OGH vom 09.06.2009, 4Ob80/09g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „Ö*****"-***** GmbH, *****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. K***** KG, *****, 2. K***** Gesellschaft mbH, *****, 3. M***** KG, *****, alle vertreten durch Ruggenthaler Rechtsanwalts KG in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 70.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 2.500 EUR), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 218/08b-22, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 22 Cg 125/07m-18, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 2.368,28 EUR (darin 394,71 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Klagseinbringung () Medieninhaberin der periodischen Druckschrift „Österreich". Mit Einbringungsvertrag vom hat die Klägerin den Teilbetrieb ihres Unternehmens betreffend „Tageszeitung Österreich" zur Gänze in die Mediengruppe „Österreich" GmbH eingebracht, die spätestens seit Medieninhaberin der Tageszeitung „Österreich" ist. Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift „Kronen Zeitung". Die Zweitbeklagte ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift „Kurier". Die Drittbeklagte ist Verlegerin der „Kronen Zeitung" und des „Kurier" und Medieninhaberin, Herausgeberin und Verlegerin der „TV-Woche", einer wöchentlichen Fernsehprogrammzeitschrift, die jeweils Freitag unter anderem der „Kronen Zeitung" und dem „Kurier" beigelegt ist.
In der Zeitung „Österreich" vom findet sich auf den Seiten 24 und 25 ein auf der Titelseite groß angekündigtes Interview mit Marie Bäumer unter dem Titel „Als Buhlschaft bin ich ein Hippie!". Die Ausgabe der „TV-Woche" vom enthält ein auf den Seiten 2 und 3 abgedrucktes Interview mit Marie Bäumer unter folgender Überschrift: „Für die Liebe würde ich immer kämpfen. Salzburgs neue Buhlschaft Marie Bäumer, die auch Dienstag im TV im Thriller 'Sieben Monde' zu sehen ist, im Exklusiv-Interview." In beiden Interviews geht es im Wesentlichen um die Rolle der Buhlschaft, die Marie Bäumer im Sommer 2007 bei den Salzburger Festspielen verkörpern sollte, sowie um die Schauspielerin persönlich.
Das dem Artikel in der „TV-Woche" zugrundeliegende Interview fand am statt, das Interview für den Artikel in „Österreich" am . Infolge der hohen Druckauflage der „TV-Woche" bestehen lange Vorlaufproduktionsfristen; das Layout für die „TV-Woche" vom war daher erst am fertig, Druckbeginn war am .
Das Erstgericht trug den Beklagten im Kern auf, es zu unterlassen, beim Vertrieb periodischer Druckwerke Interviews anzukündigen und/oder zu veröffentlichen, wenn dadurch der irreführende und unrichtige Eindruck erweckt wird, das Interview sei exklusiv gewährt worden, und ermächtigte die Klägerin zur Urteilsveröffentlichung im redaktionellen Teil der Zeitungen „Kurier" und „Kronen Zeitung" jeweils auf einer ganzen Seite.
Das Rekursgericht bestätigte dieses Urteil in seinem Ausspruch über das Unterlassungsbegehren und änderte es im Übrigen dahin ab, dass die Urteilsveröffentlichungen jeweils nur auf einer halben Seite zu erfolgen hätte; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob § 38 UGB auf wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche Anwendung finde, zulässig sei. Die Einbringung eines Unternehmens als Sacheinlage in eine Gesellschaft sei ein Unternehmensübergang unter Lebenden mit den Wirkungen einer Einzelrechtsnachfolge. Im Anlassfall führe die übernehmende Gesellschaft den Zeitungsbetrieb fort, weshalb die Rechtsfolgen des § 38 UGB einträten. Der Unternehmensübergang führe dazu, dass der Erwerber die unternehmensbezogenen Rechtsverhältnisse samt den bis dahin begründeten Rechten und Verbindlichkeiten des Veräußerers übernehme; zu ersteren zähle auch ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch, zumal ein solcher so eng mit dem Unternehmen verbunden sei, dass er nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden könne und von diesem losgelöst keinen Bestand habe. Die Aktivlegitimation der Klägerin sei im Hinblick auf § 234 ZPO zu bejahen, welche Bestimmung für jede Art der Einzelrechtsnachfolge kraft Vertrags oder Gesetzes gelte; der Unternehmensübergang sei erst nach Streitanhängigkeit erfolgt. Die „TV-Woche" sei eine Beilage zu den Tageszeitungen der Beklagten, weshalb diese Zeitungen als Publikationsmedien jenen Leserkreis ansprächen, der auch vom beanstandeten Artikel in der „TV-Woche" erreicht worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.
1.1. Die rechtliche Überprüfung einer Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht erfolgt nur insoweit, als im Rahmen einer Rechtsrüge Rechtsfragen zu (selbstständigen) Ansprüchen und Einwendungen ausgeführt worden sind (vgl E. Kodek in Rechberger, ZPO³ § 471 Rz 9 mwN; RIS-Justiz RS0043338; RS0043352 [T10, T 19, T 30]; 4 Ob 58/05s).
1.2. Wurde die Entscheidung erster Instanz von der unterlegenen Partei nur in einem bestimmten Punkt wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten (oder die gesamte Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt), dann sind diese Versäumnisse im Revisionsverfahren nicht mehr nachholbar, und andere Punkte können in der Rechtsrüge der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (stRsp; siehe E. Kodek aaO § 503 Rz 5; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1, § 503 Rz 56 iVm 191, je mwN; RIS-Justiz RS0043573 [T29, T 36]).
1.3. Die Berufung der Beklagten enthält nur Ausführungen zur angeblich fehlenden Aktivlegitimation und zur Veröffentlichungsermächtigung, lässt jedoch das Unterlassungsgebot inhaltlich unbekämpft. Es ist den Beklagten deshalb nach dem zuvor Gesagten verwehrt, die inhaltliche Berechtigung des Unterlassungsgebots in dritter Instanz überprüfen zu lassen.
2. Die Parteien haben außer Streit gestellt, dass die Klägerin mit Einbringungsvertrag vom den Teilbetrieb ihres Unternehmens betreffend „Tageszeitung Österreich" zur Gänze in die Mediengruppe „Österreich" GmbH eingebracht hat, die spätestens seit Medieninhaberin der - wie notorisch: weiterhin erscheinenden - Tageszeitung „Österreich" ist (Vorbringen der Beklagten Schriftsatz ON 16 Punkt 1.2.; ergänzendes schriftliches Vorbringen der Klägerin, Anhang zum Protokoll der Streitverhandlung vom , ON 17, Punkt 1.). Das Berufungsgericht durfte deshalb ohne weiteres Beweisverfahren von einer Unternehmensfortführung des eingebrachten (Teil-)Betriebs durch die Erwerberin ausgehen, womit der Tatbestand des § 38 Abs 1 UGB erfüllt ist (vgl RIS-Justiz RS0061675 zu § 25 HGB).
Soweit die Revisionswerberinnen nunmehr - unter dem Rechtsmittelgrund der Aktenwidrigkeit - erstmals geltend machen, die von ihnen selbst (!) vorgelegte Urkunde Beil ./1 beziehe sich offensichtlich auf einen anderen Vertragsgegenstand als jenen des Teilbetriebs „Tageszeitung Österreich", ist dies rechtlich unerheblich, weil die in dritter Instanz weiterhin bestrittene Aktivlegitimation schon allein aufgrund des außer Streit gestellten Sachverhalts bejaht werden kann (§ 38 Abs 1 UGB iVm § 234 ZPO).
3. Ob und in welchem Umfang eine Veröffentlichung des Urteils nach den Umständen des Falles zur Aufklärung des Publikums geboten ist, begründet keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042967). Gleiches gilt auch für die Wahl des Publikationsmediums (vgl etwa 4 Ob 8/05p). Dass die bekämpfte Entscheidung diese Frage offensichtlich unangemessen gelöst hätte, ist nicht zu erkennen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.