OGH vom 17.04.2013, 4Ob8/13z

OGH vom 17.04.2013, 4Ob8/13z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** N*****, vertreten durch Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. A***** P*****, 2. E***** P*****, 3. I***** P*****, alle *****, alle vertreten durch Mag. Nikolaus Hirschko, Rechtsanwalt in Wien, sowie 4. E***** P*****, und 5. K***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Riedl Dr. Ludwig Rechtsanwälte GmbH in Haag, wegen Feststellung, Rechnungslegung und Zahlung (Streitwert 350.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 5 R 218/12h 17, mit welchem aufgrund eines Rekurses der erst- bis drittbeklagten Parteien der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 30 Cg 28/12p 6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger bringt vor, der Erstbeklagte habe eine kostengünstige Methode erfunden, Kupferdrähte aus bereits verlegten Telekommunikationskabeln durch leistungsfähigere Glasfaserkabel zu ersetzen, ohne dass dabei die Kabel freigelegt werden müssten. Im August 2001 habe der Erstbeklagte mit einem Rechtsanwalt einen Beteiligungsvertrag abgeschlossen, wonach diesem 4 % der Erträge zustünden. Dieses Recht habe der Rechtsanwalt dem Kläger abgetreten. Die Erfindung sei am im österreichischen Patentregister als Patent Nr 410.611 eingetragen worden, wobei mit dessen Priorität Schutzrechte in nunmehr rund 150 Ländern beansprucht würden. Der Erstbeklagte verweigere dem Kläger die Zahlung, weil er seine Rechte am Patent an seine Eltern, den Zweitbeklagten und die Drittbeklagte verkauft habe. Diese verweigerten die Zahlung, weil sie mit dem Kläger und dem Rechtsanwalt in keiner vertraglichen Beziehung stünden. Der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte seien am statt des Erstbeklagten im Register als Patentinhaber eingetragen worden. Diese Eintragung sei jedoch wegen des Fehlens eines Titels unwirksam. Alle in Betracht kommenden Titelgeschäfte seien aus näher dargestellten Gründen formungültig, nichtig, schwebend unwirksam oder zumindest zur Hälfte nichtig. In weiterer Folge habe der Erstbeklagte zur Benachteiligung des Klägers einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Fünftbeklagten, deren Hauptgesellschafterin die Viertbeklagte sei, geschlossen. Alle Beklagten seien schlechtgläubig gewesen; sie hafteten dem Kläger für seinen Anteil an den Erträgen des Patents.

Auf dieser Grundlage begehrt der Kläger gegenüber allen Beklagten die Feststellung, dass

a. drei näher bezeichnete Verträge „kein Rechtsverhältnis über oder sonstiges Recht auf Übertragung von Rechten“ am Patent und an den Schutzrechten vom Erstbeklagten auf den Zweitbeklagten und die Drittbeklagte begründeten; hilfsweise die Feststellung, dass diese Verträge nichtig, hilfsweise schwebend unwirksam und wiederum hilfsweise zur Hälfte unwirksam (nichtig) seien.

b. der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Erstbeklagten und der Fünftbeklagten schwebend unwirksam sei, hilfsweise die Feststellung, dass auch nach der „Bestellung“ (gemeint offenkundig: Beauftragung) der Fünftbeklagten mit der Verwertung der Rechte am Patent sein Anspruch im Ausmaß von 4 % der Erträge bestehe.

c. die Erst- bis Drittbeklagten ihm zur ungeteilten Hand für sämtliche Ansprüche aus dem Beteiligungsvertrag, hilfsweise für den darauf gründenden Anspruch auf 4 % der Erträge, hafteten.

Weiters erhebt der Kläger eine zwischen den Beklagten differenzierende Klage auf Rechnungslegung, Eidesleistung und Zahlung. Sein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit (Unwirksamkeit) der Rechtsgeschäfte liege darin, dass in diesem Fall wieder der Erstbeklagte als Patentinhaber in das Patentregister einzutragen wäre oder der Kläger nachträglich der Übertragung auf den Zweitbeklagten und die Drittbeklagte zustimmen könnte, sofern ein zustimmungsbedürftiger, aber kein absolut nichtiger Übertragungsvorgang vorliegen sollte.

Mit der Klage verbindet der Kläger einen Antrag auf Anmerkung des „gegenständlichen Rechtsstreits“ im Patentregister . Eine solche Anmerkung sei wegen der Unwirksamkeit der Verfügungen des Erstbeklagten im Zusammenspiel mit seinen schlechtgläubigen Eltern zum Schutz der Allgemeinheit geboten; dies auch deshalb, um „weitere Verfügungen“ zwischen dem Erstbeklagten und seinen Eltern zu verhindern.

Das Erstgericht bewilligte die Anmerkung der Klage und ersuchte das Patentamt um den Vollzug.

Das vom Erst- bis Drittbeklagten angerufene Rekursgericht wies den Antrag auf Anmerkung der Klage ab und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Nach § 45 PatG seien unter anderem bei Gericht anhängige Streitverfahren über die Zugehörigkeit von Patenten, über Pfandrechte oder über sonstige dingliche Rechte an Patenten im Register anzumerken. Diese Streitanmerkung sei zwar anders als in Grundbuchsachen nicht auf die Behauptung dinglicher Rechte beschränkt, sondern auch bei der Geltendmachung bloß obligatorischer Ansprüche möglich. Dies gelte aber nur für Ansprüche, die eine Übertragung des Patents an den Kläger zum Ziel hätten. Hingegen sei die Streitanmerkung zu versagen, wenn das Streitverfahren auf keinen Fall, also auch nicht mittelbar, zu einer solchen Übertragung führen könne. Das treffe hier zu, weil Ziel der Klage bloß sei, die Übertragung der Patentrechte vom Erstbeklagten auf seine Eltern rückgängig zu machen. Da kein Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur vorliege, müsse das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG keinen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands vornehmen. Eine erhebliche Rechtsfrage liege nicht vor.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger einen außerordentlichen Revisionsrekurs , hilfsweise einen mit einer Zulassungsvorstellung verbundenen ordentlichen Revisionsrekurs. Nach Rückleitung der Akten mit Beschluss des Senats vom , 4 Ob 8/13z, sprach das Rekursgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und legt den Revisionsrekurs nun neuerlich zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

1. Wie der Senat schon im Rückleitungsbeschluss dargelegt hat, ist über den Revisionsrekurs nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung zu entscheiden. Aufgrund der vom Rekursgericht nachträglich vorgenommenen Bewertung ist er als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandeln.

2. Die Kläger stützen sich auf § 45 PatentG, wonach Streitigkeiten über die „Zugehörigkeit“ eines Patents im Register anzumerken sind. Davon könnten von vornherein nur jene Begehren erfasst sein, die sich auf die Gültigkeit der Verträge des Erstbeklagten mit seinen Eltern (Zweit- und Drittbeklagte) beziehen. Alle anderen Begehren betreffen auch bei weitester Auslegung nicht die „Zugehörigkeit“ des Patents, sondern ausschließlich die Folgen (angeblich) rechtswidrigen Handelns der Beklagten.

3. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt allerdings auch bei den auf die Gültigkeit der Verträge bezogenen Begehren nicht vor.

3.1. § 45 PatentG geht auf § 25 PatentG 1897 zurück. Mit dieser Bestimmung wurde auch im Patentrecht eine an grundbuchsrechtliche Vorschriften angelehnte Streitanmerkung eingeführt. Nach dem Motivenbericht zur Regierungsvorlage (1420 BlgAH, 11. Sess, 70) erfuhr diese Streitanmerkung aber „gegenüber jener der Grundbuchsordnung eine bedeutende Erweiterung, indem dieselbe hier nicht allein in den im Grundbuchsrechte aufgezählten Fällen […] stattfindet, vielmehr immer zulässig ist, wenn Jemand Ansprüche auf das Patent selbst oder ein Recht an demselben erhebt, oder die Nichtigkeit, Rücknahme oder Aberkennung des Patentes geltend macht.“

3.2. Auf dieser Grundlage sprach der Oberste Gerichtshof in 4 Ob 489/30 (= SZ 12/273 = JBl 1931, 83 [ Zimbler ]) aus, dass die Streitanmerkung nicht auf Fälle beschränkt sei, in denen eine „widerrechtliche Eintragung“ im Patentregister behauptet und (auf dieser Grundlage) eine Löschung oder Umschreibung begehrt werde. Vielmehr könnten auch Streitigkeiten angemerkt werden, „die obligatorische Ansprüche betreffen, aber zum Erwerb des Patents führen sollen“, also auf die „Übereignung der Patente abzielen“. In 4 Ob 2083/96 (= ÖBA 1996, 811) hielt der Oberste Gerichtshof unter Hinweis auf Friebel/Pulitzer (Österreichisches Patentrecht 2 [1971] 365 f) an dieser Auffassung fest. Eine Streitanmerkung sei möglich, wenn es um die Geltendmachung bloß obligatorischer Ansprüche gehe, deren Durchsetzung allerdings „einen Schritt zur allfälligen Verdinglichung eines Rechts durch Eintragung in das Patentregister“ bedeuten müsse.

3.3. Die Zulässigkeit einer Streitanmerkung hängt daher sowohl nach den Gesetzesmaterialien als auch nach der Rechtsprechung davon ab, dass mit der anzumerkenden Klage ein Anspruch verfolgt wird, der zumindest mittelbar auf eine Änderung des Registerstands zielt. Anders als im Grundbuchsrecht kann eine Anmerkung zwar auch bei Streitigkeiten über obligatorische Ansprüche erfolgen. Hingegen ist kein Grund erkennbar, weshalb auch die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit oder auf Aufhebung jenes Vertrags angemerkt werden könnte, der die Grundlage für eine Eintragung im Patentregister bildet. Eine solche Anmerkung ist auch im Grundbuchsverfahren nicht möglich (RIS-Justiz RS0060511 [insb T 2]). Ebenso wie dort führte der Erfolg einer solchen Klage auch im Patentrecht nicht dazu, dass das Register „von Amts wegen“ geändert werden müsste; für diese vom Kläger vertretene Auffassung gibt es im Patentgesetz keine Grundlage. Der Erfolg der Klage hätte daher keine auch keine mittelbaren Auswirkungen auf den Registerstand. Ob eine gegen die Parteien der strittigen Verträge gerichtete Klage auf Abgabe bestimmter Erklärungen gegenüber dem Patentamt angemerkt werden könnte, ist hier nicht zu entscheiden.

4. Aus diesen Gründen ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.