zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 24.03.2015, 5Ob46/14x (5Ob41/15p)

OGH vom 24.03.2015, 5Ob46/14x (5Ob41/15p)

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers DI G*****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Dr. M*****, vertreten durch Mag. Jörg C. Müller, Rechtsanwalt in Wien, und 2. A*****, vertreten durch den Sachwalter Mag. Christoff Beck, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, Antrag auf Betriebskostenabrechnung und Vorlage von Urkunden, über 1. den Revisionsrekurs des Erstantragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 7 R 134/14g 43, womit über Rekurs des Erstantragsgegners der Beschluss des Bezirksgerichts Purkersdorf vom , GZ 7 Msch 4/13t-39, bestätigt wurde, sowie 2. über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 7 R 115/13m 27, womit über Rekurs des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Purkersdorf vom , GZ 7 Msch 4/13t-14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs des Erstantragsgegners wird zurückgewiesen.

Der Antragssteller hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

2. Dem Revisionsrekurs des Antragstellers wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller ist schuldig, der Zweitantragsgegnerin die mit 1.049,04 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten 174,84 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller und der Erstantragsgegner sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** mit der Adresse *****. Zum Zeitpunkt der den Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens bildenden Entscheidungen war auf der gesamten Liegenschaft zugunsten der Zweitantragsgegnerin, der Mutter der Streitteile, ein Fruchtgenussrecht grundbücherlich eingetragen.

Mit seinem das Verfahren einleitenden Antrag begehrte der Antragsteller 1. die Feststellung, dass er laut Benützungsvereinbarung mit seinem verstorbenen Vater Ing. J***** im Jahre 1979 zur Benutzung einzelner bestimmt bezeichneter Räumlichkeiten und Außenflächen der Liegenschaft EZ ***** GB ***** berechtigt sei, 2. dem „Antragsgegner“ die Betriebskostenabrechnung für die Jahre 2010 bis 2012 und die Vorlage weiterer Urkunden aufzutragen. Zur Begründung des Feststellungsbegehrens führte der Antragsteller zusammengefasst aus, dass im Jahr 1979 der mittlerweile verstorbene Vater des Antragstellers und des Erstantragsgegners, Ing. J*****, und die Zweitantragsgegnerin je zur Hälfte schlichte Miteigentümer der Liegenschaft gewesen seien. Der Vater habe mit dem Antragsteller damals anlässlich der Betriebsübernahme durch den Antragsteller eine Benützungsregelung im Rahmen eines Bestandsverhältnisses getroffen, der auch die Zweitantragsgegnerin beigetreten sei. Aufgrund dieser dem Antragsteller eingeräumten Benützungsrechte stehe ihm das Nutzungsrecht an der Wohnung im ersten Stock, den ehemaligen Firmensozialräumen im Erdgeschoss, der Garage als Holz- und Möbellager (gemeinsam mit der Zweitantragsgegnerin), „dem letzten“ Zimmer einer weiteren Wohnung im ersten Stock (gemeinsam mit seiner Schwester J*****), dem Keller im Erdgeschoss und die alleinige Benutzung des Gartens zu. Nach dem Tod des Vaters hätten der Antragsteller und der Erstantragsgegner durch Schenkung und Erbübereinkommen je zur Hälfte Miteigentum an der Liegenschaft erworben und der Zweitantragsgegnerin ein Fruchtgenussrecht eingeräumt. Die Zweitantragsgegnerin sei in die vor Begründung des Fruchtgenussrechts zwischen dem Antragsteller und seinem Vater begründeten Bestandrechte, denen sie bereits seinerzeit zugestimmt habe, eingetreten und an diese gebunden. Diese Benützungsvereinbarung sei von den nunmehrigen Eigentümern (dem Antragsteller und Erstantragsgegner) als Rechtsnachfolger übernommen worden, noch bevor der Zweitantragsgegnerin ein Fruchtgenussrecht eingeräumt worden sei. Der Erstantragsgegner versuche nun die bestandrechtlichen Benützungsvereinbarungen des Antragstellers zu torpedieren und greife unter Berufung auf sein Hälfteeigentum rechtsgrundlos in diese ein. Dadurch sei ein Miteigentümerkonflikt entstanden. Die Ansprüche des Antragstellers würden sich auf das Miteigentumsverhältnis und nicht auf ein Bestandrecht gegenüber der Zweitantragsgegnerin als der Fruchtgenussberechtigten gründen. Die Benützungsregelung hinsichtlich der Firmensozialräume im Erdgeschoss und der Garage sei dem Antragsteller im Zusammenhang mit der Übertragung eines Einzelunternehmens eingeräumt worden, die Zweitantragsgegnerin sei an diesem Unternehmen des verstorbenen Vaters nicht beteiligt gewesen. Dieser Benützungsregelung liege daher eine Vereinbarung zwischen der Zweitantragsgegnerin und dem Ing. J***** zugrunde. Die Benützungsregelung hinsichtlich der Wohnung im ersten Stock, eines Zimmers in der Wohnung der Zweitantragsgegnerin im ersten Stock sowie des gesamten Gartenareals sei zwischen den (vormaligen) Eigentümern, nämlich der Zweitantragsgegnerin und Ing. J*****, getroffen worden. Die nunmehrigen Eigentümer (der Antragsteller und der Erstantragsgegner) hätten diese als deren Rechtsnachfolger übernommen.

Mit Beschluss vom sprach das Erstgericht aus, dass das Feststellungsbegehren im streitigen Verfahren vor dem sachlich und örtlich zuständigen Bezirksgericht Purkersdorf als Feststellungsklage zu behandeln sei und an die zuständige Geschäftsabteilung überwiesen werde. Die weiteren Begehren auf Legung von Betriebskostenabrechnungen und Vorlage von Urkunden seien hingegen gemäß § 838a ABGB im außerstreitigen Verfahren zu erledigen. Den Ausspruch der Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs (auch) für das Feststellungsbegehren und dessen Überweisung in das streitige Verfahren begründete das Erstgericht zusammengefasst damit, dass die Regelung des § 838a ABGB nur Streitigkeiten erfasse, die sich nur auf das Miteigentumsverhältnis stützen. Ansprüche, die sich nicht nur auf das Miteigentumsverhältnis, sondern auch auf andere Rechtsgrundlagen - wie etwa Besitzstörung, Schadenersatz oder das Nachbarrecht - stützen, seien im streitigen Verfahren geltend zu machen. Der Antragsteller stütze das Feststellungsbegehren offenkundig auf die mit seinem Vater getroffenen Vereinbarungen und gerade nicht (nur) auf sein Miteigentum. Er leite seine Rechte vielmehr aus einem Bestandvertrag ab.

Das Rekursgericht gab dem gegen den Ausspruch der Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs für das Feststellungsbegehren und dessen Überweisung in das streitige Verfahren gerichteten Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Aus dem Vorbringen des Antragstellers könne zusammengefasst werden, dass er die von ihm erhobenen Ansprüche primär nicht auf seine heutige Rolle als Miteigentümer zurückführe, er vielmehr Benützungsrechte für sich reklamiere, die ihre Grundlage in einer Vereinbarung mit seinem Vater als dem damaligen Hälfteeigentümer fänden und der die damalige weitere Hälfteeigentümerin zugestimmt habe oder „beigetreten“ sei. Dass der Antragsteller und der Erstantragsgegner zu einem späteren Zeitpunkt die Miteigentumsanteile der Eltern übernommen und ihrer Mutter als früherer Hälfteeigentümerin ein Fruchtgenussrecht eingeräumt hätten, sei - dem Vorbringen des Antragstellers nach - für die Begründung der ursprünglichen Benützungsrechte (aus welchem Titel auch immer) nicht relevant. Es handle sich daher um keine Streitigkeit, die ausschließlich und unmittelbar auf die heutigen Miteigentumsverhältnisse zurückzuführen sei. Für das Bestehen des Anspruchs sei damit entscheidungswesentlich, ob überhaupt und welche Vereinbarung der Antragsteller mit dem damaligen Miteigentümer, seinem Vater, getroffen habe, ob die weitere Miteigentümerin, seine Mutter, dieser Vereinbarung beigetreten sei und in welcher Weise sich die Rechtsnachfolge und das der Mutter eingeräumte Fruchtgenussrecht auf den Bestand dieser behaupteten Nutzungsvereinbarung auswirken würden. Im Ergebnis seien daher andere Rechtsgrundlagen als das Miteigentum der am Verfahren beteiligten Parteien als anspruchsbegründend zu prüfen. Die eigentliche Anspruchsgrundlage solle offensichtlich primär die „bestandrechtliche Benützungsvereinbarung“ des Antragstellers sein, die er als Dritter, der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht Miteigentümer gewesen sei, mit einem der Miteigentümer oder mit beiden Miteigentümern getroffen habe.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche

Revisionsrekurs zulässig sei, weil die hier vorliegende Konstellation noch nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen worden sei und aufgrund des Gesetzeswortlauts des § 838a ABGB auch die Meinung vertreten werden könnte, Streitigkeiten zwischen nunmehrigen Miteigentümern über die Gebrauchsordnung seien selbst dann im Außerstreitverfahren auszutragen, wenn die zugrundeliegende Benützungsvereinbarung noch aus einer Zeit stamme, in der eine der Parteien dieser Vereinbarung noch nicht Miteigentümer gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass (auch) das Feststellungsbegehren ins Außerstreitverfahren verwiesen werde. Hilfsweise stellt der Antragsteller einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Der vom Antragsteller erhobene Revisionsrekurs wurde dem Vertreter des Erstantragsgegners am zugestellt. Die Revisionsrekursbeantwortung wäre daher bis längstens zu erstatten gewesen (§ 68 Abs 1 AußStrG). Am brachte der Erstantragsgegner beim Erstgericht eine Revisionsrekursbeantwortung ein, die er mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erstattung der Revisionsrekursbeantwortung verband. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags brachte der Erstantragsgegner vor, dass sein Vertreter am in Dienten am Hochkönig am Ende seines Skiurlaubs unmittelbar vor der geplanten Rückfahrt nach Wien auf einem vereisten Parkplatz zu Sturz gekommen sei und sich eine Querfraktur des rechten Oberarms zugezogen habe. Nach ambulanter Erstversorgung im Krankenhaus Schwarzach sei er am Abend des nach Wien überführt worden. Dort habe er sich bis zum Abend des in häuslicher Pflege befunden. Am 12. Februar sei er im Krankenhaus „Goldenes Kreuz“ in Wien stationär aufgenommen und operiert worden. Die Entlassung aus der stationären Behandlung sei am erfolgt. Der Vertreter des Erstantragsgegners sei als Einzelanwalt in einer bloßen Regiegemeinschaft ohne gemeinsame Aktenverwaltung tätig und beschäftige kein Personal. Es sei ihm daher nicht möglich gewesen, die Revisionsrekursbeantwortung zu einem früheren Zeitpunkt zu erstellen und einzubringen.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab und die Revisionsrekursbeantwortung des Erstantragsgegners als verspätet zurück. Zwar stelle ein Sturz im Skiurlaub und die damit einhergehende Beeinträchtigung grundsätzlich ein unvorhersehbares Ereignis dar. Im vorliegenden Fall sei die Fristversäumnis aber schon nach dem Vorbringen des Wiedereinsetzungswerbers auf eine mangelhafte Organisation seiner Anwaltskanzlei zurückzuführen. Die Tätigkeit als Einzelanwalt ohne gemeinsame Aktenverwaltung und Beschäftigung von Personal unterschreite mangels jeglicher Kontrollmechanismen und Sorgfaltsmaßnahmen zur Fristenwahrung im Krankheitsfall oder bei Unfällen die Standards einer gut organisierten Rechtsanwaltskanzlei. Das schließe die Entschuldbarkeit von Fristversäumungen aus.

Das Rekursgericht gab dem gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags gerichteten Rekurs des Erstantragsgegners nicht Folge. Der Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stehe schon der Umstand entgegen, dass der Erstantragsgegnervertreter in Anbetracht seiner erlittenen Verletzung nicht für eine Vertretung gesorgt habe. Die Erkrankung eines vertretenden Rechtsanwalts könne für sich allein niemals Grund für eine Wiedereinsetzung sein, weil er nach § 14 RAO die Möglichkeit habe, im Verhinderungsfall an einen anderen Rechtsanwalt zu substituieren. Nur dann, wenn zufolge der Krankheit die Dispositionsfähigkeit des Rechtsanwalts ausgeschlossen wäre und er nicht einmal mehr für eine Stellvertretung sorgen könnte, wäre die Erkrankung ein Ereignis, aufgrund dessen es unmöglich wäre, die Frist einzuhalten. Der Rekurswerber habe in seinem Wiedereinsetzungsantrag aber keine Umstände vorgebracht, die darauf schließen ließen, die rechtzeitige Substituierung an einen anderen Rechtsanwalt sei nicht möglich gewesen. Die erst im Rekurs aufgestellte Behauptung, dass der Büroraum des Erstantragsgegnervertreters versperrt und damit einem zu substituierenden Regiepartner der Zugang zu seinem Büroraum und dem darin verwahrten Handakt nicht möglich gewesen sei, sei nicht von dem im Verfahren erster Instanz behaupteten, den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Vorbringen umfasst. Dieses Vorbringen verstoße daher gegen die Eventualmaxime und müsse unbeachtet bleiben. Der Vollständigkeit halber sehe sich der Rekurssenat veranlasst, festzuhalten, dass es zum Mindeststandard einer gut organisierten Rechtsanwaltskanzlei gehöre, im Verhinderungsfall Zugang zu den Handakten zu gewährleisten, um gegebenenfalls eine Substituierung zu bewerkstelligen. Wenn der Erstantragsgegnervertreter sich in einer Regiepartnerschaft befinde, in der es außer der Nutzung eines Büroraums keinerlei organisatorische oder sonstige die Aktenverwaltung betreffende gemeinsame Kanzleiorganisation gebe, dann liege eine Unterschreitung dieses Mindeststandards vor. Der Unfall des Erstantragsgegnervertreters habe sich am ereignet und die versäumte Frist sei am abgelaufen. Die Querfraktur des Oberarmschaftes des rechten Armes sei zwar zweifelsohne schmerzhaft, sie führe jedoch nicht dazu, dass der Erstantragsgegnervertreter derart dispositionsunfähig gewesen wäre, dass er nicht mehr (zumindest telefonisch) für eine Stellvertretung hätte sorgen können. Das Fehlen jeglicher Kanzleiorganisation und Kanzleipersonals führe nun dazu, dass im Falle der akuten Verhinderung ohne Ausschluss der Dispositionsfähigkeit der verunfallte Parteienvertreter die Kanzlei eben persönlich hätte aufsuchen müssen, um für eine geeignete Vertretung zu sorgen. Dass der Erstantragsgegnervertreter am Tag nach seiner Rückkehr, dem , nicht in die Kanzlei hätte fahren, den Büroraum aufsperren (oder aufsperren lassen) und somit rechtzeitig für eine geeignete Vertretung sorgen hätte können, ergebe sich aus den vorgelegten Bescheinigungsmitteln nicht.

Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs über Zulassungsvorstellung des Erstantragsgegners (§ 63 AußStrG) für zulässig, weil die Rechtsfrage, welche Vertretungsleistungen einem als Einzelanwalt tätigen Rechtsanwalt in Ansehung seiner Kanzleiorganisation im Falle eines verletzungsbedingten Ausfalls zugemutet werden könnten, über den Einzelfall hinausgehe und daher von erheblicher Bedeutung sei.

Zum Revisionsrekurs des Erstantragsgegners gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags (Spruchpunkt 1.)

Der Revisionsrekurs des Erstantragsgegners ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden Zulassungsausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Anfechtung der Bestätigung der Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags (§ 21 AußStrG) ist im Außerstreitverfahren nicht jedenfalls ausgeschlossen, sondern zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG vorliegen (RIS-Justiz RS0121841). Der Revisionsrekurs ist daher (nur) zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Eine solche im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage stellt sich hier jedoch nicht.

2. § 21 AußStrG ordnet an, dass die Bestimmungen der ZPO über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, ausgenommen § 154, sinngemäß anzuwenden sind, wenn der aus der Versäumung einer Frist oder Tagsatzung entstehende Rechtsnachteil nicht durch ein Rechtsmittel oder einen neuen Antrag abgewendet werden kann. Nach § 146 Abs 1 ZPO ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis unter anderem an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde, wobei ein minderer Grad des Versehens, das heißt leichte Fahrlässigkeit, die Wiedereinsetzung nicht hindert. Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben; er darf somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in diesem Sinne außer Acht gelassen haben (RIS-Justiz RS0036800). Grobes Verschulden des Vertreters und/oder seiner Hilfskräfte ist im Wiedereinsetzungsverfahren der Partei zuzurechnen (RIS Justiz RS0111777; RS0036729). Dabei ist an rechtskundige Personen, insbesondere an berufsmäßige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen, als an rechtsunkundige Parteien (RIS-Justiz RS0036784).

3. Die Beurteilung, ob die Wiedereinsetzung wegen Vorliegens eines nicht bloß mindergradigen Versehens einer Partei oder ihres Vertreters versagt bleibt, ist regelmäßig von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig; ihr kommt daher keine grundsätzliche Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0116535; RS0036742 [T2]). Dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, bedeutet keineswegs, dass die Entscheidung von der Lösung einer im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG erheblichen Rechtsfrage abhängt. Besonderheiten der Fallgestaltung schließen eine richtungsweisende, die Rechtsentwicklung vorantreibende und für zukünftige Entscheidungen nutzbringende Judikatur des Obersten Gerichtshofs sogar eher aus (RIS-Justiz RS0102181). Hängt die Entscheidung von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, ist deren rechtliche Würdigung vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen. Nur bei einer auffallenden Fehlbeurteilung hätte er einzugreifen (RIS-Justiz RS0021095 [T3]).

4. Die Erkrankung des vertretenden Rechtsanwalts kann nur dann ein Grund für eine Wiedereinsetzung sein, wenn sie die rechtzeitige Bestellung eines Vertreters unmöglich macht (vgl RIS-Justiz RS0036728); sei es weil die Erkrankung plötzlich auftritt und für eine rechtzeitige Vertretung nicht mehr gesorgt werden kann ( Deixler-Hübner in Fasching/Konecny ² § 146 ZPO Rz 12 mwN ), oder weil zufolge der Krankheit die Dispositionsfähigkeit des Rechtsanwalts ausgeschlossen ist ( Gitschthaler in

Rechberger 4 § 146 ZPO Rz 12 mwN). Bestand jedoch die Möglichkeit, bis zum Fristablauf durch Substitution Abhilfe zu schaffen, so ist die Wiedereinsetzung nicht zu bewilligen ( Deixler-Hübner aaO § 146 ZPO Rz 12 mwN).

Das Rekursgericht verneint das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Bewilligung der Wiedereinsetzung primär auch schon deshalb, weil der Erstantragsgegnervertreter nicht für eine Vertretung gesorgt habe, obwohl ihm dies rechtlich und faktisch möglich gewesen wäre. Der Wiedereinsetzungswerber habe in seinem Antrag jedenfalls keine Umstände vorgebracht, die darauf schließen ließen, die rechtzeitige Substitution an einen anderen Rechtsanwalt sei ihm nicht möglich gewesen. Das entsprechende Vorbringen im Rekurs verstoße gegen die Eventualmaxime und müsse unbeachtet bleiben. Diese Rechtsansicht stellt zumindest keine grobe, aus Gründen der Rechtssicherheit korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar. Ist aber davon auszugehen, dass es dem Vertreter des Erstantragsgegners im konkreten Fall ungeachtet seiner Tätigkeit als Einzelanwalt und ohne Beschäftigung von Personal - ohnedies möglich gewesen wäre, für eine Stellvertretung zu sorgen, ist die Frage der Einhaltung des Standards einer gut organisierten Rechtsanwaltskanzlei nicht mehr entscheidungsrelevant. Der Lösung dieser vom Rekursgericht als erheblich angesehenen Rechtsfrage käme daher nur theoretische Bedeutung zu. Die Anrufung des Obersten Gerichtshofs ist aber nur zulässig, wenn die Entscheidung gerade von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, die angeschnittene Rechtsfrage also für die Entscheidung präjudiziell ist (RIS-Justiz RS0088931 [T2]). Fehlende Relevanz für die Entscheidung des zu beurteilenden Falls schließt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aus.

5. Die Kostenentscheidung im Zwischenverfahren nach § 40a JN richtet sich nach jener Verfahrensart, die in dem das Verfahren einleitenden Rechtsschutzantrag gewählt und behauptet wurde (RIS-Justiz RS0046245). Demnach sind hier die Kostenersatzregeln des § 78 Abs 2 AußStrG maßgebend. Das darin enthaltene Erfolgsprinzip rechtfertigt einen Kostenzuspruch für die Revisionsrekursbeantwortung nur dann, wenn in dieser auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen wurde (RIS-Justiz RS0122774). Der Antragsteller hat in seiner Revisionsrekursbeantwortung weder die Zurückweisung des Revisionsrekurses beantragt (vgl RIS-Justiz RS0035979 [T11], RS0035962 [T18]), noch jene Umstände dargelegt, welche den Revisionsrekurs des Erstantragsgegners tatsächlich unzulässig machen (RIS-Justiz RS0122774 [T1], RS0035962 [T6]).

Zum Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Ausspruch der Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs und die Überweisung in das streitige Verfahren (Spruchpunkt 2.):

Der

Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig, weil es der Klarstellung der Kriterien für die Abgrenzung zwischen dem streitigen und außerstreitigen Verfahren nach § 838a ABGB im Zusammenhang mit Benützungsregelungen bedarf; dieser ist aber nicht berechtigt.

1. In welchem Verfahren eine Rechtssache zu behandeln ist, richtet sich nicht nach der Bezeichnung durch die Partei, sondern nach dem Inhalt des Begehrens und dem Parteivorbringen (§ 40a JN). Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind also der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen der das Verfahren einleitenden Partei (RIS-Justiz RS0005896, RS0013639, RS0005861). Von Bedeutung ist die Natur, das Wesen des erhobenen Anspruchs (RIS-Justiz RS0045718, RS0045584). Die Behauptungen des Gegners sind für die Beurteilung der Frage, ob eine Sache in das Außerstreitverfahren oder auf den ordentlichen Rechtsweg gehört, ebenso wenig relevant wie die getroffenen Feststellungen (RIS-Justiz RS0005861 [T1]; RS0013639 [T5, T 8, T 9, T 18, T 21]). Im Zweifel gehören alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Sachen auf den Prozessweg (RIS-Justiz RS0012214). An diesen Grundsätzen hat auch § 838a ABGB nichts geändert (8 Ob 111/11y mwN; 9 Ob 18/13g).

2. Nach § 838a ABGB sind Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden; auch dann, wenn der Auseinandersetzung eine Vereinbarung der Miteigentümer zugrunde liegt (RIS-Justiz RS0013563 [T15]). Weiterhin auf den streitigen Rechtsweg gehören Ansprüche, die nicht nur auf das Miteigentumsverhältnis gegründet sind, sondern auch auf weitere Rechtsgrundlagen (5 Ob 106/14w mwN; RIS Justiz RS0013622 [T9]; Sailer, KBB 4 § 838 a Rz 3; Gruber/Sprohar-Heimlich in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 838a Rz 3).

3. Zu den in das Außerstreitverfahren verwiesenen Rechten und Pflichten der Teilhaber zählen nach den Gesetzesmaterialien (471 BlgNR 22. GP 33) insbesondere auch Streitigkeiten aus einer Benützungsregelung. In seinen Entscheidungen 6 Ob 233/10y und 9 Ob 7/12p hat der Oberste Gerichtshof daher das Begehren eines Miteigentümers auf Feststellung eines ausschließlichen Nutzungsrechts jeweils dem Außerstreitverfahren zugewiesen. In beiden Entscheidungen bildete jedoch die Behauptung einer zwischen den jeweiligen Miteigentümern getroffenen Benützungsvereinbarung den Anspruchsgrund. Im vorliegenden Fall begehrt der Antragsteller hingegen ausdrücklich die Feststellung von Nutzungsrechten, die ihm „laut Benützungsvereinbarung mit seinem verstorbenen Vater Ing. J***** im Jahre 1979“ zustehen sollen. Er stützt sich also wie schon das Rekursgericht zutreffend hervorhob auf eine Benützungsvereinbarung, die er nicht als Miteigentümer, sondern noch als Dritter mit einem der beiden damaligen Hälfteeigentümer „im Rahmen eines Bestandverhältnisses“ getroffen habe und der auch die zweite Hälfteeigentümerin beigetreten sei. Diese getroffene Benützungsvereinbarung binde auch die Antragsgegner. Die Zuweisung in das Außerstreitverfahren nach § 838a ABGB ist allerdings auf mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache „unmittelbar zusammenhängende“ Streitigkeiten beschränkt. Dieser unbestimmte Gesetzesbegriff ist zwar stark auslegungsbedürftig (vgl H. Böhm in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.01 § 838a Rz 6; Sailer, Miteigentum in und außer Streitsachen, Die Rechtsprechung des OGH zu § 838a ABGB, Zak 2014, 83). Rechte und Pflichten aus einer von den Miteigentümern getroffenen und/oder sie bindenden Vereinbarung hängen aber jedenfalls nur dann im Sinne des § 838a ABGB mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache unmittelbar zusammen, wenn sie als „gemeinschaftsrechtlich“ zu qualifizieren sind ( H. Böhm aaO § 838a Rz 9; Sailer, Miteigentum in und außer Streitsachen, Die Rechtsprechung des OGH zu § 838a ABGB, Zak 2014, 83 [85]). Daher wies der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 5 Ob 186/13h ein Begehren auf Duldung der Benützung einer Parkfläche im Hof dem Streitverfahren zu, weil den Klägern als Anspruchsgrundlage (unter anderem) eine angebliche Vereinbarung der Streitteile über die Benützung einer zum Wohnungseigentumsobjekt des Beklagten gehörigen Teilfläche diente. Ein solches Begehren betreffe einerseits nicht die „Benützung der gemeinschaftlichen Sache“ iSd § 838a ABGB und beruhe andererseits auch auf einer individuellen vertraglichen Vereinbarung nur zweier Wohnungseigentümer, die diese zu Leistung und Gegenleistung verpflichte und daher nicht mehr als gemeinschaftsrechtlich zu qualifizieren sei. Auch in seiner Entscheidung 1 Ob 39/13m bejahte der Oberste Gerichtshof die Zulässigkeit des streitigen Verfahrens für die Durchsetzung einer aus einem Kaufvertrag zwischen nunmehrigen Miteigentümern resultierenden Pflicht zur baulichen Verbesserung, weil der die Grundlage für den geltend gemachten Anspruch bildende Kaufvertrag keine Vereinbarung der Teilhaber über die unmittelbar mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache zusammenhängenden Rechte und Pflichten der Teilhaber im Sinne des § 838a ABGB sondern einen eigenständigen, vom Miteigentumsverhältnis unabhängigen Rechtsgrund darstelle. Auch in dem der Entscheidung 5 Ob 106/14w zugrunde liegenden Verfahren leitete die Klägerin ihren Anspruch auf Zustimmung zur baulichen Verbesserung ausdrücklich auf den zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Kaufvertrag ab. Da somit ein eigenständiger, vom Miteigentumsverhältnis unabhängiger Rechtsgrund den „Kern des Begehrens“ bilde, wies der Oberste Gerichtshof auch diesen Anspruch ins Streitverfahren.

4. Der Antragsteller beruft sich hier ungeachtet seiner nunmehrigen Miteigentümerstellung (zumindest auch) auf seine Rechtsstellung aus der mit seinem verstorbenen Vater Ing. J***** im Jahre 1979 im Rahmen eines Bestandsverhältnisses getroffenen Benützungsvereinbarung. Diese behauptete Benützungsregelung ist nicht als gemeinschaftsrechtliche Vereinbarung im Sinne des § 838a ABGB zu qualifizieren, weil sie nicht von den (damaligen) Miteigentümern im Verhältnis zueinander sondern mit dem Antragsteller als Dritten abgeschlossen worden wäre. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass im Innenverhältnis zwischen den damaligen Miteigentümern eine damit korrespondierende Übereinkunft vorgelegen haben soll. Der Antragsteller stützt sich ausdrücklich auf die zwischen ihm und seinem Vater getroffene Benützungsvereinbarung; (auch) diese sei auf den Antragsteller und den Erstantragsgegner als deren Rechtsnachfolger im Miteigentum übergegangen. Nach dem Rechtsstandpunkt des Antragstellers soll es also in der Person des Antragstellers zu einer Vereinigung der Schuldner- und Gläubigerstellung im Sinne des § 1445 ABGB gekommen sein, die aber analog der ständigen Rechtsprechung zum Erwerb eines Miteigentumsanteils durch den Bestandnehmer (vgl RIS-Justiz RS0013647) - die rechtliche Existenz der Benützungsvereinbarung und damit seine Rechtsstellung als Benützungsberechtigten nicht berühre und die darin festgelegten Benützungsrechte an der gemeinsamen Sache bestehen bleiben ließe. Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen bildet hier den - für die Verweisung auf den außerstreitigen Rechtsweg nach § 838a ABGB entscheidenden (vgl 5 Ob 106/14w mwN = RIS-Justiz RS0013622 [T10]) - Kern des Begehrens. Grundlage für den geltend gemachten Anspruch ist keine Vereinbarung der Teilhaber im Sinne der § 838a ABGB sondern ein eigenständiger, vom Miteigentumsverhältnis unabhängiger Rechtsgrund. Dieser Anspruch ist jedenfalls im Streitverfahren zu behandeln.

5. Damit erübrigt sich die Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit der Inanspruchnahme der Zweitantragsgegnerin im Außerstreitverfahren nicht auch der Umstand entgegen stünde, dass sie zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr Miteigentümerin, sondern nur noch Fruchtgenussberechtigte war. Gegenstand der Verweisung in das Außerstreitverfahren sind zwar ausschließlich Streitigkeiten der Miteigentümer untereinander ( Sailer, KBB 4 § 838a Rz 2; Egglmeier-Schmolke in Schwimann , TaKom 2 , § 838a ABGB Rz 1); die Klärung der Frage, ob auch der Fruchtgenussberechtigte im Sinne des § 838a ABGB als Dritter zu qualifizieren wäre, bedürfte aber einer näheren Prüfung (vgl zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 838a ABGB:5 Ob 76/88; RIS-Justiz RS0013678 [T2]; Gamerith in Rummel³ § 833 Rz 9). Auch die sich in diesem Zusammenhang stellenden Fragen der Sachlegitimation und der Schlüssigkeit des Rechtsschutzbegehrens haben mit der zulässigen Verfahrensart nichts zu tun. Diese (materiellen) Voraussetzungen für die Begründetheit des Begehrens sind in diesem Verfahrensstadium nicht zu prüfen (RIS-Justiz RS0079246 [T2]).

6. Die Kostenentscheidung im Zwischenverfahren nach § 40a JN richtet sich wie schon ausgeführt nach jener Verfahrensart, die in dem das Verfahren einleitenden Rechtsschutzantrag gewählt und behauptet wurde (RIS-Justiz RS0046245). Demnach sind hier die Kostenersatzregeln des § 78 Abs 2 AußStrG maßgebend. Das darin enthaltene Erfolgsprinzip rechtfertigt einen Kostenzuspruch für die Revisionsrekursbeantwortung der Zweitantragsgegnerin.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00046.14X.0324.000