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OGH vom 19.05.2005, 6Ob71/05t

OGH vom 19.05.2005, 6Ob71/05t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Herbert S*****, vertreten durch Gheneff-Rami Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Verlagsgruppe N*****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und 5.000 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 5 R 2/05h-7, womit die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom , GZ 24 Cg 159/04x-3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei wird gemäß §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ob nach den im Einzelfall gegebenen Umständen Wiederholungsgefahr besteht, ist grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage (6 Ob 184/03g; RIS-Justiz RS0042818; RS0031891). Die Annahme der Vorinstanzen, dass aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falls Wiederholungsgefahr vorliegt, hält sich im Rahmen der ständigen Rechtsprechung, dass die Frage der Wiederholungsgefahr bei Unterlassungsansprüchen nach dem Urheberrechtsgesetz (hier nach § 78 UrhG, auf den - neben § 1330 ABGB - der Kläger seinen Unterlassungsanspruch stützt) nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen ist wie im Verfahren nach dem UWG (SZ 63/75; 4 Ob 248/98v ua). Auch hier darf bei der Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht engherzig vorgegangen werden; vielmehr ist eine solche Gefahr schon bei einem einmaligen Gesetzesverstoß anzunehmen, wenn nicht das Verhalten des Beklagten nach der Beanstandung eine ernstliche Willensänderung erkennen lässt (4 Ob 248/98v mwN; ua). Hat jemand schon einmal rechtsverletzend gehandelt, muss er - da die Handlung selbst nicht wieder ungeschehen gemacht werden kann - in anderer Weise überzeugend dartun, dass er eine entsprechende Handlung nicht wiederholen werde; ob ihm dieser Beweis gelungen ist, hängt aber von den Umständen des Einzelfalls ab. Nach ständiger Rechtsprechung schließt ein - wenngleich vom Kläger abgelehntes Angebot des Beklagten, sich in einem vollstreckbaren Vergleich zu der vom Kläger begehrten Unterlassung zu verpflichten, die Wiederholungsgefahr regelmäßig aus (4 Ob 232/03a mwN). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass ein Verletzer seinen ernstlichen Willen, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen, zum Ausdruck bringt, wenn er einen den ganzen Unterlassungsanspruch umfassenden, an keinerlei Bedingungen geknüpften Vergleich anbietet und auch den Umständen nach keine Bedenken gegen die Ernstlichkeit seines Willens bestehen, von gleichartigen Handlungen künftig tatsächlich Abstand zu nehmen (4 Ob 232/03a mwN). Begehrt der Kläger berechtigterweise auch die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung, so muss das Vergleichsangebot auch die Veröffentlichung des Vergleichs auf Kosten des Beklagten in angemessenem Umfang umfassen, weil ja der Veröffentlichungsanspruch untrennbar mit dem Unterlassungsanspruch verknüpft ist (4 Ob 232/03a mwN). Durch einen solchen Vergleich erhält der Kläger alles das, was er durch ein seinem Unterlassungsbegehren stattgebendes Urteil hätte erlangen können, nämlich einen Titel, welcher ihn bei jedem weiteren Zuwiderhandeln des Beklagten zur Exekution nach § 355 EO berechtigt (4 Ob 232/03a mwN). Aus diesem Grund ist ein Vergleichsangebot auch ein verlässliches Indiz für eine Willensänderung des Verletzers: Es ist nicht anzunehmen, dass jemand eine exekutionsfähige Verpflichtung eingehen wird, wenn er nicht den festen Willen hat, sie auch einzuhalten (4 Ob 232/03a mwN).

Von dieser Rechtsprechung ist das Rekursgericht nicht abgewichen, wenn es beim gegebenen Sachverhalt vom Weiterbestand der Wiederholungsgefahr ausgegangen ist. Der von der Beklagten vor Klagseinbringung angebotene, vom Kläger nicht angenommene Vergleich enthielt in Bezug auf die Unterlassung nur die Verpflichtung, die ehrverletzenden und rufschädigenden Behauptungen in der Zeitschrift W***** zu unterlassen. Diese angebotene Unterlassungsverpflichtung hat nicht alles umfasst, was der Kläger begehren konnte, enthält doch sein Unterlassungsanspruch die Unterlassung jeder Wiederholung der Behauptungen durch die Beklagte und nicht bloß in einer bestimmten Zeitschrift. Die Annahme dieses Anbots hätte daher nicht zu einem Exekutionstitel geführt, der dem Kläger alles geboten hätte, was er durch eine siegreiche Prozessführung erlangt hätte. Wenn das Rekursgericht auch in Hinblick darauf, dass die Beklagte Medieninhaberin mehrerer Zeitschriften ist, die angebotene Unterlassungsverpflichtung für die Bejahung des Wegfalls der Wiederholungsgefahr nicht hinreichend ansah, so ist diese Beurteilung nicht zu beanstanden.

Auf die im außerordentlichen Revisionsrekurs als erheblich bezeichneten Rechtsfragen, nämlich ob der Kläger in Hinblick auf sein im Medienstrafverfahren gestelltes Veröffentlichungsbegehren berechtigterweise nun auch im Zivilprozess die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung verlangt und ob der angebotene Vergleich ein Anbot der Urteilsveröffentlichung enthalten musste, um die Wiederholungsgefahr verneinen zu können, auch wenn der Kläger vor Abgabe der Unterlassungserklärung durch die Beklagte ein entsprechendes Begehren nicht stellte, kommt es demnach für die Entscheidung nicht an.

Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.