OGH vom 27.04.1999, 1Ob92/99g

OGH vom 27.04.1999, 1Ob92/99g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hubert P*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien

1. Mag. Josef R*****, und 2. Friedrich L*****, beide vertreten durch Dr. Georg Bruckmüller, Rechtsanwalt in Linz, wegen Widerrufs, Veröffentlichung des Widerrufs und Unterlassung (Gesamtstreitwert 160.000 S) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 223/98a-11, womit aus Anlaß der Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom , GZ 4 Cg 41/98m-6, und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 9.207 S (darin 1.534,50 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Am brachten die beiden Beklagten sowie sechs weitere Gemeinderatsmitglieder einer oberösterreichischen Marktgemeinde folgenden Mißtrauensantrag gegen den Kläger als damaligen Bürgermeister dieser Gemeinde ein:

Mißtrauensantrag

Die unterfertigten Mitglieder des Gemeinderates der Marktgemeinde ...

stellen an den Gemeinderat der Marktgemeinde ... den

Antrag

er möge dem Bürgermeister ... (Kläger) gemäß § 31 der O.ö.

Gemeindeordnung 1990 das Mißtrauen aussprechen.

Begründung:

Für eine weitere für die Marktgemeinde und für die Bevölkerung gedeihliche Zusammenarbeit ist auf Grund nachstehend angeführter Vorfälle und Umstände keine Vertrauensbasis mehr gegeben.

Bürgermeister ... (Kläger) hat beim Bau des Hochbehälters in der

Hochzone der Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde .. unter

Mißachtung der Haushaltsvorschriften der Marktgemeinde ... rund 1,5

Millionen Schilling abgezweigt und auf ein Sparbuch gelegt. Parallel dazu mußten von der Marktgemeinde Darlehen des Wasserwirtschaftsfonds voll ausgeschöpft und Bedarfszuweisungsmittel des Landes OÖ verstärkt in Anspruch genommen werden, um die gegenüber dem Finanzierungsplan erheblich gestiegenen Baukosten abzudecken.

Als ihm die Sache zu heiß wurde, hat er diese Gelder überwiegend für andere Vorhaben der Marktgemeinde ... verwendet. Für den dringend erforderlichen weiteren Ausbau der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage steht nun nur mehr eine geringe Rücklage zur Verfügung, so daß nun neuerlich hohe Darlehen in Anspruch genommen werden müssen, welche zu einer weiteren Belastung der Bevölkerung führen.

Mehrere Beschlüsse des Gemeinderates der Marktgemeinde ..., die eindeutig gegen den Anschluß an die Fernwasserversorgung ...

gerichtet waren, hat Bürgermeister ... (Kläger) ignoriert und immer

wieder den Anschluß des Marktes an die Fernwasserversorgung

betrieben. Er trieb es so weit, daß im Juli 1994 die Wasserbehälter

der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage fast leer waren, um den

Anschluß des Marktes an die Fernwasserversorgung ... durchzusetzen,

während ein Gutteil des Wasseraufkommens der neu gefaßten Quellen am "*****berg" den Bach hinunterfloß. Mitglieder des Gemeinderates mußten eingreifen und Notmaßnahmen setzen, um die Wasserversorgung des Marktes sicherzustellen.

Der Beschluß des Ausschusses für Wasserversorgung vom , der Gemeinderat möge das Zivilingenieurbüro ... beauftragen, für die Einbindung der Wasservorkommen der "*****quellen" ein genehmigungsreifes Projekt auszuarbeiten, wurde von Bürgermeister ... (Kläger), obwohl ihm die Dringlichkeit der Angelegenheit bekannt war, dadurch verzögert, daß er einfach bis zum keine Gemeinderatssitzung anberaumte. Diese Verzögerung läßt den Schluß zu, daß der Ausbau der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage weiter verzögert werden soll. Eine Verzögerung dieses Projekts hätte aber voraussichtlich für die Marktgemeinde ... sehr negative wirtschaftliche Folgen, da das für dieses Projekt vom Wasserwirtschaftsfonds bereits genehmigte Darlehen zu den früheren günstigen Förderungsbedingungen terminisiert ist. Durch diese Vorgangsweise behindert der Bürgermeister die Arbeit des Ausschusses für Wasserversorgung in einer Weise, die mit Rücksicht auf das unbedingt noch heuer in Anspruch zu nehmende Darlehen des Wasserwirtschaftsfonds nicht mehr verantwortet werden kann. Der Bürgermeister wählte diese Vorgangsweise, obwohl er ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, daß die für den Ausbau der Wasserversorgungsanlage notwendigen Unterlagen (Projekt des Zivilingenieurbüros ...) bis Anfang März 1995 bei der Abteilung Wasserbau des Amtes der OÖ Landesregierung zur Beurteilung vorliegen müssen.

Im Herbst 1995 hat Bürgermeister ... (Kläger) ohne den Gemeinderat

der Marktgemeinde ... vorher zu informieren und obwohl beim Amt der

oöLandesregierung ein entsprechendes Bauvorhaben eingereicht ist, ein

unbefestigtes Teilstück des ...Berges um einen Betrag von rund

50.000,-- Schilling mit einer Bitumenschicht überziehen lassen, ohne

für die Herstellung eines tragfähigen Unterbaues, für planmäßige

Wasserableitung und Verrohrung für spätere kostengünstige Herstellung

einer Straßenbeleuchtung zu sorgen. Bei entsprechender Sorgfalt

(Beiziehung eines Straßenbausachverständigen) hätte ihm klar werden

müssen, daß diese Investition völlig nutzlos ist, da die aufgebrachte

Bitumenschicht beim bevorstehenden Ausbau des Ortschaftsweges ... mit

neuerlichem Kostenaufwand wieder entfernt und entsorgt werden muß. Den Gemeindefinanzen entsteht dadurch erheblicher Schaden.

Beim Sportplatzbau duldete Bürgermeister ... (Kläger), daß entgegen

klarer Vorgaben des Natur- und Landschaftsschutzes in einer "Nacht- und Nebelaktion" eine nicht genehmigte Bachverlegung durchgeführt wurde, die ein neuerliches Fischsterben verursachte. Die Grundverhandlungen zur Sportplatzerweiterung hat er dilettantisch geführt und den Gemeinderat über das Ausmaß der Kosten für die Grundinanspruchnahme falsch informiert. In der Sitzung vom berichtete er dem Gemeinderat, daß der für die Sportplatzerweiterung benötigte Grund zu einem Quadratmeterpreis von 45,-- Schilling angekauft wird. Der Gemeinderat faßte daraufhin den Beschluß für den Grundstücksankauf. In der Gemeinderatssitzung vom stellte sich dann heraus, daß vor der Grundinanspruchnahme keine verbindliche Preisabsprache stattgefunden hatte. Die Marktgemeinde ... mußte daraufhin für den vom Bürgermeister bereits in Anspruch genommenen Grund mehr als das Zehnfache des ursprünglichen Preises (rund 462,-- Schilling je Quadratmeter) bezahlen. Wie überhaupt die Planung für die Sportplatzerweiterung so unvollständig erfolgte, daß nun hohe Folgekosten (Beleuchtung, Böschungsabsicherung, Sanierungskosten bei Überflutungen im Frühjahr) auf den Gemeindehaushalt zukommen. Bei sorgfältiger Planung und Aufnahme sämtlicher notwendiger Arbeiten und Einrichtungen in den Finanzierungsplan wären diese nachträglichen Aufwendungen, die nun unvorbereitet auf den Gemeindehaushalt zukommen, teilweise vermeidbar gewesen.

Bei der Errichtung des Bauhofes (Splittsilo) hat der Bürgermeister ... (Kläger), ohne den Gemeinderat vorher zu informieren, ein statisches Gutachten in Auftrag gegeben, welches dann rund 180.000,-- Schilling gekostet hat. Bei ordnungsgemäßer Ausschreibung wären aller Voraussicht nach nicht so hohe Kosten für die Ermittlung der statischen Erfordernisse zu erwarten gewesen.

Wie überhaupt der Gemeinderat in Angelegenheiten, die einer Beschlußfassung durch den Gemeinderat bedürfen, mehrmals unrichtig und des öfteren so spät informiert wurde, daß eine freie Entscheidung und Beschlußfassung nach wirtschaftlichen Kriterien nicht mehr möglich war.

Diese Liste könnte noch beliebig fortgesetzt werden, wie z.B. Bürgermeister ... (Kläger) an den Gemeinderat der Marktgemeinde ... das Verlangen richtete, die Kanalanlage um rund 240.000,-- Schilling mit einer Fernsehkamera ausleuchten zu lassen, obwohl bei der kurz vorher vorgenommenen Kollaudierung der neuen Teile des Kanalnetzes ohnedies entsprechende Gutachten vorgelegen waren und landesgesetzlich lediglich eine wesentlich billigere "Dichtheitsprüfung" alle 5 Jahre vorgesehen ist.

Erwähnt werden soll auch noch die Aktion der "Straßenbeleuchtung". Obwohl im Bauausschuß beschlossen worden ist, für die Straßenbeleuchtung des Marktes eine Gesamtplanung erstellen zu lassen, um eventuell im historischen Teil des Marktes im Tauschwege mit anderen Bereichen passende Beleuchtungskörper zu installieren, ließ Bürgermeister ... (Kläger) ohne vorherige Information des Bauausschusses oder des Gemeinderates einfach alle Beleuchtungskörper im "Unteren Markt" nach seinem Gutdünken auswechseln. Dadurch wurde auf lange Zeit die Chance vergeben, den Markt für den Tourismus ansprechender zu gestalten.

Bürgermeister ... (Kläger) hat schließlich durch seine

Haushaltsführung als Finanzreferent verursacht, daß die Marktgemeinde

... die dritthöchste Verschuldung aller Gemeinden des Bundeslandes

Oberösterreich aufweist - der "Platz auf dem Stockerl" ist erreicht.

Bei einer weiteren Amtsführung durch ... (Kläger) ist eine noch

höhere Verschuldung der Gemeinde zu befürchten und es sind keine Zukunftsperspektiven sichtbar, da er alle Möglichkeiten ausschöpft, die Aktivitäten des Obmannes der Tourismus-Kommission zu behindern. Dabei wäre gerade eine Tourismusgemeinde Gruppe "B" wie ..., die noch über eine intakte Landschaft und Umwelt verfügt, für die Entwicklung eines sanften Tourismus prädestiniert, um das Fehlen anderer wirtschaftlicher Möglichkeiten wettzumachen.

Es folgen die Unterschriften der acht Antragsteller.

Bei der sodann vom Kläger für den anberaumten Gemeinderatssitzung wurde der Mißtrauensantrag gegen den Kläger, der sich an der Abstimmung nicht beteiligt hatte, abgesetzt. Das Amt der Oö Landesregierung teilte daraufhin mit Erlaß vom mit, daß mit dem Beschluß, den Mißtrauensantrag abzusetzen, der gesetzlichen Bestimmung des § 31 Abs 3 Oö GemO 1990 nicht entsprochen worden sei. Daraufhin wurde am in einer öffentlichen Sitzung des Gemeinderats der Mißtrauensantrag vom Gemeindesekretär verlesen und vom Gemeinderat in geheimer Abstimmung mehrheitlich angenommen. In dieser Gemeinderatssitzung stellte der Kläger klar, die Behauptung, daß er 1,5 Mio S abgezweigt habe, stelle für ihn eine Verleumdung und Rufschädigung dar. In einer Äußerung zum Mißtrauensantrag erklärte der Erstbeklagter als damaliger Vizebürgermeister: "Es hat - glaube ich - niemand behauptet, wenn etwas anderes verbreitet worden ist, ist es falsch verbreitet worden, daß Du Dich in einer Weise irgendwo persönlich bereichert hast und es ist auch viel zustande gekommen. Leider ist es in letzter Zeit bzw auch schon eine längere Periode zurück - ich weiß nicht warum - einfach schwierig sowie bis fast unmöglich geworden, Kompromisse schließen zu können. Obwohl ich das von meiner Seite sehr wohl versucht hätte."

Das Mißtrauensvotum wurde vom Kläger angefochten und im Verwaltungsrechtsweg auf seine formale Richtigkeit hin überprüft. Der Verfassungsgerichtshof bestätigte die formale Richtigkeit des Zustandekommens des Mißtrauensantrags. Eine inhaltliche Prüfung der Vorwürfe wurde im Verwaltungsverfahren nicht vorgenommen.

Der Kläger begehrte von den Beklagten

a) folgende fahrlässig oder bewußt wahrheitswidrige und den Kredit und das Fortkommen des Klägers schädigende Behauptungen gegenüber den Gemeinderatsmitgliedern zum Zeitpunkt der Einbringung des Mißtrauensantrags, nämlich ... (die acht näher genannten Unterzeichner des Mißtrauensantrags) schriftlich als unwahr zu widerrufen:


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-
der Kläger habe im Zusammenhang mit dem Bau des Hochbehälters in der Hochzone der Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde ... unter Mißachtung der Haushaltsvorschriften rund 1,5 Mio S abgezweigt und auf ein Sparbuch gelegt;


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-
der Kläger habe, als ihm die Sache zu heiß wurde, diese Gelder überwiegend für andere Vorhaben der Marktgemeinde ... verwendet, sodaß für den dringend erforderlichen weiteren Ausbau der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage neuerlich hohe Darlehen in Anspruch genommen werden müssen;


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-
die Baukosten für den Hochbehälter in der Hochzone der Wasserversorgungsanlage seien gegenüber dem Finanzierungsplan erheblich höher gewesen;

- der Kläger habe es soweit getrieben, daß im Juni 1994 die

Wasserbehälter der gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage fast leer

waren, um den Anschluß der Marktgemeinde ... an die

Fernwasserversorgung ... durchzusetzen, während ein Großteil des

Wasseraufkommens der neugefaßten Quellen am ... den Bach

hinunterfloß;

- im Herbst 1994 ohne den Gemeinderat der Marktgemeinde ... vorher zu

informieren, ein unbefestigtes Teilstück des ... mit einer


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Bitumenschicht überziehen lassen, obwohl ihm bei entsprechender Sorgfalt hätte klar werden müssen, daß diese Investition völlig nutzlos sei. Den Gemeindefinanzen sei ein erheblicher Schaden entstanden, da die aufgebrachte Bitumenschicht beim bevorstehenden Ausbau des Ortschaftsweges ... mit neuerlichem Kostenaufwand wieder entfernt und entsorgt werden müsse;


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-
der Kläger habe im Zusammenhang mit dem Bau des Sportplatzes geduldet, daß entgegen klarer Vorgabe des Natur- und Landschaftsschutzes in einer "Nacht- und Nebelaktion" eine nicht genehmigte Bachverlegung durchgeführt wurde, die ein neuerliches Fischsterben verursacht habe;


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-
der Kläger habe den Gemeinderat in Angelegenheiten, die einer Beschlußfassung durch den Gemeinderat bedürfen, mehrmals unrichtig informiert;

b) die Veröffentlichung dieses Widerrufs in zwei Zeitungen auf deren Kosten und

c) die Unterlassung der Verbreitung der unter Punkt a) angeführten Behauptungen oder Behauptungen ähnlichen Inhalts.

Das Erstgericht wies, einem Einwand der Beklagten folgend, das Klagebegehren ab, weil die kreditschädigenden Äußerungen von den Beklagten in ihrer Eigenschaft als Organe iSd § 1 AHG in Vollziehung der Oö GemO 1990 abgegeben worden seien.

Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung des Klägers das Ersturteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück, weil für eine unmittelbar gegen ein Organ gerichtete Klage wegen dessen hoheitlicher Tätigkeit der Rechtsweg unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist nicht berechtigt.

a) Nach nunmehr stRspr des erkennenden Senats (SZ 68/220, SZ 69/49; 1 Ob 117/97f = SZ 70/160 ua, zuletzt 1 Ob 56/98m = RdW 1999, 78;

Zechner in JBl 1996, 47 f, 48; Mader in Schwimann2, § 9 AHG Rz 9)

sind entgegen früherer Rspr gegen das Organ aus dessen hoheitlichem

Handeln gerichtete Klagen in jedem Fall zurück- und deren Begehren in

keinem Fall abzuweisen. Bei der gemäß § 9 Abs 5 AHG erforderlichen

Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs gegen ein Organ ist

jeweils zu untersuchen, ob die klagende Partei die beklagte Partei

inhaltlich aus einem Hoheitsakt in Anspruch nimmt; dabei kommt es für

die prozessualen Konsequenzen der Bejahung eines solchen absoluten

Prozeßhindernisses nicht darauf an, ob sich dieses bereits aus der

Klageerzählung ergibt oder ob erst im Lauf des Verfahrens offenkundig

wird, daß das Klagebegehren ausdrücklich auf Amtshaftung gestützt

oder darauf gerade nicht gestützt wird, und ob der Anspruch in merito

zu Recht besteht (1 Ob 303/97h = RdW 1998, 263; 1 Ob 306/98a ua). Das

Gesetz hat die materiellrechtliche Norm des § 1 Abs 1 erster Satz

AHG, nach der das Organ selbst dem Geschädigten nicht haftet, somit

durch die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 9 Abs 5 AHG ergänzt.

Der erkennende Senat sprach in einer Reihe von Entscheidungen

(zuletzt 1 Ob 306/98a mit einem Katalog der bisherigen

Entscheidungen, weiters 1 Ob 206/98w) aus, der Unterlassungs- und der

Widerrufsanspruch wegen Verbreitung kreditschädigender Tatsachen

gemäß § 1330 ABGB unterfalle den Bestimmungen des § 1 Abs 1 und § 9

Abs 5 AHG. Demgemäß lassen sich solche Ansprüche weder gegen den

Rechtsträger noch gegen ein Organ durchsetzen. An dieser Auffassung wurde ungeachtet der Bedenken Kleteckas (in ecolex 1990, 607, ecolex 1993, 441 ff und ecolex 1996, 597), der zumindest auf § 1330 Abs 2 ABGB gestützte Unterlassungsklagen gegen das Organ für zulässig hält, sollte die Tatsachenmitteilung nicht Teil eines hoheitlichen Akts im "engeren Sinn" sein, jedoch Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehren de lege lata als ausgeschlossen ansieht, ausdrücklich festgehalten (1 Ob 303/97h; 1 Ob 140/98i; 1 Ob 306/98a). Eine allfällige Rechtsschutzlücke zum Nachteil des durch - im obigen Sinn - hoheitlich erfolgte kreditschädigende Äußerungen Betroffenen entzieht sich einer Schließung durch die Rechtsprechungsorgane (SZ 70/160; 1 Ob 303/97h ua).

b) Es ist daher zu prüfen, ob der Mißtrauensantrag, der die

inkriminierten Tatsachenmitteilungen enthielt, Teil eines

hoheitlichen Akts im engeren Sinn war oder zumindest einen

hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit einer

hoheitlichen Aufgabe des Organs aufweist. Denn ist eine Aufgabe ihrem

Wesen nach hoheitlicher Natur, so sind es nach stRspr auch alle mit

ihrer Erfüllung verbundenen Verhaltensweisen, seien sie auch bloß

vorbereitender oder sonst hoheitlichen Zielsetzungen dienender Art,

wenn sie nur einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe aufweisen (stRspr: SZ 70/160 uva; RIS-Justiz RS0049948; Mader aaO § 1 AHG Rz 27 mwN). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Tätigkeit zum überwiegenden Teil dem Schutz der Allgemeinheit und damit öffentlichen Interessen dient (SZ 69/188), und gilt auch bei Befugnis- oder Zuständigkeitsüberschreitung, ja sogar bei strafgesetzwidrigen oder sonst deliktischen Handlungen (stRspr: SZ 70/160 ua; Mader aaO § 1 AHG Rz 27). Davon abzugrenzen sind Handlungen und Unterlassungen mit Schadensfolgen, die vom Organ anläßlich bzw bei Gelegenheit außerhalb seines Tätigkeitsbereichs begangen werden, etwa wenn das Organ etwas aus privater Gefälligkeit (SZ 55/82) tut. Zu untersuchen ist dies hier an folgender Rechtslage:

Gemäß Art 116 Abs 1 B-VG gliedert sich jedes Land in Gemeinden. Die Gemeinde ist eine Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung. Im Rahmen der Verfassung ist zur Regelung der Gemeindeorganisation, soweit nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers vorgesehen ist, die Landesgesetzgebung zuständig. Die Länder haben die betreffenden Regelungen in "Gemeindeordnungen" getroffen (Walter/Mayer, Grundriß des österr.

Bundesverfassungsrechts8 Rz 871), in Oberösterreich durch die Oö GemO

1990, LGBl 1990/91 idgF. Als Organe der Gemeinde sind gemäß Art 117

Abs 1 B-VG der Gemeinderat, das ist ein von den Wahlberechtigten der

Gemeinde zu wählender allgemeiner Vertretungskörper, der

Gemeindevorstand (Stadtrat, Stadtsenat in Städten mit eigenem Statut)

und der Bürgermeister zwingend vorgesehen. § 17 Oö GemO 1990 folgt

dieser Verfassungsbestimmung. Die Verwaltung der Gemeinde führen

entsprechend dem Grundsatz des Art 20 Abs 1 erster Satz B-VG "nach

den Bestimmungen der Gesetze auf Zeit gewählte Organe oder ernannte

berufsmäßige Organe". Unter dem Gesetzesausdruck "Organe" sind hier

eindeutig die Organwalter (Funktionäre und Bedienstete) zu verstehen.

Die Mitglieder des Gemeinderats, die nur auf Zeit gewählt werden dürfen, sind Organe der Gemeinde (Neuhofer, Gemeinderecht2 171). Die Aufgaben des Gemeinderats ergeben sich grundsätzlich aus der Gemeindeordnung (Stolzlechner, Einführung in das öffentliche Recht Rz 466). Fast alle Gemeindeordnungen sehen das Rechtsinstitut der Abberufung vor (Neuhofer aaO 171). Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Oö GemO 1990 - idF vor der hier noch nicht anzuwendenden Novelle LGBl 1996/82 - lauten dazu:

§ 23

Mandatsverlust

(1) ...

(2) Den Verlust des Mandates hat die Landesregierung in einem von Amts wegen abzuführenden Verfahren mit Bescheid auszusprechen. Ergeht gemäß Art 141 Abs 1 lit c B-VG ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, so tritt gleichzeitig eine in der gleichen Sache im Sinne dieses Absatzes allenfalls ergangene Entscheidung der Landesregierung außer Kraft; ein bei der Landesregierung anhängiges Verfahren ist einzustellen.

§ 30

Erledigung des Mandates eines Mitgliedes des Gemeindevorstandes

(1) Das Mandat eines Mitgliedes des Gemeindevorstandes wird erledigt:

...

(b) durch Mandatsverlust (Abs 3).

...

(3) Ein Mitglied des Gemeindevorstandes wird seines Mandates verlustig:

...

(d) durch Abberufung (§ 31).

(4) Der Verlust des Mandates tritt im Falle des Abs 3 lit a von Gesetzes wegen ein. In den Fällen des Abs 3 lit b bis d gilt § 23 Abs 2 sinngemäß.

(5) Das Mandat als Mitglied des Gemeinderates wird durch die Erledigung des Mandates als Mitglied des Gemeindevorstandes - ausgenommen den Fall des Abs 3 lit a - nicht berührt.

§ 31

Abberufung

(1) Der Bürgermeister, die Vizebürgermeister und die übrigen Vorstandsmitglieder können von ihrem Mandat im Gemeindevorstand auf Grund eines Mißtrauensantrages abberufen werden.

(2) Der Mißtrauensantrag kann von jenen Mitgliedern des Gemeinderates gestellt werden, die bei der Wahl des betreffenden Mitgliedes des Gemeindevorstandes stimmberechtigt waren. ... Der Mißtrauensantrag ist schriftlich einzubringen und zu begründen; er ist gültig, wenn er von wenigstens zwei Drittel(n) der Antragsberechtigten unterschrieben ist. Das Mitglied des Gemeindevorstandes, auf das sich der Antrag bezieht, ist weder antrags- noch unterschriftsberechtigt.

(3) Über einen nach den vorstehenden Bestimmungen gültig eingebrachten Mißtrauensantrag ist in der nächsten Sitzung des Gemeindesrates, die spätestens binnen acht Wochen anzuberaumen ist, in geheimer Abstimmung Beschluß zu fassen. Für diesen Beschluß ist die Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmberechtigten erforderlich.

...

Die Abberufung ist einer der Fälle, in denen ein Mitglied des Gemeindevorstands seines Mandats in diesem Kollegialorgan verlustig wird (Putschögl/Neuhofer, Oö Gemeindeordnung 1990, § 31 Erl. II.2.). Der Mandatsverlust tritt nicht mit dem Beschluß über die Annahme des Mißtrauensantrags ein, sondern erst, sobald er nach Antrag des Gemeinderats vom Verfassungsgerichtshof (§ 71 Abs 1 VerfGG 1953) oder durch Bescheid der Landesregierung ausgesprochen wird (Putschögl/Neuhofer aaO § 23 Erl. II.6. f, § 30 Erl. II.3., § 31 Erl. II.6.; vgl dazu auch Neuhofer aaO 219 f). Das Mißtrauensvotum als Instrument aus dem "parlamentarischen Waffenarsenal" wird im Verfassungsrecht (Art 74 B-VG) als die Interorgankontrolle des Parlaments gegenüber der Regierung und als ein Wesenselement des parlamentarischen Systems überhaupt betrachtet. Es handelt sich um eine Rechtsschutzeinrichtung, die letzte Möglichkeit, die dem Parlament gegeben ist, um seinen Willen gegenüber der Verwaltung durchzusetzen (Welan, Das Mißtrauensvotum nach der österreichischen Bundesverfassung in ÖJZ 1967, 561, 563 mwN). Auf der Ebene der Gemeinde sind der Mißtrauensantrag und die Abstimmung darüber dem Bürgermeister - als exekutivem Leitungsorgan einer Gemeinde (Stolzlechner aaO Rz 468) - gegenüber gleichfalls Kontrollmaßnahmen durch den Gemeinderat (bzw seine Mitglieder) als zentrales Beschlußfassungs- und Kontrollorgan der Gemeinde, dem nach Art 118 Abs 5 B-VG alle anderen Gemeindeorgane für die Erfüllung ihrer Aufgaben aus dem eigenen Wirkungsbereich verantwortlich sind (vgl dazu Walter/Mayer aaO Rz 871; Stolzlechner aaO Rz 467). Eine Rechtsschutzmaßnahme, wie die Kontrolle eines gewählten Gemeindeorgans durch ein anderes Gemeindeorgan im Rahmen der Gemeindeselbstverwaltung, kann aber schon begrifflich nur eine solche der Hoheitsverwaltung sein (vgl 6 Ob 33/95 = JBl 1996, 601 zum Kontrollausschuß nach der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993). Insoweit ist auch die schriftliche Antragstellung durch Gemeinderatsmitglieder in ausreichender Anzahl (als Gültigkeitserfordernis des Antrags) selbst unabdingbare Voraussetzung für die Abstimmung über den Mißtrauensantrag als Hoheitsakt und deshalb selbst als hoheitlich zu beurteilen. Überdies kann die Billigung des Mißtrauensantrags durch den Gemeinderat auch zum Mandatsverlust durch Bescheid der Oö Landesregierung oder durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs führen (§ 23 Abs 2 Oö GemO 1990) und ist insoweit auch unmittelbare und unabdingbare Voraussetzung für die gesetzlich umschriebene Ausübung hoheitlicher Gewalt durch hoheitlich handelnde Organe des Landes und des Bundes. Jene Gemeinderäte, die in ausreichender Zahl als Teil eines Kollegialorgans der Gemeinde einen wirksamen Mißtrauensantrag als Rechtsschutzmaßnahme gegen den Bürgermeister einbringen und darüber (mit-)abstimmen, handeln auch dann im Rahmen ihres (gemeinde)hoheitlichen kontrollierenden Aufgabenbereichs, wenn die gegen den Bürgermeister erhobenen Vorwürfe im Mißtrauensantrag - wie hier, wie ganz überwiegend - Bereiche betreffen, in denen die Gemeinde regelmäßig privatwirtschaftlich tätig wird. Tatsachenmitteilungen in der schriftlichen Ausfertigung eines wirksamen Mißtrauensantrags nach § 31 Oö GemO 1990 idgF stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit den hoheitlichen Aufgaben der antragstellenden und darüber abstimmenden Mitglieder des Gemeinderats.

Demnach kann dem Rekurs kein Erfolg beschieden sein. Die Erwägungen der im Rechtsmittel genannten Entscheidung 6 Ob 654, 655/88 = JBl 1990, 378 sind auf den hier zu beurteilenden Fall nicht übertragbar, ging es doch dort nicht um Tatsachenmitteilungen in einem Mißtrauensantrag nach der Oö GemO 1990.

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.