OGH vom 24.06.2020, 7Ob73/20s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr.
Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. W***** Z*****, vertreten durch die Hosp, Hegen Rechtsanwaltspartnerschaft in Salzburg, gegen die beklagte Partei G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen 33.550,27 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 180/19x-20, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Bei Auslegung von Willenserklärungen ist nach den § 914 ff ABGB zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden zu erforschen. Letztlich ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, wobei die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen sind und auf die konkreten Umstände, wie den Geschäftszweck und die Interessenlage Bedacht zu nehmen ist (RS0017915 [insb T 23, T 32]). Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, ist nur dann eine erhebliche Rechtsfrage, wenn von allgemein anerkannten Regeln der Vertragsauslegung abgewichen worden wäre, was im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müsste (vgl RS0112106; RS0044298). Das ist hier nicht der Fall:
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass ein redlicher und verständiger Erklärungsempfänger schon den „Vorschlag“ der Beklagten auf „Erhöhung der Gewinnanteile in einem neuen Gewinnverband“ unter tabellarischer Gegenüberstellung zum „Ist-Zustand“ der Versicherungssummen und der monatlichen Prämien, der Verlängerung der Versicherungsdauer sowie der „Erlebenskapitale“ nicht dahin verstehen konnte, dass der Versicherer nicht nur die Er-, Ablebens- und Gewinnanteile auszahlen wird, sondern das neue „Erlebenskapital“ garantiert, hält sich im Einzelfall im Rahmen der dargelegten Grundsätze der Rechtsprechung zur Vertragsauslegung und ist nicht korrekturbedürftig. Im Übrigen enthält auch der nachfolgende Antrag des Klägers auf Abschluss des Versicherungsvertrags keinen Hinweis auf einen garantierten Betrag und verweist zusätzlich darauf, dass der bestehende Vertrag (ebenfalls mit Gewinnbeteiligung) ersetzt werden soll.
Der Kläger hält dem entgegen, dass nicht feststeht, ob ihm bei der Abgabe seiner Erklärungen der Vorvertrag bewusst war. Auf seine subjektiven Vorstellungen kommt es aber nicht an. Es ist nämlich der objektive Erklärungswert ausschlaggebend (RS0014160), für dessen Auslegung das Berufungsgericht in nicht zu beanstandender Weise auch den Vorvertrag heranzog.
Für eine Anwendung des § 5 VersVG (Abweichen der Polizze vom Antrag oder den getroffenen Vereinbarungen), ist demnach kein Raum. Aus den § 5 Abs 2, 6 Abs 2 Z 3 KSchG ist für den vorliegenden Sachverhalt nichts zu gewinnen.
Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00073.20S.0624.000 |
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