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OGH vom 17.07.2018, 1Ob92/18p

OGH vom 17.07.2018, 1Ob92/18p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr.

Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Ing. R***** E*****, und 2. Ing. F***** B*****, beide vertreten durch Dr. Günther Klepp und andere, Rechtsanwälte in Linz, gegen die Antragsgegnerin E***** GmbH, *****, vertreten durch die Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH, Linz, wegen Festsetzung einer Entschädigung gemäß § 15 Abs 1 WRG iVm § 117 WRG, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 12 R 68/17h-70, mit dem der Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom , GZ 3 Nc 8/14g-61, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind Eigentümer von Koppelfischereirechten an der Enns. Mit Bescheid einer Bezirkshauptmannschaft vom wurde der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin die wasserrechtliche Bewilligung im Zusammenhang mit dem Ausbau eines Flusshafens bewilligt. Dieser wurde bis 2012 vorgenommen. Durch die genehmigten Baumaßnahmen kam es zu schwerwiegenden Eingriffen und Schädigungen des Fischbestands. Mit einem weiteren Bescheid vom wurde der Antragsgegnerin die Zahlung einer einmaligen Entschädigungsleistung in Höhe von 64.200 EUR (somit jeweils 32.100 EUR pro Antragsteller) für die durch die Veränderungen verursachten Vermögensnachteile auferlegt. Schon im Bescheid aus 1992 war ein Entschädigungsanspruch der Fischereiberechtigten für Nachteile durch den Bestand der bewilligten Wasserbauten dem Grunde nach festgestellt worden.

Die Antragsteller riefen daraufhin das Gericht an und begehrten die Zuerkennung einer Enteignungsentschädigung gemäß § 15 Abs 1 WRG iVm § 117 WRG in Höhe von jeweils 189.569,65 EUR sA (insgesamt 379.139,30 EUR sA).

Das Erstgericht setzte die Entschädigung mit insgesamt 224.921,44 EUR fest, erlegte der Antragsgegnerin – unter Abzug der von den Antragstellern bereits erhaltenen Entschädigungsleistungen – die Zahlung von jeweils 86.211,72 EUR auf und sprach aus, diese sei schuldig 4 % Verzugszinsen pa seit Zustellung dieser Entscheidung zu zahlen, wenn die zu leistende Entschädigung später als binnen 14 Tagen ab Zustellung bezahlt werde. Das Mehrbegehren wies es ab.

Das Rekursgericht hob über die Rekurse der Antragsteller und der Antragsgegnerin die Entscheidung des Erstgerichts auf, weil es zur Höhe der Festsetzung der Entschädigung eine Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage unter zwei Gesichtspunkten als notwendig ansah. Zum einen bedürfe es zur Beurteilung der Frage, ob den Antragstellern die Netzfischerei im Zeitpunkt der Bewilligung der Baumaßnahmen verboten gewesen sei, Feststellungen dazu, ob im Bereich dieses Fischwassers ein öffentlicher Hafen im Sinne des Schifffahrtsgesetzes vorgelegen sei. Dann wäre die Netzfischerei nämlich schon vor der Bewilligung keine rechtlich zulässige Verwendungsmöglichkeit mehr gewesen und es wären deren Fischereirechte durch die Bewilligung insoweit nicht beeinträchtigt worden. Zum anderen sei grundsätzlich als maßgebender Zeitpunkt für die Festsetzung der Enteignungsentschädigung jener der Aufhebung des Rechts und damit der Zeitpunkt der Rechtskraft des Enteignungsbescheids (bzw des Bewilligungsbescheids) heranzuziehen. Das Erstgericht habe zwar die dazu ergangene ständige Rechtsprechung zum EisbEG zutreffend dargestellt, deren Grundsätze aber nicht beachtet, indem es die vom Sachverständigen für den Zeitpunkt der Fertigstellung des Hafenausbaus im Jahre 2012 errechneten Schadensbeträge in seine Feststellungen übernommen und in der Folge – entgegen seinen Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung – für die Ermittlung des Entschädigungsbeitrags auf den Zeitpunkt der Fertigstellung der Bauarbeiten abgestellt und diesen Betrag indexiert habe. Die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sei daher unumgänglich. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren dem Sachverständigen den Auftrag zu erteilen haben, den Schaden für den Zeitpunkt der rechtskräftigen Bewilligung der in die Fischereirechte eingreifenden Baumaßnahmen zu berechnen.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit begründete das Rekursgericht damit, dass oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob bei der Bemessung der Entschädigung für die aus einem wasserrechtlich bewilligten Vorhaben erwachsenden Vermögensnachteile von Fischereiberechtigten nach § 15 Abs 1 WRG – entsprechend der Rechtsprechung zur Enteignungsentschädigung – auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids oder auf das tatsächliche Eintreten eines daraus erwachsenden vermögensrechtlichen Nachteils abzustellen sei, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der von den Antragstellern gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm §§ 15 Abs 1, 117 Abs 6 Satz 2 WRG und § 24 Abs 1 EisbEG) nicht zulässig.

1. Die Revisionsrekurswerber gehen in ihrem Rechtsmittel auf die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage nicht ein. Sie behaupten unter Berufung auf eine Vielzahl von nicht festgestellten Details aus dem Sachverständigengutachten und „Exkursen“ mit dem Titel „Wirtschaftswissenschaft/Mathematik“ (nur), es sei vom Gutachter bei seiner Bewertung „entgegen der Festlegungen im angefochtenen Beschluss sehr wohl auf den Zeitpunkt der Bewilligung des Bauvorhabens 1992 abgestellt“ worden, womit auch sie – übereinstimmend mit dem Rekursgericht und auch der Revisionsrekursgegnerin – den Zeitpunkt der Bewilligung des Bauvorhabens im Jahr 1992 als maßgeblich zugrunde legen. Soweit sich ihre Ausführungen, so etwa beispielsweise zu einem angeblich (im Vergleich zu dem vom Sachverständigen im Gutachten für 2012 angenommenen) „höheren Zinsfuß“, von den Feststellungen entfernen, ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Im Übrigen beziehen sich ihre Bemängelungen zur Frage der Berechnung der Höhe der Entschädigung nur auf Tatfragen. Die Prüfung, ob zur Gewinnung der erforderlichen Feststellungen noch weitere Beweise notwendig sind (oder nicht), ist nämlich ebenso ein Akt der Beweiswürdigung (RISJustiz RS0043414), wie die Frage, ob das eingeholte Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen (oder andere) Feststellungen rechtfertigt, ob es erschöpfend ist oder ob noch weitere Fragen an den Sachverständigen zu stellen sind (vgl RISJustiz RS0043163). Der Oberste Gerichtshof ist aber auch im Außerstreitverfahren nicht Tatsacheninstanz (RISJustiz RS0007236). Damit sind die von den Antragstellern erörterten Fragen der Beweiswürdigung nicht revisibel (vgl RISJustiz RS0007236 [T4]). Wenn das Rekursgericht – wie im vorliegenden Fall – der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RISJustiz RS0042179; RISJustiz RS0007236 [T5]).

2. Auch beim „Schaden aus Netzfischerei“ werfen die Revisionsrekurswerber keine erhebliche Rechtsfrage auf, da sie sich wiederum vom festgestellten Sachverhalt entfernen und damit die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausführen (vgl RISJustiz RS0043312 [T14]).

Sie halten die Ergänzung des Sachverhalts für entbehrlich, weil sie meinen, auch eine (zu ihren Lasten gehende) Annahme eines Verbots der Netzfischerei bereits im Jahr 1992 (vor der Bewilligung) könne die zu fällende Entscheidung nicht zu ihren Ungunsten ändern. Dabei unterstellen sie – allerdings wiederum ohne Deckung im Sachverhalt –, dass bei Entfall der Netzfischerei der ganze (unter Einrechnung des Fangs aus der Netzfischerei vom Sachverständigen ermittelte, aber eben nicht festgestellte) Jahresertrag ungekürzt als solcher auch bloß der sonstigen (erlaubten) Nutzungen hätte zugrunde gelegt werden müssen. Ob und inwieweit sich der Gesamtschaden durch die eingetretene Entwertung des Fischereirechts verändert, sofern die Netzfischerei schon früher keine zulässige Nutzung darstellte, wird gegebenenfalls festzustellen sein.

Warum die Entscheidung des Rekursgerichts korrekturbedürftig sein sollte, weil die Antragssteller „in ihren Rekurs“ nur einen geringeren Schaden für den Entfall der Netzfischerei „einbezogen“ hätten, als sie tatsächlich hätten geltend machen können, bleibt überhaupt unverständlich.

3. Zu ihrem Zinsenbegehren berufen sie sich selbst in zutreffender Weise auf die Anwendung von § 33 EisbEG (§§ 15 Abs 1 Satz 3 iVm 117 Abs 6 Satz 2 WRG). Zu Fälligkeit und Verzug nach dieser Bestimmung hat der Oberste Gerichtshof bei vergleichbarer Sachlage (nur der in seinem Recht Beeinträchtigte erachtete sich damals durch die von der Wasserrechtsbehörde zu niedrig festgesetzte Entschädigung für die Enteignung seines Wasserrechts als beschwert) bereits erläutert, dass das WRG selbst keine Bestimmung darüber enthält, wann die Entschädigung fällig wird. Bei einer Befassung des Gerichts mit dem Entschädigungsbegehren trete eine Verpflichtung zur Verzinsung des noch nicht geleisteten Entschädigungsbetrags ab dem Tag der Zustellung der letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung in Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen nur ein, wenn nach der Zustellung dieser Entscheidung und dem Ablauf der Leistungsfrist Zahlung nicht geleistet wird (1 Ob 4/93 = RISJustiz RS0082366). Darauf, dass unter bestimmten Umständen eine Valorisierung des Entschädigungsbetrags in Betracht kommt, hat das Berufungsgericht hingewiesen (vgl auch RISJustiz RS0109742 [T3] = 6 Ob 203/15v).

4. Da die Antragsteller in ihrem Revisionsrekurs nur solche Rechtsfragen geltend machen, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RISJustiz RS0102059 [zum Revisionsrekurs im Verfahren außer Streitsachen T 15, T 17]), ist ihr Rechtsmittel zurückzuweisen.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

5. Der hier nach § 117 Abs 6 Satz 2 WRG anzuwendende § 44 Abs 2 EisbEG sieht einen Kostenersatzanspruch ausschließlich des Enteigneten vor, weshalb die Antragsgegnerin die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung unabhängig von ihrem Erfolg in dritter Instanz oder dem Ausgang des Verfahrens selbst zu tragen hat (RISJustiz RS0058085 [T4]). Nach dieser Bestimmung steht aber auch den Antragstellern für ihren nicht zulässigen Revisionsrekurs kein Kostenersatz zu (1 Ob 31/17s mwN).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00092.18P.0717.000

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