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OGH vom 24.05.2018, 7Ob70/18x

OGH vom 24.05.2018, 7Ob70/18x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** Sp. z. o.o., *****, vertreten durch Dr. Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Jörg Lindpaintner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 79.495,50 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 153/17k-46, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

1.1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RISJustiz RS0042936). Ob zwischen den Prozessparteien eine Vertragsbeziehung anzunehmen ist oder nicht, stellt ebenso wenig eine erhebliche Rechtsfrage dar (vgl RISJustiz RS0044358 [insb T 32]).

1.2. Das Auslegungsergebnis der Vorinstanzen, dass die Gültigkeit des Vertrags nicht von der Einigung über einen später nachzureichenden Pflichtenkatalog abhängig gemacht worden ist, begegnet keinen Bedenken im Einzelfall: Das Anbot der Beklagten wurde dem beiderseits unterfertigten Mietvertrag als dessen Bestandteil angeschlossen und im Vertrag ausdrücklich „genehmigt“; im Anbot wurden unter anderem die angeblich strittig gebliebenen Vor- und Nebenarbeiten – die Herstellung eines ebenen feinkörnigen Bodens sowie der Stromversorgung und Verkabelung – ausdrücklich vom Anbotsumfang ausgenommen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass damit über die wesentlichen Punkte bereits Einigkeit bestand und die Parteien den Vertragsabschluss nicht einer späteren Einigung in einem anderen Dokument vorbehielten, ist zumindest vertretbar, zumal die Klägerin auch Anzahlungen leistete.

2.1. Der Anspruch nach § 921 ABGB setzt Rücktritt vom Vertrag voraus. Der Schaden bei Nichteinhaltung einer vertraglichen Verpflichtung liegt schon darin, dass der Geschädigte den vertraglichen Leistungsanspruch verliert (Verlust des Leistungsanspruchs ist Schadenseintritt); das Erfüllungsinteresse im Fall des § 921 ABGB besteht im Geldwert der Gegenleistung (RISJustiz

RS0018454 [T1, T 5]). Haftet daher ein Schuldner für den Nichterfüllungsschaden, dann hat er dem Gläubiger den Schaden zu ersetzen, der diesem durch die pflichtwidrige Nichterfüllung entstand (positives Vertragsinteresse); der Gläubiger muss daher vermögensmäßig so gestellt werden, wie wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre (RISJustiz RS0018239, RS0018454 [T3]). Der Differenzanspruch besteht in der Differenz zwischen dem Schaden, der dem Gläubiger durch das Unterbleiben des Leistungsaustausches entstanden ist, und dem Wert der ersparten eigenen Leistung des Gläubigers (RISJustiz RS0018454 [T1, T 4]). Der Anspruch auf Ersatz des durch die verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens umfasst neben dem Differenzanspruch auch Auslagen, die dem Zurücktretenden im Zusammenhang mit dem Rechtsgeschäft erwachsen sind (RISJustiz RS0018279, RS0018454 [T2]). Eine Vorteilsausgleichung hat nicht von Amts wegen zu erfolgen, sondern nur über Einwendung des Schädigers, den für deren Voraussetzungen die Behauptungs und Beweislast trifft (RISJustiz RS0036710; vgl RS0021768 [zu § 1168 ABGB]).

Steht aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Schuldners den Aufwendungen des Gläubigers, die er auch bei vertragsgetreuem Verhalten des Schuldners zu machen hatte, keine entsprechende Gegenleistung gegenüber, so ist der so frustrierte Aufwand als Nichterfüllungsschaden zu ersetzen, wenn der Schuldner nicht beweist, dass sich der Vertrag bei ordnungsgemäßer Erfüllung durch ihn als Verlustgeschäft erwiesen hätte (RISJustiz RS0018499). Sind (frustrierte) Aufwendungen in Ausführung eines bereits rechtswirksam abgeschlossenen Vertrags (vereinbarungsgemäß und notwendigerweise) entstanden, ist die Vermutung berechtigt, dass dieser Aufwand aus dem zu erwartenden Geschäftsgewinn zumindest gedeckt sein würde („Rentabilitätsvermutung“; vgl 1 Ob 205/16b = RISJustiz RS0018499 [T1]). Bei einem synallagmatischen Vertrag kann durch vertragswidriges schuldhaftes Verhalten des Vertragspartners verursachter vergeblicher Aufwand als Schaden begehrt werden (4 Ob 176/14g mwN).

2.2. Die Revision wendet sich gegen die Gegenforderungen der Beklagten bloß damit, dem Anschaffungspreis stehe der Wert der jeweiligen Maschinen gegenüber, sodass sich das Gesamtvermögen der Beklagten nicht verringert habe. Sie negiert damit die dargestellte Judikatur, nach der nach Vertragsrücktritt der Nichterfüllungsschaden zusteht. Dass der von der Beklagten begehrte Betrag im Ergebnis nicht dem erlittenen Entgeltausfall entspricht („Rentabilitätsvermutung“), wurde weder vorgebracht noch festgestellt.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00070.18X.0524.000

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Fundstelle(n):
AAAAD-66993