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OGH 11.02.2002, 7Ob26/02b

OGH 11.02.2002, 7Ob26/02b

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Kalivoda und Dr. Neumayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Michael F*****, geboren am , und Lisa F*****, geboren am , beide in Obsorge der Mutter Elke F*****, diese vertreten durch den Unterhaltssachwalter Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau-Jugendamt, 9800 Spittal/Drau, Tiroler Straße 16, über den Revisionsrekurs des Vaters Johann H*****, vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in Lienz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 3 R 355/01t-102, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom , GZ 2 P 235/98p-99, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 12a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idF BGBl Nr 646/1977 als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit der Fortführung des Revisionsrekursverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innegehalten.

Text

Begründung:

Die Ehe der Kindeseltern wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom , 2 C 1/98v, gemäß § 55a EheG geschieden. Laut (pflegschaftsgerichtlich genehmigtem: ON 10) Scheidungsfolgenvergleich steht die Obsorge hinsichtlich der beiden dieser Ehe entstammenden minderjährigen Kinder der Mutter zu. Der Vater ist als selbständiger Versicherungsagent tätig und wurde zunächst (bereits vor dem Scheidungsbeschluss) zur Zahlung von monatlich S 2.200 je Kind ab verpflichtet (ON 5). Bereits am stellte der Vater den nach wie vor aufrechten (und auch im gegenständlichen Revisionsrekurs verfochtenen) Antrag auf Herabsetzung dieser Unterhaltszahlungen für die Tochter auf monatlich S 1.300 und den Sohn auf monatlich S 1.700, jeweils ab (ON 17).

Im zweiten Rechtsgang (nach Aufhebungsbeschluss ON 67) wurde zwischenzeitlich rechtskräftig der Unterhalt für die mj. Lisa ab auf S 1.900 herabgesetzt, sodass seither nur mehr die Differenz auf S 1.300 strittig ist.

Das Erstgericht hat (im dritten Rechtsgang nach nochmaligem Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichtes: ON 80) mit Beschluss vom den gesamten noch offenen Unterhaltsherabsetzungsantrag abgewiesen (ON 99). Es ging von einem aus der Tätigkeit als selbständiger Versicherungsagent erzielten Einkommen des Unterhaltspflichtigen (für die Jahre 1997 bis 2000 durchschnittlich) von monatlich S 11.999,99, wozu noch monatliche Zusatzeinkünfte von S 2.000 (für Reparaturarbeiten von Elektrogeräten) hinzuzurechnen sind, sohin von einer Unterhaltsbemessungsgrundlage monatlich S 13.999,99 aus. Zwar nicht festgestellt, jedoch dem der erstgerichtlichen Entscheidung zu Grunde gelegten Buchsachverständigengutachten ist zu entnehmen, dass der Unterhaltspflichtige im Jahre 2000 S 12.656 an Einkommensteuer zahlte (vgl AS 455).

Außer den beiden Kindern ist der Vater auch noch für seine am zweite Ehefrau teilweise sorgepflichtig, welche jedoch monatlich selber durchschnittlich S 4.225 (bis ) bzw S 4.600 (ab ) ins Verdienen bringt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass den beiden ehelichen Kindern aus erster Ehe altersgemäß 16 % (Mädchen) bzw 18 % (Bub) vom anrechenbaren Einkommen zustünden, wovon die jeweils weiteren Sorgepflichten für die Schwester bzw den Bruder sowie 1 % für die zweite Ehefrau abzuziehen seien. Die (die Wohnraumbeschaffung betreffenden) Kreditrückzahlungen wären hingegen nicht zu berücksichtigen, weil diese schon seinerzeit bei der Ehescheidung "abgehandelt" worden seien und darüber hinaus durch Umschuldungen und Autokäufe entstanden seien.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nur hinsichtlich der mj. Lisa teilweise Folge und änderte die abweisliche Entscheidung dahin ab, dass der Unterhaltsbetrag für die Zeit vom bis auf S 2.100 herabgesetzt wurde; das Herabsetzungsmehrbegehren wurde abgewiesen; hinsichtlich des mj. Sohnes Michael wurde die abweisliche Entscheidung des Erstgerichtes bestätigt. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt. Das Rekursgericht billigte die prozentmäßigen Berechnungen des Erstgerichtes, insbesondere den bloß 1 %igen weiteren Abzug für die zweite Ehefrau; danach habe Michael für den Zeitraum 1. 1. bis Anspruch auf 17 %, danach 16 %, Lisa auf 15 % bzw 14 %. Da der Unterhaltsanspruch bereits ab Jänner 1999 zu berücksichtigen gewesen sei, könne sich der Vater nicht dadurch beschwert erachten, dass hinsichtlich seiner Einkünfte der Schnitt der Jahre bereits ab 1997 Berücksichtigung gefunden habe. Die Bemessungsgrundlage von (gerundet) S 14.000 sei schlüssig und daher zu übernehmen. Die Aufwendungen für die Wohnung seien wesentlich weniger hoch als von ihm behauptet und kämen außerdem ihm (und seiner neuen Familie) zugute. Dass die Mutter die Familienbeihilfe für beide Kinder beziehe, sei im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1285/00-8, ebenfalls ohne Einfluss, weil § 12a FLAG idgF eine Berücksichtigung derselben als Eigeneinkommen der Kinder nicht zulasse und ein Ausgleich der mangelnden Steuerentlastung Geldunterhaltspflichtiger im Wege der Unterhaltsbemessung den Grundsätzen der zu § 140 ABGB ergangenen Unterhaltsjudikatur widerspreche. Eine über den Spruch dieses Erkenntnisses hinausgehende Bindung der Gerichte bestehe nicht. Die zugesprochenen Unterhaltsbeträge entsprächen den ermittelten Prozentsätzen.

Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, da - soweit überblickbar - bis dato noch keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur vom Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vorgesehenen Berücksichtigung der Steuerbelastung bei der Unterhaltsbemessung ergangen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der auf die Rechtsmittelgründe der Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, seinem Unterhaltsherabsetzungsbegehren (ab auf S 1.700 bzw S 1.300) vollinhaltlich stattzugeben; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

In seinem Rechtsmittel macht der Rechtsmittelwerber ua insbesondere geltend, dass ihm laut diesem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes in Bezug auf seine Unterhaltsverpflichtung eine steuerliche Entlastung zustehe, welche vom Rekursgericht nicht berücksichtigt worden sei.

Aus Anlass der Revisionsrekurse bzw Rekurse anderer geldunterhaltpflichtiger Väter haben bereits mehrere Senate des Obersten Gerichtshofes an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, § 12a FLAG idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben (6 Ob 243/01f; 6 Ob 262/01z; 2 Ob 291/01k; 2 Ob 5/02b; 7 Ob 239/01z; 9 Ob 4/02g; RIS-Justiz RS0115895) und hiezu Folgendes ausgeführt (übernommen aus dem ältesten dieser Akten 6 Ob 243/01f):

"Der Verfassungsgerichtshof hatte sich aus Anlass einer gegen einen Einkommensteuerbescheid gerichteten Beschwerde mit der dort behaupteten Verfassungswidrigkeit der §§ 20 Abs 1 Z 1, 33 Abs 4 Z 3 lit b und 34 Abs 7 Z 2 und 4 EStG 1988 zu befassen. Der Beschwerdeführer - ein unterhaltspflichtiger Vater - hatte geltend gemacht, die einkommensteuerrechtlichen Regelungen zur Berücksichtigung von Unterhaltslasten gegenüber den dem Haushalt des Geldunterhaltspflichtigen nicht zugehörigen Kindern erfüllten nicht jene Anforderungen, die der VfGH in seiner bisherigen Judikatur zur Familienbesteuerung aufgestellt habe. Als getrennt lebender Elternteil könne der Geldunterhaltspflichtige lediglich den bereits als ungenügend beurteilten Unterhaltsabsetzbetrag geltend machen; er partizipiere jedoch wegen § 12a FLAG nicht an der - den Familienlastenausgleich bezweckenden - Familienbeihilfe und erhalte daher auch nicht die verfassungsrechtlich gebotene steuerrechtliche Entlastung.

Der VfGH teilte diese Bedenken nicht. Das von der Beschwerde aufgeworfene Problem reduziere sich auf die Frage, ob und gegebenenfalls wie der Gesetzgeber die bei gemeinsamer Haushaltsführung im Ergebnis eintretende Entlastung des einkommensbeziehenden Elternteils auch im Falle des Geldunterhalts sicherzustellen habe. Dabei sei zu beachten, dass die Funktion der Familienbeihilfe von Einkommenshöhe und Steuerprogression abhängig sei: Während sie in unteren Einkommensstufen als Förderung des Kindes wirke, diene sie bei höheren Einkommen zunehmend der notwendigen steuerlichen Entlastung des Unterhaltspflichtigen. Der im Einzelfall nötige Ausgleich könne nicht im Steuerrecht und nicht im Zuge der Transferleistungen hergestellt werden. Die den konkreten Verhältnissen gerecht werdende, im gemeinsamen Haushalt sich praktisch erübrigende Zuordnung der Transferleistungen sei daher im Fall getrennter Haushaltsführung der Eltern eine Frage der Bemessung des anstelle des Naturalunterhalts zu leistenden Geldunterhalts. Wenn der Gesetzgeber die Transferleistungen auch bei getrennten Haushalten grundsätzlich dem das Kind betreuenden Elternteil zukommen lasse und in § 12a FLAG eine Anrechnung auf den Unterhalt verbiete, so müsse das im Lichte der verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Entlastung so verstanden werden, dass die für das Kind zu verwendenden Transferleistungen zwar in der Regel (soweit als möglich) den Unterhalt des Kindes fördern und nicht den Unterhaltspflichtigen entlasten sollen, dass aber der im Einzelfall doch nötige Ausgleich für die überhöhte Steuerbelastung ebensowenig behindert werde wie im gemeinsamen Haushalt. Ziehe der Gesetzgeber nämlich die zunächst als bloße Förderung gedachten Transferleistungen angesichts der ihm durch die Verfassung auferlegten Schranken bei gehobenem Einkommen als Mittel zum verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung heran - wovon jedenfalls seit dem auf die einschlägigen Entscheidungen des VfGH folgenden Fassungen des Gesetzes auszugehen sei - müsse der normative Gehalt des § 12a FLAG teleologisch auf jenen Bereich reduziert werden, in dem die Transferleistungen nicht zum Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung benötigt werden. Ob und in welchem Ausmaß bei gegebenen Einkommensverhältnissen und angesichts der durch die getrennte Haushaltsführung verwirklichten Risken und in Kauf genommenen Nachteile die Transferleistungen über den Unterhaltsabsetzbetrag hinaus zur Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigt werden müssen, hätten die Gerichte bei der Unterhaltsbemessung im Einzelfall zu entscheiden. Sie hätten dabei jenes Maß an Entlastung herbeizuführen, das - unter Außerachtlassung der die Belastung des Unterhaltspflichtigen erhöhenden Folgen der getrennten Haushaltsführung - den Kriterien entspreche, die von der Rechtsprechung des VfGH zur Unterhaltsleistung für haushaltszugehörige Kinder entwickelt wurden. Nach diesen Kriterien müsse steuerlich (zumindest) die Hälfte des gesetzlich geschuldeten Unterhalts berücksichtigt werden. Gleiches gelte daher auch im Fall getrennter Haushaltsführung. Das verfassungskonforme Ergebnis werde dadurch erreicht, dass der Geldunterhaltspflichtige einerseits durch eine Kürzung seiner Unterhaltspflicht durch teilweise Anrechnung der Transferleistungen und andererseits durch die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages insgesamt jene Entlastung erfahre, die erforderlich sei, um die Steuermehrbelastung abzugelten, die im jeweiligen Fall durch die Nichtabzugsfähigkeit der Hälfte des Unterhalts entstehe. Zusammengefasst bedeutet dies, dass - nach Auffassung des VfGH - die für die Unterhaltsbemessung zuständigen Zivilgerichte im Wege einer teleologischen Reduktion des § 12a FLAG die dem haushaltsführenden Elternteil zukommende Familienbeihilfe in jenem Ausmaß auf die Unterhaltsleistung des geldunterhaltspflichtigen (und nicht haushaltszugehörigen) Elternteils anzurechnen haben, das erforderlich ist, um - zusammen mit dem Unterhaltsabsetzbetrag - die Hälfte des geschuldeten Unterhalts von der Einkommensteuer freizustellen. Im Ergebnis führt dies zu einer Reduktion der Unterhaltsverpflichtung, die sich nach den der Entscheidung des VfGH zugrunde liegenden Berechnungen bereits bei Unterhaltsverpflichtungen von 40.000 S jährlich und einem Einkommen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils von unter 200.000 S jährlich auswirkt, somit auch durchschnittliche Einkommen betrifft.

Ob die aus verfassungsrechtlichen Gründen (Vermeidung einer Ungleichbehandlung der nicht haushaltszugehörigen Geldunterhaltspflichtigen) vorgeschlagene teleologische Reduktion des § 12a FLAG zulässig ist (eine Bindung der Zivilgerichte an die Auffassung des VfGH besteht nicht, siehe Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001 Heft 33 S 799 [S 806]; Barth, Ist die Familienbeihilfe bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen?, RZ 2001, 248 [250]) richtet sich nach den zivilrechtlichen Auslegungsgrundsätzen (Bydlinski in Rummel ABGB3 § 6 Rz 21 mwN). Gemäß § 2 Abs 2 erster Satz FLAG 1967 idF BGBl I 1998/79 hat Anspruch auf Familienbeihilfe die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach Satz 1 anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 12a FLAG idF BGBl 1977/646 gilt die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch. Die Bestimmung wurde durch die Novelle BGBl I 1998/79 unverändert gelassen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Familienbeihilfe ihrem Wesen nach Betreuungshilfe, sie soll deshalb die Pflege und Erziehung des Kindes als Zuschuss erleichtern und die mit der Betreuung verbundenen Mehrbelastungen zumindest zum Teil ausgleichen. Sie ist als Sozialbeihilfe des öffentlichen Rechts eine besondere Form der Drittzuwendung. Der Staat verfolgt mit ihr einen doppelten Zweck: den Mindestunterhalt des Kindes zu gewährleisten und gleichzeitig die Eltern von ihrer Unterhaltspflicht zu entlasten ("Familienlastenausgleich"; RZ 1992/69 uva, RIS-Justiz RS0058747 und RS0047582). Die Materialien zu § 12a FLAG idF BGBl 1977/646 machen deutlich, dass die Familienbeihilfe - im Unterschied zur Fassung des § 12a FLAG vor dieser Novelle - zur Gänze dem Haushalt zukommen soll, in dem das Kind betreut wird und nicht jene Person zu entlasten hat, die zwar dem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist, deren Haushalt es aber nicht teilt (RV 636 BlgNR 14. GP, 11; zur historischen Entwicklung dieser Bestimmung siehe Barth, RZ 2001, 248). Die Familienbeihilfe gehört demnach nicht zu den den Unterhaltsanspruch nach § 140 Abs 3 ABGB (bzw den Bedarf des Kindes, siehe Stabentheiner in Rummel ABGB3 § 140 Rz 11) verringernden Einkünften (ÖA 1991, 78;

EvBl 1992/73; RIS-Justiz RS0047498; Schwimann Unterhaltsrecht2, 47;

Schwimann in Schwimann ABGB2 § 140 Rz 83; Purtscheller/Salzmann Unterhaltsbemessung Rz 229).

Der Oberste Gerichtshof meint, an dieser Auslegung in Anbetracht der klaren und eindeutigen Formulierung des § 12a FLAG im Zusammenhang mit der in den Gesetzesmaterialien (RV 636 BlgNR 14. GP, 11) zum Ausdruck kommenden Absicht des Gesetzgebers festhalten zu müssen. Nach der hier vertretenen Auffassung fehlen die Voraussetzungen für die vom Verfassungsgerichtshof angeregte ergänzende Rechtsfortbildung. Eine teleologische Reduktion des normativen Gehalts von § 12a FLAG auf jenen Bereich, in dem die Familienbeihilfe nicht zum Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung benötigt wird, ist danach mit den zivilrechtlichen Auslegungsgrundsätzen nicht im Einklang. Die teleologische Reduktion verschafft der "ratio legis" nicht gegen einen engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung. Die (verdeckte) Lücke besteht hier im Fehlen einer nach der "ratio legis" notwendigen Ausnahmeregel. Vorausgesetzt ist stets der Nachweis, dass eine abstrakt umschriebene Fallgruppe von den Grundwerten oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den "eigentlich gemeinten" Fallgruppen soweit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre (Bydlinski in Rummel ABGB3 § 7 Rz 7). Die teleologische Reduktion erfordert den klaren Nachweis des Gesetzeszwecks, aus dem sich die (den Gesetzeswortlaut letztlich) korrigierende Auslegung orientieren soll (F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff2 480; Koziol/Welser, BürgR I11, 31; SZ 67/119; SZ 69/181; RIS-Justiz RS0008979 und RS0106113).

Zweck der Neufassung des § 12a FLAG durch BGBl 1977/646 war es, die Familienbeihilfe ungeschmälert jenem Haushalt zukommen zu lassen, in dem das Kind betreut wird. Die Regierungsvorlage (RV 636 BlgNR 14. GP, 11) weist ausdrücklich darauf hin, dass in den Fällen, in denen ein Elternteil ein nicht zu seinem Haushalt gehöriges Kind alimentiert (für welches er auch nicht Familienbeihilfe bezieht), der nach der alten Rechtslage (vor BGBl 1977/646) bestehende Vorteil des Kinderabsetzbetrags für ihn verloren geht. Dieser Vorteil komme jedoch in Form der höheren Familienbeihilfe unmittelbar dem anderen Elternteil zu, in dessen Haushalt das Kind betreut werde und der die Last der Betreuung trage. Von diesem insoweit eindeutigen Willen des historischen Gesetzgebers ausgehend hat die ständige Rechtsprechung die Familienbeihilfe bisher stets ihrem Wesen nach als Betreuungshilfe beurteilt, die die Pflege und Erziehung des Kindes erleichtern und die mit seiner Betreuung verbundenen Mehrbelastungen ausgleichen soll.

Vom eindeutigen Willen des historischen Gesetzgebers wäre nur dann abzugehen, wenn dieser von bestimmten sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten ausgegangen wäre, die sich seither geändert haben (Koziol/Welser I11, 25) oder sein Wille in Widerspruch zu den Absichten des gegenwärtigen Gesetzgebers stünde und diese Ausdruck im positiven Recht gefunden hätten (Barth, RZ 2001, 248 [252]). Beides ist hier nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes nicht der Fall. Schon der Gesetzgeber des Jahres 1977 war sich der Situation getrennt lebender Elternteile bewusst und hat gerade in diesem Bewusstsein die Familienbeihilfe jenem Haushalt ungeschmälert zugeordnet, der die Last der Betreuung trägt.

Dass die Überlegungen des VfGH den Absichten des gegenwärtigen Gesetzgebers entsprechen und bereits Niederschlag im positiven Recht gefunden hätten, vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu erkennen. Zorn (Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001 Heft 33, S 799) meint zwar im Anschluss an das Erkenntnis des VfGH B 1285/00, die Familienbeihilfe beinhalte sowohl eine Art sozialer Förderung bzw Betreuungshilfe, wolle aber darüber hinaus auch die Lasten des Geldunterhalts abgelten; dies ergebe sich aus dem Ansteigen der Familienbeihilfe mit steigendem Alter des Kindes, während sich die Betreuungslasten indirekt proportional verhielten. Spätestens seit der Erhöhung der Familienbeihilfe durch das Budgetbegleitgesetz 1998 könne nicht mehr bezweifelt werden, dass der Gesetzgeber die Familienbeihilfe (zumindest soweit dies bei höherem Einkommen erforderlich sei) als Steuerrefundierung bzw Negativsteuer ansehe. Dieses Argument vermag den klaren Nachweis dafür, dass der Wille des gegenwärtigen Gesetzgebers den Überlegungen des VfGH entspricht, wonach die Familienbeihilfe bei Bemessung eines Geldunterhaltsanspruches nur dann nicht berücksichtigt werden sollte, wenn diese Transferleistung nicht zum Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung benötigt werde, schon deshalb nicht überzeugend zu erbringen, weil der Gesetzgeber auch anlässlich der Erhöhung dieser Transferleistung durch das Budgetbegleitgesetz 1998 § 12a FLAG nicht geändert hat. Damit ist aber auch der für die gewünschte Reduktion erforderliche "Telos" im dargestellten Sinn nicht zu erkennen. Vielmehr ist der Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 1998 (wie Barth aaO zutreffend aufzeigt) zu entnehmen, dass auch der gegenwärtige Gesetzgeber die mangelnde Entlastung des haushaltsfremden, geldunterhaltspflichtigen Elternteils bewusst in Kauf nimmt (RV 1099 BlgNR 20. GP, 16): Bei getrennt lebenden Ehegatten (bzw Eltern) sei es - so die Regierungsvorlage - "Sache privater Lebensgestaltung", dass ein Elternteil außerhalb des Kindeshaushalts lebe. Der Gesetzesentwurf gehe davon aus, dass die durch ein Kind verursachten Unterhaltslasten auf das Kind bezogen durch die vorgesehenen gesetzlichen Änderungen adäquat abgegolten seien. Der Umstand, dass die zur Abgeltung der Unterhaltslasten ausreichend vorgesehenen Transferleistungen nur deshalb nicht wirken würden, weil ein Elternteil außerhalb des Kindeshaushaltes lebe, sei letztlich eine Folge der privaten Lebensgestaltung. Die fehlende (ausreichende) Abgeltung der Unterhaltslasten müsse daher als in der privaten Lebensgestaltung begründet steuerlich nicht anderweitig abgedeckt werden.

Die vom VfGH vorgeschlagene teleologische Reduktion des normativen Gehalts des § 12a FLAG auf jenen Bereich, in dem die Transferleistungen nicht zum Ausgleich der überhöhten Mehrbelastung benötigt werden, ist aber und vor allem auch deshalb nicht vorzunehmen, weil die aus der Regelung des § 12a FLAG auszunehmende Fallgruppe die Mehrheit aller Geldunterhaltspflichtigen umfasst und damit nicht bloß "verdeckte" Ausnahmefälle betrifft, auf die eine sonst grundsätzlich anzuwendende Regelung ausnahmsweise nicht passt. Damit würde im Wege der angestrebten teleologischen Reduktion nicht eine fehlende Ausnahmevorschrift ersetzt, sondern der Bestimmung des § 12a FLAG ihr Hauptanwendungsbereich genommen. Nach den Berechnungen des VfGH wirkt sich die angestrebte Anrechnung der Transferzahlungen nämlich bereits bei Unterhaltsansprüchen von 40.000 S jährlich und einem (als durchschnittlich zu bewertenden) Einkommen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils von unter 200.000 S aus. Wollte man daher im Wege der teleologischen Reduktion des § 12a FLAG eine Anrechnung der Familienbeihilfe bei der Bemessung von Geldunterhaltsleistungen nicht haushaltszugehöriger Elternteile immer dann zulassen, wenn diese zum Ausgleich einer überhöhten Steuerbelastung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils benötigt werden, würde nicht eine zu weit gefasste Regel auf den ihr nach dem Zweck des Gesetzes zukommenden Anwendungsbereich zurückgeführt (Koziol/Welser I11, 31; Bydlinski Methodenlehre2 480; SZ 67/119; SZ 69/181), sondern vielmehr eine Gesetzesänderung verwirklicht. Die Korrektur einer als unbefriedigend empfundener Regelungen des Gesetzes ist aber nach herrschender Auffassung nicht Sache der Rechtsprechung, sondern Aufgabe des Gesetzgebers (Posch in Schwimann ABGB2 § 6 Rz 22; SZ 67/62; zu den Grenzen teleologischer Auslegung vgl auch Walter, Die Funktion der Höchstinstanzen im Rechtsstaat Österreich, RZ 1999, 58 [64]). Die - wie der VfGH meint - verfassungskonforme Auslegung im Wege einer teleologischen Reduktion scheitert also daran, dass diese dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen würde, womit ein verfahrensrechtlich unhaltbarer Eingriff in die Kompetenz des Gesetzgebers verwirklicht würde (Säcker im Münchner Kommentar BGB4 Einleitung Rz 127 mwN).

Die fehlende Möglichkeit, § 12a FLAG im Sinn des VfGH nach zivilrechtlichen Grundsätzen teleologisch zu reduzieren, führt zur Auslegung dieser Bestimmung im Sinn des Verständnisses der bisher ständigen Rechtsprechung.

Obwohl hier ein Grenzfall vorliegt, muss der Oberste Gerichtshof bei seiner Entscheidungsfindung über das Rechtsmittel des geldunterhaltspflichtigen Vaters § 12a FLAG in seiner Beurteilung miteinbeziehen. Gegen seine Anwendung bestehen nun - anders als in früheren Verfahren - aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken. Unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zur Neufassung des § 12a FLAG ab vertrat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 10 Ob 537/94 (= JBl 1995, 372) die Aufassung, der offenbare Zweck dieser Bestimmung (nicht den Geldunterhaltsschuldner, sondern den das Kind betreuenden Teil zu entlasten) zerstreuten die verfassungsrechtlichen Bedenken, die damals insoweit geäußert wurden, als die Familienbeihilfe - anders als andere Beihilfen - nicht als eigenes Einkommen des Minderjährigen zu einer Unterhaltsverminderung führte. Auch die Entscheidung 1 Ob 218/00s verneinte in ihrer Kurzbegründung verfassungsrechtliche Bedenken.

Im Anschluss an die zur Frage der steuerlichen Entlastung von Unterhaltszahlungen ergangene Entscheidung des VfGH B 1285/00 und die durch nicht unwesentliche Erhöhung der Familienbeihilfe erfolgte Besserstellung des betreuenden Elternteils entstehen schließlich doch Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung. Wie bereits dargestellt, kommt die Familienbeihilfe bei getrennten Haushalten zur Gänze dem das Kind betreuenden Elternteil zu, wobei - nach der hier vorgenommenen Auslegung - eine - auch nur teilweise - Anrechnung auf den Geldunterhaltsanspruch gegen den nicht haushaltszugehörigen anderen Elternteil zu unterbleiben hat. Damit verhindert § 12a FLAG die verfassungsrechtlich gebotene, vom Gesetzgeber angestrebte und durch die Familienbeihilfe als Transferleistung auch erzielbare steuerliche Entlastung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils. Er wird damit sowohl gegenüber Personen mit gleichem Einkommen aber ohne Geldunterhaltspflichten als auch gegenüber Unterhaltspflichtigen, deren Haushalt der Unterhaltsberechtigte angehört und gegenüber jenem Elternteil schlechter gestellt, in dessen Haushalt das Kind betreut wird (Art 7 Abs 1 B-VG). Die Ungleichbehandlung in Relation zum haushaltsführenden Elternteil liegt darin, dass die Transferleistungen, die der Gesetzgeber zur Erleichterung der Kinderlast vorgesehen hat (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag), nach den zitierten Bestimmungen des FLAG dem haushaltsführenden Elternteil allein zustehen, während der geldunterhaltspflichtige Vater nur den Unterhaltsabsetzbetrag geltend machen kann, ohne dass ein Teil dieser Transferleistung angerechnet würde. Auch der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlass des zur Prüfung von Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes eingeleiteten Verfahrens B 1285/00 Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 12a FLAG im Hinblick auf die schon früher geforderte steuerliche Entlastung von Geldunterhaltspflichten erkennen lassen. Er konnte § 12a FLAG jedoch nicht (auch nicht von Amts wegen) aufheben, weil dort ein Einkommensteuerbescheid bekämpft wurde, wofür § 12a FLAG nicht präjudiziell war (Zorn, S 807). Es wird nicht verkannt, dass der VfGH über bestimmt umschriebene Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes nur ein einziges Mal zu entscheiden hat. Im Hinblick auf die Rechtskraft einer solchen Entscheidung ist im Fall der Abweisung eines Normenprüfantrags eine abermalige Befassung des VfGH daher nur dann zulässig, wenn Bedenken geltend gemacht werden, über die der VfGH in seinem Erkenntnis noch nicht befunden hat (Hiesel, Die Rechtsprechung des VfGH zur Zulässigkeit gerichtlicher Verordnungs- und Gesetzesprüfungsanträge, ÖJZ 1997, 841 [842] mwN aus der Jud des VfGH). Der VfGH hat in dem hier in Rede stehenden Erkenntnis vom , B 1285/00, jedoch weder über einen Antrag auf Prüfung des § 12a FLAG entschieden noch diese Bestimmung einer formellen amtswegigen Gesetzesprüfung unterzogen. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs steht daher dieses Erkenntnis einer materiellen Entscheidung über den hier gestellten Gesetzesprüfungsantrag nicht entgegen."

Der erkennende Senat schließt sich diesen Ausführungen an. Auch im vorliegenden Fall ist ein Sachverhalt zu beurteilen, der im Kernbereich der angefochtenen Norm liegt und der nicht ausschließbar ebenfalls von den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , B 1285/00, unmittelbar betroffen ist, weshalb der Antrag gestellt wird, § 12a FLAG 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schenk, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Michael F*****, geboren am , und Lisa F*****, geboren am , beide in Obsorge der Mutter Elke F*****, diese vertreten durch den Unterhaltssachwalter Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau-Jugendamt, 9800 Spittal/Drau, Tiroler Straße 16, über den Revisionsrekurs des Vaters Johann H*****, vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in Lienz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 3 R 355/01t-102, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom , GZ 2 P 235/98p-99, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Umfang der noch nicht rechtskräftigen Abweisung des Unterhaltsherabsetzungsbegehrens des Vaters für den mj Sohn Michael (auf monatlich S 1.700 = EUR 123,54 ab ) sowie für die mj Tochter Lisa (auf monatlich S 1.300 = EUR 94,47 ebenfalls ab ) aufgehoben und die Rechtssache insoweit - unter Bedachtnahme auf die hinsichtlich der Tochter Lisa bereits rechtskräftig erfolgte Herabsetzung vom 1. 1. bis auf monatlich S 2.100 (= EUR 152,61) - zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Zum bisherigen Verfahrensgang kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen einleitende Wiedergabe im Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , mit welchem beim Verfassungsgerichtshof der Antrag auf Aufhebung des § 12a FLAG 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig gestellt wurde, verwiesen werden (7 Ob 26/02b). Dieser hat nunmehr mit Erkenntnis vom , G 7/02 ua die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" im § 12a FLAG als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden ist; frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit. Die Kundmachung dieser Aussprüche erfolgte in BGBl I 2002/152.

Nunmehr ist daher über das Rechtsmittel des Vaters in der Sache zu entscheiden. Der Vater beantragt hierin, seinem Unterhaltsherabsetzungsbegehren ab (auf S 1.700,-- = EUR 123,54) vollinhaltlich stattzugeben. Der Unterhaltssachwalter beantragt (nach Freistellung durch den Obersten Gerichtshof) - sinngemäß, nämlich unter Beischluss einer persönlichen Stellungnahme der Mutter -, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages (unter Bedachtnahme auf die bereits rechtskräftig erfolgte Teilherabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung für die jüngere Tochter Lisa) auch berechtigt.

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof Folgendes erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass die gleich zu Beginn des Revisionsrekurses gemachten ausdrücklichen Verweisungen auf seine früheren Rekursschriftsätze vom , und (ON 64, 78 und 100) unbeachtlich zu bleiben haben. Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass solche Verweisungen unzulässig, wirkungslos und auch nicht verbesserungsfähig sind (RIS-Justiz RS0043579; SZ 69/209; zuletzt 1 Ob 103/02g). Nur die im Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof selbst enthaltenen Ausführungen und Argumente können Berücksichtigung finden (7 Ob 38/99k).

Als "Nichtigkeit" wird im Revisionsrekurs (ausdrücklich nur) der "Rechtsirrtum" der Untergerichte im Zusammenhang mit der vom Rechtsmittelwerber gewünschten Berücksichtigung diverser Kreditrückzahlungen einerseits und der Transferleistungen bei der Schaffung der Unterhaltsbemessungsgrundlage andererseits bezeichnet (AS 547). Damit wird jedoch ausschließlich deren rechtliche Beurteilung bekämpft und keiner der Nichtigkeitsgründe des § 477 Abs 2 ZPO, die auch im außerstreitigen Verfahren (sinngemäß) anwendbar sind (1 Ob 78/99y mwN), releviert. Sollten als Nichtigkeitsgrund seine Ausführungen im Zusammenhang mit den Hinweisen auf die Teilrechtskraft des Beschlusses des Erstgerichtes vom (im ersten Rechtsgang), womit seine Unterhaltsverpflichtung für die Tochter ab (von bisher S 2.200) auf S 1.900 reduziert worden war, gemeint sein, so ist zu erwidern, dass diese Herabsetzung tatsächlich seitens des Unterhaltssachwalters unbekämpft geblieben und ein von der Mutter später erhobener Rekurs vom Rekursgericht unangefochten zurückgewiesen worden war (ON 91); exakt diesem Verfahrensgang folgend entsprachen aber die diesbezüglichen Ausführungen des Rekursgerichtes in S 10 seiner Entscheidung (= AS 526). Wenn sie der Vater ohne nähere Begründung in AS 541 seines Rechtsmittels trotzdem (offenbar als unrichtig) "rügt", mangelt es an Sachargumenten und kann es genügen, ihn auf die wiedergegebene Aktenlage zu verweisen. Was schließlich den als "Aktenwidrigkeit" bezeichneten Rechtsmittelgrund, unter welchem die Annahme der maßgeblichen Bemessungsgrundlage mit S 14.000 pro Monat bekämpft wird, anbelangt, erweist sich dieser richtigerweise - ebenfalls - als Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen. Damit ist auf den einzig verbliebenen wahren Rechtsmittelgrund, nämlich die Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung durch das Rekursgericht, einzugehen. Was die hierin schwerpunktmäßig - in Übereinstimmung mit dem Erstgericht - zu Grunde gelegte Bemessungsgrundlage von S 14.000 (exakt: S 13.999,99) anbetrifft, ist das Rechtsmittel insoweit in sich selbst widersprüchlich, als dieser in mehrfachen (freilich rechnerisch schwerlich nachvollziehbaren) Rechenoperationen in ein- und demselben Schriftsatz gleich drei niedrigere (und jeweils verschiedene) Werte entgegengehalten werden, und zwar moantlich S 10.837,50 (AS 531), dann S 11.691,90 (AS 535) und schließlich S 11.999 (AS 545). Da es nicht Aufgabe des Höchstgerichtes sein kann, hieraus gleichsam die dem Rechtsmittelwerber genehmste (offenbar niedrigste) Zahl herauszugreifen, sondern (ausschließlich) die rechtliche Beurteilung des Gerichtes zweiter Instanz auf ihre Übereinstimmung mit der Gesetzes- und bestehenden Judikaturlage zu überprüfen, ist diese nur an den folgenden, im Rechtsmittel als unrichtig monierten Rechtsfragen zu messen:

a) Nichtberücksichtigung diverser vom Vater im Scheidungsfolgenvergleich zur Alleinzahlung übernommener Kreditbelastungen;

b)

höherer prozentueller Kürzungsbetrag für seine zweite Ehefrau;

c)

daran anknüpfend Berücksichtigung einer weiteren Sorgepflicht für den am geborenen weiteren Sohn;

d) Kürzung der Unterhaltsleistung um 15 % zufolge unrichtiger Auslegung des § 12a FLAG;

e) daraus folgend Falschberechnung der Unterhaltsbemessungsgrundlage, in der auch von den Vorinstanzen zu Unrecht ein weiterer Betrag von monatlich S 2.000 hinzugerechnet worden sei.

Hiezu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Zu a):

Nach Darstellung des Rechtsmittelwerbers resultieren seine Kreditbelastungen (in Höhe von bis zu S 920.000) aus der Zeit der aufrechten Ehe mit der Kindesmutter und wurden für Wohnraumbeschaffung aufgenommen. Tatsächlich ergibt sich diese Summe offener Verbindlichkeiten aus Punkt 5. des Scheidungsfolgenvergleiches der Eheleute vom (ON 8), nicht aber die behauptete Zweckwidmung. Nur wenn man unterstellt, diese Kredite seien allesamt für "Wohnraumbeschaffung" aufgenommen worden und wären damit nicht bloß seinerzeit der Mutter und den Kindern (mit) zugute gekommen, sondern die damit finanzierte Wohnung auch dem Elternteil überlassen worden, bei dem die Kinder nunmehr in Obsorge sind, könnten derartige Rück- und Ratenzahlungen von der Bemessungsgrundlage in Abzug gebracht werden (EFSlg 68.296; 4 Ob 132/02v). Im vorliegenden Fall hat jedoch das Erstgericht eine derartige, über den Scheidungstermin hinausreichende Zweckwidmung gerade nicht festgestellt, sondern vielmehr (den Rechtsmittelwerber insoweit widerlegend), dass sogar der tatsächliche Schuldensaldo bereits per überhaupt nur mehr S 211.586,80 betrug (AS 499). Damit sind aber die Belastungen hieraus nach ständiger Rechtsprechung nicht von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug zu bringen (RIS-Justiz RS0097136; RS0013387; ausführlich jüngst auch 7 Ob 129/02z mwN), und zwar auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Billigkeitserwägungen (RIS-Justiz RS0047479); dass es sich um unabwendbare, außergewöhnliche und der geschiedenen Frau samt unterhaltsberechtigten Kindern allein zukommende Belastungen handelte (vgl RIS-Justiz RS0085255; RS0047508), behauptet der Vater selbst nicht, sondern nur allgemein, dass diese während der Ehe (und damit der damaligen Anschaffungen) hieran "partizipiert" hätten; dass diese Kredite zur Erhaltung seiner Arbeitskraft oder für (sonstige) existenznotwendige Bedürfnisse aufgenommen worden seien (RIS-Justiz RS0007202), trifft ebenfalls nicht zu. Bei Beurteilung solcher Fragen ist es aber grundsätzlich Sache des Unterhaltsschuldners, die für seinen Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen nicht nur ausreichend zu behaupten, sondern auch zu beweisen (RIS-Justiz RS0111084; zuletzt 2 Ob 150/02a).

Zu b):

Dass seine zweite Ehefrau, für die er nunmehr unterhaltspflichtig ist, im maßgeblichen Zeitraum jedenfalls "geringfügiges Einkommen" hatte, gesteht der Revisionsrekurswerber in seinem Rechtsmittel selbst zu (AS 541), ohne dieses freilich zeit-, betrags- und herkunftmäßig näher zu präzisieren. Damit ist es aber nicht zu beanstanden, wenn das Rekursgericht hiefür bloß 1 % in Abzug brachte (Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 250 mwN). Auch im Rekurs an die zweite Instanz hatte er deren "geringfügiges" Einkommen bestätigt (AS 511), aber auch dort nicht näher konkretisiert.

Zu c):

Auf diese (bisher aktenmäßig - etwa durch Vorlage einer Geburtsurkunde - nicht belegte) weitere Sorgepflicht für ein zusätzliches minderjähriges Kind (aus der zweiten Ehe) wurde erstmals im Rekurs ON 100 hingewiesen, obwohl der Vater in der Tagsatzung vom , zu der beide Elternteile geladen worden waren, zumindest auf die Schwangerschaft seiner Frau und die damit bevorstehende Erweiterung seiner Unterhaltspflichten hinweisen hätte können, was aber nach der Aktenlage nicht geschehen ist (ON 86). Unterstellt man die Richtigkeit des Geburtsdatums dieses Nachkömmlings mit , so lag dieses nach dem Zeitpunkt der erstrichterlichen Beschlussfassung vom (ON 99), sodass die Mitteilung hierüber (als Tatsachenvorbringen bzw Vorlage eines Beweismittels) dem Vater in erster Instanz tatsächlich (noch) nicht möglich war. Dies hat zwar auch das Rekursgericht erkannt (S 6 unten seiner Entscheidung = AS 522), jedoch daraus den falschen Schluss gezogen, dass das Vorbringen erstmals im Rekurs dem Neuerungsverbot unterworfen sei. Nach ständiger Rechtsprechung sind nämlich Neuerungen insoweit, als ein entsprechendes Tatsachenvorbringen im Verfahren erster Instanz (noch gar) nicht möglich war, in außerstreitigen Unterhaltssachen sehr wohl beachtlich (RIS-Justiz RS0110773; insbesondere 2 Ob 300/00g mwN; in diesem Sinne auch Gitschthaler, aaO Rz 481). Dies ändert jedoch nichts am Ergebnis der Nichtberücksichtigung, weil es der Vater - wie ausgeführt - bis zuletzt unterlassen hat, diese seine weitere Sorgepflicht auch urkundenmäßig unbedenklich unter Beweis zu stellen. Es wird ihm daher - wie vom Rekursgericht bereits ausgeführt (AS 523) - obliegen, dies allenfalls zum Gegenstand eines neuen Unterhaltsherabsetzungsantrages (mit entsprechender Beweisführung) zu machen.

Zu d):

Mit der Frage, wie die Bemessung des Unterhaltes nach Aufhebung der im § 12a FLAG enthaltenen Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig (Erkenntnis vom , G 7/02 ua) zu erfolgen hat, hat sich der Oberste Gerichtshof nunmehr schon mehrere Male befasst und auseinandergesetzt (4 Ob 42/02h, 4 Ob 52/02d, 4 Ob 225/02w ua). Auf eine Formel gebracht, lässt sich diese Berechnung wie folgt darstellen:

Der (wie bisher nach der Prozentwertmethode berechnete) zu leistende Geldunterhalt dividiert durch zwei, mal verminderter Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (höchstens 40 %) minus Unterhaltsabsetzbetrag ergibt jenen (Teil-)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist (wobei es keinen Unterschied macht, wenn die Halbierung statt beim Unterhalt erst beim abgesenkten Grenzsteuersatz vorgenommen, also zunächst der [ganze] Geldunterhalt mit dem halben abgesenkten Grenzsteuersatz [höchstens 20 %] multipliziert wird). Der jeweilige Grenzsteuersatz ist jeweils um etwa 20 % abzusenken, weil das Einkommen typischer Weise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % zu einem solchen von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem solchen von 25 % (4 Ob 52/02d). Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist (siehe Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001, 799 [804]; 4 Ob 42/02h), muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächst niedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist (4 Ob 224/02y).

Im vorliegenden Fall hat der Vater nach den Feststellungen des Erstgerichtes 1997 S 93.418,32 (EUR 6.788,97), 1998 S 166.683,35 (EUR 12.113,35), 1999 S 140.206 (EUR 10.189,17) und 2000 S 175.692 (EUR 12.768,04) "bezogen"; in dem hiefür herangezogenen Sachverständigengutachten werden diese Ziffern jeweils als "wirtschaftliches Einkommen nach Unterhaltsgrundsätzen" bzw "wirtschaftliches Einkommen nach Steuern, Investitionen und Schuldentilgungen" ausgeworfen (ON 94). Das für das effektive Einkommen grenzsteuersatzrelevante Jahresbruttoeinkommen steht damit jedoch nicht (eindeutig) fest. Die Einkommensteuer beträgt nach § 33 Abs 1 EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Das Erstgericht wird das Verfahren daher in diesem Sinne zu ergänzen und die allfällige Steuerentlastung nach den wiedergegebenen Grundsätzen zu berechnen haben (1 Ob 79/02b, 1 Ob 90/02w, 1 Ob 114/02z, 4 Ob 42/02h, 4 Ob 46/02x, 4 Ob 52/02d uam). Dabei wird auch darauf Bedacht zu nehmen sein, dass der mj Sohn Michael zwischenzeitlich (regelbedarf- und prozentsatzmäßig) in die höhere Altersstufe der 10- bis 15-Jährigen übergewechselt hat.

Zu e):

Die Hinzurechnung eines weiteren, vom Erstgericht festgestellten und vom Rekursgericht übernommenen Zusatzeinkommens von S 2.000 für (offenbar "schwarz", also im Pfusch durchgeführte) Reparaturen von Elektrogeräten ist ein Akt der richterlichen Beweiswürdigung durch die Tatsacheninstanzen, der vom Obersten Gerichtshof als Rechtsinstanz nicht mehr zu überprüfen ist. Dass auch solche Einkommensbestandteile in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sind, entspricht aber der ständigen Rechtsprechung (EFSlg 35.460, 74.371, 91.835; SSV 25/89) und wird daher im nächsten Rechtsgang wiederum entsprechend zugrunde zu legen sein.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2002:0070OB00026.02B.0211.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAD-67337