OGH vom 24.08.2010, 2Ob9/10b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. ***** P***** F*****, 2. A***** F*****, 3. H***** S*****, und 4. ***** G***** H*****, alle vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei W***** V*****, vertreten durch Dr. Georg Kahlig Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen Aufkündigung, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 39 R 289/09b-19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom , GZ 5 C 821/08t-15, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Kläger als Bestandgeber erklärten am (bei Gericht eingelangt am ) die gerichtliche Aufkündigung des vom Beklagten gemieteten Bestandobjekts im Wesentlichen wegen unzulässiger Untervermietung. Kündigungstermin wurde keiner genannt, wohl aber die einmonatige Kündigungsfrist.
Der Beklagte erhob gegen die Aufkündigung Einwendungen.
Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und trug dem Beklagten die geräumte Übergabe der Wohnung binnen 14 Tagen auf.
Das Berufungsgericht hob die Aufkündigung als rechtsunwirksam auf, wies die Klage ab und erklärte die Revision für zulässig. Eine ordentliche Aufkündigung ohne Angabe eines Kündigungstermins könne ein Bestandverhältnis nicht beendigen und keinen Exekutionstitel schaffen, weil die Räumungsfrist nicht bestimmbar sei. Die gegenständliche Aufkündigung sei daher wegen Unbestimmtheit aufzuheben. Die Revision sei zur Frage, ob der Mangel der Angabe eines Kündigungs- und Räumungstermins auch ohne ausdrückliche Einwendung des Gekündigten noch im Rechtsmittelstadium aufgegriffen werden könne, zulässig.
Die Kläger erhoben ordentliche Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens und gaben nunmehr einen Kündigungstermin, und zwar den , an. Das Berufungsgericht hätte ein Verbesserungsverfahren einzuleiten gehabt, dessen Unterbleiben die Kläger als Verfahrensmangel und unrichtige rechtliche Beurteilung rügen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Kläger ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsbegehrens auch berechtigt:
1. Zwingendes Inhaltserfordernis einer gerichtlichen Aufkündigung ist nach § 562 Abs 1 ZPO unter anderem die Angabe des Kündigungstermins. Bei Fehlen eines Inhaltserfordernisses ist nach § 562 Abs 2 ZPO ein Verbesserungsverfahren iSd § 84 ZPO einzuleiten; bei dessen Erfolglosigkeit ist die Aufkündigung zurückzuweisen (1 Ob 18/09t mwN).
2. Eine Verbesserung bzw Ergänzung des Kündigungstermins ist dann zulässig, wenn erkennbar der richtige Termin gemeint und nur durch einen offenkundigen Ausdrucks- oder Schreibfehler ein falscher oder unvollständiger Termin angegeben wurde (3 Ob 24/98w mwN; 1 Ob 18/09t). Auch das Fehlen des Kündigungstermins ist iSd § 562 Abs 2 ZPO verbesserungsfähig ( Frauenberger in Rechberger ² § 562 ZPO Rz 2).
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Inhalt des klägerischen Begehrens unzweifelhaft, dass das Bestandverhältnis unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist zum nächstmöglichen Kündigungstermin aufgelöst werden sollte. Die Verbesserung im Sinne einer ausdrücklichen Angabe des Kündigungstermins war daher zulässig.
3. Die Pflicht des Gerichts zur Erteilung von Verbesserungsaufträgen ist ein wesentlicher Teil der Anleitungs- und Belehrungspflicht im Rahmen der materiellen Prozessleitungspflicht eines Richters (RIS-Justiz RS0080096). Das Unterlassen eines im Rahmen der Anleitungspflicht gebotenen Verbesserungsauftrags begründet die Mangelhaftigkeit des Verfahrens (RIS-Justiz RS0048529; RS0037095 [T7]).
4. Das Berufungsgericht hätte somit den Klägern vor Klagsabweisung die Möglichkeit geben müssen, ihre Klage durch die Nennung eines konkreten Kündigungstermins zu verbessern. Dies haben die Kläger nunmehr in der Revision nachgeholt, indem sie den Kündigungstermin nannten (1 Ob 18/09t). Die vom Berufungsgericht von Amts wegen wahrgenommene Unbestimmtheit der gerichtlichen Aufkündigung ist somit behoben.
Das zweitinstanzliche Urteil war folglich aufzuheben und die Rechtssache zur Erledigung der Berufung des Beklagten an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.