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OGH vom 26.06.1986, 7Ob26/86

OGH vom 26.06.1986, 7Ob26/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Otmar M*****, vertreten durch Dr. Rupert Faltl, Rechtsanwalt in Schwechat, wider die beklagten Parteien

1.) L***** Versicherungs-Vermittlungs-Gesellschaft mbH, *****, 2.) L'U*****, und 3.) A*****, alle vertreten durch Dr. Walter Strigl und Dr. Gerhard Horak, Rechtsanwälte in Wien, wegen restl 243.418,80 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 257/85-26, womit infolge Berufung der zweit- und drittbeklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 21 Cg 381/84-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die zweit- und die drittbeklagte Partei sind schuldig, der klagenden Partei die mit 18.429,15 S (darin 1.602 S an USt und 800 S an Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 10.929,80 S (darin 906,35 S an USt und 960 S an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat am durch Vermittlung der Erstbeklagten mit der Zweit- und Drittbeklagten einen CMR-Versicherungsvertrag abgeschlossen, an dem die Zweitbeklagte zu 85 %, die Drittbeklagte zu 15 % beteiligt waren, ohne solidarisch zu haften, und der auch den LKW-Zug mit dem Zugfahrzeug L 16.145 umfasste. Am kam es mit diesem LKW-Zug auf der Pyhrnpaß-Bundesstraße zu einem Unfall - der LKW-Zug kam von der Fahrbahn ab und stürzte über eine Böschung -, bei dem eine der Firma Ing. M***** gehörige Ladung von Blechen im Fakturenwert von 296.082 S total beschädigt wurde.

Der Kläger begehrt von den Beklagten zuletzt die Zahlung von 243.418,80 S sA (Einschränkung AS 90) und brachte vor, die Firma M*****, mit der er in ständiger Geschäftsverbindung stehe, habe ihm diesen Betrag im Kompensationsweg abgezogen, so dass er den Schaden aus dem Unfall trage. Der Kläger habe den Schaden wahrheitsgemäß gemeldet. Der Fahrer habe zwar im ersten Schock gegenüber der Gendarmerie angegeben, es sei ein Reifen geplatzt, doch sei diese Angabe unrichtig gewesen. Der Kläger habe die - von den Beklagten gewünschte - Tatbestandsaufnahme durch die Gendarmerie trotz mehrfacher Anfragen erst im Juni 1983 erhalten. Er habe im Zeitpunkt der Verfassung der Schadensmeldung keine Kenntnis vom Inhalt der Tatbestandsaufnahme gehabt. In dem von einem Sachverständigen erstatteten Haveriebericht sei festgehalten, dass das Profil der Reifen den gesetzlichen Vorschriften entsprochen habe und dass auch sonst keine offensichtlichen Mängel hätten festgestellt werden können. Auch aus den unmittelbar nach dem Verkehrsunfall hergestellten Fotos sei ersichtlich, dass kein Reifen geplatzt sei. Ziehe man die Beweislast des Frachtführers nach Art 18 Abs 1 CMR in Betracht, wäre es für den Kläger unmöglich gewesen, eine von ihm und seinem Fahrer nicht zu vertretende Beschädigung des Reifens als Unfallsursache zu beweisen. Der Kläger habe auch nicht gegen das Anerkennungs- und Befriedigungsverbot verstoßen. Er habe den Eigentümer der Ware, Ing. Rudolf M*****, telefonisch und schriftlich aufgefordert, ihm das aus anderen Frachten zustehende Entgelt in der Höhe des Klagebetrags zu überweisen. Ing. M***** habe dies abgelehnt und die Frachtentgelte einbehalten. Eine klageweise Geltendmachung wäre für den Kläger, der fast ausschließlich auf Frachtaufträge des Ing. M***** angewiesen gewesen sei, mit der Gefahr eines wirtschaftlichen Ruins verbunden gewesen.

Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage und wendeten mangelnde Passivlegitimation der Erst- und der Drittbeklagten ein. Die Beklagten seien leistungsfrei, weil der Kläger in seiner Schadensmeldung auf die Frage nach der Schilderung des Unfalls nur angegeben habe: „Auf der Pyhrnpaß-Bundesstraße kam der LKW-Zug von der Fahrbahn ab und fiel ca 10 m die Böschung hinunter". Nach der Tatbestandsaufnahme durch die Gendarmerie vom - die die Beklagten nach vielfachen Urgenzen erst am erhalten hätten - sei aber Ursache des Unfalls ein Reifenplatzer am rechten Vorderrad des LKW-Zuges gewesen. Diesen für die Beurteilung der Haftungsfrage wesentlichen Umstand habe der Kläger in seiner Schadensmeldung vom mit keinem Wort erwähnt. Durch die unvollständige Schadensmeldung habe der Kläger seine Aufklärungspflicht verletzt. Die Beklagte sei nach Punkt 11 der Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Transporten im gewerblichen Güterfernverkehr mit LKW leistungsfrei, weil die Obliegenheitsverletzung keinesfalls unverschuldet gewesen sei. Auch wenn der Kläger im Zeitpunkt der Schadensmeldung keine Kenntnis von der Tatbestandsaufnahme durch die Gendarmerie gehabt haben solle, hätte ihm der Reifenschaden aufgrund der Angaben seines Chauffeurs bekannt sein müssen. Darüber hinaus sei an der Unfallsstelle am rechten Fahrbahnrand ein Stück des rechten Vorderreifens der Zugmaschine gefunden worden. Dennoch habe der Kläger bis zur Erstellung des Haverieberichts, drei Monate nach dem Unfall, den Reifenschaden als mögliche Unfallursache überhaupt nicht angegeben und damit dem Sachverständigen keinen Anlass zu einer näheren Untersuchung des Reifenzustands gegeben. Die Bestimmungen des § 6 VersVG seien durch eine gemäß § 187 Abs 1 VersVG zulässige Vereinbarung ausgeschlossen worden. Die Haftung des Klägers als Frachtführer sei gemäß Art 17 Abs 2 CMR ausgeschlossen, wenn das plötzliche Druckloswerden des rechten Vorderreifens des Zugfahrzeuges auf einer äußeren Einwirkung beruht habe und damit auf Umstände zurückzuführen sei, die der Frachtführer nicht vermeiden und deren Folge er nicht abwenden habe können. Eine derartige Ursache sei anzunehmen, weil der LKW-Zug im Unfallszeitpunkt eine Geschwindigkeit von nur 30 km/h gehabt habe und die Reifenprofile den gesetzlichen Vorschriften entsprochen hätten. Da der Kläger den Befreiungstatbestand nach Art 17 Abs 2 CMR erfolgreich hätte geltend machten können, bestehe keine Haftung eines CMR-Versicherers. Darüber hinaus habe der Kläger gegen Punkt 9.4. der Allgemeinen Bedingungen verstoßen, wonach er ohne Einwilligung des Versicherers keinen Anspruch anerkennen, befriedigen oder abtreten dürfe. Der Kläger hätte sich daher dem Wareneigentümer gegenüber auf das Aufrechnungsverbot des § 32 AÖSP berufen müssen. Die Anwendung des § 154 VersVG sei gemäß § 187 VersVG durch Punkt 9.4. der Allgemeinen Bedingungen zulässigerweise ausgeschlossen worden.

Das Erstgericht wies die Klage hinsichtlich der Erstbeklagten ab und gab ihr - unter Abweisung des Mehrbegehrens - hinsichtlich der Zweitbeklagten mit 243.418,80 S sA (davon 36.512,82 S sA zur ungeteilten Hand mit der Drittbeklagten) und hinsichtlich der Drittbeklagten mit 36.512,82 S sA (zur ungeteilten Hand mit der Zweitbeklagten) statt. Es traf folgende Feststellungen:

Am verfasste die Erstbeklagte ein Schreiben an den Kläger, in dem sie ihm mitteilte, dass die Zweitbeklagte nunmehr die Deckung der Polizze zu 100 % übernommen habe. Nicht festgestellt werden konnte, dass dieses Schreiben dem Kläger auch tatsächlich zugekommen ist.

Am lenkte Marinko J***** den LKW-Zug des Klägers auf der Pyrnpaß-Bundesstraße von Kirchdorf an der Krems in Richtung Windischgarsten. In einer Linkskurve mit leichtem Gefälle kam ihm bei einer Geschwindigkeit von etwa 30 km/h ein LKW entgegen. J***** bremste und bemerkte, dass dabei aus einem Reifen Luft herauskam und der LKW auf das unbefestigte Bankett geriet. Er konnte das Fahrzeug nicht mehr abfangen und stürzte mit diesem über die Böschung. Die der Firma Ing. M***** gehörige Ladung von Blechen im Fakturenwert von 296.802 S wurde ebenso wie das Fahrzeug total beschädigt. Der Fahrer wurde nur leicht verletzt.

J***** verständigte telefonisch die Gendarmerie von der ein Unfallprotokoll aufgenommen wurde, sowie seinen Arbeitgeber, den Kläger. Dieser besichtigte die Unfallstelle und stellte den Totalschaden an Ladung und Fahrzeug fest. Eine Unfallsursache stellte der Kläger weder durch Befragung des Fahrers noch des Gendarmeriebeamten fest, wohl aber, dass die Reifen des Unfallsfahrzeugs unbeschädigt waren.

Noch am nächsten Tag ließ der Kläger telefonisch die Erstbeklagte vom Unfall verständigen. Diese beauftragte daraufhin den Sachverständigen Ing. Mag. S***** als Haveriekommissär mit der Haveriebegutachtung, die dieser am im Lage des Klägers durchführte. Dabei stellte er fest, dass die Ladung nur noch Schrottwert hatte, der LKW-Zug total beschädigt, die Reifenprofile jedoch allesamt in Ordnung waren und auch sonst keine Mängel am Fahrzeug vorlagen. Insbesondere wurde durch den Haveriekommissär kein Reifenplatzer festgestellt, wohl aber, dass der rechte Vorderreifen des Zugfahrzeugs ohne Luft auf der Felge hing. Der abschließende Haveriebericht des Haveriekommisärs datiert vom . Am ließ der Kläger durch sein Büro eine kurze Schadensmeldung an die Erstbeklagte abfassen, in der im Wesentlichen nur die Tatsache des Unfalls angegeben war. In der Folge versuchte der Kläger, den Unfallbericht der Gendarmerie zu erhalten. Dieser kam ihm, wie auch der Erstbeklagten, erst im Juni 1983 zu. Der Eigentümer der transportierten Ware, die Firma Ing. M*****, stand mit dem Kläger in ständiger Geschäftsverbindung. Sie stellte am dem Kläger den Fakturenwert der Ladung in der Höhe von 296.802 S in Rechnung, wovon nach teilweiser Verwertung der Bleche durch die Firma Ing. M***** am noch eine Gutschrift von 53.383,20 S zum Abzug gelangte. Der Betrag von 243.418,80 S wurde von der Firma Ing. M***** von Forderungen des Klägers aus Transportleistungen in Abzug gebracht. Auch über Aufforderung des Klägers wurde von der Firma Ing. M***** keine Zahlung geleistet, so dass dem Kläger tatsächlich ein Schaden in der genannten Höhe entstanden ist.

In den folgenden Monaten führte der Kläger vor allem mit der Erstbeklagten regen Schriftverkehr, zum Teil auch unter Einschaltung seines Versicherungsmaklers Peter P*****, in dem die Beklagten den Anspruch des Klägers letztlich ablehnten.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, der Unfall sei durch ein wahrscheinlich ungeschicktes Ausweichmanöver des Fahrers verursacht worden, bei dem das Fahrzeug manövrierunfähig geworden und die Luft aus dem rechten Vorderreifen des Zugfahrzeugs entwichen sei. Höhere Gewalt liege daher nicht vor. Für den aus dem Unfall entstandenen Schaden hafte der Kläger als Frachtführer. Die von den Beklagten behauptete ungenügende Information durch den Kläger führe nicht zur Leistungsfreiheit, weil der Schaden nicht durch einen Reifenplatzer entstanden sei und die Beklagten daher ohnehin leistungspflichtig gewesen wären. Auch die Verspätung der Schadensmeldung sei bedeutungslos, weil die Beklagten nach telefonischer Benachrichtigung durch den Kläger unverzüglich einen Haveriekommissär mit der Besichtigung betraut hätten. Ein als Obliegenheitsverletzung zu qualifizierendes Anerkenntnis des Klägers liege nicht vor. Eine Verpflichtung des Klägers, das Frachtentgelt gegen den Eigentümer der Ware einzuklagen, könne aus dem Anerkenntnisverbot nicht abgeleitet werden.

Der abweisende Teil des Ersturteils ist rechtskräftig geworden. Der Berufung der Zweit- und Drittbeklagten gab das Berufungsgericht dahin Folge, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Es vertrat die Ansicht, dass die vom Kläger erstattete Schadensmeldung der Anzeigepflicht iSd § 33 Abs 1 VersVG nicht entspreche. Der Versicherungsnehmer habe die Fragen des Versicherers vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten und darüber hinaus alle Angaben zu machen, die für die Leistungspflicht des Versicherers von Bedeutung seien. Ein plötzlicher Druckverlust des Reifens sei für die Frage der Haftung des Frachtführers bzw seines CMR-Versicherers im Hinblick auf den Haftungsausschluss nach Art 17 Z 2 CMR von entscheidender Bedeutung. Dies hätte auch dem Kläger klar sein müssen. Der Kläger habe überdies damit rechnen müssen, dass bei einem Verschweigen dieses Umstands die Ermittlungen der Versicherer nicht gezielt auf diese möglichen Schadensursache gerichtet würden. Durch die Inanspruchnahme seiner CMR-Versicherung für den Transportschaden unter Übergehen einer allfälligen Schadensbefreiung mache der Kläger ein mit der bloßen Haftpflichtversicherung nicht versichertes Risiko geltend. Habe sich der Kläger daher weder bei der Gendarmerie, noch bei seinem Fahrer nach der Schadensursache erkundigt und eine unvollständige Schadensmeldung verfasst, habe er damit gegen § 33 Abs 1 VersVG und Punkt 9.1. der Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Transporten im gewerblichen Güterfernverkehr mit LKW, Beilage 1, verstoßen und eine Obliegenheitsverletzung begangen, die nach Punkt 11 dieser Bedingungen die Leistungsfreiheit des Versicherers nach sich ziehe. Die Vereinbarung Punkt 11 der Allgemeinen Bedingungen Beilage 1 - in der die sonst zugunsten des Versicherungsnehmers zwingende Vorschrift des § 6 VersVG abbedungen worden sei - sei gemäß § 187 VersVG in der Transportversicherung zulässig. Auch eine Versicherung, die nur das Sachersatzinteresse des haftpflichtigen Transportunternehmers decke und daher Haftpflichtversicherung sei, sei eine Transportversicherung, wenn sie nur für Sachen auf dem Transport und gegen die Gefahren des Transports genommen werde. Dem Kläger falle im Übrigen nicht nur grobe Fahrlässigkeit, sondern sogar dolus eventualis zur Last. Wenn zwischen dem Kläger und der Firma Ing. M***** zumindest schlüssig die Geltung der AÖSP vereinbart gewesen sei, sei zwar die Aufrechnungserklärung gegenüber dem Kläger unwirksam. Habe sie aber der Kläger trotzdem aus eigenen geschäftlichen Rücksichten gegen sich gelten lassen, sei dieses Verhalten gemäß § 154 VersVG nicht gerechtfertigt. Die Beklagten seien daher leistungsfrei. Die Revision sei gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zuzulassen gewesen, weil insbesondere zu den Fragen, welche Anforderungen an den Inhalt einer Schadensanzeige gemäß § 33 Abs 1 VersVG zu stellen seien und ob § 187 VersVG auch für die bloße Transportversicherung gelte, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichts mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben. Der Kläger macht geltend, seine Schadensmeldung habe den Erfordernissen des § 33 Abs 1 VersVG entsprochen. § 187 VersVG (Abdingbarkeit der Bestimmungen des § 6 VersVG) sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da eine Transportversicherung nicht vorliege. Der Kläger habe der von der Firma Ing. M***** vorgenommenen Aufrechnung widersprochen. Eine Befriedigung der Ansprüche der Firma Ing. M***** iSd § 154 Abs 2 VersVG und des Punktes 9.4. der Allgemeinen Bedingungen sei daher nicht erfolgt.

Die Ausführungen des Klägers sind im Ergebnis berechtigt. Nach § 33 Abs 1 VersVG hat der Versicherungsnehmer den Eintritt des Versicherungsfalls, nachdem er von ihm Kenntnis erlangt hat, unverzüglich dem Versicherer anzuzeigen. Für den Bereich der Haftpflichtversicherung bestimmt § 153 Abs 1 VersVG, dass der Versicherungsnehmer innerhalb einer Woche die Tatsachen anzuzeigen hat, die seine Verantwortlichkeit gegenüber einem Dritten zur Folge haben können. Nach Punkt 9.1. der Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Transporten im gewerblichen Güterfernverkehr mit LKW (Beilage 1), die dem gegenständlichen Versicherungsvertrag zugrunde liegen, hat der Versicherungsnehmer jeden Schadenfall oder geltend gemachten Schadenersatzanspruch den Versicherern unverzüglich, spätestens eine Woche, nachdem er davon Kenntnis erlangt hat, schriftlich zu melden.

Die angeführten Bestimmungen haben im Wesentlichen denselben Inhalt. Die in ihnen statuierte Anzeige-(Melde-)Pflicht ist von der Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers iSd § 34 VersVG und des Punktes 9.2. der Allgemeinen Bedingungen Beilage 1 zu unterscheiden, wonach der Versicherer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls verlangen kann, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist (§ 34 Abs 1 VersVG), bzw der Versicherungsnehmer den Versicherern jede notwendige Auskunft zu geben und etwaige Weisungen der Versicherer zu befolgen hat (Punkt 9.2.). Das Berufungsgericht hat diese Unterscheidung, wie der Begründung seiner Entscheidung zu entnehmen ist (Hinweis auf Prölss/Martin, VersVG23 Anm B zu § 34), zum Teil vernachlässigt. Aus dem Inhalt der Anzeige muss sich lediglich ergeben, dass ein Versicherungsfall eingetreten ist, durch den der Versicherer nach Auffassung des Anzeigenden leistungsplichtig wird (Bruck-Möller, VersVG8 I 428; Prölss/Martin, VersVG23 196, Fleck in VersR 1956, 316; VersR 1968, 59). Als objektiver Verletzungstatbestand kommt deshalb praktisch nur die Nichtanzeige des Versicherungsfalls in Frage (Bruck-Möller aaO). Anders verhält es sich dann, wenn im besonderen Falle genauere Angaben gefordert werden, wie etwa nach Art 8 Abs 2 Z 1 der AKHB, der den Versicherungsnehmer verpflichtet, dem Versicherer den Versicherungsfall „unter möglichst genauer Angabe des Sachverhalts" anzuzeigen. Unter dieser Voraussetzung kommt auch eine Schlechterfüllung der Anzeigepflicht in Betracht, die der Nichterfüllung gleichzustellen ist (Bruck-Möller aaO). Insoferne ist auch die Grenze zwischen der Anzeigepflicht des § 33 Abs 1 VersVG und der Auskunftspflicht des § 34 Abs 1 VersVG fließend, da eine inhaltlich erweiterte Anzeige das Verlangen nach Auskünften unnötig macht (Bruck-Möller aaO 433). Die Allgemeinen Bedingungen Beilage 1 enthalten in Punkt 10. besondere Bestimmungen über die „Schadensanmeldung", so in Punkt 10.1., dass für den Schadenbericht das von den Versicherern vorgeschriebene Formular zu verwenden, und dass der Bericht vom Versicherungsnehmer, vom Versicherten und den Fahrern eigenhändig zu unterschreiben ist, und in Punkt 10.6., dass gegebenenfalls das Polizeiprotokoll oder die Kopie der Anzeige bei der Polizei anzuschließen, zumindest aber mitzuteilen ist, bei welcher Polizeidienststelle die Anzeige erstattet worden ist. Die Schadenmeldung des Klägers Beilage 3 wird diesen Anforderungen gerecht. Diese entsprach zunächst offensichtlich auch der Ansicht der Beklagten, da sie sich sonst mit der knappen Schilderung in Punkt k der Meldung (wie in den Feststellungen wiedergegeben) nicht begnügt, sondern vom Kläger - außer der Übermittlung der Gendarmerieanzeige - weitere Auskünfte im Sinne des § 34 VersVG, Punkt 9.2. der Allgemeinen Bedingungen, verlangt hätten. Dem Kläger kann daher die Verletzung einer Obliegenheit bei Erstattung der Schadenmeldung nicht vorgeworfen werden. Es darf doch nicht übersehen werden, dass der Kläger nicht nur die Möglichkeit besaß, in der Schadenmeldung zum Inhalt der Gendarmerieanzeige Stellung zu nehmen (in der ein „Reifenplatzer" erwähnt wird), sondern auch keine Veranlassung hatte, hervorzuheben, dass Hinweise auf einen „Reifenplatzer" als Unfallursache fehlen. Eine derartige Angabe hätte einer entsprechenden Frage der Beklagten bedurft (sei es im Schadenmeldungsformular, sei es im Rahmen einer von ihr gemäß § 34 VersVG verlangten Auskunft). Für die Meldung auch nur des Verdachts eines „Reifenplatzers" bestand nach den getroffenen Feststellungen (wonach alle Reifen des Fahrzeugs unbeschädigt geblieben waren) kein Grund. Nur ein „Reifenplatzer" aber, nicht auch ein anderer Reifenschaden, dessen Ursache nicht in einer von außen kommenden unabwendbaren Fremdeinwirkung liegt (Helm in Großkomm z HGB, V/2, 474), ist für die Haftung der Beklagten im Hinblick auf die Bestimmungen des Art 17 Z 2 CMR relevant.

Liegt eine Verletzung der Obliegenheit bei Erstattung der Schadensmeldung nicht vor, bedarf es keiner Erörterung der Zulässigkeit der Vereinbarung Punkt 11. der Allgemeinen Bedingungen Beilage 1 und darüber, ob die Transporthaftpflichtversicherung gegenüber der Transportversicherung ein minus oder ein alius darstellt (§§ 129, 187 VersVG).

Dem Kläger ist nach Ansicht des Revisionsgerichts aber auch nicht ein Verstoß gegen die im Punkt 9.4. der Allgemeinen Bedingungen Beilage 1 statuierte Obliegenheit vorzuwerfen, keinen Anspruch ohne Einwilligung der Versicherer anzuerkennen, zu befriedigen oder abzutreten (§ 154 Abs 2 VersVG). Ein Anerkenntnis im Sinne dieser Obliegenheit ist jede Handlung oder Äußerung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Geschädigten, aus dem sich das Bewusstsein von dem Bestehen eines Anspruchs unzweideutig ergibt. Befriedigung ist jede Leistung, die die Ansprüche des Dritten ganz oder teilweise erfüllt, nicht aber eine einseitige Verrechnung des Dritten vor ihrer Anerkennung durch den Versicherungsnehmer (Prölss/Martin aaO 877 und 878; Stiefel-Hofmann, Kraftfahrtversicherung13, 343; VersR 1978, 80; VersR 1976, 749). Macht der Versicherungsnehmer bei der Leistung einen Vorbehalt, hebt dies die Wirkung der Verletzung der Obliegenheit dann auf, wenn dadurch weiterhin das Bestreiten des Anspruchs und eventuell die Rückforderung der gezahlten Beträge offengehalten ist (Stiefel-Hofmann aaO, 347). Zweck der genannten Bestimmung ist es, zu verhüten, dass durch eigenmächtige Maßnahmen des Versicherungsnehmers die Rechtslage der Versicherungsgesellschaft in den weiteren Verhandlungen oder in einem späteren Prozess verschlechtert wird. Das Anerkennungsverbot will die Entscheidungsfreiheit des Versicherers schützen (Stiefel-Hofmann aaO, 340).

Festgestellt wurde, dass der Auftraggeber des Klägers, mit dem dieser in ständiger Geschäftsverbindung stand, den Fakturenwert der Ladung abzüglich deren Restwerts von Forderungen des Klägers aus Transportleistungen in Abzug brachte und auf diese Transportleistungen ungeachtet Aufforderungen des Klägers keine Zahlung leistete. Von einem eigenmächtigen Vorgehen des Klägers kann unter diesen Umständen keinesfalls gesprochen werden. Eigenmächtig und gegen den Willen des Klägers erfolgte vielmehr die Vorgangsweise des geschädigten Dritten. Es liegt dementsprechend auch kein Verhalten des Klägers gegenüber dem Geschädigten vor, aus dem sich unzweideutig entnehmen ließe, er erfülle den Anspruch, weil er sich für verpflichtet halte. Eine Verschlechterung der Rechtslage der Beklagten ist durch das Verhalten des Klägers, der lediglich - unter Protest - eine Verrechnung zumindest vorläufig hingenommen hat, gegen die er sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht in zumutbarer Weise wehren konnte, nicht zu besorgen.

Der Kläger hat deshalb auch insoweit seine Obliegenheit nicht verletzt.

Die Klage erweist sich daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts im Umfang der Stattgebung durch das Erstgericht als berechtigt, so dass der Revision Folge zu geben und das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts abzuändern war.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 40, 50 ZPO.