprüche verjährten, von sondergesetzlichen Regelungen abgesehen, gemäß § 1489 erster Satz ABGB in drei Jahren, kenntnisunabhängige Schadenersatzansprüche nach § 1489 zweiter Satz ABGB in 30 Jahren. Gegenüber dieser allgemeinen Norm sei der Spielteilnehmer gemäß § 25 Abs 3 GSpG in zweifacher Weise benachteiligt:

Einerseits habe er nur eine Frist von sechs Monaten, andererseits beginne die Frist kenntnisunabhängig mit dem jeweiligen Verlust zu laufen und nicht, wie gemäß § 1489 ABGB erst ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers.

Die aufgezeigten Benachteiligungen eines Spielteilnehmers durch die in Rede stehende Norm müsse sachlich gerechtfertigt sein, denn der in Art 7 B-VG normierte Gleichheitsgrundsatz verbiete willkürliche, unsachliche Differenzierungen auf den Gebieten der Normsetzung. Die in den Materialien zur Gesetzwerdung und in der Lehre dargestellten Argumente für die sachliche Rechtfertigung der angefochtenen Norm überzeugten nicht.

Zur Fristlänge: Die im Arbeitsrecht geltenden kürzeren Fristen in § 34 AngG und in § 1162d ABGB gälten nur für Ersatzansprüche wegen vorzeitigen Austritts oder vorzeitiger Entlassung oder für Ersatzansprüche wegen Rücktritts vom Vertrag im Sinne des § 31 AngG. Aus diesen Normen lasse sich die Wertung des Gesetzgebers entnehmen, dass die Folgen einer allenfalls rechtswidrigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bald klargestellt werden sollten. Diese Präklusivfristen dienten wie die meisten Verfallfristen des allgemeinen bürgerlichen Rechts der Sicherheit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs durch rasche Bereinigung aller offenen Streitfragen. Auch die Präklusivfrist des § 1111 ABGB habe den Zweck, dass Ansprüche des Bestandgebers nach Rückstellung der Bestandsache möglichst rasch einer Klärung zugeführt werden. Ein derartiges Bedürfnis wie bei Arbeits- oder Bestandverhältnissen, die Sach- und Rechtslage möglichst rasch zu klären, sei im Verhältnis zwischen dem Spielteilnehmer und der Spielbankleitung nicht ersichtlich. Es erscheine sachlich nicht gerechtfertigt, dass ein Spielteilnehmer seine Ansprüche nicht - wie andere Geschädigte - innerhalb einer Verjährungsfrist von drei Jahren geltend machen können solle. Es sei auch nicht unzumutbar, dass die Spielbankleitung Aufzeichnungen über einen Spielteilnehmer für drei Jahre aufbewahre. Dass oftmals die Ersatzansprüche von Spielteilnehmern gemäß § 273 ZPO bemessen werden müssten, sei keine Besonderheit, da auch in anderen Schadenersatzprozessen bei komplexen Sachverhalten immer wieder § 273 ZPO anzuwenden sei.

Zum Fristbeginn: Zum Beginn der schadenersatzrechtlichen Verjährungsfrist werde von der Rechtsprechung abgeleitet, dass die Kenntnis des Geschädigten den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen müsse, insbesondere auch die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten, im Fall der (hier vorliegenden) Verschuldenshaftung daher auch jene Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergebe. Im Zeitpunkt des jeweiligen Verlusts habe aber der Spielteilnehmer oftmals noch nicht die hinreichende Kenntnis vom Ursachenzusammenhang und von jenen Umständen, aus denen sich das Verschulden des Schädigers, also der Spielbankleitung, ergebe. Das benachteilige den Spielteilnehmer in unsachlicher Weise gegenüber anderen Geschädigten, wobei dies bei einem Spielteilnehmer umso mehr ins Gewicht falle, als es sich bei der Spielsucht um eine psychische Erkrankung handle, die sich erst über einen längeren Zeitraum hin entwickle und bei der der Spielteilnehmer häufig erst nach einem völligen finanziellen Ruin zu einer Krankheitseinsicht gelange.

Würde man die Frist des § 25 Abs 3 GSpG als Präklusivfrist auffassen, wäre die Norm weiters dadurch benachteiligend, dass nach Ablauf der Frist der Ersatzanspruch gänzlich erloschen sei, während verjährte Ansprüche Naturalobligationen bildeten. Präklusivfristen seien auch im Unterschied zu Verjährungsfristen (§ 1501 ABGB) von Amts wegen wahrzunehmen.

Schließlich komme es durch die angefochtene Bestimmung zu einer unsachlichen Privilegierung eines Monopolbetriebs im Vergleich zu anderen Schädigern, die nach allgemeinen Schadenersatzgrundsätzen hafteten.

In der dargestellten mangelnden sachlichen Rechtfertigung der angefochtenen Bestimmung könnte eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liegen, weshalb der Antrag auf Aufhebung der Bestimmung gestellt werde.

Der Oberste Gerichtshof teilt die Bedenken des Oberlandesgerichts Innsbruck. Ihnen ist nur noch hinzuzufügen, dass nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs angesichts des letzten Satzes von § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 („Dieser Absatz regelt abschließend alle Ansprüche des Spielteilnehmers gegen die Spielbankleitung in Zusammenhang mit der Gültigkeit des Spielvertrages oder mit Verlusten aus dem Spiel.") die Sechsmonatsfrist der angefochtenen Bestimmung offenbar auch allfällige bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche des Spielers (etwa wegen Ungültigkeit des Spielvertrags infolge Geschäftsunfähigkeit des Spielers) erfassen soll.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Danilo M*****, vertreten durch Dr. Günther Riess, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei C***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Thomas Schröfl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 250.000 EUR sA, über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 222/07i-21, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 27 Cg 128/06p-16, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit der am beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Bezahlung von 250.000 EUR sA. Er habe im Casino der Beklagten in Wien im Jahr 2004 innerhalb eines Jahres zumindest 310.000 EUR beim Glücksspiel verloren. Aus verschiedenen Umständen hätten die Mitarbeiter der Beklagten erkennen müssen, dass der Kläger an unkontrollierter Spielsucht leide, dennoch sei die Beklagte ihren Verpflichtungen gemäß § 25 Abs 3 GSpG nicht nachgekommen. Der Kläger sei im klagsgegenständlichen Zeitraum zumindest hinsichtlich der Glücksspielagenden geschäftsunfähig gewesen. Er habe deshalb auch einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch, weil die Glücksspielgeschäfte nichtig seien. Die Präklusivfrist von sechs Monaten gemäß § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 sei nur auf Verluste anzuwenden, die nach Inkrafttreten der zitierten Novelle, also nach dem , entstanden seien. Die Beklagte bestritt und wendete ein, die Präklusivfrist des § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 habe mit Inkrafttreten dieser Novelle, somit am , zu laufen begonnen und daher am geendet. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch sei daher präkludiert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Durchführung eines Beweisverfahrens mit der wesentlichen Begründung ab, die Sechsmonatsfrist gemäß § 25 Abs 3 GSpG habe am um 00:00 Uhr zu laufen begonnen (und daher am , 24:00 Uhr geendet), weshalb im Zeitpunkt der Klagseinbringung die Ansprüche präkludiert gewesen seien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Absatz 6 des Kundmachungspatents zum ABGB sei auf den vorliegenden Fall analog anzuwenden. Danach könne derjenige, der sich auf eine Ersitzung oder Verjährung berufe, für die im neuen Gesetz eine kürzere Frist als im früheren Gesetz bestimmt sei, diese Frist erst vom Zeitpunkt an berechnen, zu dem das neue Gesetz verbindliche Kraft erhalte. Mit diesem Zeitpunkt sei das Inkrafttreten gemeint. Wenngleich Absatz 6 des Kundmachungspatents zum ABGB nach seinem Wortlaut nur die Ersitzungs- und die Verjährungsfrist nenne, sei die Bestimmung analog auch auf Präklusivfristen anzuwenden. Es sei einheitliche Rechtsprechung, dass die für Verjährungsfristen geltenden Regeln auch auf Präklusivfristen anzuwenden seien. Die Sechsmonatsfrist gemäß § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 beginne daher auch für die im vorliegenden Fall klageweise geltend gemachten Ansprüche mit dem Inkrafttreten der zitierten Novelle, somit mit , zu laufen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105 gelte die Präklusivfrist für alle Ansprüche des Spielteilnehmers gegen die Spielbankleitung im Zusammenhang mit der Gültigkeit des Spielvertrags oder mit Verlusten aus dem Spiel. Damit gelte die Frist aber auch für Bereicherungsansprüche des Klägers, gestützt auf sein Vorbringen, er sei wegen seiner Spielsucht (teilweise) geschäftsunfähig gewesen, weshalb der Spielvertrag nichtig gewesen sei. Auch § 1494 ABGB, wonach die Verjährung für die Dauer einer Geschäftsunfähigkeit gehemmt sei, könne dem Kläger nicht helfen. Wer sich auf eine Hemmung der Verjährung berufe, sei dafür beweispflichtig. Der Kläger habe aber nur behauptet, dass er im klagsgegenständlichen Zeitraum, also im Jahr 2004, „zumindest hinsichtlich seiner Glücksspielagenden geschäftsunfähig" gewesen sei. Dass der Kläger auch während des Laufs der Präklusivfrist ( bis ) geschäftsunfähig gewesen sei, habe er nicht behauptet.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage der Anwendung der Neuregelung des § 25 Abs 3 GSpG auf Ansprüche, die schon vor dem Inkrafttreten der Novelle entstanden seien, noch nicht auseinandergesetzt habe. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die Revision enthält auch eine Anregung auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 2005/105.

Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat im vorliegenden Verfahren mit Beschluss vom an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, den siebenten Satz des dritten Absatzes von § 25 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBl I 2005/105 mit dem Wortlaut „Die Haftung ist innerhalb von 6 Monaten nach dem jeweiligen Verlust gerichtlich geltend zu machen." als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom , G 162/07-31 ua, hat der Verfassungsgerichtshof die zitierte Gesetzesbestimmung aufgrund schon früher gestellter Anträge des Oberlandesgerichts und des Landesgerichts Innsbruck als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesstelle auf die am bei Gericht anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist.

Dieses Erkenntnis wurde dem Obersten Gerichtshof am zugestellt, sodass gemäß § 62 Abs 3 VfGG die Voraussetzungen für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über die Revision des Klägers vorliegen.

Da das vorliegende Verfahren am gerichtsanhängig war, ist die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Gesetzesbestimmung auch im vorliegenden Fall nicht mehr anzuwenden.

Mangels einer bestehenden Sondervorschrift (in Gestalt des aufgehobenen § 25 Abs 3 Satz 7 GSpG) verjähren daher die vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzansprüche gemäß § 1489 ABGB grundsätzlich in drei Jahren (ab Kenntnis des geschädigten Klägers vom Schaden und vom Schädiger), die Bereicherungsansprüche verjähren in 30 Jahren (RIS-Justiz RS0020167).

Allfällige Schadenersatz- oder Bereicherungsansprüche des Klägers sind daher nicht verjährt, weil die Verjährungsfristen frühestens mit dem jeweiligen Eintritt des behaupteten Verlusts im Jahr 2004 beginnen können und die Klage im Jahr 2006 erhoben wurde. Da die klägerischen Ansprüche bisher ungeprüft geblieben sind und dazu keinerlei Feststellungen getroffen wurden, erweist sich die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung als unumgänglich.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2008:0020OB00090.08M.0918.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAD-67545