OGH vom 17.10.2006, 1Ob92/06w

OGH vom 17.10.2006, 1Ob92/06w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gottlieb S*****, vertreten durch Dr. Georg Huber, Rechtsanwalt in Kufstein, gegen die beklagte Partei Land Tirol, Innsbruck, Landhaus, vertreten durch Dr. Paul Bauer und Dr. Anton Triendl, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen EUR 23.614,58 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 252/05a-18, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 59 Cg 174/04w-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

1. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie - einschließlich der bereits rechtskräftigen Teilabweisung - als Teilurteil zu lauten haben:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 8.731,12 samt 4 % Zinsen seit binnen 14 Tagen zu zahlen. Das Zinsenmehrbegehren von 4 % aus EUR 23.614,58 vom bis wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung wird dem Endurteil vorbehalten."

2. Im Übrigen werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und wird dem Erstgericht insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die auf den aufhebenden Teil der Entscheidung entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Eigentümer eines geschlossenen Hofs in T***** (im Folgenden: Verkäufer), mit dem realrechtlich das Recht der Zugehörigkeit zu einer Agrargemeinschaft verbunden war, entschloss sich wegen finanzieller Schwierigkeiten, zwei Almgebäude auf der von der Agrargemeinschaft genutzten Alm samt den zugehörigen Agrargemeinschaft-Mitgliedschaftsrechten zu verkaufen; die Grundstücke, auf denen sich die beiden Gebäude befinden, waren dem Gutsbestand des geschlossenen Hofs zugeschrieben. In einer als „Vorvertrag" überschriebenen Urkunde hielten der Verkäufer und ein ebenfalls der Agrargemeinschaft angehörender Landwirt (im Folgenden: Interessent) am fest, dass der Interessent die beiden Almgebäude und die Anteilsrechte des Verkäufers zu einem Kaufpreis von S 1,5 Mio erwerben solle. Beide Partner sollten an die Vereinbarung erst nach Vorliegen eines verbücherungsfähigen Kaufvertrags gebunden sein. Dazu kam es in der Folge nicht, weil der Interessent seine mündliche Zusage, der Verkäufer könne auch nach dem Verkauf in der von ihm neu errichteten Almhütte bleiben, schließlich nicht einhalten wollte. Mit schriftlichem Kaufvertrag vom 24./ verkaufte der Verkäufer dem Kläger die beiden Grundstücke, auf denen sich die Almgebäude befinden, und die mit seinem Hof realrechtlich verbundenen Anteile an der Agrargemeinschaft. Am beantragten die Vertragsparteien beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz unter Vorlage des beglaubigt unterfertigten Kaufvertrags die Durchführung eines Siedlungsverfahrens mit dem Ziel, dem Kläger die Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft sowie das Eigentumsrecht an den beiden Grundstücken zu verschaffen. Der Kaufvertrag enthielt unter anderem die Vereinbarung, dass dem Verkäufer sowie seinen Rechtsnachfolgern das lebenslängliche und unentgeltliche Fruchtgenussrecht am Grundstück Nr. 317 und an der darauf errichteten Almhütte (am Hochleger) eingeräumt werde; der Kaufpreis wurde mit S 1 Mio festgesetzt. In einem am unterfertigten Nachtrag zum Kaufvertrag vereinbarten die Vertragsparteien die Aufhebung des Fruchtgenussrechtes, weil eine Bank als Gläubigerin des Verkäufers mit der lastenfreien Abschreibung der beiden Grundstücke mit den Almgebäuden vom geschlossenen Hof des Verkäufers nicht einverstanden war; für den Verzicht des Verkäufers auf das Fruchtgenussrecht leistete der Kläger eine Zahlung von EUR 45.000 an die Bank. Ein weiterer Grund für den Nachtrag lag darin, dass sich die Vertragsparteien erhofften, so eine raschere Entscheidung im landwirtschaftlichen Siedlungsverfahren zu erreichen. Ihren Antrag auf Durchführung des landwirtschaftlichen Siedlungsverfahrens begründeten die Vertragsparteien damit, dass der Verkäufer seinen Hof nicht selbst bewirtschafte und kein Vieh halte, weshalb das Anteilsrecht an der Agrargemeinschaft für die bisherige Stammsitzliegenschaft entbehrlich sei. Hingegen bewirtschafte der Kläger seinen Betrieb mit Kühen selbst, habe jedoch keine agrargemeinschaftlichen Anteilsrechte. Der Rechtserwerb bewirke die Aufstockung eines bestehenden, vom Eigentümer selbst bewirtschafteten Betriebs mit agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten samt Almgebäuden und diene der Verbesserung der Leistungsfähigkeit des landwirtschaftlichen Betriebs des Käufers. Auch wenn es für den beabsichtigten Rechtserwerb der Anteilsrechte durch ein Nichtmitglied nicht zwingend eines Vollversammlungsbeschlusses der Agrargemeinschaft bedürfe, sei dieser veranlasst worden und werde umgehend nachgereicht. Am wurde eine Kopie des Protokolls über die Vollversammlung der Agrargemeinschaft vom vorgelegt. In diesem ist unter anderem festgehalten, dass die Vollversammlung eine (formelle) Abstimmung über die Aufnahme des Klägers nicht durchführen wolle, jedoch keine „persönlichen Einwände" gegen seine Person habe; der Verkäufer habe „sowieso das Recht, seine Liegenschaft zu verkaufen, wem er wolle".

Nachdem der erste Interessent unter Vorlage des „Vorvertrags" vom die agrarbehördliche Genehmigung gemäß dem TFLG beantragt und mitgeteilt hatte, dass er den gleichen Vertragsgegenstand bereits früher gekauft habe, setzte die Agrarbehörde mit Bescheid vom sowohl das vom Verkäufer und vom Kläger eingeleitete landwirtschaftliche Siedlungsverfahren als auch das vom Interessenten beantragte Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung in einem Gerichtsverfahren aus, das der Interessent gegen den Verkäufer anhängig gemacht und in dem er diesen auf Zuhaltung des seiner Ansicht nach wirksam abgeschlossenen Vertrags in Anspruch genommen hatte (Diese Klage wurde letztlich abgewiesen, weil keine Willenseinigung zwischen dem Verkäufer und dem Interessenten vorlag). Der Aussetzungsbescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass rechtlich unklar sei, „wem nun letztlich tatsächlich die in Rede stehenden agrargemeinschaftlichen Anteilsrechte zukommen sollen". Es sei auch strittig, ob der Kläger angesichts der vorvertraglichen Regelung in einem weiteren (und späteren) Vertrag über denselben Vertragsgegenstand noch (für das beantragte Siedlungsverfahren abschließend und bindend) „verfügen durfte". Diese Fragen seien letztlich im nunmehr bei Gericht anhängigen Zivilverfahren als Hauptfrage zu entscheiden.

Über Berufung des Klägers und des Verkäufers hob der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung mit Erkenntnis vom den Aussetzungsbescheid ersatzlos auf. Die Parteien des Zivilprozesses seien nicht ident mit den Parteien des landwirtschaftlichen Siedlungsverfahrens, womit eine wesentliche Voraussetzung für die Aussetzung fehle. Gegenstand des Zivilprozesses sei entgegen der Ansicht der Agrarbehörde weder die Frage, wem die Anteilsrechte zukommen sollten, noch, ob der Kläger über den Vertragsgegenstand in einem weiteren Vertrag habe verfügen dürfen. Damit bildeten die von der Agrarbehörde formulierten Vorfragen für das landwirtschaftliche Siedlungsverfahren nicht den Gegenstand des Zivilprozesses.

Auf Grund eines Devolutionsantrags vom entschied der Landesagrarsenat schließlich auch in der Sache und stellte mit Erkenntnis vom gemäß § 5 Abs 3 TLSG 1969 fest, dass der Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Kläger in der Fassung des Nachtrags vom den in Abs 1 genannten Erfordernissen entspreche und eine Aufstockung iSd § 2 Z 6 zum Gegenstand habe. Die Anteilsrechte seien zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfs der Stammsitzliegenschaft des Verkäufers entbehrlich, wogegen der Anteilserwerb den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Liegenschaft des Käufers diene. Der Kaufvertrag und die damit einhergehende Teilung der Stammsitzliegenschaft des Verkäufers entsprächen den grundverkehrs-, höfe- und flurverfassungsrechtlichen Bestimmungen und stünden mit Zweck und Ziel eines landwirtschaftlichen Siedlungsverfahrens in Einklang.

Die dagegen vom Interessenten erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof wegen dessen fehlender Parteistellung zurückgewiesen. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Kufstein vom wurde der Kaufvertrag samt Nachtrag grundbücherlich durchgeführt.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hatte der Landesagrarsenat am örtliche Erhebungen an den Höfen der Vertragsparteien sowie auf der Alm durchgeführt. Als Ergebnis war festgehalten worden, dass die Landwirtschaft des Klägers von diesem und seiner Frau unter Mitarbeit seines Sohnes als bäuerlicher Familienbetrieb geführt werde und bisher Alpungsmöglichkeiten gefehlt hätten. Im Stall sei Platz für die Aufstockung des Viehstandes, alle notwendigen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte seien vorhanden. Am Hof des Verkäufers sei die Selbstbewirtschaftung vor mehr als zehn Jahren aufgegeben worden; Viehstand sei nicht vorhanden, die Alpengräser seien schon mehrere Jahre lang nicht mehr ausgenützt worden. Die Almhütte am Hochleger der Agrargemeinschaft biete keine Möglichkeit, Vieh einzustellen; da am Hochleger nur Galtvieh (Jungvieh) gehalten werde, bestehe keine Notwendigkeit für einen Stall. Bereits vor mehreren Jahren sei der Verwendungszweck des Almgebäudes als Sennhütte und Freizeitwohnsitz bescheidmäßig festgestellt worden. Am langte die Stellungnahme der Abteilung Bodenordnung des Amts der Tiroler Landesregierung beim Landesagrarsenat ein, in der ausgeführt wurde, dass der Vertrag den Zielsetzungen des § 1 TLSG entspreche. Mit dem Einlangen der Mitteilung der Abteilung Agrarwirtschaft über die Referenzmengen des Betriebs des Verkäufers waren die Erhebungen des Landesagrarsenats am abgeschlossen.

Der erste Interessent hatte am bei der Agrarbehörde erster Instanz den Antrag auf Fortsetzung des agrarbehördlichen Absonderungsverfahrens sowie einen (neuen) Antrag auf Durchführung eines landwirtschaftlichen Siedlungsverfahrens gestellt. Dieser Antrag wurde letztlich mit Erkenntnis des Landesagrarsenats vom abgewiesen; die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof blieb erfolglos.

Der Kläger wurde im landwirtschaftlichen Siedlungsverfahren von einem Notar vertreten, der dafür ein (ermäßigtes) Honorar von EUR 14.883,46 in Rechnung stellte. Hätte die Agrarbehörde erster Instanz das (später vom Landesagrarsenat durchgeführte) Ermittlungsverfahren ohne Verzögerung durchgeführt, wäre dieses spätestens am abgeschlossen gewesen. Im Falle der umgehenden Erlassung eines positiven Bescheids durch die Agrarbehörde erster Instanz hätte der Kläger die Alm schon im Sommer 2002 nutzen und seinen Viehbestand aufstocken können. Dadurch hätte er zusätzliche Einnahmen von EUR 5.270,40 erzielt. Die als Freizeitwohnsitz genehmigte Almhütte am Hochleger wurde vom Kläger (erst) im Jahr 2003 um einen Pachtzins von EUR 3.000 pro Jahr auf fünf Jahre verpachtet. Der Pächter verwendete die Almhütte allerdings bereits im Jahr 2002 und wäre bereit gewesen, einen Pachtvertrag zu diesen Bedingungen abzuschließen. Wegen der rechtlichen Unsicherheit benützte der spätere Pächter die Hütte zwar und half dort gelegentlich, bezahlte aber keinen Pachtzins. Wäre die grundbücherliche Durchführung bereits im Sommer des Jahres 2002 möglich gewesen, hätte der Pächter bereits für dieses Jahr den Pachtzins von EUR 3.000 bezahlt. Hätte der Kläger auf Grund eines früheren positiven Bescheides der Agrarbehörde erster Instanz die Alm schon im Sommer 2002 nutzen können, wären weitere Vermögensnachteile in Höhe von EUR 3.460,72 (entgangener Gewinn aus der Agrargemeinschaft, Verlust der Ausgleichszulage, Verlust an Tierprämien, aufgewendete Spesen) nicht eingetreten. Der Kläger begehrte nun aus dem Titel der Amtshaftung EUR 23.614,58 samt 4 % Zinsen seit und brachte dazu im Wesentlichen vor, die Agrarbehörde erster Instanz habe auf Grund einer nicht vertretbaren Rechtsansicht keinen positiven Bescheid erlassen. Bei pflichtgemäßem Vorgehen hätte er die Alm schon im Sommer 2002 nutzen können; das Honorar des Notars hätte dann nur EUR 3.000 betragen. Die beklagte Partei wandte im Wesentlichen ein, der Antrag des Klägers sei bis Oktober 2002, insbesondere auch wegen des ursprünglich vereinbarten Fruchtgenussrechts, nicht genehmigungsfähig gewesen. Es habe auch die für die Anteilsübertragung erforderliche Zustimmung der Agrargemeinschaft gefehlt. Da zwei offensichtlich gültige Kaufverträge vorgelegen seien, hätte sich die Agrarbehörde erster Instanz vollständige Klarheit über die Rechtsgeschäfte verschaffen müssen. Deren Rechtsauffassung sei jedenfalls vertretbar gewesen. In jedem Fall wäre wegen der durchzuführenden Ermittlungen eine Genehmigung des vom Kläger eingebrachten Antrags frühestens mit Juli 2002 möglich gewesen. Damit hätte er das Vieh jedenfalls im Jahr 2002 nicht mehr auf die Alm treiben können.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - mit Ausnahme der für die Zeit vom bis begehrten Zinsen - statt. Hätte die Agrarbehörde erster Instanz den „Vorvertrag" nicht berücksichtigt, hätte sie bis spätestens einen positiven Bescheid über den Antrag des Klägers erlassen können. Mangels Vorfrage iSd § 38 AVG sei die durch die Aussetzung des Verfahrens bedingte Verfahrensverzögerung rechtswidrig und schuldhaft verursacht worden; die Aussetzung habe auf einer nicht vertretbaren Rechtsansicht beruht. Hätte die Agrarbehörde erster Instanz die erforderlichen Erhebungen umgehend nach Einlangen des Antrags selbst gepflogen, so hätte sie zum Ergebnis kommen müssen, dass der Kaufvertrag den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften entsprach. Die Verzögerung des landwirtschaftlichen Siedlungsverfahrens sei auch für die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung des Klägers, soweit diese die Kosten für die Errichtung und grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrags überstiegen, kausal; ebenso für jenen Schaden, den der Kläger durch die verspätete Nutzungsmöglichkeit der Alm erlitten habe. Dazu gehöre auch der für Sommer 2002 entgangene Pachtzins. Verzugszinsen seien allerdings erst ab dem Tag des Zugangs des Aufforderungsschreibens () zuzusprechen.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne einer vollständigen Klageabweisung ab und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Mit dem Erkenntnis des Landesagrarsenats, wodurch der Aussetzungsbescheid der Agrarbehörde erster Instanz aufgehoben wurde, stehe die Rechtswidrigkeit der Aussetzung bindend fest. Dass die Agrarbehörde erster Instanz im Siedlungsverfahren zu prüfen hätte, ob die vom verbücherungsfähigen Vertrag erfassten Rechte von einem Dritten bestritten und für sich reklamiert werden, ergebe sich aus keiner gesetzlichen Bestimmung. Auch wenn im Zivilprozess festgestellt worden wäre, dass zwischen dem Interessenten und dem Verkäufer ein gültiger Kaufvertrag zustandegekommen wäre, hätte dies nichts über die (Un-)Wirksamkeit des zwischen dem Kläger und dem Verkäufer abgeschlossenen Vertrags ausgesagt. An der Wirksamkeit des mit dem Kläger abgeschlossenen Vertrags hätten keine Zweifel bestanden. Eine allfällige „Doppelveräußerung" berührte nämlich nicht den wirksamen Bestand dieses Kaufvertrags. Die Entscheidung der Agrarbehörde erster Instanz habe somit auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruht. Die Auffassung des Erstgerichts, dass das Verfahren vor der Agrarbehörde erster Instanz bei rechtmäßigem Vorgehen spätestens zum abgeschlossen hätte werden können, überzeuge. Dennoch sei das Fehlverhalten der Behörde für den geltend gemachten Schaden nicht kausal, weil der Antrag des Klägers vor Verfassung des mit datierten Nachtrags zum Kaufvertrag nicht hätte bewilligt worden können. Eine Bewilligung wäre nur in Betracht gekommen, wenn der Antrag den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes in der damals gültigen Fassung entsprochen hätte. Nach § 6 Abs 1 lit b des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 in der im Jahr 2002 anzuwendenden Fassung dürfe die Genehmigung zum Erwerb eines Fruchtnießungsrechtes an einem land- oder forstwirtschaftlichen Grundstück durch die Grundverkehrsbehörde nur erteilt werden, wenn gewährleistet sei, dass die erworbenen land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke grundsätzlich vom Erwerber selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs bewirtschaftet werden. Der Einwand der beklagten Partei, auf Grund des dem Verkäufer eingeräumten Fruchtgenussrechts entspreche der Vertrag wegen der mangelnden Selbstbewirtschaftung nicht den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes, sei berechtigt. Auch wenn feststehe, dass das Almgebäude als Sennhütte und Freizeitwohnsitz gewidmet sei, sei zu bedenken, dass sich das dem Verkäufer eingeräumte Fruchtgenussrecht auf das gesamte Grundstück und nicht nur auf das Almgebäude beziehe, obwohl ein Fruchtgenussrecht auch nur an räumlich abgegrenzten Teilen einer Liegenschaft begründet werden könne. Durch das dem Verkäufer am gesamten Grundstück eingeräumte Fruchtgenussrecht wäre bis zu dessen einvernehmlichen Aufhebung im September (richtig wohl: Oktober) 2002 nicht gewährleistet gewesen, dass die vom Kläger erworbene Liegenschaft von ihm selbst im Rahmen seines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs bewirtschaftet worden wäre; der Verkäufer habe über einen solchen Betrieb nicht verfügt und daher die Voraussetzungen für eine Selbstbewirtschaftung nicht erfüllen können. Damit sei davon auszugehen, dass der ursprünglich vorgelegte Kaufvertrag nicht allen Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes in der maßgeblichen Fassung entsprochen habe, sodass die Agrarbehörde gemäß § 5 Abs 1 TLSG 1969 den Antrag des Klägers, einen entsprechenden Feststellungsbescheid zu erlassen, bis zur einvernehmlichen Auflösung des Fruchtgenussrechts nicht bewilligen hätte können. Der Erwerb des mit dem Fruchtgenussrecht belasteten Grundstücks, auf dem sich ein Freizeitwohnsitz befinde, habe insofern auch nicht der Aufstockung des Betriebs des Klägers gemäß § 2 Z 6 TLSG 1969 gedient. Die Einräumung des Fruchtgenussrechts habe vielmehr bedeutet, dass die damit belastete Liegenschaft nicht mehr im Rahmen eines bäuerlichen Betriebs habe bewirtschaftet werden können. Wenn es dem Kläger auch frei gestanden sei, eine derart belastete Liegenschaft zu erwerben, so habe er doch zu diesem Zweck nicht das landwirtschaftliche Siedlungsverfahren nach dem TLSG 1969 für sich in Anspruch nehmen können. Das Fruchtgenussrecht sei damit einer positiven Erledigung des Antrags für den maßgeblichen Zeitraum im Wege gestanden. Die durch die Verfahrensaussetzung tatsächlich bewirkte Verzögerung der Entscheidungsfindung sei daher für den behaupteten Schaden nicht kausal gewesen. Dem Kläger stehe auch kein Ersatzanspruch für die Kosten seiner erfolgreichen Berufung gegen den Bescheid vom zu, weil nach der damals gegebenen Sachverhaltslage auch mit dieser Berufung keine Bewilligung des Antrags hätte erreicht werden können. Da sich das Berufungsgericht auf eine klare Rechtslage und eindeutige Judikatur des Obersten Gerichtshofs stützen könne und die Entscheidung auf den Einzelfall zugeschnitten sei, sei eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu klären, sodass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, dass sich der erkennende Senat der Rechtsauffassung der Vorinstanzen über die Unvertretbarkeit der von der Agrarbehörde erster Instanz vertretenen Rechtsansicht anschließt. An der Wirksamkeit des zeitlich nachfolgenden Vertrags in den Fällen des sogenannten Doppelverkaufs bestehen in Lehre und Rechtsprechung keine Zweifel (vgl nur Apathy in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB § 1061 Rz 2 mwN). Ein Abwarten des Prozessergebnisses im Zivilverfahren zwischen dem (vermeintlichen) Erstkäufer und dem Verkäufer konnte daher keinen für das agrarrechtliche Verfahren bedeutsamen Erkenntnisgewinn bringen. Die aus der schriftlichen Begründung des Aussetzungsbeschlusses hervorleuchtende Auffassung der Agrarbehörde erster Instanz, der Kaufvertrag des Klägers wäre im Falle der Gültigkeit eines früheren Vertrags unwirksam, ist somit unvertretbar. Darauf, ob die Behörde mit anderen (ebenfalls unrichtigen) Argumenten in vertretbarer Weise zum selben Ergebnis hätte kommen können („vertretbares Alternativverhalten"), kommt es nicht an. Die ausführlichen Erörterungen darüber, welche Erwägungen die Behörde im Zusammenhang mit der Eigentumsverschaffung durch (rechtskräftigen) agrarbehördlichen Bescheid allenfalls hätte anstellen können, gehen schon deshalb ins Leere, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Entscheidungsorgan Derartiges bedacht hätte. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die einschlägigen agrarrechtlichen Rechtsvorschriften für den Fall des Doppelverkaufs keine besonderen Regelungen enthalten; auch im allgemeinen Grundbuchsverfahren entscheidet über den Eigentumserwerb das zeitliche Zuvorkommen bei der Antragstellung.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht mit der Berufung auf die fehlende Kausalität des Verhaltens der Agrarbehörde erster Instanz, die statt ein Ermittlungsverfahren durchzuführen die Aussetzung verfügt hat, verneint werden. Richtig weist der Revisionswerber auf die Bestimmung des § 5 Abs 1 lit d des Tiroler Grundverkehrsgesetzes hin, nach der ein Übertragungshindernis nicht besteht, wenn das betreffende Grundstück auf Grund der Beschaffenheit, der Lage und der geringen Größe für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nicht von Bedeutung ist. Wie sich etwa aus dem im Verfahren erster Instanz unbestrittenen Inhalt des Kaufvertrags (Beil. /A) ergibt, hat das fragliche Grundstück ein Flächenausmaß von nur 122 m², was nun auch in der Revisionsbeantwortung zugestanden wird. Berücksichtigt man, dass darauf ein als Freizeitwohnsitz gewidmetes Gebäude steht, das für den Almbetrieb nicht benötigt wird, so stellt sich diese Fläche jedenfalls als im Verhältnis zur gesamten Almfläche gänzlich unbedeutend dar, selbst wenn man davon ausginge, dass die Almhütte nicht die gesamte Grundfläche einnimmt. Aus grundverkehrsrechtlicher Sicht bestand daher kein Hindernis für ein „Zurückbehalten" der Nutzungsmöglichkeit an der Almhütte durch die Vereinbarung eines lebenslangen Fruchtgenussrechts des Verkäufers. Dem kann auch nicht mit Hinweisen auf den Regulierungsplan und die Regelung des § 6 Abs 1 lit a TGVG entgegengetreten werden, kann doch keineswegs generell gesagt werden, es widerspreche der Schaffung eines wirtschaftlich gesunden Grundbesitzes, wenn ein Landwirt Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft einschließlich des Eigentums an zwei Almhütten erwirbt, zugleich aber dem Verkäufer ein lebenslanges Fruchtgenussrecht an einer derzeit für den Almbetrieb nicht benötigten und bereits als Freizeitwohnsitz gewidmeten Almhütte sowie das Mitbenützungsrecht an der zweiten Hütte einräumt. Dass damit die „wirtschaftliche Gesundheit" des Grundbesitzes des Erwerbers gefährdet wäre, kann auch schon im Hinblick auf die Befristung der vereinbarten Rechte des Verkäufers nicht gesagt werden. Der Revisionsgegner legt auch nicht dar, warum im konkreten Fall die Einräumung der Wohnrechte für den Grundbesitz des Klägers von erheblichem Nachteil gewesen wäre. Das Argument, mit der Vertragsgestaltung sei eine „mögliche zusätzliche Einkommensbasis" (durch Mieteinnahmen) des Klägers vereitelt worden, übersieht, dass der Kläger auch einen erheblich niedrigeren Kaufpreis zu zahlen gehabt hätte als nach dem später abgeänderten Vertrag, sodass von einer unentgeltlichen Einräumung von Rechten an den Verkäufer keine Rede sein kann.

Damit erweist sich ein Eingehen auf die weiteren Einwendungen der beklagten Partei als erforderlich:

Der vom Kläger erstmals im Rechtsmittelverfahren geltend gemachte Rechtsgrund der (gemeinschaftsrechtlichen) Staatshaftung stellt hingegen einerseits eine unbeachtliche Neuerung dar und kann andererseits schon deshalb nicht erfolgreich sein, weil hier jeglicher Auslandsbezug fehlt; eine allenfalls österreichischem Verfassungsrecht widersprechende Inländerdiskriminierung konnte von der Agrarbehörde erster Instanz jedenfalls nicht aufgegriffen werden. Aus dem Umstand, dass der Landesagrarsenat „den Vertrag" genehmigt hat, wie der Revisionswerber ausführt, kann schon deshalb keine bindende Entscheidung einer Vorfrage abgeleitet werden, weil der Vertrag nicht in der ursprünglichen Fassung, sondern in der durch den Nachtrag veränderten Fassung bewilligt wurde und allein daraus kein Schluss darauf möglich ist, welche Erhebungen der Agrarbehörde erster Instanz zur Erledigung des ursprünglichen Antrags, der sich auf den unveränderten Vertrag bezogen hat, erforderlich waren. Ins Leere geht die Argumentation des Revisionsgegners, der Kläger hätte auch bei einer unverzüglichen positiven Erledigung seines Antrags das Vieh im Sommer 2002 nicht mehr auf die Alm treiben können, weil das Berufungsgericht insoweit die erstgerichtlichen Feststellungen, nach denen das Verfahren erster Instanz spätestens am abgeschlossen gewesen wäre, sofern die notwendigen Erhebungen unverzüglich eingeleitet worden wären, sowie dass es auch noch möglich gewesen wäre, das Vieh nach dem „offiziellen" - frühestmöglichen - Termin auf die Alm zu bringen, ausdrücklich bestätigt hat. Auch rechtlich besteht keine Veranlassung, die vom Revisionsgegner zitierten Bestimmungen des Regulierungsplans („Der Auftrieb erfolgt gemeinsam. Vorweide ist verboten.") dahin auszulegen, dass auch ein (nur geringfügig) späterer Auftrieb durch einzelne Anteilsberechtigte verboten wäre.

Soweit sich der Revisionsgegner darauf beruft, dass die erforderliche Zustimmung der Agrargemeinschaft zum Eigentumserwerb durch den Kläger fehle, ist er darauf zu verweisen, dass die Frage eines allfälligen Erwerbs durch den Kläger in der Vollversammlung vom erörtert und im Protokoll letztlich festgehalten wurde, dass die Vollversammlung keine „persönlichen Einwände gegen die Person des Klägers" habe. Auch wenn zugleich eine formelle Abstimmung abgelehnt wurde, kann das ausdrücklich festgehaltene Fehlen jeglicher Einwände nur als zustimmende Erklärung verstanden werden.

Den Vorinstanzen ist auch keine Fehlbeurteilung vorzuwerfen, wenn sie die Auffassung vertreten haben, die Agrarbehörde erster Instanz hätte nicht mehr Zeit zur Durchführung eines (vollständigen) Ermittlungsverfahrens benötigt als der Landesagrarsenat, der auf Grund der von ihm selbst gepflogenen Erhebungen und der eingeholten Stellungnahmen die Voraussetzungen für einen positiven Bescheid als gegeben angenommen hat. Ausdrücklich wurde festgestellt, dass das vom Landesagrarsenat - auch durch örtliche Erhebungen - durchgeführte Ermittlungsverfahren ergab, dass die Landwirtschaft vom Kläger und seiner Frau unter Mitarbeit deren Sohnes als bäuerlicher Familienbetrieb geführt werde, der Verkäufer die Selbstbewirtschaftung seines Hofs vor mehr als zehn Jahren aufgegeben habe und der vorgesehene Erwerb dem Kläger die Möglichkeit zur erheblichen Aufstockung seines Viehbestands geben würde. Dafür, dass ein Ermittlungsverfahren durch die Behörde erster Instanz zu anderen Ergebnissen geführt hätte, bestehen keine Anhaltspunkte. Da auch anzunehmen ist, dass sich der Landesagrarsenat bei seinen Erhebungen an die übliche Verwaltungspraxis gehalten hat, geht auch die - im Berufungsverfahren angestellte - Argumentation, es wäre möglich gewesen, noch intensivere und aussagekräftigere Erhebungen durchzuführen, ins Leere. Der durch die Erhebungen des Landesagrarsenats ermittelte Sachverhalt reicht für eine abschließende rechtliche Beurteilung aus. Die im Zusammenhang mit den persönlichen Verhältnissen des Klägers missverständliche Stellungnahme der Bezirkslandwirtschaftskammer K***** wurde ersichtlich durch die vom Landesagrarsenat selbst durchgeführten Erhebungen klargestellt, sodass letztlich kein Zweifel darüber bestand, dass der Sohn des Klägers im bäuerlichen Familienbetrieb mitarbeitet, jedoch nicht selbst der Käufer ist. Auch der Behörde erster Instanz wäre es zweifellos gelungen, diese unrichtige Formulierung ohne ins Gewicht fallenden Zeitaufwand klarzustellen. Ebenso erscheinen die Bedenken des Revisionsgegners, ein Lokalaugenschein wäre in den Monaten nach Vertragsabschluss auf Grund der Schneelage bzw der schlechten Befahrbarkeit der Almwege allenfalls nicht möglich gewesen, unberechtigt. Gerade wenn sie - an anderer Stelle - darauf hinweist, dass der gemeinsame Almauftrieb Mitte Juni stattfinden sollte, ist durchaus anzunehmen, dass ein Lokalaugenschein spätestens Anfang Juni möglich gewesen wäre. Die bloße Berufung darauf, dass bei der Agrarbehörde jährlich „hunderte Siedlungs- und ähnlich gelagerte Grundbereinigungsverfahren" anhängig wären, lässt schließlich nicht erkennen, aus welchen konkreten Gründen eine Entscheidung über den Antrag des Klägers bis zum nicht hätte erfolgen können.

Insgesamt bestehen somit keine Bedenken gegen die Auffassung des Erstgerichts, die Agrarbehörde erster Instanz hätte bis spätestens einen positiven Bescheid über den Antrag des Klägers zu erlassen gehabt. Da sie dies unter Zugrundelegung einer unvertretbaren Rechtsansicht unterlassen hat, hat sie dem Kläger jenen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die verzögerte Erledigung entstanden ist. Der Höhe nach unstrittig sind die mit insgesamt EUR 3.460,72 bezifferten Nachteile des Klägers aus dem Entgang des Gewinnanteils aus der Agrargemeinschaft im Jahr 2002, dem Verlust der Ausgleichszulage, dem Verlust an Tierprämien sowie der Aufwendung von Spesen. Weiters hat das Erstgericht - insoweit unbekämpft - festgestellt, dass der Kläger durch eine Aufstockung seines Viehbestandes im Jahr 2002 weitere Einnahmen in Höhe von EUR 5.270,40 erzielt hätte. Hinsichtlich dieser Schadenspositionen ist das Ersturteil als Teilurteil wiederherzustellen.

In Ansehung der geltend gemachten Mehrkosten für rechtsfreundliche Vertretung sowie von entgangenem Mietzins für das Jahr 2002 erweisen sich hingegen die Feststellungen der Vorinstanzen als für eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht ausreichend. Zum ersten Tatsachenkomplex werden die vom Notar verrechneten Leistungen möglichst im Einzelnen festzustellen sein, damit beurteilt werden kann, inwieweit diese eine adäquate Folge des Fehlverhaltens der Agrarbehörde darstellen; nur beispielshaft sei etwa auf das in der Honorarnote vom (./Ai) verrechnete Schreiben vom an die Agrarbehörde (./S) hingewiesen, das mit dem Antrag des Klägers unmittelbar nichts zu tun hat und darüber hinaus nicht im Namen des Klägers, sondern vielmehr des Verkäufers verfasst wurde. Auch im Hinblick auf den geltend gemachten Schaden durch den Entgang des Mietzinses für die Almhütte im Jahr 2002 erweisen sich die erstgerichtlichen Feststellungen als ergänzungsbedürftig. Hier wird insbesondere mit dem Kläger zu erörtern sein, wann und mit wem (Verkäufer oder Kläger) die Vereinbarung über die vorerst unentgeltliche Nutzung getroffen wurde sowie aus welchem Grund dem Mieter der Almhütte das Entgelt für das Jahr 2002 „erlassen" wurde, obwohl doch auch die Abrede möglich gewesen wäre, dass dieser den Jahresbetrag von EUR 3.000 (nur) dann nicht zahlen müsse, wenn er auf Grund der „unklaren Rechtssituation" tatsächlich in der Nutzung der Almhütte beeinträchtigt werden sollte, was offenbar nicht der Fall war.

Die Kostenvorbehalte beruhen auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.